• Keine Ergebnisse gefunden

2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss"

Copied!
8
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

1

2. Vergabekammer

des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss

AZ: 2 VK LSA 07/15 Halle (Saale), 14.09.2015

In dem Nachprüfungsverfahren der

……….

……….

Verfahrensbevollmächtigte

………

………

Antragstellerin

gegen die

………

………….

Antragsgegnerin unter Beiladung der

……..

……..

Beigeladene

wegen

§ 97 Abs. 7 GWB, § 97 Abs. 1 GWB, § 97 Abs. 2 GWB

- Verstoß gegen Transparenzgebot und Gleichbehandlungsgrundsatz - keine Bekanntgabe des Berechnungsmodus zur Bestimmung des Preises - Preisangaben unvollständig

Der Berechnungsmodus zur Bestimmung des Preises ist spätestens in den Vergabeunterlagen bekanntzugeben. Es soll sichergestellt werden, dass bei der Wertung der Angebote Manipulationen ausgeschlossen werden und dem Gleichbehandlungsgrundsatz Genüge getan wird.

(2)

2 der gerügten Vergabeverstöße im Offenen Verfahren, Lieferung von Erdgas für die kommunalen Gebäude der Stadt ………….. hat die 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt durch den Vorsitzenden Regierungsdirektor ……, die hauptamtliche Beisitzerin Frau ……… und den ehrenamtlichen Beisitzer Herrn ………. auf die mündliche Verhandlung vom 17.08.2015 beschlossen:

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, das Vergabeverfahren ab Versendung der Vergabeunterlagen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen, soweit sie weiterhin eine entsprechende Beschaffungsabsicht hat. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens. Die Verfahrenskosten werden insgesamt auf ……….. Euro festgesetzt.

Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin war notwendig.

Gründe I.

Die Antragsgegnerin versandte am 11.05.2015 die Bekanntmachung über die Lieferung von Erdgas für kommunale Gebäude an das Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. Sie wählte das Offene Verfahren nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen, Teil A (VOL/A), Abschnitt 2. Nebenangebote waren nicht zugelassen.

Einziges Zuschlagskriterium ist der niedrigste Preis.

Der Vertragszeitraum beginnt nach Ziffer II.3) der Bekanntmachung am 01.01.2016 und endet am 31.12.2018. Optionen sind nicht festgelegt.

Der Schlusstermin für den Eingang der Angebote war der 25.06.2015, 10:00 Uhr.

Unter Ziffer 3.6 des Formulars 632EU (VOL-Bewerbungsbedingungen) heißt es:

„Alle Preise sind in Euro mit höchstens drei Nachkommastellen anzugeben.

Die Preise (Einheitspreise, Pauschalpreise, Verrechnungssätze usw.) sind ohne Umsatzsteuer anzugeben…“

Aus den Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis geht hervor, dass ein reiner Energiepreis zu einem verbindlichen Festpreis für den gesamten Lieferzeitraum für alle im Leistungsverzeichnis benannten Abnahmestellen angeboten werden soll. Weiterhin sind Preisangaben zu einer Mindermengen-Mehrmengen-Flexibilität von weniger als 90% bis mehr als 110% zu verpreisen.

Unter „Eintragungen der Preisangaben“ heißt es:

„Preisangaben zum Festpreis Energie und zu den Preisen für eine Minder- Mehrmengenflexibilität bitte im beiliegenden Formblatt (Preisblatt Anlage 2) eintragen…“

Entsprechend der Anlage 2 – Preisblatt - haben die Bieter die angebotenen Energiefestpreise, die Preise für die Mehrmengenvergütung und für die Mindermengenvergütung in Cent/ kWh anzubieten.

Die Vergabeunterlagen enthalten keine Angaben über die Ermittlung des niedrigsten Angebotspreises.

(3)

3 Am 17.06.2015 unterbreitete ein Bewerber einen Vorschlag bezüglich einer flexiblen Regelung über die ausgeschriebene Mehr- und Mindermengenvergütung. Die Antragsgegnerin lehnte den Vorschlag ab. Sie gab vor, dass bei einer Abweichung der Vergabeunterlagen das Angebot ausgeschlossen werden müsse. Es sei ein fester Preis anzugeben. Die übrigen Bewerber wurden hierüber nicht unterrichtet.

