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2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss

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2. Vergabekammer

des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss

AZ: 2 VK LSA 23/18 Halle, 27.03.2019

§§ 97 Abs. 6; 124 Abs. 1 Nr. 3 oder Nr.9a; 121 Abs. 1 S. 1; 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3; 97 Abs. 1; 124 Abs. 1 Nr. 3; 123 Abs. 3 GWB

- Nachprüfungsantrag teilweise begründet - Unklarheiten in der Leistungsbeschreibung - Vergabeverfahren wird wiederholt

Die Antragstellerin hat einen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin bei Fortbestand des Beschaffungsbedarfs das Vergabeverfahren ab Erstellung der Vergabeunterlagen wiederholt. Dagegen kann sie nicht verlangen, dass die Antragsgegnerin neben dem Preis noch weitere Zuschlagskriterien vorgibt. Die Antragstellerin kann gleichfalls nicht fordern, dass der Beigeladene vom Vergabeverfahren ausgeschlossen wird.

Das Wirkstoffverzeichnis wies über 500 Positionen aus. Von der Antragstellerin konnte nicht erwartet werden, jede einzelne Position detailliert auf Plausibilität zu überprüfen.

Der Antragsgegnerin war es verwehrt, nach Angebotsöffnung Änderungen an der Leistungsbeschreibung vorzunehmen. Dies steht mit dem Transparenzgebot nicht im Einklang.

Das Vergabeverfahren ist, sofern die Antragsgegnerin die ausgeschriebenen Leistungen weiterhin vergeben will, ab dem Stadium, in dem es fehlerhaft ist, zu wiederholen.

Die Antragstellerin kann nicht verlangen, dass der Beigeladene wegen der strafrechtlichen Verurteilung der vorherigen Inhaberin zum Vergabeverfahren nicht weiter zugelassen wird.

Die Antragstellerin kann gleichfalls nicht fordern, dass die Antragsgegnerin den

Beigeladenen wegen eines Verstoßes gem. § 124 Abs. 1 Nr. 9 a) GWB von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließt.

In dem Nachprüfungsverfahren der

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2

………..

………..

………..

………..

Antragstellerin Verfahrensbevollmächtigte

………..

………..

………..

gegen

………..

………..

………..

Antragsgegnerin

unter Beiladung der

………..

………..

………..

………..

Beigeladener Verfahrensbevollmächtigte

………..

………..

………..

………..

wegen

der gerügten Vergabeverstöße bezüglich des offenen Verfahrens zur Vergabe von Apothekenleistungen für das XXX hat die 2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt durch den Vorsitzenden Herrn XXX, der hauptamtlichen Beisitzerin Frau XXX und dem ehrenamtlichen Beisitzer Herrn XXX auf die mündliche Verhandlung vom 08.03.2019 beschlossen:

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3 1. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, bei Fortbestehen des Beschaffungsbedarfes das Vergabeverfahren ab Erstellung der Vergabeunterlagen unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin tragen die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens je zur Hälfte. Die Verfahrenskosten werden insgesamt auf XXX Euro festgesetzt. Sie gliedern sich auf in Gebühren in Höhe von XXX Euro und Auslagen in Höhe von XXX Euro. Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung der Gebühren befreit.

3. Für die im Rahmen der Akteneinsicht angefallenen Kopierkosten hat die Antragstellerin XXX Euro und der Beigeladene XXX Euro zu entrichten.

4. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zur Hälfte zu erstatten. Die Antragstellerin hat die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin zur Hälfte zu erstatten.

5. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin war notwendig.

Gründe I.

Mit Bekanntmachung vom 27.06.2015 schrieb die Antragsgegnerin Apothekenleistungen im offenen Verfahren nach den Allgemeinen Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen, Teil A (VOL/A), Abschnitt 2, im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften aus.

Gegenstand der Leistungen war die Versorgung der stationären Bereiche (außer Seniorenpflegeheim) und Funktionsbereiche u.a. mit Arzneimitteln einschließlich anwendungsfertiger Zytostatika-Zubereitungen und apothekenpflichtigen Medizinprodukten sowie die Übernahme aller damit in Zusammenhang stehender Dienst- und Beratungsleistungen auf der Grundlage einschlägiger Gesetze, vor allem § 14 Abs. 5 Apothekengesetz (ApoG). Im Rahmen dieses Vergabeverfahrens hatte der Beigeladene bei der Übersendung von Unterlagen u.a. in dem Begleitschreiben an die Antragsgegnerin vom 14.10.2015 folgendes ausgeführt:

„Auch möchten wir an die personelle und finanzielle Unterstützung erinnern, die die Mitarbeiter unserer Apotheke Ihrem Haus gegenüber, insbesondere bei den Hochwasserkatastrophen

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4 2003 und 2013, geleistet haben, indem unter anderem benötigte Arzneimittel ohne Berechnung bereitgestellt wurden.

Finanzielle Zuwendungen leistete die Apotheke auch bei Patiententagen durch Übernahme der Kosten für Organmodelle und ebenso bei der Anschaffung eines Kraftfahrzeuges.

Wir hoffen, Ihnen ein insgesamt wirtschaftliches Angebot gegeben zu haben und Ihnen weiterhin ein verlässlicher Partner in allen fachlichen und organisatorischen Fragen zu sein.“

Die Antragsgegnerin beabsichtigte, in diesem Verfahren dem Beigeladenen den Zuschlag auf ihr Angebot zu erteilen. Hiergegen wandte sich ein konkurrierendes Unternehmen und stellte einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt.

Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 03.05.2016 ausgesprochen, das Vergabeverfahren aufzuheben. Für den Fall, dass seitens der Antragsgegnerin weiterhin Beschaffungsbedarf bestehe, habe sie das Vergabeverfahren ab Versendung der Bekanntmachung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu einzuleiten. Die Vergabekammer hatte u.a. ausgeführt, dass bei der Abfassung der Vergabebekanntmachung gegen das Transparenzgebot verstoßen worden sei. Sie hatte weiterhin vorgegeben, dass bei einer Wiederholung des Vergabeverfahrens der Beigeladene keinesfalls als geeignet i.S. des § 19 EG Abs. 5 VOL/A angesehen werden könne. Auf sein Angebot dürfe daher der Zuschlag nicht erteilt werden. Die Vergabekammer hatte darauf abgestellt, dass der Beigeladene durch ihren Hinweis in dem Begleitschreiben vom 14.10.2015 versucht habe, die Vergabeentscheidung der Antragsgegnerin in ihrem Sinne zu beeinflussen.

Dieses Verhalten ziele darauf ab, dass die Antragsgegnerin die Teilnehmer am Wettbewerb aus vergaberechtswidrigen Gründen ungleich behandele. Dieses Ansinnen stehe mit dem Wettbewerbsgrundsatz i.S. des § 97 Abs. 1 GWB als zentralem Prinzip des Vergaberechts nicht im Einklang. Das Verhalten hatte die Vergabekammer als schwerwiegend beurteilt.

Daran ändere sich auch nichts, soweit der Beigeladene vorgebracht hatte, dass eine Mitarbeiterin dieses Schriftstück verfasst hätte und der Inhaber der Apotheke das Schreiben lediglich unterschrieben hätte (vgl. 2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt vom 03.05.2016, Az. 2 VK LSA 40/15).

Gegen diese Entscheidung hatten die Antragsgegnerin und der Beigeladene sofortige Beschwerde beim OLG Naumburg eingelegt. Daraufhin hatte das OLG Naumburg den Beschluss der Vergabekammer teilweise abgeändert und sich darauf beschränkt, anzuordnen, das streitgegenständliche Verfahren aufzuheben (vgl. OLG Naumburg vom 14.10.2016, Az. 7 Verg 3/16).

