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2 EINBLICK IN DIE PRAXIS UND STATUS-QUO

2.3 Prävention und Behandlung

Wie in den vorangegangenen Kapiteln ersichtlich ist, wurde der Schwerpunkt auf den gesundheitlichen Aspekt des Cannabismissbrauchs gelegt. Dieses Kapitel gibt einen Einblick in die Prävention sowie Behandlungsmöglichkeit bei vor allem regelmäßigen Cannabiskonsum.

In den letzten Jahren wurde in Deutschland eine neue Drogen- und Suchtpolitik verabschiedet. Diese ging einen neuen Weg hin in Richtung eines Vier-Säulen-Prinzips.

64 Vgl. Havemann-Reinecke et al. 2015, S. 3f

65 Vgl. ebd., S. 8

66 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 94

67 Vgl. ebd., S. 88

Bei diesen vier Säulen handelt es sich um Prävention, Beratung/Behandlung, Schadensminimierung und Repression. Speziell beim Thema Schadensminimierung kam man zum Schluss, dass eine vollständige Verhinderung des Suchtmittelmissbrauchs nicht möglich ist. Somit wurde versucht, den betroffenen Personen über die Behandlung mit Substitutionsmedikamenten, Konsumräume und Programme zum Spritzenaustausch Aufklärung zu bieten, aber auch gesundheitliche und soziale Festigung und Rückhalt zu geben.68

Bezogen auf Österreich waren im Jahr 2014 wegen des Cannabismissbrauchs ca. 2.000 Personen in Betreuung. Diese Hilfestellungen bietet die Suchthilfe an. Auch hinzuzufügen ist, dass der Konsum von Cannabis des Öfteren im Rahmen eines multiplen Substanzgebrauches als behandlungsrelevant gewertet wird.69

Vergleicht man Österreich mit der Europäischen Union, so standen hier im Jahr 2014 ca.

1,2 Millionen Menschen wegen dem Gebrauch von illegalen Suchtmitteln in Behandlung.

Den ersten Platz bei den illegalen Suchtmitteln nehmen OpiadkonsumentInnen ein, am zweithäufigsten trifft es die Cannabis- und am dritthäufigsten die KokainkonsumentInnen.70

Auch in einem Artikel von Voss 2014 wird angegeben, dass immer öfter Personen wegen ihres Cannabiskonsums den Arzt zwecks einer Behandlung aufsuchen. Die Cannabis-Sucht ist nach der Heroinabhängigkeit der häufigste Grund für entsprechende Behandlungen. In Europa waren laut diesem Artikel rund 109.000 Personen dahingehend in Behandlung. In Deutschland waren es die meisten Fälle – diese wurden mit 23.418 Menschen beziffert. In Österreich sind solche Behandlungen beziehungsweise Konsultationen – wie schon zuvor angeführt – viel weniger verbreitet.71

Die steigende Anzahl von Behandlungsmaßnahmen aufgrund von Cannabiskonsum könnte laut dem Bericht der EMCDDA auch in Zusammenhang mit dem am Markt befindlichen stärkeren Wirkstoffgehalt stehen sowie mit einer besseren Verfügbarkeit geeigneter Therapien und auch der Veränderung bei Zuweisungen durch Ärzte.72

68 Vgl. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2016, S. 61

69 Vgl. BMG 2016, S. 53f

70 Vgl. EMCDDA 2016, S. 58

71 Vgl. Voss 2014, S. 22

72 Vgl. EMCDDA 2016, S. 42

Aufgrund der steigenden Nachfrage beim Cannabiskonsum steigt auch die Anzahl der Personen, die sich deswegen in Behandlung befinden. Die Zahl der Behandlungen von europäischen Erwachsenen stieg von 2006 bis 2014 von 45.000 auf 69.000 pro Jahr.73

In Österreich sind die Behandlungen grundsätzlich nicht auf eine Substanz, sondern in Richtung ganzheitliche Betreuung ausgerichtet. Jedoch gibt es, wo es notwendig ist, für individuelle AdressatInnen einige abgestimmte Behandlungsangebote.74

Bei nachfolgender Abbildung der EMCDAA werden die Behandlungsaufnahmen von CannabiskonsumentInnen einiger europäischer Länder plakativ dargestellt.

Abb. 2: Behandlungsaufnahmen von CannabiskonsumentInnen (Quelle: EMCDDA, Europäischer Drogenbericht 2016, S. 41)

Zusätzlich zu Behandlungsmaßnahmen werden in Österreich auch Präventionsmaßnahmen durch die Polizei gemeinsam mit den betreffenden Einrichtungen (Schulen, Vereine udgl.) durchgeführt. Diesbezüglich konnten im Jahr 2015 über 39.100 Personen beraten werden. Im Zuge der Umsetzung der Präventionsmaßnahmen wurde mit Beginn des Jahres 2016 durch die Polizei – in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden – ein neues Schulprojekt ins Leben gerufen. Hierbei sollten die Jugendlichen ihre Persönlichkeit stärken und so der Sucht entgegentreten können. Im

