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5 AUSWERTUNG DER EXPERTINNENINTERVIEWS

5.8 Gesetzliche Grundlagen

IP 1 gab an, dass speziell der Schutz der Jugendlichen ernster genommen werden müsse.

Das sollte als Ziel gesehen werden. Die Altersgrenze des Schutzes solle nicht nur bis zum 18. sondern bis zum 21. oder 25. Lebensjahr reichen. Als Begründung reiche IP 1 alleine die Gefahr der Beeinträchtigung des Gehirnwachstums durch Cannabis.175

172 Vgl. Schopper, 2017, Interview-Transkript, Zeile 259-264

173 Vgl. ebd., Zeile 466-474

174 Vgl. Haltmayer, 2017, Interview-Transkript, Zeile 352-368

175 Vgl. Lagemann, 2017, Interview-Transkript, Zeile 181-185

Weiters gab IP 1 an, dass derzeit den angezeigten ErstkonsumentInnen gar nichts geschieht. Ebenso geschehe diesen KonsumentInnen nichts, wenn diese nicht beim Gesundheitsamt erscheinen, obwohl diese vorgeladen werden. Dies sei laut IP 1 kein Jugendschutz.176

Auch gab IP 1 an, dass die derzeitige gesetzliche Lage keinen Schutz der Jugendlichen biete. Ebenso sei eine Unzufriedenheit bei Polizei, Drogenberatung sowie TherapeutInnen gegeben. In dieser Thematik gebe es derzeit eine politische Pattstellung, so IP 1.177

Schlussendlich führte IP 1 aus, dass Überlegungen zu einem möglichen Verwaltungsstrafrecht nicht schlecht wären. Eine Kriminalisierung der 15-/16-Jährigen wolle er nicht und man solle dieser Personengruppe die Zukunft nicht verbauen. Das gerichtliche Strafrecht sei für diese Personen ungeeignet, da dies für einen Rechtsstaat die stärkste Sanktionierung darstellt. Auch sei für IP 1 der Ansatz zur Ableistung von Sozialarbeit denkbar.178

IP 2 sieht den österreichischen Zugang bezüglich des Cannabiskonsums relativ diplomatisch und gesetzlich gut umgesetzt. KonsumentInnen können einer Sanktionierung fast unbehelligt entgehen.179

IP 2 hält die derzeitigen rechtlichen Bestimmungen grundsätzlich für sehr zweckmäßig. Es sollen diese Regelungen laut IP 2 so gut wie möglich zielorientiert und exakt eingesetzt werden.180

Weiters gab IP 2 an, dass einige KonsumentInnen kein ernsthaftes Problem haben. Hier ginge es um Einsparungsmöglichkeiten bei den Verwaltungskosten sowie die Verringerung des polizeilichen Aufwands. Hier sei laut IP 2 eine Verschwendung von Ressourcen gegeben.181

176 Vgl. Lagemann, 2017, Interview-Transkript, Zeile 208-212

177 Vgl. ebd., Zeile 360-367

178 Vgl. ebd., Zeile 391-402

179 Vgl. Dressel, 2017, Interview-Transkript, Zeile 256-58

180 Vgl. ebd., Zeile 391-393

181 Vgl. ebd., Zeile 267-271

Für IP 2 sei entscheidend, dass man die Personen zu fassen bekommt, die ein Problem mit der Substanz entwickelt haben. Hier seien auch im Suchtmittelgesetz das Ziel gesetzt und Differenzierungen in der Sanktionierung gemacht worden. Auch die Übermittlung der Daten der angezeigten Personen an die Gesundheitsbehörden wird durch die gesetzliche Lage gewährleistet, um die problematischen Personen filtern zu können.182

IP 2 gab an, dass die gefährdeten Personen auch durch gesundheitliche Maßnahmen erreicht werden müssten, sollte der Cannabiskonsum aus dem Suchtmittelgesetz herausfallen. Dies würde nach Ansicht des IP 2 aber schwierig sein.183

Als wichtigen Punkt erachtet IP 2 die Freiwilligkeit der problembehafteten Personen, wenn diese Hilfe in Anspruch nehmen. Zwang bringe laut IP 2 schlussendlich keinen Erfolg. Man könne auch keine Personen zwangsbehandeln.184

IP 3 sieht eine Problemstellung in der Kann-Bestimmung bei der gesundheitsbehördlichen Begutachtung und sieht daher den Cannabiskonsum als verharmlost an. Weiters gab IP 3 an, dass aufgrund dessen bei Cannabiskonsum keine Konsequenzen drohen würden.185

Auch führt IP 3 aus, dass bei einer Cannabisfreigabe weitergreifende Regelungen zwingend notwendig seien. Man könne laut IP 3 über Ausnahmen für bestimmte Alters- und Personengruppen nachdenken. Nicht außer Acht lassen sollte man auch den seit Jahrzehnten massiv zugenommenen THC-Gehalt. Hier müssten auch etwaige Regelungen angedacht werden.186