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5 Auch das OLG hat die Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Vorgaben der Vergabebekanntmachung nicht hinreichend transparent seien. Die Vergabekammer sei hingegen nicht befugt gewesen, der Vergabestelle bindende Vorgaben für künftige noch nicht anhängige Vergabeverfahren zu machen. Die Antragsgegnerin habe in einem neuen Verfahren die Eignung des Beigeladenen eigenständig zu prüfen. Sie habe dabei jedoch zu berücksichtigen, dass der Beigeladene in grober Weise gegen den Wettbewerbsgrundsatz verstoßen habe. Er habe versucht, das Vergabeverfahren zu seinen Gunsten zu beeinflussen und sich einen Wettbewerbsvorteil dadurch zu verschaffen, dass er auf zahlreiche finanzielle Zuwendungen der vormaligen Inhaberin in den vergangenen Jahren hingewiesen habe.

Dieses Verhalten sei unlauter, da es darauf abziele, den Antragsteller als Mitbewerber aus dem Verfahren zu drängen. Nicht zu Letzt habe er suggeriert, dass die Zuwendungen bei einer ihm positiven Vergabe fortgesetzt werden könnten. Die Behauptung, er habe seiner Mitarbeiterin vertraut und das Schreiben ungelesen unterzeichnet, sei nicht glaubhaft. Er habe nämlich andererseits vorgebracht, dass er mit dem Schreiben seine Zuverlässigkeit untermauern würde.

Nach erfolgter Aufhebung dieses Vergabeverfahrens erklärte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 10.11.2016 gegenüber dem Beigeladenen, mit ihm eine freihändige Interimsvergabe durchführen zu wollen. Der Vertrag sollte zunächst für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.03.2017 geschlossen werden. Der Beigeladene wurde gebeten darzulegen, welche Maßnahmen er zur Selbstreinigung seines Unternehmens ergriffen habe.

Der Beigeladene erläuterte mit Schreiben vom 09.12.2016, dass die Mitarbeiterin, die für die Erstellung des Schriftstücks vom 14.10.2015 verantwortlich gewesen sei, nicht mehr im Sekretariat des Beigeladenen tätig sei. Die übrigen Sekretariatsmitarbeiter seien in Form einer Belehrung informiert worden, dass jegliche Erarbeitung sowie Bearbeitung von sämtlichen Schriftverkehr in postalischer als auch elektronischer Form im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung ausschließlich durch das Leitungspersonal des Beigeladenen erfolge.

Außerdem sei die Stellenbeschreibungen der Mitarbeiterinnen im QMS-Handbuch aktualisiert worden.

Die entsprechende Belehrung sowie der Auszug aus dem QMS-Handbuch fügte er als teilweise geschwärzte Anlage bei. Aus dem QMS-Handbuch geht u.a. hervor, dass die Mitarbeiterin, die das Schreiben vom 14.10.2015 verfasst haben soll, im Bereich „Sekretariat“

tätig und für diesen Bereich verantwortlich ist.

Nicht zuständig sei sie für die Er- und Bearbeitung sämtlichen Schriftverkehrs in postalischer und elektronischer Form, wenn diese im Zusammenhang mit einer öffentlichen Ausschreibung stünden.

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6 Weiterhin verpflichtete sich der Beigeladene an der Aufklärung des vorgebrachten Sachverhaltes des o.g. Begleitschreibens aktiv mitzuwirken. Er erklärte sich zum Schadensersatz bereit, sofern sich im Ergebnis der Ermittlungen ein verpflichtendes Fehlverhalten ergeben sollte.

Schließlich habe der Beigeladene in seinem Unternehmen die Ausführungen der Vergabekammer sowie des OLG Naumburgs ausführlich erörtert, um für die Zukunft die rechtlichen Rahmenbedingungen bei öffentlichen Ausschreibungen genauestens und regelkonform, auch unter Hinzuziehung externer rechtlicher Berater, einhalten zu können.

Die Antragsgegnerin beabsichtigt erneut im Rahmen eines offenen Verfahrens einen Krankenhausversorgungsvertrag gem. § 14 Abs. 3 bis 5 Apothekengesetz in Form einer Rahmenvereinbarung, auf der Grundlage der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) abzuschließen. Sie versandte am 02.11.2017 die Bekanntmachung an das Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften.

Die Vertragslaufzeit wurde ab dem 01.03.2018 für zwei Jahre, einschließlich einer optionalen Verlängerung von 24 Monaten, ausgeschrieben.

Einziges Zuschlagskriterium ist der Preis.

Die Bieter hatten u.a. die Lieferung von Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten in einer beiliegenden Wirkstoffliste zu verpreisen. Diesbezüglich mussten sie in dem der Vergabeunterlagen beigefügten tabellarisch aufgestellten Wirkstoffverzeichnis außer den Einzel- und Gesamtpreis auch das von ihnen angebotene Präparat benennen. U.a.

war in der Position 57 ein Präparat für einen Blutgerinnungsfaktor II, VII, IX, X Protein C (human) und unter Position 58 ein Präparat für einen Blutgerinnungsfaktor XIII (human) 1250I.E. zu benennen und zu verpreisen.

Unter Ziffer 3 der Hinweise zum Vergabeverfahren weist die Antragsgegnerin darauf

hin, dass die Festlegungen in der Wirkstoffliste auf den Jahresverbrauch des Auftraggebers aus dem Jahr 2016 zurückzuführen seien. Sie seien jedoch nicht als Festlegung hinsichtlich der Art und Menge, die später im Rahmen der Versorgung des Auftraggebers tatsächlich abgerufen werde, zu betrachten.

Außer der Antragstellerin und dem Beigeladenen reichten zwei weitere Bieter ihre Angebote fristgerecht bis zum 07.12.2017, 12:00 Uhr ein.

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7 Die Antragstellerin hat in ihrem Angebot in der Position 57 ein Präparat mit der Dosierungsangabe von 250 angeboten. Bei allen anderen Bietern beträgt die Dosierungsangabe für ihre angebotenen Präparate 500.

Das Angebot der Antragstellerin belegte den ersten Platz in der Angebotswertung und das des Beigeladenen den zweiten Platz.

In dem Vergabevermerk der Antragsgegnerin stellte diese im Ergebnis bezüglich der Eignungsprüfung fest, dass für sie kein Schaden aus dem Fehlverhalten des Beigeladenen aus dem vorangegangenen Vergabeverfahren entstanden sei. Der Beigeladene habe insoweit geeignete Maßnahme gem. § 125 Abs. 1 S. 1 GWB eingeleitet, um ein erneutes Fehlverhalten für die Zukunft ausschließen zu können.

Weiterhin reduzierte die Antragsgegnerin bei der Wertung den Leistungsumfang. Sie hatte davon abgesehen, die Preise der Position 57 hierbei zu berücksichtigen. Dies begründete sie dahingehend, dass durch die geringere Dosierungsangabe der Antragstellerin in der Position 57 die übrigen Bieter ungleich behandelt seien.

Nunmehr belegte das Angebot des Beigeladenen den ersten Platz und das der Antragstellerin Platz zwei.

Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin mit Schreiben vom 27.08.2018 gemäß

§ 134 GWB mitgeteilt, dass auf das Angebot des Beigeladenen frühestens am 07.09.2018 der Zuschlag erteilt werden solle. Zwar habe aufgrund des Vorverhaltens des Beigeladenen seine Zuverlässigkeit zunächst in Frage gestanden. Er habe sich allerdings erfolgreich gem.

§ 125 GWB selbst gereinigt. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin hierbei eine Ermessensentscheidung getroffen, und das Fehlverhalten des Beigeladenen gegenüber den vollzogenen Selbstreinigungsmaßnahmen abgewogen. Im Ergebnis sehe sie die Selbstreinigungsmaßnahmen des Beigeladenen als ausreichend an, so dass seine Eignung nunmehr zu bejahen sei.

Weiterhin habe die Antragsgegnerin die Position 58 (tatsächlich die Position 57) in der Wertung nicht berücksichtigt, weil ein Bieter sein Präparat in einer geringeren Dosierungsangabe angeboten habe als die Mitbewerber. Ihr Angebot belege nunmehr Rang zwei in der Wertungsreihenfolge und sei damit nicht das wirtschaftlichste.

