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2 EINBLICK IN DIE PRAXIS UND STATUS-QUO

2.2 Wirkung und Gesundheitsfolgen

Im vorigen Kapitel wurde vorwiegend die Erzeugung, der Handel und der Konsum von Cannabis beleuchtet. Durch das Konsumverhalten in unterschiedlicher Intensität kann es aber auch zu gesundheitlichen Folgeerscheinungen kommen, die in diesem Kapitel aufgezeigt und gegenübergestellt werden.

Es werden sehr oft Diskussionen geführt, in welcher Form der Konsum von Cannabis mit psychischen Erkrankungen in Verbindung steht. Hierbei geht es um den unmittelbaren Zusammenhang des Konsums mit etwaigen Krankheitsbildern oder möglicherweise des Zusammenhangs von einer früheren Erfahrung psychotischer Anzeichen und den Gebrauch von Cannabis zur Selbstbehandlung, der dann erst recht Zustände herbeiführt.37

34 Vgl. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2016, S. 60f

35 Vgl. o.A. 2012, S. 2

36 Vgl. BMI 2016, S. 21

37 Vgl. Füeßl 2011, S. 26

Die gesundheitlichen Auswirkungen von regelmäßigem Cannabiskonsum können sehr vielfältig sein. Diese reichen von verminderter Konzentrationsfähigkeit, Realitätsverlust über Depressionen bis hin zu Gedächtnisverlust. Auch die aktuelle Verfassung der KonsumentInnen kann in Verbindung mit dem Missbrauch Auswirkungen auf den Gesundheitszustand haben. Diese können sich in intensiveren Sinneswahrnehmungen, Verlust des Zeit- und Raumgefühls sowie einem verminderten Antrieb äußern.38

Weiters wird der Konsum von illegalen Suchtmitteln in Verbindung mit chronischen und akuten Problemen im gesundheitlichen Bereich gebracht. Diese Probleme ergeben sich auch durch die differenzierte Anwendung beim Konsum. Bei den chronischen Problemen wird auf Infektionskrankheiten hingewiesen. Durch etwaige Überdosierungen werden die akuten Probleme ausgelöst. Diese beiden gesundheitlichen Probleme stellen nur einen Ausschnitt dessen dar, in welcher Form etwaige Krankheitsbilder entstehen können.

Obgleich der hohen gesundheitlichen Problematiken und Schädigungen durch den Konsum von Opiaten – wie zum Beispiel Heroin –, kommt es auch durch die hohe Prävalenz bei CannabiskonsumentInnen zu Auswirkungen auf das Gesundheitssystem.39

Hierzu muss auch bemerkt werden, dass in den Jahren 2006 bis 2014 ein starker Anstieg des im Cannabiskraut sowie -harz enthaltenen Wirkstoffgehaltes (THC – Tetrahydrocannabinol) zu vernehmen war. Erklärbar sind die Steigerungen durch veränderte Produktionstechniken in Europa, aber auch die Verwendung neuer Pflanzen in Erzeugerländern wie zum Beispiel Marokko.40

Wie schon eingangs erwähnt, ist ein kausaler Zusammenhang zwischen Suchtmittelkonsum und diversen Schädigungen trotz einer Vielzahl von Forschungsarbeiten nicht eindeutig herzustellen. Ungeachtet dessen, kann der Konsum der illegalen Droge Nummer 1, Cannabis, Auswirkungen auf die Gesamtbevölkerung haben. Im Rahmen einer von der WHO (World Health Organization – Weltgesundheitsorganisation) durchgeführten internationalen Untersuchung wurde festgestellt, dass sich die Gefahr von psychotischen Anzeichen und Störungen verdoppelt, wenn ein regelmäßiger und länger ausgeübter Cannabiskonsum stattfindet. Weiters bestünde ein erhöhtes Risiko für Atemwegserkrankungen und eine etwaige Abhängigkeit.

38 Vgl. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2016, S. 79

39 Vgl. EMCDDA 2016, S. 55

40 Vgl. ebd., S. 23

Hinsichtlich des Zusammenhangs von Vorerkrankungen sowie anderen Faktoren mit dem Cannabiskonsum wären weitere Forschungen notwendig.41

In diese Kerbe schlägt auch ein Artikel der Münchner Medizinischen Wochenschrift (MMW), die anführt, dass eine Verbindung zwischen Psychosen und dem Konsum von Cannabis nicht immer eindeutig hergestellt werden kann, da man nicht weiß, ob etwaige auftretende Erkrankungen nicht ohnehin aufgetreten wären.42

Wird der Konsum von Cannabis in höheren Dosen und auf längere Zeit betrieben, können auch klinisch relevante Entzugserscheinungen auftreten. Hierzu zählen laut Bonnet das Substanzverlangen, innere Unruhen sowie Depressivität. Weitere Probleme, wie zum Beispiel Schlafstörungen, können bis zu 14 Tage anhalten.43