Insgesamt reichten mit der Antragstellerin und der Beigeladenen sieben Firmen ihre Angebote fristgerecht ein.

Die Antragstellerin hat für alle drei Preispositionen in der Anlage zwei ihres Angebotes eine entsprechende geldwerte Angabe vorgenommen.

Die Beigeladene trug in ihrem Angebot einen Energiefestpreis ein. Für die Preise zur Mehrmengen- bzw. Mindermengenvergütung fügte sie die Einträge „./.“ ein.

Diese Einträge veranlasste die Antragsgegnerin, die Beigeladene am 29.06.2015 um Aufklärung aufzufordern. Sie ginge davon aus, dass die Beigeladene für die Mehr- bzw.

Mindermengen keinen gesonderten/zuzüglichen Preis abrechnen wolle.

Die Beigeladene bestätigte dies per Rückfax am selben Tag mit ihrer Unterschrift.

Bei der Ermittlung des niedrigsten Angebotspreises multiplizierte die Antragsgegnerin zunächst den jeweils angebotenen Energiefestpreis mit der ausgeschriebenen Jahresmenge. Für das zweite Lieferjahr wurden 110% der ausgeschriebenen Liefermenge nochmals um 10% der ausgeschriebenen Jahresmenge erhöht und mit der dafür angebotenen Mehrmengenvergütung multipliziert. Für das dritte Lieferjahr wurde ein Mindereinkauf von 80% bezogen auf die ausgeschriebene Jahresmenge angenommen und diese mit der angebotenen Mindermengenvergütung multipliziert. Die Summe der drei Einzelpreise bildete den Angebotsgesamtpreis.

Im Ergebnis dieser rechnerischen Ermittlung belegte das Angebot der Beigeladenen den ersten Rang und das der Antragstellerin den zweiten Platz.

Per Fax informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin am 09.07.2015 gemäß

§ 101a GWB den Zuschlag am 24.07.2015 auf das Angebot der Beigeladenen erteilen zu wollen, da ihr Hauptangebot einen niedrigeren Preis als das Angebot der Antragstellerin habe.

Der Antragstellerin wurde am 15.07.2015 aufgrund ihrer telefonischen Anfrage Einsichtnahme in den Berechnungsmodus der Angebotswertung gewährt. Sie erhielt ausweislich eines am selben Tag gefertigten Aktenvermerkes hauptsächlich Auskunft über die Berechnung der Mehr- und Mindermengen. Dabei wurde die Antragstellerin u.a. in Kenntnis gesetzt, dass die ausgeschriebene Erdgasmenge nur für das erste Vertragsjahr angesetzt worden sei. Im zweiten Jahr habe die Antragsgegnerin mit einer Jahresmenge von 120% und im letzten Jahr mit einer Gesamtmenge von 80% gerechnet und diese Mengen mit dem jeweils angebotenen Einzelpreis multipliziert. Diese Berechnungsweise rügte die Antragstellerin zunächst am Ende des Gesprächstermins.

Am 21.07.2015 rügte die Antragstellerin nochmals schriftlich den Berechnungsmodus zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes. In dem Schreiben hatte die Antragstellerin das Heranziehen der Mehr- und Mindermengen bei der Ermittlung des niedrigsten Angebotspreises nochmals dargelegt. Sie kritisierte die Berechnungsmethode der Antragsgegnerin.

Mit Schreiben vom 22.07.2015 teilte die Antragsgegnerin mit, der Rüge nicht abhelfen zu wollen. Sie sandte daraufhin die Unterlagen an die Vergabekammern beim Landesverwaltungsamt Halle.

(4)

4 Die Antragstellerin stellte mit Schreiben vom 20.07.2015 (Eingang bei der Vergabekammer am 24.07.2015) einen Nachprüfungsantrag bei der zuständigen Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt. Dieser wurde der Antragsgegnerin am 27.07.2015 mit der Bitte um Vorlage aller Vergabeunterlagen und Stellungnahme zugesandt.

In dem Nachprüfungsantrag hat die Antragstellerin ihr bisheriges Vorbringen ergänzt und vertieft. Sie habe unter Zugrundelegung technischer Prognosewerte das in jeder Hinsicht wirtschaftlichste Angebot abgegeben. Es sei intransparent, wie die Bewertung der Angebote stattgefunden habe.