Ausweislich der Vergabeakte hatte die Antragsgegnerin in ihrem Absageschreiben die Position 57 mit der Position 58 verwechselt.

Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 04.09.2018 die Vergabeentscheidung der Antragsgegnerin.

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8 Die frühere Inhaberin des Beigeladenen sei wegen Betrugs verurteilt worden, so dass ein zwingender Ausschlussgrund vorläge.

Sie machte weiterhin u.a. geltend, dass sich der jetzige Inhaber des Unternehmens des Beigeladenen in einem vorangegangenen Vergabeverfahren unlauter und wettbewerbswidrig verhalten habe. Die 2. Vergabekammer habe dies im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens mit Beschluss vom 03.05.2016 festgestellt. Das OLG Naumburg habe bestätigt, dass das Verhalten des Beigeladenen in grober Weise gegen den Wettbewerbsgrundsatz gem.

§ 97 Abs. 7 GWB i.V.m. § 2 Abs. 1 EG VOL/A verstoßen habe und damit seine Eignung in Frage gestellt sei (vgl. OLG Naumburg vom 14.10.2016, Az. 7 Verg 3/16). Es mangele insoweit bei dem Beigeladenen an der erforderlichen Zuverlässigkeit. Sein Angebot müsse deshalb vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.

Sie war weiterhin der Auffassung, dass ein wettbewerbswidriges Verhalten in einem vorangegangenen Vergabeverfahren auch die Unzuverlässigkeit in dem darauffolgenden Verfahren begründen könne.

Nicht nachvollziehbar sei für sie, welche Maßnahmen zur Selbstreinigung i.S. des

§ 125 GWB im Unternehmen des Beigeladenen stattgefunden hätten.

Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Zuschlag aufgrund der bereits in der Vergangenheit erfolgten und für die Zukunft angekündigten Zuwendungen erfolgen würde.

Soweit die Antragsgegnerin sich darauf berufe, dass sie den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilen wolle, sei dies für die Antragstellerin nicht nachvollziehbar. Schließlich sei das einzige Zuschlagskriterium der „Preis“. Dies sei fehlerhaft und verstoße gegen § 127 GWB.

Falls die Angebotsprüfung sich allerdings nicht allein auf den Preis beschränkt haben sollte, wäre die Antragstellerin benachteiligt. Sie habe ihr Angebot, wie in der Bekanntmachung festgelegt, allein am Preis ausgerichtet.

Auch sei die Nichtberücksichtigung der Position 57 innerhalb der Angebotswertung rechtswidrig. Die Vergabeunterlagen enthielten zur Angabe des Präparates keine Vorgaben.

Die Antragsgegnerin reagierte auf das Rügeschreiben der Antragstellerin nicht.

Mit Schriftsatz vom 06.09.2018 stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag bei der zuständigen Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt. Dieser wurde der Antragsgegnerin am selben Tag übermittelt.

Die Antragstellerin hatte darin ihr bisheriges Vorbringen ergänzt und vertieft.

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9 Sie war weiterhin der Auffassung, dass der Inhaber des Unternehmens der Beigeladenen sein Fehlverhalten weiterhin fortsetzen werde. Es ziele darauf ab, andere Wettbewerber zu benachteiligen.

Erschwerend sei, dass der Beigeladene mit der gleichen personellen und sachlichen Konstellation wie im vorangegangenen Vergabeverfahren sich an dem in Streit stehenden Verfahren beteilige.

Trotz der festgestellten Unzuverlässigkeit des Beigeladenen habe die Antragsgegnerin mit ihm nach Aufhebung des vorangegangenen Vergabeverfahrens als Interimslösung einen Liefervertrag für die ausgeschriebene Leistung geschlossen.

Außerdem sei das in Streit stehende Vergabeverfahren zeitlich über mehrere Monate in Verzug, so dass der Beigeladene weiterhin der Leistungserbringer der ausgeschriebenen Leistungen sei. Schließlich würde sich daran auch nichts ändern, wenn die Nachprüfungsinstanz beschließen würde, das Vergabeverfahren aufzuheben.

Nach den Regelungen der §§ 123, 124 GWB müsse das Angebot des Beigeladenen unberücksichtigt bleiben.

Die Ausführungen der Antragsgegnerin im Hinblick auf die von ihr vermeintlich vorgenommenen Abwägungen seien für die Antragstellerin nicht nahvollziehbar.

Das OLG Naumburg habe in seinem Beschluss vom 14.10.2016 das Vorbringen des Beigeladenen als unbeachtlich angesehen, dass er das Schreiben einer vertrauenswürdigen Mitarbeiterin vom 14.10.2015 ungelesen unterzeichnet hätte. Schließlich habe das OLG Naumburg den Inhalt des Schreibens vollständig dem Inhaber des Beigeladenen und gerade nicht der Mitarbeiterin zugerechnet. Die angebliche Umsetzung der vermeintlichen Verfasserin des Schreibens vom 14.10.2015 könne deshalb nicht als geeignete Maßnahme, die Unzuverlässigkeit des Beigeladenen zu beseitigen, anerkannt werden. Er habe die Apothekenleitung aufzugeben.

Schließlich müsse die Zuverlässigkeit des Beigeladenen in einem Vergabeverfahren gesondert geprüft werden und nicht pauschal bejaht werden.

Der Beigeladene habe sich auch nicht zu einem Schadensausgleich verpflichtet. Es sei weiterhin auffällig, dass die Sachverhaltsdarstellungen der Antragsgegnerin und des Beigeladenen zu diesem Themenkomplex divergieren würden. Der Beigeladene habe keine umfassende Aufklärung betrieben. Er sei nicht wegen eines möglichen Verstoßes gegen

§ 333 StGB mit der Staatsanwaltschaft in Kontakt getreten. Er habe weiterhin wegen einer

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10 Zuwiderhandlung gegen § 7 Abs. 1 S. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) weder die Apothekerkammer noch das Landesverwaltungsamt einbezogen.

Die Frist des § 126 Nr. 2 GWB sei nicht abgelaufen. Fristbeginn sei der 14. oder 15. Oktober 2015. Das Angebot des Beigeladenen sei bei der Zuschlagserteilung auszuschließen gewesen. Er könne nicht durch die Verzögerungen aufgrund der Verschiebung der Bindefrist und durch die Verfahrensdauer im Nachprüfungsverfahren profitieren.

Weiterhin sei das Informationsschreiben vom 27.08.2017 widersprüchlich. Ausweislich der Bekanntmachung sei das einzige Zuschlagskriterium der Preis. Das Informationsschreiben weise jedoch aus, dass das Angebot der Antragstellerin nicht das wirtschaftlichste sei. Die Antragsgegnerin verstoße gegen das Transparenzgebot, wenn sie die Angebote nicht ausschließlich nach dem Angebotspreis gewertet haben sollte.

Die Antragsgegnerin habe weiterhin erklärt, die Position 58 aus der Wertung herausgenommen zu haben. Dies sei fehlerhaft. Sie habe ihre Entscheidung damit begründet, dass ein Bieter dort eine geringere Dosierung angegeben hätte, als die übrigen Bieter.

Die Antragsgegnerin habe es verabsäumt, bis zum Einreichungstermin der Angebote eine entsprechende Dosierungsangabe vorzugeben. Sie habe den Verstoß gegen das Gebot gem.

§ 121 GWB im Vergabeverfahren fortgeführt.

Ungeachtet dessen, ob es sich im Informationsschreiben um eine Verwechselung der Position 58 mit der Position 57 handele, verstoße die Antragsgegnerin gegen den Grundsatz eines fairen Wettbewerbes. Schließlich hatten die Bieter in dieser Position eine freie Wahl bezüglich der Dosierung der anzubietenden Präparate. Die Antragstellerin habe also keine Änderungen an den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses in ihrem Angebot vorgenommen. Allerdings belege nunmehr durch die Korrektur des Lieferumfanges das Angebot der Antragstellerin lediglich Platz zwei.

