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Archiv "Tumorschmerzen und ihre Einschätzung durch behandelnde Ärzte" (29.10.1993)

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Tumorschmerzen und ihre Einschätzung durch behandelnde Ärzte

Die überwiegende Mehrzahl der amerikanischen Arzte aus Einrich- tungen der „Östlichen Kooperations- gruppe für Onkologie" glauben, daß die meisten Patienten bei Tumor- schmerzen nicht ausreichend mit Medikamenten behandelt werden.

Nur 51 Prozent der befragten Ärzte sind der Meinung, daß sie in ihrer Praxis oder Klinikabteilung Schmer- zen gut oder sehr gut behandeln. Zu diesen Ergebnissen kam die Umfra- ge, die die Kooperationsgruppe über Tumorschmerzen und ihre Behand- lung durchführte.

Die Wissenschaftler der Koope- rationsgruppe analysierten die Aus- sagen in 897 Fragebögen, die Häma- tologen, auf Onkologie spezialisierte Internisten, Chirurgen oder Radiolo- gen ausgefüllt hatten. Der Fragebo- gen, der von der Schmerzforschungs- gruppe der Universität von Wiscon- sin entwickelt worden war, unter- sucht die Meinung der Ärzte über Schmerzen als spezifisches Problem von Krebspatienten, ihre Vorstellun- gen von ausreichender und wirkungs- voller Schmerztherapie und die Be- schreibung, auf welche Weise sie die Schmerzen ihrer Patienten behan- deln.

Schätzungen von Experten zu- folge haben 60 bis 90 Prozent aller Krebspatienten in fortgeschrittenem Krankheitsstadium Schmerzen, die ihre Lebensqualität beeinträchtigen.

In Hospizen oder spezialisierten Ab- teilungen berichten etwa 90 Prozent der Patienten, daß ihre Schmerzen erfolgreich behandelt würden. Eine Analyse von elf Studien, die insge- samt fast 2000 Patienten außerhalb solcher Spezialeinheiten befragten, ergab, daß bei 50 bis 80 Prozent je- doch keine ausreichende Schmerz- therapie durchgeführt wurde. Exper- ten schätzen sogar, daß 25 Prozent aller Krebspatienten immer noch oh- ne angemessene Erleichterung ihrer Schmerzen sterben.

Besorgnis über Nebenwirkungen und Toleranzentwicklung wurde von den meisten Ärzten als Grund ange- geben, warum sie Schmerzmittel oft

nur stark begrenzt verschreiben. 76 Prozent sind der Meinung, daß die Stärke der Schmerzen der Patienten zu selten beurteilt wird und auch zu schlecht abgeschätzt werden kann.

Dies ist ihrer Ansicht nach das größ- te Hindernis dafür, Schmerzen der Patienten effektiv zu behandeln. An- dere Gründe seien, daß Patienten häufig zögern, gegenüber dem Arzt über ihre Schmerzen zu klagen oder verordnete Schmerzmittel einzuneh- men. Auch verschrieben Ärzte im- mer noch ungern opioidhaltige Anal- getika. Zudem schätzen die Autoren die Kenntnisse der Ärzte über zu- sätzliche, die Wirkung der Schmerz- mittel verstärkende Therapiemög- lichkeiten zu gering ein. Auch Ne- benwirkungen würden zu selten schon im voraus bedacht und behan- delt, obwohl dies oft gut möglich sei.

Als Beweis führen die Autoren ein Fallbeispiel aus dem Fragebogen auf. Darin geht es um einen 40jähri- gen Mann mit starken Rücken- schmerzen, die durch Knochenmeta- stasen verursacht werden und trotz palliativer Behandlung anhalten. Sei- ne Lebenserwartung wird auf 24 Mo- nate geschätzt. 93 Prozent der Ärzte verordneten hier opioidhaltige Schmerzmittel. 41 Prozent wählten ein starkes, morphinähnliches Medi- kament, 51 Prozent eines, das in der Wirkungsstärke mit Codein ver- gleichbar ist. Nur elf Prozent ver- schrieben zusätzlich noch Medika- mente mit antiinflammatorischer Wirkung. Als die Ärzte im Fragebo- gen vor das Problem gestellt wurden, daß die Schmerzen des Patienten trotz der Behandlung mit nahezu un- verminderter Stärke anhalten und sie daher die am stärksten wirksame Schmerztherapie anwenden sollten, die sie befürworten könnten, emp- fahlen elf Prozent der Ärzte immer noch nur schwächer wirksame Opioi- de. Weniger als ein Prozent verord- nete zusätzliche Mittel wie Antieme- tika oder Laxantien, die die typischen Nebenwirkungen opioidhaltiger An- algetika abschwächen können. Die Mehrheit der befragten Ärzte, 59

Prozent, würde mit einer maximal dosierten Schmerztherapie beginnen, wenn die Prognose des Patienten we- niger als 24 Monate beträgt. 31 Pro- zent jedoch würden warten, bis sich die Prognose auf sechs Monate ver- ringert hat.

Den Ärzten fehlen nach eigener Aussage im Alltag die Mittel, wie zum Beispiel Fragebögen oder Schmerzskalen von 0 bis 10, um die Schmerzen der Patienten zu beurtei- len. Ohne diese Hilfen unterschätzen Ärzte und Pflegepersonal oft das Ausmaß des tatsächlichen Leidens der Patienten. Zusätzlich sollten Ärzte ihren Patienten schon zu Be- ginn der Behandlung erklären, daß sie ihnen ihre Schmerzen mitteilen müssen — insbesondere, wenn die Dosierung der Schmerzmittel nicht mehr ausreicht. Da auch nur zwölf Prozent der Ärzte angaben, daß sie den Unterricht über Schmerzthera- pie bei Tumorpatienten während ih- res Studiums als gut oder sehr gut einschätzen, meinen die Autoren auch, daß neue Schwerpunkte in der Ausbildung gesetzt werden müßten.

Diese sollten, wie sich aus den Er- gebnissen der Umfrage ableiten läßt, vor allem eine bessere Abschätzung der Schmerzen, effektivere Behand- lung der Nebenwirkungen, zusätzli- che unterstützende Medikamente und die Pharmakologie der Opioid- analgetika zum Thema haben. silk

Jamie, H., et al.: Physician Attitudes and Practice in Cancer Pain Management.

Annals of Internal Medicine 119 (1993) 121-126

Charles S. Cleeland, PhD, Pain Research Group, Department of Neurology, 600 Highland Avenue, Madison, WI 53792

A1 -2866 (60) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 43, 29. Oktober 1993

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