Die Antragstellerin ließ sich ab den 12.08.2015 anwaltlich vertreten.

Die Antragstellerin beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Prüfung und Wertung der Angebote der Erdgaslieferleistungen für die kommunalen Gebäude der Antragsgegnerin im Lieferzeitraum 01.01.2016 bis 31.12.2018 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen und das Vergabeverfahren fortzusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Sie führt im Wesentlichen aus, dass sie mit der Preisabfrage eines Mehrmengen- bzw.

Mindermengenverbrauchs möglichen Witterungsschwankungen begegnen wolle. Auch seien diese Abfragen Bestandteil des Leistungsverzeichnisses gewesen. Die Antragsgegnerin habe im Vorfeld der Erstellung des Leistungsverzeichnisses ein Rechenmodell erstellt, um die Angebote vergleichen zu können.

Mit Beschluss vom 06.08.2015 ist die Firma ……… von der Vergabekammer beigeladen worden.

Die Beigeladene äußerte sich nicht zu dem Nachprüfungsantrag.

Die Beteiligten haben in der am 17.08.2015 durchgeführten mündlichen Verhandlung ihr bisheriges Vorbringen ergänzt und vertieft. Die Beigeladene hatte an der Verhandlung nicht teilgenommen. Es wird insoweit auf das dabei gefertigte Protokoll verwiesen.

Der Vorsitzende hat die Frist zur Entscheidung der Vergabekammer bis zum 04.09.2015 verlängert.

In Hinblick auf die weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie die eingereichten Unterlagen der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig und größtenteils begründet.

1. Zulässigkeit 1.1 Zuständigkeit

Gemäß § 104 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) veröffentlicht im BGBl. I, 1998, Nr. 59, S. 2568 ff., neugefasst durch Bekanntmachung vom 15.07.2005, BGBl. I, 2005, Nr. 44, S. 2114 ff., zuletzt geändert durch Gesetz vom

(5)

5 26.06.2013, BGBl. I, 2013, Nr. 32, S. 1750, i.V.m. der Richtlinie über die Einrichtung von Vergabekammern in Sachsen-Anhalt (RdErl. des MW LSA vom 04.03.1999 - 63 - 32570/03, veröffentlicht im MBl. LSA Nr. 13/1999 S. 441 ff., zuletzt geändert durch RdErl. des MW vom 08.12.2003 – 42-32570/03, veröffentlicht im MBl. LSA Nr. 57/2003, S. 942) i.V.m. d. gem.

Geschäftsordnung d. VgK (Bek. des MW vom 17.04.2013 – 41-32570-17, veröffentlicht im MBl. LSA Nr. 14/2013) ist die 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen- Anhalt für die Nachprüfung des vorliegenden Vergabeverfahrens örtlich zuständig.

Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 1 GWB.

Der maßgebliche Schwellenwert von 207.000 Euro gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.02.2003, BGBl I S. 169, zuletzt geändert durch Artikel 1 Siebte ÄndVO v. 15.10.2013 BGBl I S. 3584) für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträge ist für dieses Vorhaben bei Weitem überschritten.

1.2 Antragsbefugnis

Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Nach § 107 Abs. 2 GWB ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach

§ 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Die Antragstellerin hat mit der Abgabe eines Angebotes ihr Interesse an dem Auftrag zur Erbringung der streitgegenständlichen Leistung hinreichend bekundet.

Sie hatte ferner ausgeführt, dass sie durch den Berechnungsmodus zur Ermittlung des niedrigsten Angebotspreises in ihren Rechten verletzt sei und dass dadurch ihre Aussichten, den Zuschlag zu erhalten, beeinträchtigt werden. Damit hat sie auch hinreichend dargelegt, dass ihr durch diese Maßnahme ein Schaden drohe (§ 107 Abs. 2, Satz 2 GWB).

1.3 Rüge

Die Antragstellerin ist ihrer Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB nachgekommen. Nach dieser Vorschrift ist der Antrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat.