Schließlich habe die Antragsgegnerin es verabsäumt, der Antragstellerin wenigstens Gelegenheit zu geben, ihr Angebot entsprechend der nächst höheren Dosierungsangabe zu modifizieren.

Die Herausnahme der Position 57 beeinträchtige die Angebotskalkulation der Antragstellerin.

Sie sei davon ausgegangen, aufgrund einer von ihr vorgenommenen Mischkalkulation die Möglichkeit der Gesamtrabattierung nicht auszuschöpfen. Bei der Ermittlung der Preise seien Kosten für Sonderfahrten und die Herstellung von Zytostatika eingeflossen. Sie habe Nachlässe auf die Arzneimittelpreise und die Bettenpauschale gewährt. Bei der Kalkulation habe sie keine Kostenbestandteile von einer Position in eine andere verschoben. Vielmehr seien die Preise vollständig, auf die Einzelleistung bezogen und kostendeckend. Eine

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11 Mischkalkulation sei nicht per se vergaberechtswidrig, sie zähle vielmehr zu der ständigen Kalkulationspraxis von Bieterunternehmen. Sie habe nicht den jeweiligen Leistungen zugeordneten Preise unzutreffend angegeben. Die Mischung in der Kalkulation der Antragstellerin beziehe sich auf offengelegte Nachlässe einzelner Bestandteile des Gesamtangebotes sowie auf die mögliche Skontierung. Sie habe in Bezug auf diese Position auch kein spekulatives Angebot abgegeben. Vielmehr habe sie sich an den Grundsatz des

§ 2 Abs. 4 AMVV gehalten. Hiernach gelte die kleinste Packung als verschrieben, wenn bei Arzneimitteln die Angabe der Menge des verschriebenen Arzneimittels fehle. Im Übrigen habe sie sich für Beriplex P/N 250 entschieden, um übermäßigen Verwurf zu vermeiden. In den Ausschreibungsbedingungen finde sich kein Hinweis darauf, für welche Personen Beriplex eingesetzt werden solle. Die Antragsgegnerin unterhalte auch eine Kinder und Jugendklinik.

Sie beantragt,

1. der Antragsgegnerin aufzugeben, im Vergabeverfahren zur Referenznummer W/01- 2017 unter Ausschluss der XXX, den Zuschlag an die Antragstellerin zu erteilen, 2. hilfsweise, der Antragsgegnerin aufzugeben, bei fortbestehender

Beschaffungsabsicht die Eignungsprüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen,

3. weiter hilfsweise, die Antragsgegnerin anzuweisen, das Vergabeverfahren in den Stand der Wertung zurückzuversetzen und die Zuschlagserteilung unter ermessensfehlerfreier Verwendung der zuvor bekannt gemachten Zuschlagskriterien und unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut zu treffen, 4. weiter hilfsweise, einen gegebenenfalls bereits erteilten Zuschlag für nichtig zu

erklären, und wiederum hilfsweise festzustellen, dass eine Rechtsverletzung der Antragstellerin stattgefunden hat

5. weiter hilfsweise, der Antragsgegnerin aufzugeben, die Ausschreibung aufzuheben, 6. weiter hilfsweise, festzustellen, dass ein etwaiger von der Antragsgegnerin an die

XXX, erteilter öffentlicher Auftrag von Anfang an unwirksam ist,

7. weiter hilfsweise, die Antragsgegnerin zu verpflichten, das bezeichnete Vergabeverfahren in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen.

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12 Die Antragsgegnerin beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Sie habe durch das weitere Fortbestehen des Beschaffungsbedarfes nach der Aufhebung des vorangegangenen Vergabeverfahrens die Leistungen in Form einer Interimsvergabe an den Beigeladenen vergeben. Vor Vertragsschluss habe sie die Eignung des Beigeladenen geprüft und im Ergebnis bejaht.

Das OLG Naumburg habe letztendlich in seinem Beschluss vom 14.10.2016 verfügt, dass es der Antragsgegnerin vorbehalten sei, bei einem künftigen Vergabeverfahren die Zuverlässigkeit des Beigeladenen zu prüfen. Daran ändere sich auch nach der von dem Beigeladenen erhobenen Gehörsrüge gegenüber dem OLG Naumburg nach der Verkündung des o.g. Beschlusses nichts.

Gemäß § 125 Abs. 2 GWB bewerte der öffentliche Auftraggeber die von dem Unternehmen ergriffenen Selbstreinigungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der Schwere und besonderen Umstände der Straftat oder des Fehlverhaltens.

Der Beigeladene habe schließlich in seiner Stellungnahme hinreichend vorgetragen, dass die Verfasserin des Schriftstückes aus dem vorangegangenen Vergabeverfahren belehrt worden sei und letztendlich nicht mehr in Gänze an öffentlichen Ausschreibungen mitarbeiten werde.

Vergabeverfahren würden nunmehr ausschließlich durch die Apothekenleitung bearbeitet. Als Nachweis habe der Beigeladene die Belehrung und einen Auszug aus dem Qualitätsmanagement-Handbuch vorgelegt.

Die Drei-Jahresfrist des § 126 Nr. 2 GWB sei abgelaufen. Dass die Verfehlung begründende Ereignis seien die im Schreiben vom 14.10.2015 gemachten Äußerungen des Beigeladenen.

Die Eignung des Beigeladenen sei somit zu bejahen. Im Übrigen habe er entsprechend des Zuschlagskriteriums „Preis“ das wirtschaftlichste Angebot eingereicht.

Auch habe sie die Position 57 zu Recht aus der Wertung herausgenommen. Diese Position sei nicht gem. § 121 GWB eindeutig beschrieben worden. Die Wertung der Position 57 würde zu einer Ungleichbehandlung gegenüber den Bietern führen, die diese Position bedarfsgerechter zu einem höheren Preis angeboten hatten. Durch die Herausnahme des Präparates werde weder die Kalkulationsfreiheit der Antragstellerin beeinträchtigt, noch ändere sich der Beschaffungsgegenstand wesentlich.

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13 Bei der Bieterinformation vom 27.08.2018 sei es bei der Benennung der Positionsnummer 58 zu einer Verwechslung mit der Nummer 57 gekommen. Für die Antragstellerin sei dies jedoch anhand der Angabe des Präparates ersichtlich gewesen.

Schließlich beinhalte das gem. § 134 Abs. 1 S. 1 GWB versandte Informationsschreiben alle nach dieser Vorschrift erforderlichen Informationen.

Der Beigeladene stellte bislang keine eigenen Anträge.

Er trägt vor, dass die vermeintlichen Taten der Mutter des jetzigen Inhabers des Unternehmens des Beigeladenen dem Zeitraum vor dem Jahr 2010 zuzuordnen seien. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch eine andere Person Inhaberin des Unternehmens gewesen, so dass dies dem jetzigen Eigentümer des Unternehmens nicht angerechnet werden könne.

Auch habe der Inhaber des Beigeladenen zwar das Schreiben unterzeichnet, Verfasser dieses Schreibens sei jedoch eine andere Person gewesen. Diese Person verfüge über keine Kenntnisse im Vergabewesen und sei im Übrigen seit Sommer 2018 nicht mehr im Unternehmen des Beigeladenen beschäftigt. Ebenso seien zu Beginn des Vergabeverfahrens die Höchstfristen gem. § 126 Nr. 2 GWB zu zwei Dritteln abgelaufen. Bei der Ermessensentscheidung sei zu berücksichtigen, dass es sich nicht um eine besonders schwerwiegende Verfehlung handele. Im Übrigen sei zwischenzeitlich die nach der vorgenannten Vorschrift dreijährige Höchstgrenze abgelaufen. Maßgeblich sei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Vergabekammer. Die Frage habe sich daher aufgrund des Zeitablaufs erledigt. Unabhängig hiervon habe der Beigeladene alle notwendigen Maßnahmen für eine Selbstreinigung ergriffen. Mehr sei ihm nicht möglich gewesen.

