A-9 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 1–2, 10. Januar 2000
S P E K T R U M LESERBRIEFE
offenbar gut Kasse machen lässt.
Im Übrigen sind culture based medicine und evidence based medicine durchaus keine Gegensätze. Wichtig scheint mir viel mehr zu be- denken, dass in unserer ge- genwärtigen Medizin weitge- hend ignoriert wird, wie sehr auch kulturelle Faktoren för- derlich beziehungsweise hin- derlich für den Heilungspro- zess sein können. Dies gilt nicht zuletzt für Konzepte der klassischen Naturheilkun-
de (Kneipp) beziehungswei- se der kurörtlichen Therapie.
Allerdings gilt auch umge- kehrt, dass der bloße Verweis auf Kultur und Tradition für sich allein kein hinreichendes Argument darstellen kann, zumal wenn die Indizien (sprich die Evidence) dage- gen sprechen. Das würde ich mir als Patient auch verbitten.
Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, Forschungsinstitut für Balneologie und Kurortwis- senschaft, Lindenstraße 5, 08645 Bad Elster
Budgetierung
Zu dem Interview mit Winfried Schor- re, dem damaligen Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung,
„Die Budgets müssen weg, und zwar alle!“ in Heft 41/1999:
Politisch abstrakt
. . . Insgesamt sind die Antworten von Herrn Dr.
Schorre politisch abstrakt ge- halten und sagen zunächst nichts über das zu erwartende Schicksal des einzelnen Kas- senarztes aus. Wenn Herr Dr.
Schorre sagt, die Budgets müssen weg, und zwar alle, wird ihm wohl kein Kassen- arzt widersprechen. Auch wenn als Feindbild die Politik und die Krankenkassen her- halten sollen, darf nicht ver- drängt werden, dass das Miss- management der ärztlichen Selbstverwaltung das Außer- kontrollegeraten des Systems ermöglichte, an welchem vie- le Ärzte ihre ökonomischen Bedürfnisse befriedigen konn- ten, bis es kollabierte und der Staat eingreifen musste, da die Geldmittel erschöpft wa- ren. So wurde aus dem Ärzte- stand ein Deckelstand. Wäh- rend meiner zehnjährigen Niederlassung demonstrierte mir die ärztliche Selbstver- waltung jedes Quartal an- hand der sinkenden Punkt- werte die Unzulänglichkeit ihres Tuns.
Dr. Schorre: „Wir können und wollen natürlich nicht pausenlos die halbe Ärzte- schaft prüfen.“ Es wäre aber
die Aufgabe der ärztlichen Selbstverwaltung gewesen, durch Prüfungen auszu- schließen, dass die Lei- stungsmenge aus ökonomi- schen Gründen von der Ge- samtvergütung honoriert wurde; das hätte sich zwei- felsfrei auf die Stabilität des Punktwertes und eine aus- reichende Gesamtvergütung ausgewirkt . . .
Priv.-Doz. Dr. med. H. Schel- long, Hafenstraße 68, 41460 Neuss
Tinnitus
Zu dem Medizin-Beitrag „Die Bedeu- tung der Retrainingtherapie bei Tinni- tus“ von Dr. Eberhard Biesinger und Dr. Christian Heiden in Heft 44/1999:
Kostenübernahme nicht gesichert
. . . Meine Erfahrungen mit den Krankenkassen sind besonders enttäuschend: Ob- wohl wir für jeden Patienten ein ausgefeiltes Gutachten er- stellen, hat bisher keine Kas- se die Kosten für eine ambu- lante Therapie übernommen.
Sehr wohl aber bezahlt sie die stationäre Retrainingsthera- pie (ambulant für drei Mona- te 1 800 DM gegen stationär für vier Wochen 5 600 DM).
Das ist besonders empö- rend, weil auf dem letzten Ärztetag die Forderung „am- bulant vor stationär“ schon aus Kostengründen laut wur- de . . .
Dr. Elisabeth Gabka-Heß, Motzstraße 30, 10777 Berlin