Inzwischen ist durch wissenschaftliche Untersuchungen gut dokumentiert, dass das Risiko für unterschiedlichste gesundheitliche Probleme bei langjährigem und regelmäßigem Cannabismissbrauch erhöht wird. Diese Risiken sind bei der gesellschaftlichen Debatte und dem Umgang mit dem Thema Cannabis zu berücksichtigen. Auch ist der medizinische Nutzen von Cannabis nur als gering einzuschätzen.44

Wenn man ebenso die wissenschaftlichen Daten im Bereich der Schmerz- und Palliativmedizin betrachtet, ist die Wirkung von Cannabinoiden einem Placebo nicht überlegen. Somit sind hier keine Vorteile einer möglichen Liberalisierung von Cannabisprodukten erkennbar.45

„Die Untersuchung der Gesundheitsrisiken von Cannabis wurde in der Vergangenheit durch die politische Debatte über den legalen Status verzerrt. Objektiv betrachtet sind die Risiken des Cannabiskonsums gut bekannt und erschöpfend beschrieben. Risiken bestehen besonders bei häufigem Gebrauch und dann besonders bei besonders starken Sorten.“46

41 Vgl. EMCDDA 2016, S. 56

42 Vgl. Füeßl 2011, S. 26

43 Vgl. Bonnet 2013, S. 53

44 Vgl. Kreuter 2011, S. 88

45 Vgl. Gottschling 2016, S. 19

46 Vgl. Transform Drug Policy Foundation 2009, S. 113

Im Universitätsklinikum des Saarlandes Homburg/Saar werden seit über zehn Jahren PatientInnen ab dem Säuglingsalter mit diversen cannabinoidhaltigen Rezeptoren behandelt, wobei es im Verlauf dieser Behandlungen weder zu Überdosierungen, relevante psychotrope Effekte oder sonstige Änderungen der Persönlichkeit kam.47 Verbindungen zu Krankheiten wie Lungenemphysem, Lungenkrebs oder Pneumonie können zwar nicht ausgeschlossen werden, sind aber derzeit nicht hinreichend belegt.48

Bonnet sieht das anders und gibt an, dass – wie bei den psychischen Folgeschäden auch – körperliche Schäden durch den Cannabiskonsum bekannt sind. Hierbei handelt es sich beim akuten Konsum um Tachykardie, Blutdruckschwankungen, Übelkeit, Erbrechen und Unfälle. Bei den möglichen Folgeschäden des regelmäßigen bis chronischen Konsums können chronische Bronchitis, Karzinome, Lungenemphysem und dergleichen vorkommen. Zu den unmittelbaren psychischen und körperlichen Folgeschäden können auch mögliche Begleiterkrankungen hinzukommen.49

Bei den psychischen Begleiterkrankungen eines chronischen Cannabiskonsums kann es sich um Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, Störungen des Sozialverhaltens, Anpassungsstörungen in Bezug auf soziale, depressive oder ängstliche Reaktionen, Angststörungen, Schizophrene und so weiter handeln.50

Kreuter et al. geben zwar auch an, dass weitere Erkrankungen bekannt sind, jedoch reichen aus diversen Gründen die vorliegenden Daten nicht aus, um definitive Aussagen tätigen zu können. Problematisch sind oft die nicht mögliche Differenzierung von Folgeerkrankungen beim Tabak- oder Cannabiskonsums. Viele Menschen – und hier vor allem KonsumentInnen – halten Alkohol und Tabak für schädlicher als Cannabis bzw.

sehen den Konsum von Cannabis als eher harmlos an.51

Es werden sehr oft Diskussionen geführt, in welcher Form der Konsum von Cannabis mit psychischen Erkrankungen in Verbindung steht. Hierbei geht es um den unmittelbaren Zusammenhang des Konsums mit etwaigen Krankheitsbildern oder möglicherweise den

47 Vgl. Gottschling 2016, S. 18

48 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 87

49 Vgl. Bonnet 2013, S. 51

50 Vgl. ebd., S. 52

51 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 88

Zusammenhang von einer früheren Erfahrung psychotischer Anzeichen und den Gebrauch von Cannabis zur Selbstbehandlung, der dann erst recht Zustände herbeiführt.52

Hinreichend wissenschaftlich belegt ist jedoch, dass bei frühem, langjährigem und regelmäßigem Konsum von Cannabis die Wahrscheinlichkeit im Alter an psychischen oder physischen Störungen zu leiden, erhöht ist. Aufgrund dieser Problematik ist speziell der Missbrauch von Cannabis im Kinder- sowie Jugendalter mit Sorge zu betrachten.53

Auch Havemann-Reinecke et al. sehen eine mögliche Verbindung zwischen dem Cannabismissbrauch sowie dem Auftreten von Psychosen, die mittlerweile durch zahlreiche Studien belegt wurde, und kann auch zu einem langfristigen psychotischen Krankheitsbild wie Schizophrenie führen.54

„Zwischen 50 % und 90 % aller cannabisabhängigen Personen hat [sic.] eine lebensgeschichtliche Diagnose einer weiteren psychischen Störung.“55