Im Übrigen habe es keine direkten Zuwendungen an die Antragsgegnerin gegeben. Die vermeintlichen Taten stammten aus dem Jahr 2011 und bestünden teilweise in Form von Hilfsleistungen gegenüber dem Landkreis in Verbindung mit dem Saalehochwasser sowie Spenden für ein Hilfsmobil, auf dem als Gegenleistung eine Werbung des Beigeladenen aufgebracht worden sei. Der Beigeladene habe auch keinen Verstoß gegen

§ 7 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens begangen.

Die vermeintlichen strafrechtlichen Handlungen der vorherigen Inhaberin des Unternehmens des Beigeladenen seien aus dem Beschluss des OLG Naumburgs vom 16.10.2016 erkennbar gewesen. Diese Umstände seien auch den an den ausgeschriebenen Leistungen interessierten Bieterkreis bekannt gewesen und hätten deshalb vor Einreichung des Nachprüfungsantrages gerügt werden müssen. Dies betreffe auch den dem Schreiben des Beigeladenen vom 14.10.2015 zugrundliegenden Sachverhalt. Es werde somit bestritten, dass die Antragstellerin erst ab dem 27.08.2018 Kenntnis hierüber erlangt habe.

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14 Es deute alles darauf hin, dass der Antragstellerin die Interimsvergabe vor Einleitung des in Streit stehenden Vergabeverfahrens bekannt gewesen sei. Damit hätte sie davon ausgehen können, dass sich der Beigeladene auch an dem jetzigen Vergabeverfahren beteiligen würde.

Gleiches gelte für das mit der Bekanntmachung vorgegebene einzige Zuschlagskriterium

„Preis“.

Im Übrigen sei es nicht fernliegend, dass die Antragstellerin die vorgebrachten Informationen möglicherweise über eine Mitbieterin des ehemaligen Vergabeverfahrens erhalten habe. Es werde bezweifelt, ob nicht vergaberechtlich relevante Absprachen i.S. des § 124 GWB erfolgten. Diesbezüglich wäre die Antragstellerin selbst auszuschließen.

Es sei zwar zutreffend, dass die Angaben in der Position 57 ungenau seien. Jedoch sei jedem Apotheker bekannt, dass das betreffende Medikament Beriplex in drei verschiedenen Einheiten zu beziehen sei. Die Antragstellerin habe dies jedoch nicht gerügt, sondern vielmehr ein spekulatives Angebot eingereicht.

Schließlich handele es sich bei der Einrichtung der Antragsgegnerin um eine Akutklinik für vorwiegend erwachsene Patienten. Die Dosierungshöhe des von der Antragstellerin angebotenen Präparates werde jedoch vorwiegend bei Kindern eingesetzt. Das Präparat werde sehr selten verwendet. Ein erwachsener Patient benötige bei der angebotenen Dosierung über 10 Flaschen.

Im Übrigen bedürfe es keiner grundlegenden Überarbeitung der Vergabeunterlagen, sondern einer Rückversetzung in die Wertung. Soweit ein Bieter nicht die Einheit P/N 500 des Medikaments Beriplex angeboten habe, könne die Antragsgegnerin an Hand der unverhandelten Preisliste des Herstellers die Einkaufspreise linear berechnen.

Schließlich habe die Antragstellerin eingestandenermaßen eine Mischkalkulation vorgenommen. Sie habe ausgeführt, dass aufgrund dieses Umstandes auf eine Gesamtrabattierung verzichtet werden konnte. Außerdem sei das Vorhalten von Personal und Logistik mit der Bettenpauschale abzudecken. Die Antragstellerin habe dies aber offensichtlich bei den frei kalkulierbaren Kosten wie Sonderfahrten, Herstellung von Zytostatika etc.

kalkuliert.

Es ginge bei dem Medikament Beriplex auch nicht um die Verschreibung, sondern um dessen Bezug. Der § 2 AMVV sei hier nicht einschlägig.

Im Übrigen seien die Ausführungen der Antragstellerin zu den abgefragten Packungen falsch.

Es gebe bei dem Präparat Beriplex nur die Packungsgröße N1 mit einem Stück. Die Angabe der Wirkstoffstärke sei zwingend erforderlich.

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15 Mit Beschluss vom 19.12.2018 ist die XXX von der Vergabekammer beigeladen worden.

Die Vergabekammer hatte der Antragstellerin mit Beschluss vom 14.01.2019 und des Beigeladenen mit Beschluss vom 04.02.2019 teilweise Akteneinsicht gewährt.

In der mündlichen Verhandlung vom 08.03.2019 haben die Beteiligten ihr bisheriges Vorbringen ergänzt und vertieft. Der Beigeladene hatte erklärt, dass er für den Inhalt des Schreibens vom 14.10.2015 verantwortlich sei. Es wird im Übrigen auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung verwiesen.

Der Vorsitzende hat die Frist zur Entscheidung der Vergabekammer letztmalig bis zum 28.03.2019 verlängert.

Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie die eingereichten Vergabeunterlagen Bezug genommen.

(16)

16 II.

Der Antrag ist größtenteils zulässig und im Übrigen teilweise begründet.

1. Zulässigkeit 1.1 Zuständigkeit

Gemäß § 104 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) veröffentlicht im BGBl. I, 1998, Nr. 59, S. 2568 ff., neugefasst durch Bekanntmachung vom 15.07.2005, BGBl. I, 2005, Nr. 44, S. 2114 ff., zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.06.2013, BGBl. I, 2013, Nr. 32, S. 1750, i.V.m. der Richtlinie über die Einrichtung von Vergabekammern in Sachsen-Anhalt (RdErl. des MW LSA vom 04.03.1999 – 63 - 32570/03, veröffentlicht im MBl.

LSA Nr. 13/1999 S. 441 ff., zuletzt geändert durch RdErl. des MW vom 08.12.2003 – 42- 32570/03, veröffentlicht im MBl. LSA Nr. 57/2003, S. 942) i.V.m. d. gem. Geschäftsordnung d.

VgK (Bek. des MW vom 17.04.2013 – 41-32570-17, veröffentlicht im MBl. LSA Nr. 14/2013) ist die 2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt für die Nachprüfung des vorliegenden Vergabeverfahrens örtlich zuständig.

Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber gem. § 99 Nr. 2 GWB.

Der maßgebliche Schwellenwert von 209.000 Euro gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB ist für dieses Vorhaben bei Weitem überschritten.

1.2 Antragsbefugnis

Die Antragstellerin ist größtenteils antragsbefugt. Sie hat durch die Abgabe eines Angebotes ihr Interesse am Auftrag bekundet. Weiterhin hat sie eine Verletzung in ihren Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht (§ 160 Abs. 2, Satz 1 GWB).

Weiterhin hat sie hinreichend dargelegt, dass ihr durch Verletzung von Vergabevorschriften möglicherweise ein Schaden drohe (§ 160 Abs. 2, Satz 2 GWB).

Dies gilt allerdings nicht, soweit sie sich gegen das Informationsschreiben vom 27.08.2018 gemäß § 134 Absatz 1 GWB wendet. Die Vorschrift des § 134 GWB hat lediglich das Ziel, den Einstieg in den Primärrechtsschutz innerhalb eines Nachprüfungsverfahrens zu gewährleisten.

Da die Antragstellerin jedoch rechtzeitig einen Nachprüfungsantrag gestellt hatte, der nach Übermittlung an den Auftraggeber das Zuschlagsverbot auslöste, hat sie kein schutzwürdiges Interesse im Hinblick auf die Einhaltung dieser Vorschrift.

(17)

17 1.3 Rüge

Das Vorbringen der Antragstellerin ist nicht präkludiert. Nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB ist ein Antrag unzulässig, soweit der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrages erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat. Nach

§ 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB ist ein Antrag weiterhin unzulässig, soweit der Antragsteller die geltend gemachten Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden.

