E
s war an der Zeit, daß ei- ner, der nicht Arzt ist, es gewissen Eltern endlich einmal gesteckt hat. Den Ärz- ten wollten sie es ja schon lan- ge nicht mehr glauben. Unser Kind, so lieb und intelligent, kommt in der Schule nicht mehr mit. Wir haben mit dem Lehrer gesprochen; er meint auch, es könne etwas mit un- serem Peter nicht stimmen.Da müsse es doch irgendeine Tablette oder Tropfen geben, damit unser Peter die Verset- zung schafft. Und wenn unser Doktor nicht will, dann gehen wir eben zu einem anderen.
Ein Blick in die Regenbogen- presse zeigt, daß sich auch außerhalb des ärztlichen Sprechzimmers eine Menge tut: Stärkungs- und Kräfti- gungsmittel, Mittel gegen Blutarmut, zur Stärkung des Gedächtnisses u. a. stehen hoch im Kurs. Daß man mit Traubenzucker, Glutamin- säure und Lecithin sein Ge- schäft machen kann, oder, wenn es ganz vornehm sein soll, mit Mittelchen sogar aus Kälber- oder Schweinehirn
gewonnen, nur gut, daß sich nicht auch die Eigenschaften der Tiere auf die damit be- handelten Kinder übertragen.
Und einige Erstkläßler sind schon respektable Weinken- ner.
Wenn das Kind einmal durch- dreht, hilft vielleicht auch der Tranquillizer der Mutter.
Schüler-Pillen
Wenn nicht, kann man noch mit Omas Schlaftabletten nachhelfen. Und wenn die Töchter am Morgen nach der Spät-Tagesschau die Augen nicht aufkriegen, wird ein starker Kaffee gebraut. Wozu denn noch den Arzt behelli- gen? Doch weit gefehlt! Omas Pille half ihnen doch damals so gut, und mit der Anre- gungspille haben sie doch endlich mal wieder in der Schule aufgepaßt. Das müs- sen Sie ihnen unbedingt ver- schreiben, Herr Doktor! Die Klassenkameraden bekom- men das doch auch. In der Re-
gel setzt sich der Arzt gegen solche Ansinnen durch. Der Außenstehende glaubt jedoch kaum, unter welchen Druck Eltern Ärzte setzen können.
A
uch im Kindesalter gibt es schon häufiger Fälle, in denen man mit einem Be- ruhigungs- oder Schlafmittel nicht auskommt. Abgesehen von den seltenen Fällen, in denen bei bestimmten früh- kindlichen Funktionsstörun- gen Psychostimulanzien er- folgreich eingesetzt werden.Hier sollte man die Behand- lungsdauer auf die kürzest- mögliche Zeit begrenzen und bei Behandlung die Eltern über Behandlungsdauer und -ziel informieren. Auch wenn alle Packungsbeilagen jetzt den Zusatz „Vor Kindern ge- schützt aufbewahren" tragen, lohnt es sich, die Eltern an.
diese Verpflichtung zu erin- nern. Viele Schüler wissen heute schon besser über das Abhängigkeitspotential vieler Arzneimittel Bescheid als ihre Eltern, mit denen darüber in der Schule noch nicht gespro- chen wurde. KHK
Aktuelle Politik
Der freiwilligen Rentenversicherung
wird die Grundlage entzogen 81
Walter Kannengießer
Die Reportage
Allahs unerbittliche Missionare 84 Einreise nach Persien (I)
Norbert Jachertz
Nachrichten
Herzzentrum Berlin: Grundstein gelegt
—Sozialversicherung: Höchstbeitrag jetzt 1fi61 Mark — Neues Angebot zur Prävention
— Gesundheitstage — 250 Sozialstationen in Niedersachsen — DDR: Zu wenig Theorie in der Weiterbildung — Europa: Verzicht auf eine Hochschule — Aus aller Welt: Arznei- verordnung im Alter — Zeugnis für Ehetaug-
lichkeit — Streßfolgen 89
Die Glosse
Problem erkannt - Eigenverantwortung 91
Das aktuelle Buch 92
Die Kongresse der Bundesärztekammer
Spaß an der Fortbildung 93
Dr. med. P. Erwin Odenbach
Der Kommentar
Schadstoffindex irreführend 95
Prof. Dr. med. Gerhard Lehnert
Ausgewogene Entscheidung 96
Neufassung der Röntgen-Apparaterichtlinien
Dr. med. Erhard Effer
Themen der Zeit Expertenkommission
setzt auf „Selbstverwaltungslösung" 98 Neuordnung der Krankenhausfinanzierung
Dr. rer. pol. Harald Clade
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung