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Archiv "Versicherungspflicht: Krankenkassen sollen kulant sein" (22.02.2008)

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A378 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 822. Februar 2008

P O L I T I K

D

ie gute Nachricht zuerst: Die Zahl der nicht krankenver- sicherten Menschen in Deutschland hat sich nach Inkrafttreten der Ge- sundheitsreform mehr als halbiert.

Waren Anfang letzten Jahres noch 211 000 Menschen nicht versichert, liegt die Zahl nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes mittler- weile bei rund 100 000 Personen.

Die schlechte Nachricht: Je mehr Zeit vergeht, umso unwahrschein- licher ist es, dass sich die verblei- benden Nichtversicherten um eine Versicherung bemühen. Denn seit Inkrafttreten der Versicherungs- pflicht in der gesetzlichen Kranken- versicherung (GKV) im April 2007 laufen Beiträge auf, die nachge- zahlt werden müssen. Je nach Höhe des Einkommens kommen schnell mehrere Tausend Euro zusammen.

Bleibt jemand zwei Jahre unversi- chert, kann die Nachforderung bis zu 15 000 Euro betragen.

Ministerium startet Informationskampagne

Damit es so weit gar nicht erst kommt, hat das Bundesgesundheits- ministerium gemeinsam mit den Spitzenverbänden der Freien Wohl- fahrtspflege und dem Verbraucher- zentrale Bundesverband nun eine groß angelegte Informationskam- pagne zur Rückkehr in die Kran- kenversicherung gestartet. Dazu werden nach Auskunft des Bundes- gesundheitsministeriums mehr als 25 000 Plakate aufgehängt und 245 000 Flyer in den Beratungsstel- len der Wohlfahrtsverbände ausge- legt. „Ich bin froh, dass sich die Zahl der Nichtversicherten bereits weni-

ge Monate nach Inkrafttreten der Gesundheitsreform mehr als hal- biert hat. Jetzt geht es darum, den noch verbleibenden Nichtversicher- ten die schnelle Rückkehr in die Krankenversicherung zu erleich- tern“, erklärt Bundesgesundheits- ministerin Ulla Schmidt (SPD) zum Start der Kampagne in Berlin.

Appell an die Krankenkassen

Dr. Peter Neher, Präsident der Bun- desarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände, weist darauf hin, dass die Rückkehr in die GKV nicht nur ein Recht darstellt, son- dern auch eine Pflicht. Finanziel- le Sanktionen könnten verspätete Rückkehrer hart treffen. „Wir for- dern deshalb die Kassen auf, für Menschen in sozialen Notlagen die bereits angefallenen Beträge zu er- lassen, um ihnen den uneinge- schränkten Zugang zum Versiche- rungssystem zu ermöglichen“, so Neher. Schmidt unterstützt ihn dar- in: „Kein Rückkehrwilliger soll aus Angst vor hohen Nachforderungen auf einen Krankenversicherungs- schutz verzichten.“ Zuvor hatte die Ministerin schriftlich an die Spit- zenverbände der Krankenkassen appelliert, soziale Härtefälle genau zu prüfen. Die Beiträge sollten in erträglichen Raten eingefordert und in Einzelfällen ganz erlassen werden.

Nach Meinung von Prof. Dr. Jür- gen Wasem, Gesundheitsökonom an der Universität Duisburg-Essen, hätte Schmidt den ehemaligen Nichtversicherten schon mit der Gesundheitsreform entgegenkom-

men können. Sinnvoll wäre es ge- wesen, auf den im Gesetz vorge- sehenen Mindestbeitrag zu ver- zichten. Dieser sei nicht sachge- recht. Vielmehr sollten die Beiträ- ge einkommensabhängig sein, so der Experte.

Nun bleibt Schmidt nichts weiter übrig, als die Kassen um Kulanz zu bitten. Ob die Kostenträger darauf eingehen, ist allerdings fraglich.

„Die Kassen werden sich mit die- sem Appell auseinandersetzen und prüfen, welche Problemlösungen rechtskonform möglich sind“, sagt Udo Barske, Sprecher des AOK- Bundesverbandes. „Durch Bei- tragsnachforderungen wollen wir verhindern, dass gesunde Men- schen aus dem Solidarsystem aus- scheren und sich erst im Krank- heitsfall bei ihrer Kasse melden“, erklärt die Barmer-Sprecherin, Su- sanne Uhrig. Doch sie betont auch:

„Die Barmer sieht sich jeden Ein- zellfall genau an. Wenn jemand zwei Jahre im Ausland gelebt hat, kann man schon glauben, dass die- ser noch nichts von der Neurege- lung gehört hat.“ Dies müsse man berücksichtigen.

PKV-Rückkehrer sind meist alt und krank

Auch bei der privaten Krankenver- sicherung (PKV) ist noch nicht ab- schließend geklärt, wie sie mit so- zialen Härtefällen umgehen wird.

Wenn zum 1. Januar 2009 auch in der PKV die Versicherungspflicht gilt, müssen verspätete Rückkehrer (wie auch in der GKV) neben den Prämiennachzahlungen Säumniszu- schläge leisten. Bislang gilt bei den Privaten allenfalls ein Rückkehr- recht für Versicherte. Das heißt, die Unternehmen müssen Nichtversi- cherte aufnehmen, sofern sie der PKV zuzuordnen sind. Bis jetzt sind 3 300 Nichtversicherte in die priva- te Krankenversicherung zurückge- kehrt. „Dabei handelt es sich vor al- lem um ältere und kranke Men- schen“, berichtet Jens Wagner vom PKV-Verband. Seine Erklärung hierfür: „Solange keine Versiche- rungspflicht besteht, haben viele Gesunde kein Interesse an einem Krankenversicherungsschutz.“ I Samir Rabbata

VERSICHERUNGSPFLICHT

Krankenkassen sollen kulant sein

Noch immer sind circa 100 000 Menschen ohne

Krankenversicherung. Weil verspäteten Rückkehrern

in die GKV hohe Beitragsnachzahlungen drohen,

fordert die Bundesregierung die Kassen auf, sozial

Schwachen entgegenzukommen.

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