Soweit die Antragstellerin sich dagegen wendet, dass die Antragsgegnerin das Leistungsverzeichnis nach Angebotsabgabe durch die Streichung der Leistungsposition 57 gekürzt hatte, ist ihre vorgebrachte Rüge i.S. der vorgenannten Vorschrift rechtzeitig. Sie hatte erst nach Erhalt des Informationsschreibens vom 27.08.18 darüber Kenntnis erhalten.

Gleiches gilt für ihr Vorbringen bezüglich der fehlenden Eignung des Beigeladenen. Die Antragstellerin konnte erst aus dem Informationsschreiben erkennen, dass auf das Angebot des Beigeladenen der Zuschlag erteilt werden soll. Sie war nicht gehalten, sich bereits vorher gegen eine mögliche Beteiligung des Beigeladenen am Vergabeverfahren zu wenden. Nach dem Gesetzeswortlaut setzt die Rügeobliegenheit u.a. voraus, dass der (vermeintliche) Vergabeverstoß bereits begangen wurde. Somit kann sich ein Antragsteller nur gegen ein bestimmtes, nach außen gerichtetes Tun oder Unterlassen des Auftraggebers im konkreten Vergabeverfahren richten. Eine „vorsorgliche Rüge“ bezüglich eines künftigen Handelns des Auftraggebers sieht das Vergaberecht gerade nicht vor und würde diesbezüglich ins Leere verlaufen (vgl. Weyand Vergaberecht 2013, 4. Auflage § 107 GWB RN 355). Unabhängig davon kann nicht sicher davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin von der Beteiligung des Beigeladenen am Vergabeverfahren überhaupt Kenntnis hatte. Ebenso wenig war vor Erhalt des Informationsschreibens für die Antragstellerin absehbar, dass auf sein Angebot der Zuschlag erteilt werden soll und sie aus ihrer Sicht dadurch in ihren Rechten verletzt ist.

Auch das Vorbringen zum einzigen Zuschlagskriterium „Preis“ ist nicht präkludiert. Für die Antragstellerin war ein möglicher Vergabeverstoß aus der Vergabebekanntmachung nicht erkennbar. Eine Rügepräklusion kommt im Allgemeinen bei solchen Rechtsverstößen in Betracht, die sich auf eine allgemeine Überzeugung der Vergabepraxis gründen und aufgrund einer Parallelwertung in der Laiensphäre und ohne Anwendung juristischen Sachverstandes ins Auge fallen. Von einem Durchschnittsbieter kann nicht eine umfassende Kenntnis der

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18 Vergabeliteratur und Rechtsprechung erwartet werden. Es kann aber vorausgesetzt werden, dass er den Text der einschlägigen Verfahrensordnung zur Kenntnis nimmt und mit dem wichtigsten Regeln des Vergaberechts vertraut ist (vgl. OLG Naumburg vom 16.12.2016, 7 Verg 6/16). Die Frage der Wahl der Zuschlagskriterien ist eine komplexe vergaberechtliche Thematik. Dem Auftraggeber steht insoweit ein eigener Beurteilungsspielraum zu. Es kann von der Antragstellerin, von der keine vertieften vergaberechtlichen Kenntnisse erwartet werden können, vor entsprechender Beratung nicht verlangt werden, einzuschätzen, ob der Antragsgegner den Beurteilungsspielraum überschritten hat.

Soweit sie sich weiterhin dagegen wendet, dass die Wertung der Angebote nicht an Hand des alleinigen Zuschlagskriteriums „Preis“ vorgenommen wurde, konnte sie ebenfalls eine entsprechende Kenntnis erst aus dem Informationsschreiben der Antragsgegnerin gewinnen.

Weiterhin hat die Antragstellerin die vermeintlichen Vergabeverstöße mit Schreiben vom 04.09.2018 gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht. Damit hat sie die Frist von zehn Tagen ab Erhalt des Informationsschreibens am 28.08.2018 gem.

§ 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB eingehalten.

2. Begründetheit

Der Nachprüfungsantrag ist teilweise auch begründet.

Die Antragstellerin hat gemäß § 97 Abs. 6 GWB einen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin bei Fortbestand des Beschaffungsbedarfs das Vergabeverfahren ab Erstellung der Vergabeunterlagen wiederholt. Dagegen kann sie nicht verlangen, dass die Antragsgegnerin neben dem Preis noch weitere Zuschlagskriterien vorgibt. Die Antragstellerin kann gleichfalls nicht fordern, dass der Beigeladene gem. § 124 Abs. 1 Nr. 3 oder Nr.9a GWB vom Vergabeverfahren ausgeschlossen wird.

Im Einzelnen:

2.1 Einziges Zuschlagskriterium Preis

Die Antragsgegnerin war berechtigt, den Preis als einziges Zuschlagskriterium zu benennen.

Nach § 127 Abs. 1 S. 4 GWB i.V.m. § 58 Abs. 2 VgV können zur Ermittlung des besten Preis- Leistungsverhältnisses neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigt werden. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift folgt, dass ein Auftraggeber nicht verpflichtet ist, mehrere Zuschlagskriterien vorzusehen. Vielmehr steht ihm

(19)

19 insoweit ein eigener Beurteilungsspielraum zu. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Antragsgegnerin größtenteils standardisierte und marktübliche Leistungen (z.B. Lieferung von Medikamenten, Prüfung medizinischer Druckluft und Lieferung von Betäubungsmittelbüchern) nachfragte, war es nicht fehlerhaft, den Preis als einziges Differenzierungskriterium vorzusehen.

Soweit sich das Informationsschreiben auf das wirtschaftlichste Angebot bezieht, ist diese Formulierung nach der vorgenannten Vorschrift nicht zu beanstanden. Das wirtschaftlichste Angebot wird auch ermittelt, soweit das alleinige Zuschlagskriterium der „Preis“ ist.

2.2 Leistungsbeschreibung

Die Antragsgegnerin hatte bei der Abfassung der Leistungsbeschreibung gegen

§ 121 Abs. 1 S. 1 GWB verstoßen. Danach ist der Auftragsgegenstand so eindeutig und erschöpfend wie möglich zu beschreiben, sodass die Beschreibung für alle Unternehmen im gleichen Sinne verständlich ist und die Angebote miteinander verglichen werden können.

Diesen Anforderungen genügte die Wirkstoffliste im Hinblick auf das Präparat in Bezug auf die Position 57 nicht. Vielmehr ließ die Vorgabe offen, in welcher Dosierhöhe das Medikament Beriplex angeboten werden konnte. Aufgrund dieser fehlenden Angabe hatten die Bieter unterschiedlich dosierte Präparate in der Position 57 angeboten. Damit waren die Preise in dieser Position nicht mehr vergleichbar. Dies hat die Antragsgegnerin eingestanden.

Diese Unklarheit in der Leistungsbeschreibung war für die Antragstellerin auch nicht im Sinne des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB erkennbar. Das Wirkstoffverzeichnis wies über 500 Positionen aus. Von ihr konnte nicht erwartet werden, jede einzelne Position detailliert auf Plausibilität zu überprüfen.

Der Antragstellerin kann nicht vorgeworfen werden, davon ausgegangen zu sein, Beriplex P/N 250 anbieten zu können. Die Antragsgegnerin hat die Wahl dieser Dosierungshöhe nicht ausgeschlossen. In den Vergabeunterlagen fehlten Hinweise darauf, für welche Personen bzw. in welchem Klinikbereich das Medikament Anwendung finden sollte. Die Antragsgegnerin unterhält auch eine Klinik für Kinder- und Jugendmedizin. Der Beigeladene bringt in diesem Zusammenhang vor, dass die Verwendung dieses Medikaments wegen einer angeborenen Gerinnungsstörung bei Kindern dort sehr unwahrscheinlich sei. Es kann aber nicht sicher vorausgesetzt werden, dass die Antragstellerin über diese Umstände bei der Verpreisung des Wirkstoffverzeichnisses im Detail Kenntnis hatte. Alle Darreichungen und Packungsgrößen sind außerdem für dieselben Indikationen zugelassen. Bei dieser Sachlage erscheint es nicht fernliegend, dass die Antragstellerin deshalb die kleinste Dosierung vorsah. Dadurch kann das

(20)

20 Klinikpersonal bei der Herstellung der gebrauchsfertigen Lösung je nach Bedarf variieren.

Schließlich bringt der Beigeladene selbst vor, dass das Medikament vorwiegend für Kinder eingesetzt wird. Dies schließt aber nicht aus, dass es auch für die Behandlung von Erwachsenen verwendet wird.