Die Antragstellerin hatte am 15.06.2015 nach Erhalt des Informationsschreibens Einblick in den Vergabevorgang genommen. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde ihr der Wertungsvorgang bekannt. Ausweislich der Vergabedokumentation hat sie direkt bei diesem Termin die Wertung beanstandet und damit Vergabeverstöße vorgebracht. Sie hat damit i.S. der Vorschrift rechtzeitig mündlich gerügt. Soweit sich die Antragstellerin dagegen wendet, dass der Berechnungsmodus zur Ermittlung der Preise nicht bereits vor dem Einreichungstermin der Angebote bekanntgegeben worden sei, konnte sie dies nicht rügen. Sie erlangte von dieser Berechnung in tatsächlicher Hinsicht erst Kenntnis als sie Einsicht in den Wertungsvorgang nahm. Aus den Vergabeunterlagen ergab sich zwar, dass die Ermittlung des Angebotspreises nicht näher erläutert wurde. Es war für die Antragstellerin jedoch nicht erkennbar i.S. des § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB, dass es sich hierbei um einen Vergabeverstoß handeln könnte. Es kann nicht vorausgesetzt werden, dass ein durchschnittlicher Bieter über die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur Bekanntgabe von Unterkriterien bzw. entsprechender Berechnungsmodalitäten Kenntnis hat (vgl. OLG Düsseldorf vom 09.04.2014; Verg 36/13), da dies über Grundsatzwissen im Vergaberecht hinausgeht. Dies gilt auch für die Antragstellerin, die rechtlich erst im Verlauf des Nachprüfungsverfahrens anwaltlich beraten wurde.

(6)

6 Die Antragstellerin ist auch ihrer Obliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB nachgekommen. Nach dieser Vorschrift ist der Antrag unzulässig, soweit mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.

Die Antragstellerin wurde von der Antragsgegnerin am 22.07.2015 schriftlich informiert, der Rüge nicht abhelfen zu wollen. Daraufhin reichte sie am 24.07.2015 rechtzeitig i.S. der o.g.

Vorschrift ihren Nachprüfungsantrag ein.

2. Begründetheit

Die Antragstellerin hat gemäß § 97 Abs. 7 GWB einen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin das Vergabeverfahren ab Erstellung der Vergabeunterlagen wiederholt, soweit weiterhin Beschaffungsbedarf besteht. Das Vergabeverfahren ist ab diesem Stadium fehlerhaft. Hierdurch werden Rechte der Antragstellerin i.S. des

§ 97 Abs. 7 GWB verletzt. Um diese Rechtsverletzungen zu beseitigen, ist die zuvor genannte Maßnahme i.S. des § 114 Abs. 1 S. 1 GWB erforderlich (vgl. OLG Celle vom 11.02.2010; 13 Verg 16/09, danach ist das Vergabeverfahren ab dem Zeitpunkt zu wiederholen, ab dem es mangelbehaftet ist).

Hierzu im Einzelnen:

a) Die Antragsgegnerin wäre i.S. des Transparenzgebotes gemäß § 97 Abs. 1 GWB gehalten gewesen, den Berechnungsmodus zur Bestimmung des Preises spätestens in den Vergabeunterlagen bekanntzugeben. Aus der Vergabeakte ergibt sich, dass die Antragsgegnerin die Berechnungsformel vor Versendung der Vergabeunterlagen aufgestellt hatte. Es handelte sich hierbei um ein Unterkriterium, um die Anwendung des unbestimmten Zuschlagskriteriums „Preis“ zu ermöglichen (siehe Müller-Wrede (Hrsg.) Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen VOL/A Kommentar, 4. Auflage, 2014,

§ 9 EG VOL/A Rn. 30). Die Bekanntgabe solcher Unterkriterien ist geboten, um die Bieter in die Lage zu versetzen, sich hierauf bei der Angebotserarbeitung einstellen zu können.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Unterkriterien nichts enthalten, was sich auf die Erstellung der Angebote auswirken könnte. Weiterhin soll durch die Bekanntgabe dieser Unterkriterien sichergestellt werden, dass bei der Wertung der Angebote Manipulationen ausgeschlossen werden und dem Gleichbehandlungsgrundsatz Genüge getan wird (vgl.

OLG Düsseldorf vom 09.04.2013; Verg 36/13; VK Bund vom 03.03.2015; VK 1-4/15).

