Festbeträge
Kompromiss gefährdet
Betriebskrankenkassen kritisieren Referentenent- wurf des Ministeriums.
M
öglicherweise kündigen die gesetzlichen Kran- kenkassen den Kompromiss zu den Festbeträgen für Arz- neimittel wieder auf. Das geht aus einem Schreiben des Bundesverbandes der Be- triebskrankenkassen (BKK) an das Bundesgesundheitsmi- nisterium (BMG) vom 6.April hervor, dem sich die Spitzenverbände der Kran- kenkassen anschlossen.
Sie sehen in dem Referen- tenentwurf des BMG zum Festbetrags-Anpassungsgesetz ein „völliges Abrücken von den zugesagten Rahmenbe- dingungen“. Bei dem Entwurf handle es sich um ein „Festbe- tragsabschaffungsgesetz“. Er sehe nicht mehr vor, die staatli- che Festsetzung der Festbeträ-
ge auf drei Jahre zu begrenzen, obwohl Bundesgesundheits- ministerin Ulla Schmidt dies zugesichert habe, sagte der Vorstandsvorsitzende des BKK-Bundesverbandes, Wolf- gang Schmeinck. Er befürch- tet, dass die Selbstverwaltung diese Aufgabe nicht zurücker- hält.
Der Kompromiss, den das BMG und die Spitzenverbän- de zuvor geschlossen hatten, ermächtigte das Ministerium zu einer einmaligen Anpas- sung der Festbeträge. Dadurch sollten 650 Millionen DM jähr- lich gespart werden. Nach Be- rechnungen des BKK-Bundes- verbandes könnten jedoch jährlich rund drei Milliarden DM eingespart werden. Um weitere drei Milliarden DM könnte die Gesetzliche Kran- kenversicherung durch eine Herabsetzung der Mehrwert- steuer von 16 auf sieben Pro- zent entlastet werden, erklärte Schmeinck. Die Betriebskran- kenkassen fordern ferner, das 1998 eingeführte Versandhan- delsverbot für Arzneimittel aufzuheben und auf diese Wei- se Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen.
A K T U E L L
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 16½½½½20. April 2001 AA1021
Otitis-media-Studie
Antibiotika versus
„wait and see“
B
ei einer Otitis media verschreiben viele Kinderärzte noch immer Anti- biotika. Die meisten Kinder gesunden jedoch auch ohne Antibiotika; eine ab- wartende Haltung („wait and see“) wird als die vernünftigere Strategie an- gesehen. Die Gefahr von schwerwie- genden Komplikationen ohne Antibio- tika ist gering. Sie muss gegen die häu- figen Nebenwirkungen abgewogen werden, die der Antibiotikaeinsatz aus- lösen kann: wie die Diarrhö, an der je- des fünfte Kind erkrankt. Auch das Ri- siko von Resistenzen steigt bei zu großzügigem Einsatz von Antibiotika.Es gibt auch den Verdacht, dass ein all- zu großzügiger Einsatz von Antibiotika bei Kleinkindern das Risiko von Aller- gien erhöht. Dies alles ist in der Regel
bekannt. Doch an der Verschreibungs- praxis hat sich wenig geändert. Als Grund für die Antibiotikagabe wird heute die Forderung der Eltern ge- nannt, welche für ihr Kind die si- cherste Behandlung wünschen und mit einem „wait and see“ nicht koope- rieren würden.
F
ür den niedergelassenen Pädiater ist daher eine randomisierte Studie von Paul Little von der Universität South- ampton (BMJ 2001; Band 322 No.7282: 336–42) interessant. In der bisher größten Praxisstudie zur Frage der An- tibiotikatherapie bei der Otitis media wurde die Hälfte der Eltern gebeten, das Rezept für die Antibiotika nicht so- fort einzulösen, sondern es nach drei Tagen in der Praxis abzuholen, sofern Ohrenschmerz oder Fieber andauern.
Sie durften aber früher kommen, wenn sie dies für notwendig erachteten. Eine zweite Untersuchung durch den Arzt wurde nicht zwingend vorgegeben;
den Eltern wurde damit ein Teil der
Verantwortung übertragen. Als sie später befragt wurden, äußerten sich 77 Prozent der Eltern sehr zufrie- den mit diesem Vorgehen. Nur 36 von 150 Eltern hatten die Antibio- tikarezepte in der Praxis abgeholt. Der Antibiotikaverbrauch war um 76 Pro- zent gesunken.
Z
ufriedenheit und Zurückhaltung der Eltern sind bemerkenswert, da die Kinder ohne Antibiotika – wie erwar- tet – einen Tag länger krank waren und häufiger nachts nicht durchschliefen als in der Vergleichsgruppe, in der die Ärz- te sofort Antibiotika verschrieben und deren Notwendigkeit auch betonten.Auch der Verbrauch an Paracetamol war in der „antibiotikafreien“ Gruppe geringfügig höher. Aufgrund der Un- tersuchungsergebnisse kommentieren die Autoren, dass die „wait and see“- Strategie zwar höhere zeitliche Anfor- derungen an den Pädiater stellt, dass den Eltern dieses Vorgehen jedoch ver- mittelt werden kann. Rüdiger Meyer Akut
Umfangreiche Bauarbeiten in den Innenstädten von Dresden, Chemnitz und Leipzig führten im März wiederholt zu gesundheitsrelevanten Luft- verunreinigungen durch hohe Staubkonzentrationen. Bundesweit sorgte die intensive Märzsonne für einen deutlichen Anstieg der Ozonbelastun- gen. Vor allem in den Mittelgebirgen wurden Werte gemessen, die den MIK-(Maximale Immissions-Konzentration-)Richtwert von 120 µg/m3 überstiegen. Der höchste Ozonwert trat mit 141 µg/m3im Spessart auf.
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Luftqualität im März
Datenbasis: Monatsmaximalwerte