Der Antragsgegnerin war es verwehrt, nach Angebotsöffnung Änderungen an der Leistungsbeschreibung vorzunehmen. Dies steht mit dem Transparenzgebot gem.

§ 97 Abs. 1 GWB nicht im Einklang. Vielmehr sind in diesem Verfahrensstadium nur geringfügige Modifikationen möglich. Keinesfalls darf es hierdurch zu Änderungen in der Bieterreihenfolge kommen (vgl. Beck'scher Vergaberechtskommentar, Band 1: GWB 4. Teil (Hrsg. Burgi/Dreher) 3. Auflage 2017, § 121 GWB, Rn. 147). So liegt der Fall jedoch hier.

Durch die Reduzierung des Leistungsumfanges belegte das Angebot des Beigeladenen, das vormals auf Platz zwei lag, den ersten Platz.

Das Vergabeverfahren ist, sofern die Antragsgegnerin die ausgeschriebenen Leistungen weiterhin vergeben will, ab dem Stadium, in dem es fehlerhaft ist, zu wiederholen (vgl. OLG Celle 13 Verg 16/09, vom 11.02.2010). Dies ist vorliegend die Erstellung der Vergabeunterlagen. Eine partielle Rückversetzung nur in Bezug auf Position 57 ist nicht möglich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich Änderungen in dieser Position auch auf die Gesamtkalkulation auswirken. Insbesondere erscheint es möglich, dass die Bieter bei klaren Vorgaben in dieser Position Nachlässe und Gesamtrabattierungen anders kalkulieren.

Es stellt keine unstatthafte Mischkalkulation dar, wenn Bieter derartige Verbilligungen in Abhängigkeit der Kalkulation der Einzelpreise gewähren. Bei einer unzulässigen Kosten- oder Preisverlagerung weist der Bieter bei bestimmten Leistungspositionen nicht die auf der Grundlage seiner Kalkulation für diese Leistung zu berechnende zutreffende Vergütung, sondern einen geringeren Preis aus. Im Gegenzug werden die nicht berücksichtigten Kosten bei anderen Leistungspositionen aufgepreist (vgl. Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV,2017, § 56 Rn 66). Bei Rabattierungen oder Nachlässen handelt es sich jedoch nicht um Leistungspositionen im vorgenannten Sinn.

Der Beigeladene hatte in diesem Zusammenhang weiterhin vorgebracht, dass der Preis der Antragstellerin in der Position 57 linear an eine Dosierungshöhe von P/N 500 angepasst werden könnte. Dies ist jedoch nicht statthaft. Vielmehr würde dies einen Eingriff in die Kalkulationsfreiheit der Antragstellerin darstellen

Aufgrund der unklaren Leistungsbeschreibung kann die Antragstellerin nicht beanspruchen, dass auf ihr Angebot der Zuschlag erteilt wird. Ohnehin ist es der Vergabekammer verwehrt, eine derartige Anordnung zu treffen, da kein Kontrahierungszwang besteht. Im Übrigen kann auch offenbleiben, ob die Antragstellerin, wie von dem Beigeladenen geltend gemacht, im

(21)

21 Hinblick auf das Personal und die Logistik eine Mischkalkulation vorgenommen hatte, da das Vergabeverfahren bei Fortbestand des Beschaffungsbedarfs, wie erwähnt, ab Erstellung der Vergabeunterlagen zu wiederholen ist.

2.3 Ausschluss der Beigeladenen

Die Antragstellerin begehrt weiterhin, dass die Antragsgegnerin den Beigeladene im weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens nicht mehr einbezieht. Insoweit ist der Nachprüfungsantrag durch die Tatsache, dass der Antragsgegnerin aufgegeben wurde, das Verfahren teilweise zurückzuversetzen, nicht gegenstandslos geworden. Nach § 124 Abs. 1 GWB können öffentliche Auftraggeber unter den dort genannten Voraussetzungen Unternehmen zu jedem Zeitpunkt von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen. Die Vorschrift bezieht sich ihrem Wortlaut nach nicht auf die Nichtberücksichtigung von Angeboten. Die Antragsgegnerin hatte abschließend über die Eignung des Beigeladenen befunden. Die Antragsgegnerin ist gehalten, bei der Rückversetzung des Vergabeverfahrens ihm die überarbeiteten Vergabeunterlagen erneut zuzusenden. Hierdurch ist er weiterhin am Vergabeverfahren beteiligt. Es kann davon ausgegangen werden, dass er erneut ein Angebot abgeben wird.

2.3.1 Zurechnung des Verhaltens der früheren Inhaberin der Beigeladenen

Die Antragstellerin kann in diesem Zusammenhang nicht verlangen, dass der Beigeladene wegen der strafrechtlichen Verurteilung der vorherigen Inhaberin gem. §§ 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB, 123 Abs. 3 GWB zum Vergabeverfahren nicht weiter zugelassen wird.

Nach § 123 Abs. 3 GWB ist das Verhalten einer rechtskräftig verurteilten Person einem Unternehmen zuzurechnen, wenn diese Person als für die Leitung des Unternehmens Verantwortliche gehandelt hat. Nach Artikel 57 Abs. 1 S. 2 der Richtlinie 2014/24/EU ist dem Unternehmen das Fehlverhalten einer Person zuzuordnen, wenn diese dort gegenwärtig in leitender Stellung tätig ist. Dies ist auch bei der Auslegung des § 123 Abs. 3 GWB zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund ist die Tatsache, dass die frühere Inhaberin strafrechtlich belangt wurde, nicht von Relevanz. Sie gehört nicht mehr dem Unternehmen des Beigeladenen an.

(22)

22 2.3.2 Selbstreinigungsmaßnahmen

Die Antragstellerin kann gleichfalls nicht fordern, dass die Antragsgegnerin den Beigeladenen wegen eines Verstoßes gem. § 124 Abs. 1 Nr. 9 a) GWB von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließt.

Der Beigeladene hat zwar in dem vorangegangenen Vergabeverfahren der Antragsgegnerin zur Belieferung von Arzneimitteln und Medizinprodukten i.S. der vorgenannten Vorschrift versucht, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen. Zur Begründung wird auf den oben erwähnten Beschluss des OLG Naumburg vom 14.10.2016, Az. 7 Verg 3/16 verwiesen. Die Antragsgegnerin ist jedoch im Rahmen ihres Beurteilungsspielraumes in vertretbarer Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene ausreichende Selbstreinigungsmaßnahmen i.S. des § 125 Abs. 1 GWB ergriffen hat.

Er hat sich i.S. des § 125 Abs. 1 Nr. 1 GWB in seinem Schreiben vom 09.12.2016 bereit erklärt, einen Schadensausgleich zu leisten, wenn die weitere Aufklärung des Sachverhaltes ein zum Schadensersatz verpflichtendes Fehlverhalten ergeben sollte. Das OLG Naumburg hatte mit Beschluss vom 14.10.2016 im Wesentlichen aufgrund der unklaren Vorgaben der Vergabebekanntmachung die Antragsgegnerin verpflichtet, das vorangegangene Vergabeverfahren aufzuheben. Dies steht mit dem Fehlverhalten des Beigeladenen in keinem Zusammenhang. Daher kann ausgeschlossen werden, dass durch die oben beschriebene Handlung des Beigeladenen überhaupt ein Schaden entstanden ist.

