5 AUSWERTUNG DER EXPERTINNENINTERVIEWS
5.11 Zusammenarbeit der Organisation und Behörden
5.11.1 Resümee: Zusammenarbeit der Organisationen und Behörden
Die Zusammenarbeit zwischen den Organisationen und Behörden gehöre stärker vernetzt, wobei eine klare Aufgabenteilung erfolgen sollte. Weiters sei entscheidend, jene Personen zu erreichen, die ein Problem haben oder entwickeln könnten. Hierbei sei die Verzahnung der verschiedenen Organisation notwendig, um schnell reagieren zu können. Als Vorbild wurde die Zusammenarbeit in Wien und Oberösterreich genannt. Auch wurden die Politik angesprochen, die den Start für einen möglichen Diskussionsprozess auf BeamtInnenebene geben müsste, und die gut vernetzten Suchtpräventionseinrichtungen erwähnt. Die Suchtprävention sei in Österreich auf wissenschaftliche Basis gestellt.
5.12 Problemstellung
IP 1 hält eine Diskussion auf ideologischer Ebene für unbrauchbar. Weiters gab IP 1 an, dass einerseits die Substanz als ungefährlich eingestuft werde und andererseits von manchen als hochgefährlich. IP 1 meint, dass man das nicht so angeben kann und dass die Wahrheit wahrscheinlich in der Mitte liegen wird.211
207 Vgl. Zeder, 2017, Interview-Transkript, Zeile 233-241
208 Vgl. Schopper, 2017, Interview-Transkript, Zeile 466-470
209 Vgl. ebd., Zeile 633-634
210 Vgl. Haltmayer, 2017, Interview-Transkript, Zeile 359-361
211 Vgl. Lagemann, 2017, Interview-Transkript, Zeile 88-91
Auch gab IP 1 an, dass Cannabis kein ungefährliches Kraut, aber andererseits auch kein mörderisches Mittel sei. Jedoch sei laut IP 1 immer die Anwendung der Droge das Entscheidende.212
IP 1 sieht die Unterscheidung zwischen harten und weichen Drogen nicht als zielführend an. Die Intensität des Konsums ist entscheidend, da man auch Cannabis hart missbrauchen könne.213
IP 1 sieht ebenso den Gesetzgeber vielfach in der Zwickmühle zwischen den BefürworterInnen einer Freigabe und denen, die hier noch eine Verschärfung wollen.214
Weiters gibt IP 1 an, dass hinter der Cannabisfreigabe auch Interessensbewegungen, wie zum Beispiel Hanf-Clubs, stehen. Es gibt die Liberalisierungsbewegung dieser Hanf-Clubs, die selbst ein Interesse am Konsum haben oder die ein geschäftliches Interesse dahinter sehen. Bei der Polizei wisse man oft nicht, welches Interesse diese hat.215
IP 1 stört, dass man beim Thema Cannabiskonsum nicht die Sache selbst betrachtet, sondern alles gleichbehandelt.216
Laut IP 1 spreche man nicht offen genug über das Thema Cannabis. Es gebe bei dieser Thematik zwei komplett unterschiedliche Zugänge, die sich laut IP 1 einerseits für und andererseits gegen eine Cannabisfreigabe aussprechen würden.217
Für IP 2 war die Thematik um Cannabis seit jeher ein ideologisch geführtes Thema. Hierbei gehe es laut IP 2 oft nicht um praktische, sachliche und wissenschaftliche Zugänge.218
IP 2 sieht auch ein Problem in der Hochzüchtung der Cannabispflanze und der damit einhergehenden Erhöhung des THC-Gehaltes. Dass der Konsum von Cannabis schädlich
212 Vgl. Lagemann, 2017, Interview-Transkript, Zeile 104-107
213 Vgl. ebd., Zeile 139-143
214 Vgl. ebd., Zeile 146-147
215 Vgl. ebd., Zeile 224-228
216 Vgl. ebd., Zeile 310-311
217 Vgl. ebd., Zeile 619-622
218 Vgl. Dressel, 2017, Interview-Transkript, Zeile 118-121
für die Gesundheit ist, sei laut IP 2 evident. Ein weiteres Problem sieht IP 2 in der derzeitigen Kriminalisierung der CannabiskonsumentInnen.219
IP 3 gab an, dass das Europäische Polizeiamt (Europol) Cannabis als Priorität in ihren Aufgaben sieht. Als Ursprungsstaaten sieht IP 3 Albanien bei Cannabiskraut (Marihuana) und Marokko bei Cannabisharz (Haschisch).220