Nach Ansicht von IP 4 würde eine Cannabisfreigabe aus rechtlicher Sicht zu weniger Strafverfahren führen. Weiters gab IP 4 an, dass man die Notwendigkeit des bei Polizei und Justiz hohen Ressourceneinsatzes gleichwohl deren Begrenzungen hinterfragen könne, um diese woanders effektiver einzusetzen.187

182 Vgl. Dressel, 2017, Interview-Transkript, Zeile 275-280

183 Vgl. ebd., Zeile 281-283

184 Vgl. ebd., Zeile 395-300

185 Vgl. Csefan, 2017, Interview-Transkript, Zeile 312-318

186 Vgl. ebd., Zeile 346-353

187 Vgl. Zeder, 2017, Interview-Transkript, Zeile 116-120

Zu den derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen gab IP 4 an, dass man hier nicht generell etwas dazu sagen könne. In den letzten zwei Jahren seien die Folgen für die KonsumentInnen verringert worden, unter der Voraussetzung nicht öfters betreten zu werden. Hierzu sei der § 35 Abs. 4 SMG reformiert worden.188

Weiters gab IP 4 an, dass die Herausnahme des Cannabis aus dem derzeitigen Strafrechtsregime mit relativ wenig Aufwand möglich sei. IP 4 gab jedoch zu bedenken, dass andere Folgemaßnahmen notwendig seien und man sich vorher Gedanken darüber machen müsse. Auch gab IP 4 an, dass ihm nicht gefalle, dass bei den Diskussionen eine Vermischung der medizinischen Aspekte mit dem Freizeitkonsum erfolgt. Dies seien zwei verschiedene Angelegenheiten, die voneinander getrennt betrachtet und besprochen gehörten.189

Schlussendlich gab IP 4 an, dass er bei einer möglichen Cannabisfreigabe keine Probleme hinsichtlich der generalpräventiven Gründe sehe. IP 4 glaubt, dass Jugendliche die verbotene Substanz viel spannender ansehen als eine erlaubte.190

IP 5 gab an, dass es möglich sei, so wie in anderen Ländern, bestimmte Delikte in das Verwaltungsstrafrecht zu geben. Weiter würde man in Österreich laut IP 5 nicht gehen.

Auch eine Diskussion einer Kriminalisierung der Selbstschädigung durch den Cannabiskonsum wäre laut IP 5 anzudenken.191 Ebenso sei die bezüglich Suchtgiften bestehende, nahezu 60 Jahre alte UNO-Konvention hinsichtlich einer Weiterentwicklung zu hinterfragen.192

Für IP 6 ist das österreichische Suchtmittelgesetz sehr komplex. Mit der letzten SMG-Novelle sei man laut IP 6 hinsichtlich der CannabiskonsumentInnen in die richtige Richtung gegangen und hat die Gesundheitsbehörden in prioritärer Verantwortung gesetzt.193

188 Vgl. Zeder, 2017, Interview-Transkript, Zeile 125-129

189 Vgl. ebd., Zeile 175-187

190 Vgl. ebd., Zeile 214-216

191 Vgl. Schopper, 2017, Interview-Transkript, Zeile 581-590

192 Vgl. ebd., Zeile 629-632

193 Vgl. Haltmayer, 2017, Interview-Transkript, Zeile 384-392

5.8.1 Resümee: Gesetzliche Grundlagen

Hier wird der Schutz der Jugendlichen prioritär gesehen. Den ExpertInnen geht es nicht um die vollkommene Freigabe des Cannabiskonsums, sondern um eine regulierte Abgabe.

Hier müsste man ein Ziel anstreben und dieses erst dann in einen rechtlichen Rahmen gießen. Die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen im Suchtmittelgesetz (SMG) seien zu undurchsichtig, komplex und führten zu Unzufriedenheit bei Polizei, Drogenberatung und TherapeutInnen. Auch wurden mögliche Ansätze für CannabiskonsumentInnen von Verwaltungsstrafe bis Sozialarbeit angedacht. Die jetzige gesetzliche Regelung im gerichtlichen Strafrecht sei vor allem in Hinblick auf die Entkriminalisierungstendenzen kontraproduktiv. Die jetzigen Gesetze seien zwar grundsätzlich nicht schlecht, aber verbesserungswürdig. Positiv wurde die letzte SMG-Novelle hinsichtlich der nun für CannabiskonsumentInnen prioritär zuständigen Gesundheitsbehörde gesehen. Auch könne man sich eine komplette Neuschreibung des Suchtmittelgesetzes in Richtung mehr Einfachheit, Übersichtlichkeit und Zielgerichtetheit vorstellen. Schlussendlich müsste man auch auf europäischer Ebene sowie bei der UNO über Veränderungen diskutieren, da die einzige Suchtgift-Konvention schon fast 60 Jahre alt ist.