Ihm kann auch nicht vorgeworfen werden, dass er nicht im Sinne des § 125 Abs. 1 Nr. 2 GWB im hinreichenden Maße mit dem öffentlichen Auftraggeber und den Ermittlungsbehörden zusammengearbeitet hätte, um den Sachverhalt vollständig aufzuklären.

Der Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, er sei aufgrund seiner Unterschrift in vollem Umfang für den Inhalt des Schreibens vom 14.10.2015 verantwortlich. Daher kann nunmehr nicht davon ausgegangen werden, dass er sein Fehlverhalten einer anderen Person zur Last legt. Er hatte in seinem Schreiben vom 09.12.2016 zunächst vorgebracht, eine Mitarbeiterin habe in eigener Verantwortung dieses Schriftstück erstellt. Außerdem ist in rechtlicher Hinsicht geklärt, dass der Beigeladene hierdurch gegen § 124 Abs. 1 Nr. 9 a) GWB verstoßen hatte (siehe oben). Weiterer Erklärungen des Beigeladenen bedurfte es hierzu nicht. Vielmehr besteht Gewissheit über die relevanten Aspekte des Sachverhalts. Von dem Beigeladenen konnte daher auch nicht zusätzlich verlangt werden, dass er sein Fehlverhalten gegenüber der Staatsanwaltschaft, der

(23)

23 Apothekenkammer sowie gegenüber dem Landesverwaltungsamt anzeigte. Aufgrund der vorgenannten Gegebenheiten ist das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen, im Rahmen der Abwägung von höherem Gewicht. Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit hat Verfassungsrang. Er ist im Rechtsstaatsprinzip verankert und wird von dem Recht auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs.1 i.V.m Art. 20 Abs. 3 GG umfasst (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6.9.2016 – 2 BvR 890/16). Er dient im Übrigen der Sicherung der Unschuldsvermutung (vgl. Beck‘scher Vergaberechtskommentar a.a.O. § 125 GWB Rn 27).

Schließlich hat der Beigeladene i.S. des § 125 Abs. 1 Nr. 3 GWB konkrete, organisatorische und personelle Maßnahmen ergriffen, die geeignet sind, ein weiteres Fehlverhalten zu verhindern. Er hat in seinem Schreiben vom 09.12.2016 dargelegt, dass er die Ausführungen der Vergabekammer und des OLG Naumburgs genauestens zur Kenntnis genommen hat. Er hat diese in seinem Unternehmen ausführlich besprochen. Er führte weiterhin aus, dass er zusätzlich mit einem externen Berater die rechtlichen Rahmenbedingungen des Vergabewesens erörtert habe, um diese regelkonform für zukünftige Vergabeverfahren zu beachten. Im Übrigen wird die Person, die nach dem Vorbringen des Beigeladenen an der Erstellung des Schreibens vom 14.10.2015 beteiligt war, nicht mehr in die Erarbeitung und Bearbeitung von sämtlichen postalischen und elektronischen Schriftverkehrs in zukünftigen Vergabeverfahren eingebunden. Sie hat zwischenzeitlich das Unternehmen des Beigeladenen verlassen.

Aufgrund der vorgenannten Umstände kann von dem Inhaber des Beigeladenen nicht erwartet werden, dass er seine Unternehmensleitung abgibt bzw. aus seinem Unternehmen ausscheidet. Dies wäre für ihn äußerst schwerwiegend und nicht verhältnismäßig. Die Antragsgegnerin weist in diesem Zusammenhang in ihrem Vergabevermerk zutreffend darauf hin, dass es sich um eine einmalige Verfehlung gehandelt hatte, die zu keinem Schaden führte.

Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass ohne die Durchführung jeglicher Selbstreinigungsmaßnahmen ein Unternehmen gem. § 126 Nr. 2 GWB höchstens drei Jahre ab dem betreffenden Ereignis von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen werden kann. Der Beginn des entsprechenden Zeitraums ist hier der 14.10.2016. Zu diesem Datum hatte das OLG Naumburg den Verstoß gegen § 124 Abs. 1 Nr. 9a GWB abschließend dem Grunde nach festgestellt. In diesem Zusammenhang wird aus Gründen der Rechtssicherheit nicht dem Zeitpunkt Rechnung getragen, zu dem sich der betreffende Sachverhalt ereignet hatte (vgl. EuGH vom 24.10.2018, Rs. C-124/17). Dieser Zeitraum betrug somit bis zum Termin der mündlichen Verhandlung der Vergabekammer am 08.03.2019 etwa zweieinhalb Jahre. Dies ist in einem Nachprüfungsverfahren der maßgebliche Zeitpunkt für die Prognoseentscheidung des Auftraggebers über die Eignung des betreffenden Unternehmens (vgl. OLG München vom 22. 11. 2012 – Verg 22/12). Angesichts der Tatsache, dass der

(24)

24 Beigeladene Selbstreinigungsmaßnahmen ergriffen hatte, ist es auch aufgrund des Zeitablaufs nicht gerechtfertigt, ihm zum Vergabewettbewerb nicht weiter zuzulassen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 GWB i.V. m. Abs. 4 S. 1 GWB.

Nach dieser Vorschrift hat ein Beteiligter die Kosten, Gebühren und Auslagen zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt. Die Antragstellerin ist mit ihren Begehren nur teilweise durchgedrungen. Der Antragsgegnerin wurde gleichzeitig aufgegeben, dass Vergabeverfahren bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht ab der Versendung der Vergabeunterlagen zu wiederholen.

Es ist daher gerechtfertigt, dass die Antragstellerin und die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen haben.

Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der Gebühren gem.

§ 182 Abs. 1 S. 2 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Verwaltungskostengesetz vom 23.Juni 1970 in der am 14. August 2013 geltenden Fassung befreit. Sie hat lediglich die Hälfte der Auslagen zu entrichten.

Rechtsgrundlage für die Bemessung der Höhe der Gebühren ist

§ 182 Abs. 2 S. 1 GWB. Die Höhe der Gebühren bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens.

Als Grundlage für die Bemessung des wirtschaftlichen Wertes dient der Vergabekammer der Angebotspreis (Brutto) der Antragstellerin über die Vertragslaufzeit von drei Jahren. Hierbei wurde die optional mögliche Verlängerung der Vertragslaufzeit um zwei Jahre zur Hälfte mit eingerechnet (vgl. BGH vom 18.03.2014; X ZB 12/13). Nach der Gebührenformel der Vergabekammer ergibt sich ein Richtwert von XXX Euro inklusive der Mindestgebühr gem.

§ 182 Abs. 2 S. 1 GWB in Höhe von 2.500,00 Euro zuzüglich XXX Euro für die entstandenen Auslagen. Es besteht keine Veranlassung, von diesem Richtwert abzuweichen.

Der Antragstellerin hat außerdem die im Rahmen der Akteneinsicht entstandenen Kopierkosten in Höhe von XXX Euro zu entrichten. Für den Beigeladenen fielen im Zuge seiner Akteneinsicht Kopierkosten in Höhe von XXX Euro an.

Nach § 182 Abs. 4 S. 1 GWB hat die Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin

(25)

25 zur Hälfte zu tragen. Angesichts der sachlichen und rechtlichen Schwierigkeiten des Falls war die Hinzuziehung einer Bevollmächtigten für die Antragstellerin notwendig (§ 182 Abs. 4 Satz 5 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG).

Die Antragstellerin hat schließlich die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin zur Hälfte gem.

§ 182 Abs. 4 S.1 GWB zu tragen.

IV.

Der ehrenamtliche Beisitzer, Herr XXX, hat den Vorsitzenden und die hauptamtliche Beisitzerin der Vergabekammer ermächtigt, den Beschluss allein zu unterzeichnen. Ihm lag dieser Beschluss hierzu vor.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Entscheidung kann das Oberlandesgericht Naumburg, Domplatz 10, 06618 Naumburg, innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung dieser Entscheidung beginnt, schriftlich angerufen werden.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen.

Die Beschwerde muss die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, sowie die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt, enthalten.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

XXX XXX

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