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Im vorangegangenen Kapitel wurden die einzelnen Kategorien anhand der Ergebnisse der ExpertInneninterviews näher dargestellt. In diesem Kapitel geht es vorerst um die Zusammenfassung der getätigten Aussagen sowie anschließend um die Beantwortung der im Kapitel 3 angeführten forschungsleitenden Fragen.

Wie durch die ExpertInnen durchwegs beschrieben, ist der Konsum von Cannabisprodukten in Österreich sehr weit verbreitetet. Etwa 20 Prozent der in Österreich lebenden Menschen konsumierten schon einmal in ihrem Leben Cannabis. Der Anteil der Personen, die regelmäßig konsumieren, liegt aber um einiges darunter. In der Jugend wird am meisten konsumiert – dies endet meist im Erwachsenenalter.

Die soziodemografischen Aspekte spielen beim Cannabiskonsum lediglich hinsichtlich des Alters eine größere Rolle, da die meisten KonsumentInnen zwischen 15 und 30 Jahre alt sind. Ebenso ist zu erkennen, dass grundsätzlich höher gebildete und männliche Personen zu Cannabis greifen. Unterschiede zwischen Stadt und Land sowie nach Herkunft, ebenso wie sozioökonomische Gründe seien nicht auszumachen.

Als Einstiegsdroge im klassischen Sinne, das heißt, dass der nächste Schritt zum Beispiel Heroin, Kokain und so weiter wäre, ist Cannabis nach Meinung der ExpertInnen nicht evident. Es wird aber grundsätzlich eine Verharmlosung von Cannabis in den Medien und in öffentlichen Diskussionen wahrgenommen. Als Einstiegsgrund wird vielfach die Neugierde von Jugendlichen genannt. Ebenso können der Freundeskreis, Stressabbau, Problembewältigung und auch Entspannung Gründe zum Einstieg in den Cannabiskonsum darstellen.

Zur Suchtprävention wurde geäußert, dass diese sehr schwierig sei, da aufgrund der Prohibition hier oft keine offene Diskussion geführt werden könne, jedoch der Cannabiskonsum in Österreich sehr weit verbreitet sei. Wichtig sei jedoch der ehrliche Umgang – vor allem mit Jugendlichen – durch entsprechend ausgebildetes Fachpersonal.

Angeführt werden die teils beschränkten finanziellen Möglichkeiten der Präventionsstellen.

Bei den gesetzlichen Grundlagen wird von den ExpertInnen der Schutz der Jugendlichen als Hauptaspekt angeführt. Um eine totale Freigabe gehe es den ExpertInnen nicht, sondern um eine regulierte Abgabe. Aufgrund der Komplexität des österreichischen Suchtmittelgesetzes sei deren Vollziehung teils sehr schwierig. Auch sei das Strafrecht der Entkriminalisierung nicht förderlich. Positiv wurde die letzte Reform des Suchtmittelgesetzes mit der Erweiterung der Zuständigkeit der Gesundheitsbehörden für SuchtmittelkonsumentInnen gesehen. Die ExpertInnen könnten sich auch eine Neuschreibung des Suchtmittelgesetzes hinsichtlich Einfachheit, Übersichtlichkeit und Zielgerichtetheit vorstellen. Ebenso dürfe man die europäische sowie UNO-Ebene nicht außer Acht lassen. Für manche ExpertInnen ist der Weg in Richtung Verwaltungsstrafrecht für CannabiskonsumentInnen vorstellbar.

Für die Behandlung von CannabiskonsumentInnen sei es laut ExpertInnen wichtig, dass diese ihre Probleme einsehen und erkennen. Die Auslöser der Sucht zu behandeln, sei ebenso wichtig. Derzeit würden bei der Cannabissucht grundsätzlich lediglich die Auswirkungen des Entzugs behandelt.

Bei der Zusammenarbeit der betreffenden Organisationen und Behörden ist laut ExpertInnen eine enge Verzahnung, aber strikte Aufgabenteilung zielführend, um die Personen zu erreichen, die ein Problem mit der Sucht haben oder diese entwickeln könnten. Für weitergehende Diskussion rund um das Thema Freigabe von Cannabis sei auch die Politik gefragt, die weiteren Ziele vorzugeben haben. Als positives Beispiel wurden die gut vernetzten und auf bereits wissenschaftliche Basis gestellten Suchtpräventionsstellen angeführt.

Hinsichtlich des Ausblicks gaben die ExpertInnen an, dass der Weg in Richtung einer Liberalisierung des Cannabiskonsums vorgezeichnet sei. Weiters sei der Kosten-Nutzen-Faktor entscheidend. Laut ExpertInnen wäre die Stärkung der Suchtprävention notwendig, um eine Verminderung des Suchtmittelmissbrauchs zu erreichen. Der Weg in die angeführte mögliche Liberalisierung in Österreich sei allerdings noch nicht reif, so die ExpertInnen.

In Richtung der EntscheidungsträgerInnen kam von den ExpertInnen die Empfehlung, die Thematik unter Einbindung von FachexpertInnen diverser in diese Thematik involvierter Stellen auf wissenschaftlicher Basis zu bearbeiten. Weiters sollte die Entkriminalisierung der CannabiskonsumentInnen vorangetrieben werden. Auch Überlegungen zur

Vereinfachung und Neustrukturierung des österreichischen Suchtmittelgesetzes seien laut ExpertInnen anzustellen. Schlussendlich sollten vom Staat klare Ziele beim Thema Cannabis definiert und dementsprechend agiert werden.