Im Zuge einer Studie mit 2.210 Personen der Geburtenjahrgänge 1970 bis 1981 aus 29 Stadtteilen von München wurde der Zusammenhang zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Risiko für psychotische Symptome hergestellt. Durch diagnostische Interviews wurde diese Studie im Verlauf von Zehnjahresfristen wiederholt, um so ein aussagekräftiges Bild zu bekommen.56 Auch Havemann-Reinecke et al. geben an, dass der Cannabiskonsum zu Euphorie und Beeinträchtigungen der kognitiven Fähigkeiten, Verschlechterungen der Reaktionszeit sowie der Wahrnehmung und dergleichen führen kann.57

Bezogen auf körperliche und vor allem psychische Probleme kann eine rasche Beendigung eines chronischen Cannabiskonsums zu einem Cannabisentzugssyndrom (CES) führen.58

Hierbei spielen körperliche und vor allem psychische Probleme eine große Rolle. Im Zuge der Entzugserscheinungen können aber auch substanzbezogene Folgestörungen

52 Vgl. Füeßl et al. 2011, S. 26

53 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 88

54 Vgl. Havemann-Reinecke et al. 2015, S. 5

55 Ebd., S. 6

56 Vgl. Füeßl et al. 2011, S. 26

57 Vgl. Havemann-Reinecke et al. 2015, S. 5

58 Vgl. Bonnet 2013, S. 50

auftreten. Bei psychischen Folgeschäden eines akuten Konsums handelt es sich um Panikattacken, Psychosen, Verwirrtheit, Amnesie und Halluzinationen. Weiters können bei regelmäßigem und chronischem Cannabiskonsum ebenso Psychosen, Halluzinationen, kognitive Störungen, Flashbacks als auch soziale Entwicklungs- und Anpassungsstörungen auftreten.59

Nicht nur die bereits angeführten psychischen und körperlichen Folgeerscheinungen können durch Cannabiskonsum auftreten. In einer in Neuseeland durchgeführten Studie wurden 1.037 Personen in einem Beobachtungszeitraum von 20 Jahren auf deren neurokognitive Funktionen hin untersucht. Hierbei wurde festgestellt, dass bei längerem kontinuierlichem Cannabiskonsum die Intelligenz beeinträchtigt wird. Es kam weiters zur Beeinträchtigungen unter anderem bei Planungs- und Handlungsfähigkeiten. Während Personen ab den 18. bis zum 38. Lebensjahr eine Verminderung um etwa sechs IQ-Punkte aufwiesen, wiesen die Probanden, die vor dem 18. Lebensjahr eine Abhängigkeitsdiagnose gestellt bekamen, eine stärkere Verringerung des Intelligenzquotienten (IQ) auf.60

Der Gesundheitsaspekt im gesellschaftlichen Umgang und hier speziell in Bezug auf Kinder und Jugendliche sowie andere Risikogruppen sollte in politische Diskussionen über den Umgang mit dem Thema Cannabis einbezogen zu werden.61 Inzwischen ist durch wissenschaftliche Untersuchungen gut dokumentiert, dass das Risiko für unterschiedlichste gesundheitliche Probleme bei langjährigem und regelmäßigem Cannabismissbrauch erhöht wird. Daher sind diese Risiken bei der gesellschaftlichen Debatte sowie beim Umgang mit dem Thema Cannabis zu berücksichtigen. Auch ist der medizinische Nutzen von Cannabis nur als gering einzuschätzen.62

Wenn man ebenso die wissenschaftlichen Daten im Bereich der Schmerz- und Palliativmedizin betrachtet, ist die Wirkung von Cannabinoiden einem Placebo nicht überlegen. Somit sind aus gesundheitlicher Sicht keine Vorteile einer möglichen Liberalisierung von Cannabisprodukten erkennbar.63

Im ambulanten sowie stationären Bereich stellen CannabiskonsumentInnen eine der drei größten Diagnosegruppen der letzten Jahre dar. Mindestens zehn Prozent der CannabiskonsumentInnen entwickeln eine Abhängigkeitserkrankung und ein noch größerer Teil zumindest eine Suchtbegleiterkrankung. Aufgrund dessen, dass der Konsum von Cannabis mit dem des Tabaks in Verbindung gebracht wird, sind auch deren spezifischen Folgeerkrankungen zu erwarten.64

Im Vergleich zum Alkohol, der zwar eine stärkere toxische Wirkung als Cannabis hat, unterscheidet er sich doch in Hinblick auf die Möglichkeit der Auslösung diverser psychischer Symptome.65

Bezogen auf die wissenschaftlichen Untersuchungen zum Cannabiskonsum sind noch etliche Lücken vorhanden. Diese reichen über die Auswirkungen auf das Atmungssystem, den Zusammenhang mit dem Tabakkonsum, Auswirkungen auf das Immunsystem und so weiter. Ebenso gehören die Gesundheitskosten sowie die Auswirkungen auf Verkehrsunfälle noch näher betrachtet.66

Bezogen auf den medizinischen Nutzwert als Heilmittel liegen bei Cannabis derzeit kaum verwertbare wissenschaftliche Forschungen vor.67

Nach den nun getätigten Einblicken in mögliche gesundheitliche Folgeerscheinungen werden im nachfolgenden Kapitel die Behandlungsformen näher dargestellt.