Weiters meint IP 3, dass durch die Medien das Thema Cannabis verharmlost werde und auch das Argument des schädlicheren Alkohols von BefürworterInnen des Öfteren hervorgebracht werde. IP 3 meint, dass die Personen die Problematik hinsichtlich des Cannabiskonsums nicht so wahrnehmen würden und hier auch das Unrechtsbewusstsein fehle.221
IP 3 führt aus, dass es beim Thema Cannabis um eine Entwicklung der gesamten Gesellschaft gehe. Es werde laut IP 3 eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufgestellt und so die strafrechtliche Verfolgung ins Verhältnis mit dem Nutzen gestellt. Weiters gab IP 3 an, dass der Ressourceneinsatz bei der Polizei in Bezug auf die CannabiskonsumentInnen sehr umfangreich sei.222
Auch IP 4 sieht ein Problem im ideologischen Zugang zu dieser Thematik. Es werde nicht über Fakten gesprochen, sondern die Diskussion finde meist in Glaubenssätzen statt.223
IP 4 sieht die Diskussionsmotive in dem – im Vergleich zu anderen illegalen Suchtmittel – geringsten gesundheitlichen Folgen. Der Cannabiskonsum habe laut IP 4 keine unmittelbaren Auswirkungen und Nikotin sowie Alkohol seien als gefährlicher einzustufen.
Somit versteht IP 4 nicht, warum die gefährlicheren legalen Drogen erlaubt seien und die weniger gefährliche Droge Cannabis nicht. Ebenso scheint für IP 4 der medizinische Nutzen bei Cannabis gegeben zu sein und auch hier verstehen die Menschen das Verbot nicht, obgleich hier der Konsum eine Erleichterung bringen könne.224
219 Vgl. Dressel, 2017, Interview-Transkript, Zeile 155-162
220 Vgl. Csefan, 2017, Interview-Transkript, Zeile 30-34
221 Vgl. ebd., Zeile 124-131
222 Vgl. ebd., Zeile 138-146
223 Vgl. Zeder, 2017, Interview-Transkript, Zeile 143-147
224 Vgl. ebd., Zeile 55-66
IP 5 gab an, dass die Hauptproblematik die derzeitige Kriminalisierung der CannabiskonsumentInnen sei. Es müsse laut IP 5 eine andere Regelung greifen, womit man die Ziele eher erreichen könne.225 Die Ziele wären, so wenig KonsumentInnen illegaler Suchtmittel wie möglich zu haben.226 Auch IP 5 geht es darum, die Cannabiskonsum-Thematik in einer seriösen Diskussion mit offenem Ausgang zur Sprache zu bringen.227
Grundsätzlich ist für IP 6 das Thema Freigabe beziehungsweise Regulierung von Cannabis problembehaftet, weil es diese Pflanze schon seit tausenden Jahren gibt und sie ebenso lange schon konsumiert wird. Auch wird Cannabis laut IP 6 nicht so als Problem gesehen wie zum Beispiel Heroin oder Kokain. Weiters gedeihe die Pflanze fast überall auf der Welt und ist laut IP 6 für fast jeden verfügbar. IP 6 gab an, dass in letzter Zeit zu diesem Thema eine große Verbreitung durch die diversen Medien stattgefunden hat und auch die Problem besteht. Diese Diskussionen erfolgen meist nicht auf Sachebene, sondern mit ideologischen Glaubenssätzen. Weiters werde nicht zwischen Freizeitkonsum und möglichem medizinischen Nutzen getrennt und so komme es zu einer Vermischung grundverschiedener Aspekte. Auch wird die Verharmlosung in der medialen Berichterstattung kritisch gesehen. Ebenso kritisch betrachtet wird, dass bei der Diskussion um die Freigabe von Cannabis hauptsächlich lediglich der Kosten-Nutzen-Faktor beachtet wird. Schlussendlich trete beim Konsum von Cannabis nicht unmittelbar eine schädliche Folgewirkung ein, weshalb die Gefahr dieser Substanz nicht so wahrgenommen wird, obwohl laut ExpertInnen der stark zunehmende THC-Gehalt in den Pflanzen zu Problemen
225 Vgl. Schopper, 2017, Interview-Transkript, Zeile 160-162
226 Vgl. ebd., Zeile 180-182
227 Vgl. ebd., Zeile 586-587
228 Vgl. Zeder, 2017, Interview-Transkript, Zeile 140-150
229 Vgl. Haltmayer, 2017, Interview-Transkript, Zeile 156-162