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Archiv "Deutsches Technikmuseum Berlin: Pillen und Pipetten" (26.11.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 47

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26. November 2010 A 2345

K U L T U R

DEUTSCHES TECHNIKMUSEUM BERLIN

Pillen und Pipetten

D

ie im Juni gestartete Dauer- ausstellung „Pillen und Pi- petten“ im Deutschen Technikmu- seum Berlin (DTMB) lockt vor al- lem Wissenschaftler von morgen an: Fauchend jagt eine Rakete in die Luft und explodiert am nächtli- chen Himmel über dem Alexander- platz. Begeistert mischen ein paar Gymnasiasten aus Brandenburg am Touchscreen explosive Ingredien- zien. Dann wiederholen sie das vir- tuelle Feuerwerk per Knopfdruck auf einem riesigen Monitor – fast wie professionelle Pyrotechniker.

Das DTMB beschreitet offenbar erfolgreich neue Wege. „Wir wollen vor allem Kinder und Jugendliche für wissenschaftliche Themen in - teressieren“, erklärt Kurator Volker Koesling. Am Beispiel des ehemali- gen Schering-Konzerns informiert die Ausstellung über histori- sche und aktuelle Themen der chemischen und pharma- zeutischen Industrie. Ein No- vum in der deutschen Muse- umslandschaft. „Künftig soll es bei uns nicht nur um Tech- nik gehen, sondern verstärkt auch um Wissenschaft“, sagt Dirk Böndel, Direktor der Stiftung Deutsches Technik- museum Berlin.

Lokomotiven, Oldtimer oder Schiffe – dafür stand das DTMB bislang. Auf 400 Quadratmetern Fläche haben die Ausstellungsmacher von

„Pillen und Pipetten“ ihre These umgesetzt: „Unsere moderne Zivilisation stammt

aus dem Labor!“ Ob es um Mi kro - literpipetten geht oder um Amei- senmittel, die meisten Objekte stammen aus dem Scheringianum, dem Firmenmuseum, das der Sche- ring-Stiftung übereignet wurde.

„Aber wir verstehen uns nicht als verlängerter Arm eines Konzerns“, betont Koesling. Damit spielt der Chemiker auf die Übernahme von Schering durch die Bayer AG im Jahr 2006 an.

Die Schau im Technikmuseum dokumentiert den Aufstieg von Ernst Schering, der 1851 als Apo- theker am Nordrand des damaligen Berlin (heute Berlin-Mitte) seine Karriere begann. In einem kleinen Labor experimentierte er mit beson- ders reinen Chemikalien, um die Gesundheit seiner Kunden nicht zu belasten. Wenige Jahre später grün-

dete Schering eine chemi- sche Fabrik. Die Belieferung der deutschen Armee mit Arzneimitteln im Krieg gegen Frankreich 1870/71 brachte für den Unternehmer den Durchbruch und die Umwandlung seiner Firma in eine Aktiengesellschaft.

Spannend aufbereitet ist in der Ausstellung die Ge- schichte von Drospirenon, das Schering entwickelt hat- te. Vorklinische Tests erga- ben 1976, dass dieser syn- thetische Arzneistoff den Blutdruck senkt – für die Ent- wicklung eines Herz-Kreis- lauf-Mittels aber nicht aus- geprägt genug, bewiesen

später klinische Tests. Allerdings stellten die Wissenschaftler der Fir- ma Schering eine gestagene Wir- kung durch Drospirenon fest. Wäh- rend die jahrelange Forschung an Herz-Kreislauf-Mitteln eingestellt wurde, liefen Testreihen mit Dro- spirenon als Gestagen für eine Anti- babypille an. Es folgten klinische Studien mit diesem Wirkstoff und einem Östrogen – bis das Arznei- mittel als Ovulationshemmer im Jahr 2000 auf den Markt kam.

Passend zum Thema Pillen be- findet sich in dem Raum, in dem die Geschichte von Drospirenon ge- schildert wird, auch eine Tabletten- Rundläuferpresse, Baujahr 1984.

Ihr Ausstoß lag bei 300 000 Tablet- ten in der Stunde. Auf Wunsch schaltet das Museumspersonal den mannshohen Kasten gern an. Über- haupt wird in der Ausstellung viel Wert auf Interaktion gelegt.

Schering entwickelte aus Kie- fernharz synthetischen Kampfer.

Ende des 19. Jahrhunderts konnte man endlich Billardkugeln daraus anfertigen und auf Elfenbein ver- zichten. „Ob es um Tierversuche oder Umweltschäden durch Pflan- zenschutzmittel geht, in dieser Aus- stellung kann sich jeder ein Urteil über die chemisch-pharmazeutische Industrie bilden und Vorurteile durch Informationen ersetzen“, sagt Kurator Koesling.

Informationen: Deutsches Tech- nikmuseum Berlin, Trebbiner Stra- ße 9, 10963 Berlin-Kreuzberg, In- ternet: www.sdtb.de. ■ Hans-Peter Theurich

Am Beispiel des ehemaligen Schering-Konzerns informiert eine Dauerausstellung über historische und aktuelle Themen der chemischen und pharmazeutischen Industrie.

Ein virtuelles Feuerwerk über Berlin können Besucher der Ausstellung „Pillen und Pipetten“ selbst inszenieren.

Fotos: Hans-Peter Theurich

Am Molekülmodell von Kampfer gibt es eine Hör station für Besucher der Ausstellung „Pillen und Pipetten“.

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