Die Kenntnis der Berechnungsmodi war für die Bieter bei Erstellung der Angebote vorliegend von wesentlicher Bedeutung. Die Berücksichtigung der Mehr- und Mindermengen wirkt sich nach der Formel wesentlich auf die Ermittlung der Angebotsendsumme aus. Es war für die Bieter aus den Vergabeunterlagen schon nicht eindeutig erkennbar, dass insoweit ein Zusammenhang besteht. Es wäre auch denkbar gewesen, dass allein der Energiefestpreis für die Gesamtlaufzeit gemäß Ziffer 4.1. des Vertrages ausschlaggebend ist und die Preise für die Mehr- und Mindermengen nur informatorisch abgefragt wurden. Darüber hinaus kann auch die Kenntnis der konkreten Berechnungsmethode die Kalkulation der Preise beeinflussen, um ein möglichst aussichtsreiches Angebot abzugeben.

b) Die Antragsgegnerin hat außerdem im weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz i.S. des § 97 Abs. 2 GWB verstoßen. Auf eine Anfrage eines Bewerbers hat sie nur diesem das entsprechende Antwortschreiben am 18.06.2015 übermittelt. Den übrigen Bewerbern hat sie die darin enthaltenen Informationen vorenthalten. Der Inhalt des Schreibens war für diese nicht unerheblich.

Die Antragsgegnerin hat klargestellt, dass ein Festpreis zu den Mehr- und Mindermengen anzugeben sei. Es trifft zwar zu, dass bereits in der Anlage 2 (Preisblatt) der Vergabeunterlagen konkrete Angebotspreise abgefragt waren. Diese Vorgaben wurden jedoch durch das Schreiben noch einmal bekräftigt. Die Antragsgegnerin hatte nämlich ausgeführt, dass Abweichungen von der Vorgabe, Festpreise anzubieten, zur

(7)

7 Nichtberücksichtigung des Angebotes führen würden. Bei dieser Sachlage erscheint es möglich, dass die Beigeladene ihr Angebot diesbezüglich anders gestaltet hätte, wenn sie Kenntnis von diesem Schreiben gehabt hätte.

Sie hatte gerade davon abgesehen, wie verlangt, bezifferbare Preise (Cent/KWh) anzugeben. Die Beigeladene hat stattdessen zu den Preispositionen der Mehr- und Mindermengen die Angabe „./.“ getätigt. Damit waren die Preisangaben unvollständig. Die von der Beigeladenen getätigte Angabe ist darüber hinaus mehrdeutig. Es kann

„abzüglich“ heißen oder „nicht“.

Da das Vergabeverfahren aufgrund der unter Ziffer 2 a) genannten Umstände ohnehin teilweise wiederholt werden muss, kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob die unvollständigen Preisangaben im Angebot der Beigeladenen zu einem Ausschluss gemäß § 19 EG Abs. 3 a) VOL/A führen müssten. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass eine solche Maßnahme gegen das Gebot der Gleichbehandlung verstoßen würde, da die Beigeladene nicht über die Informationen aus dem Schreiben vom 18.6.2015 verfügte. Die Tatsache, dass diese Maßnahme nicht durchgeführt werden könnte, würde sich zu Lasten der Antragstellerin auf den Wettbewerb auswirken.

Der Antrag der Antragstellerin hat dennoch nicht im vollen Umfang Erfolg. Sie hatte beantragt, dass die Prüfung und Wertung der Angebote wiederholt wird. Hierfür bleibt jedoch kein Raum, da schon die Erstellung der Vergabeunterlagen neu durchzuführen ist.

Schließlich sei am Rande angemerkt, dass die Antragsgegnerin bei der Neuerstellung der Vergabeunterlagen nicht verpflichtet ist, Preise für Minder- und Mehrmengen abzufordern.

Vielmehr liegt diese Entscheidung in ihrem eigenen Ermessen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 GWB. Nach dieser Vorschrift hat ein Beteiligter die Kosten zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt, mithin die Antragsgegnerin. Sie ist mit ihrem Begehren nicht durchgedrungen. Es ist daher gerechtfertigt, dass sie die Kosten zu tragen hat. Allerdings ist die Antragstellerin ebenfalls teilweise mit ihrem Begehren nicht durchgedrungen. Dieser Umstand tritt jedoch gegenüber der Tatsache, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wurde, die Vergabeunterlagen unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu zu erstellen, zurück. Dies ist von außerordentlich hohem Gewicht.