Bezogen auf die forschungsleitenden Fragen kann ergänzend Folgendes ausgeführt werden.

Als Problem schlechthin wird das Fehlen einer offenen Diskussion gesehen. Auch das diese oft ideologisch und nicht sachlich, wissenschaftlich geführt wird. Weiters wird teils nur der Kosten-Nutzen-Faktor beleuchtet und in den Gesprächen findet oft eine Vermischung hinsichtlich des möglichen medizinischen Nutzens und des Freizeitkonsums statt, obwohl dies zwei voneinander getrennte Thematiken sind. Auch wenn die derzeit große Verfügbarkeit von Cannabisprodukten als Problem dargestellt wurde, wird die Kriminalisierung der CannabiskonsumentInnen von den meisten ExpertInnen ebenso problematisch gesehen. Ebenso wird auch der stark zunehmende THC-Gehalt im Cannabis kritisch erwähnt.

Für ein „Dafür“ oder „Dagegen“ einer Freigabe von Cannabis gibt es unterschiedliche Zugänge. Teils liegen sie in parteipolitischen Vorgaben, wobei hier die Liberalisierung den Grünen, den Neos und der SPÖ – vor allem der SPÖ-Jugend – zugeschrieben wird, während sich die FPÖ dagegen ausspricht und auch die ÖVP eher ablehnend ist. Weiters gibt es diverse Interessensbewegungen, die ihre eigenen Ziele verfolgen. Grundsätzlich sehen die BefürworterInnen als Hauptargumente eine Entkriminalisierung der KonsumentInnen sowie eine Verringerung des Schwarzmarktes und somit der Kriminalität als auch eine Belebung der Wirtschaft. Die Gegner sehen hier einen Dammbruch sowie eine mögliche weitere Gesundheitsgefährdung. Ebenso sieht man rechtliche Probleme bei einer möglichen Freigabe.

Aus rechtlicher Sicht wird auf den generalpräventiven Charakter möglicher Strafdrohungen hingewiesen. Ebenso hätte die Freigabe Auswirkungen auf die Kriminalstatistik. Angemerkt wurde auch der sehr große Verwaltungsaufwand aufgrund der CannabiskonsumentInnen.

Eingebracht wurde auch, dass die Exekutive mögliche RisikokonsumentInnen nicht durch Zwang zu einem gesundheitsfördernden Verhalten bringen könne. Allein die Verfolgung der CannabiskonsumentInnen könne schon Auswirkungen in deren gesellschaftlichen und beruflichen Umfeld haben.

Bei den Auswirkungen einer Freigabe von Cannabis wurde vor allem der Anstieg der KonsumentInnen und der daraus resultierenden Folgen angeführt. Weiters sehe man die Gefahr einer weiteren Verharmlosung der Substanz. Schlussendlich sei auch endscheidend, wie und wo die Ausgabe des Cannabis erfolgen solle.

Zum Thema Cannabis und Schwarzmarkt wurde von den ExpertInnen angeführt, dass dieser zwar nicht gänzlich weg sein würde, aber bei einer Cannabisfreigabe kleiner werde.

Weiters würde laut ExpertInnen auch die Möglichkeit der Entflechtung des Cannabis vom restlichen illegalen Drogenmarkt gesehen.

Bei den gesundheitlichen Auswirkungen einer möglichen Freigabe ist von einem Steigen der KonsumentInnen und somit der gesundheitlichen Folgeerscheinungen auszugehen.

Grundsätzlich muss bemerkt werden, dass es zu den gesundheitlichen Auswirkungen bis dato nur begrenzt wissenschaftliche Untersuchungen gibt. Es ist von einer verminderten Gehirnentwicklung – insbesondere bei Jugendlichen – sowie vom Auslösen psychischer Erkrankungen – speziell bei vorbelasteten Personen – auszugehen. Da die möglichen Folgen des Cannabiskonsums nicht sofort eintreten, wird diese Substanz von vielen Personen als harmlos angesehen.

Begutachtet man die derzeitige Literatur sowie die Aussagen der ExpertInnen kann zusammenfassend die zentrale Forschungsfrage zum jetzigen Zeitpunkt nicht eindeutig beantwortet werden. Wie aufgrund der angeführten Literatur bereits teilweise erwähnt, so sehen auch die ExpertInnen eine Reihe von mögliche Problemstellungen. Lösungsansätze sind zwar vorhanden, nur ein eindeutiges Ziel scheint noch ausständig zu sein. Die vorgeschlagenen Lösungsansätze reichen von weiterer Entkriminalisierung der CannabiskonsumentInnen, Evaluierung des Suchtmittelgesetzes, verbesserter Schutz der Jugendlichen hin zu mehr Präventionsarbeit. Jedoch sind die Auswirkungen nicht abzusehen und daher eine Freigabe beziehungsweise Regulierung des Cannabiskonsums als Problemlöser oder Problemverschärfer ohne weitergehende Forschungsarbeit nicht zielführend.