73 Vgl. EMCDDA 2016, S. 41

74 Vgl. BMG 2016, S. 53

Zuge dessen wird auch auf Suchtmittel eingegangen, aber es werden auch andere Suchtfelder, wie zum Beispiel Internetsucht und dergleichen behandelt. Somit wird versucht, die polizeiliche Präventionsarbeit unter den Namen „Look@your.Life“

österreichweit zu vereinheitlichen und auf eine neue Qualitätsstufe zur bringen. Im Rahmen dieses Projekts, das bis zum Juni 2017 in Erprobung läuft, werden auch die Lehrenden sowie die Eltern eingebunden. Eine Prävention, die lediglich auf Abschreckung ausgerichtet ist, soll nicht mehr erfolgen. Der Umfang eines solchen Präventionsunterrichts beträgt insgesamt 19 Unterrichtseinheiten und wird in vier Module gegliedert.75

In Europa werden ähnliche Präventionsziele verfolgt, die zwar den Konsum von Cannabis im Blickpunkt haben, aber des Öfteren auch den Konsum von Alkohol und Tabak miteinbeziehen. Hierbei wird ein Unterschied zwischen einer selektiven Prävention für Risikogruppen sowie einer indizierten Prävention für gefährdete Personen gemacht.

Schwerpunkte solcher Präventionstätigkeiten gibt es im Bereich von Schulen, aber auch im Familienverbund werden solche Maßnahmen als positiv angesehen.76

„Entscheidend für die Behandlung von Cannabismissbrauchern ist das Verstehen und Ernstnehmen der spezifischen Funktionen von Cannabis. Die daraus resultierenden Therapieziele sind individuell und flexibel zu gestalten und sollten das jeweilige Störungsbild, sowie die entwicklungsspezifische Situation der Klienten berücksichtigen.“77

Die Anzahl der erstmaligen Drogentherapien aufgrund des Konsums von Cannabis ist in Europa laut Havemann-Reinecke et al. noch nie so hoch gewesen wie zum jetzigen Zeitpunkt.78

Eine Therapie betreffend Cannabisentzug erfolgt umfassend vor allem durch psychotherapeutische Maßnahmen wie der Motivationsstärkung. Durch weitere individuelle Maßnahmen wird die Therapie fortgesetzt und deren Wirksamkeit mittels kontrollierten klinischen Studien festgestellt.79

75 Vgl. BMI 2016, S. 26

76 Vgl. EMCDDA 2016, S. 56

77 Ganter 2004, S. 19

78 Vgl. Havemann-Reinecke et al. 2015, S. 7

79 Vgl. Bonnet 2013, S. 52

Problematisch sind aber auch die Kostenübernahmen durch Krankenkassen, da es im Gegensatz zu cannabinoidhaltigen Fertigarzneimitteln bei Cannabisblüten und deren Extrakten ungenügend wissenschaftliches Untersuchungsmaterial gibt.80

Wird der Konsum von Cannabis in höheren Dosen und auf längere Zeit betrieben, können auch klinisch relevante Entzugserscheinungen auftreten. Nach Beginn eines Entzugs sind die stärksten Entzugssymptome zwischen dem zweiten und sechsten Tag feststellbar. Das Cannabisentzugssyndrom hat etwa eine Dauer von 14 Tagen und kann der Stärke eines Tabakentzugs ähneln. Eine Behandlung des Cannabisentzugssyndroms erfolgt derzeit in ambulanter Behandlung und nicht in stationärer Durchführung. Die stationären Behandlungen werden erst bei den Folge- sowie Begleitstörungen sowie bei Entgiftungen durchgeführt. Dem Syndrom kann man mit körperlichen Trainings, Verhaltenstrainings und Arzneimitteln entgegentreten.81

Auch Ganter sieht eine stationäre Behandlung nur in Ausnahmefällen notwendig.82 Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen erfolgt zusätzlich die Therapie unter Einbeziehung der Familien und des sozialen Umfelds der PatientInnen.83

Die Behandlung mit Cannabinoiden im Bereich der Palliativmedizin sowie von Personen mit Mehrfacherkrankungen findet dann ihre Anwendung, wenn keine anderen wirksamen Fertigarzneimittel verfügbar sind.84 Auch Ganter sieht bei Behandlungen von Cannabisabhängigen eine dem reinen Suchtaspekt erweiternden Ansatz und geht von einem psychotherapeutischen, integrativen sowie flexiblen Konzept aus.85

Durch die hier angeführten Beispiele von mehreren unterschiedlichen Behandlungsmethoden wird versucht, die PatientInnen bestmöglich aus der Sucht zu begleiten. Natürlich ist nicht nur der Entzug an sich ein schwieriges Unterfangen, es müssen auch die jeweiligen Begleitumstände berücksichtigt werden.

80 Vgl. Gottschling 2016, S. 18

81 Vgl. Bonnet 2013, S. 52f

82 Vgl. Ganter 2004, S. 19

83 Vgl. Bonnet 2013, S. 52

84 Vgl. Gottschling 2016, S. 18

85 Vgl. Ganter 2004, S. 18