Die Antragsgegnerin ist auch nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungskostengesetz des Landes Sachsen-Anhalt (VwKostG LSA vom 27.06.1991) von der Entrichtung der Kosten befreit. Nach dieser Vorschrift werden Gebühren im Verwaltungsverfahren nicht erhoben für Amtshandlungen, zu denen eine Landes- oder gleichgestellte Behörde Anlass gegeben hat.

Nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VwKostG LSA ist diese Regelung jedoch nicht anzuwenden bei Entscheidungen über förmliche Rechtsbehelfe, z. B. über einen Widerspruch. Das Vergabenachprüfverfahren ist in diesem Zusammenhang mit einem Widerspruchsverfahren vergleichbar (vgl. OLG Naumburg v. 17.09.2002, Az.: 1 Verg 8/02; OLG Naumburg v.

20.09.2012, Az.: 2 Verg 4/12).

Rechtsgrundlage für die Bemessung der Höhe der Gebühren ist

§ 128 Abs. 2 Satz 1 GWB. Die Höhe der Gebühren bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Als Grundlage für die Bemessung des wirtschaftlichen Wertes dient der Vergabekammer insoweit die Angebotssumme (brutto) der Antragstellerin. Nach der Gebührentabelle der Vergabekammer ergibt sich ein Richtwert von …………. Euro zuzüglich der Auslagen in Höhe von …….. Euro.

Es besteht keine Veranlassung, von diesem Richtwert abzuweichen.

(8)

8 Die Einzahlung des Betrages in Höhe von ……… Euro hat nach Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses durch die Antragsgegnerin unter Verwendung des Kassenzeichen 3300-

……….. auf das Konto 810 015 00 bei der Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt, Deutsche Bundesbank Magdeburg, BLZ 810 000 00, BIC MARKDEF1810, IBAN DE21810000000081001500 zu entrichten.

Der Antragstellerin wird der bereits geleistete Kostenvorschuss in Höhe von 2.500,00 Euro nach Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses zurückerstattet. Dazu wird um Angabe der Bankverbindung gebeten.

Nach § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB hat ein Beteiligter die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des jeweiligen Antragsgegners zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt. Die Antragsgegnerin ist hier als Unterliegende anzusehen und hat daher diese Aufwendungen zu tragen.

Angesichts der sachlichen und rechtlichen Schwierigkeiten des Falls war die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Antragstellerin notwendig (§ 128 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG).

IV.

Der ehrenamtliche Beisitzer, ………., hat den Vorsitzenden und die hauptamtliche Beisitzerin der Vergabekammer ermächtigt, den Beschluss allein zu unterzeichnen. Ihm lag dieser Beschluss hierzu vor.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Entscheidung kann das Oberlandesgericht Naumburg, Domplatz 10, 06618 Naumburg, innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung dieser Entscheidung beginnt, schriftlich angerufen werden.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen.

Die Beschwerde muss die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, sowie die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt, enthalten.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

……….. ………….

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

1 der gemein- samen Geschäftsordnung der Vergabekammern (vgl. Der maßgebliche Schwellenwert von 207.000 Euro für die Vergabe von Liefer- und Dienst- leistungsaufträgen

Soweit die Antragsgegnerin sich darauf berufe, dass sie den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilen wolle, sei dies für die Antragstellerin nicht

1.2.2.4.11 Innenliegender Absturz S02.5.1 als Absturzsystem mit Revisionsöffnung verlangt, konstruktive Lösungen aus Formteilen eines Rohrsystems seien nicht

Bei der Auslegung dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung dem Empfänger bekannt oder für ihn erkennbar waren (Palandt,

4 LVG LSA findet eine Prüfung des Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer nicht statt, wenn der Auftragswert bei Leistungen ohne Umsatzsteuer einen Betrag

Es genügen Schritte des Auftraggebers, die von außen wahrgenommen werden und geeignet sind, das leistende Unternehmen mit dem Ziel eines Vertragsschlusses zu ermitteln und

Angesichts des zu diesem Zeitpunkt noch offenen Nachprüfungsverfahrens (Az. 2 VK LSA 33/15) beabsichtige sie die interimsweise Vergabe der Ölspurbeseitigung für das

Bei dieser Sachlage mussten die beiden Bevollmächtigten der Bietergemeinschaft bei der nach ihrer Auffassung selbst verursachten Dringlichkeit der