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1. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss

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1. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt

Beschluss

dazu OLG-Beschluss 7 Verg 2/15 vom 25.09.2015 (Rücknahme der Beschwerde)

AZ: 1 VK LSA 08/15 Halle, 15.07.2015

In dem Nachprüfungsverfahren der Bietergemeinschaft

………..

………..

und

…………..

…………..

Antragstellerin Verfahrensbevollmächtigte

………….

………….

gegen

…………

………….

Antragsgegnerin

§ 97 Abs. 7 GWB, § 19 EG Abs. 3a) VOL/A

- kein Rügeerfordernis für Erkenntnisse aus der Akteneinsicht im Rahmen des Nachprüfungs- verfahrens

- Angebotsausschluss ist zwingend, wenn trotz zulässiger Nachforderung bis zu einem festgelegten Termin der Nachweis bezüglich des Bauplanungsrechts nicht vorlag

- ungenügende Dokumentation hinsichtlich nachgereichter Unterlagen

- Abrücken von festen Vorgaben ist im Sinne eines gleichen und geordneten Wettbewerbes nicht rechtmäßig

- fehlerhafte Eignungsprüfung, wenn erhebliche Differenzen zwischen geforderten Umsatzangaben und vorzulegenden Gewinn- und Verlustrechnungen auftraggeberseitig nicht aufgeklärt wurden - Eignungsleihe

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Verfahrensbevollmächtigte

………

………

unter Beiladung der

………….

…………..

und

…………

…………

Beigeladene

Verfahrensbevollmächtigte

……….

……….

wegen

der gerügten Vergabeverstöße im Offenen Verfahren zur Gestellung und Betrieb einer Grundwasservorbehandlungsanlage für das Ökologische Großprojekt (ÖGP) ………….. hat die 1. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt aufgrund der mündlichen Verhandlung am 30.06.2015 unter Vorsitz des Leitenden Regierungsdirektors ………. sowie unter Mitwir- kung der hauptamtlichen Beisitzerin Bauamtsrätin ………. und des ehrenamtlichen Beisitzers Herrn ………. beschlossen:

1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, den Zuschlag auf das Ange- bot der Beigeladenen zu erteilen. Insoweit ist die Wertung nach den Vorgaben der Vergabekammer zu wiederholen.

2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwen- dungen der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin zu tragen.

3. Die Verfahrenskosten (Gebühren und Auslagen) beziffern sich auf insgesamt ………. Euro.

4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.

5. . Für die im Rahmen der Akteneinsicht anfallenden Kopierkosten hat die Antragstellerin …… Euro und die Beigeladene ……. Euro zu entrichten.

Gründe I.

Die Antragsgegnerin schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom

……….. im Wege eines Offenen Verfahrens auf der Grundlage der Vergabe- und Vertrags- ordnung für Leistungen (VOL) die Gestellung und den Betrieb einer Grundwasservorbehand- lungsanlage für das ÖGP ……….. aus. Die Vertragslaufzeit endet ausweislich Punkt II.3) der Bekanntmachung vom 23.03.2015 am 14.02.2032.

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Unter dem Oberbegriff der Teilnahmebedingungen wurden ausweislich Punkt III.2.2) der Be- kanntmachung sowie B 3. der Angebotshinweise der Vergabeunterlagen (VU), Angaben und Formalitäten vorgegeben, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Auflagen zu überprü- fen. So sollten die Bewerber unter Ziffer 3 eine Eigenerklärung über den Gesamtumsatz des Unternehmens sowie den Umsatz bezüglich der besonderen Leistungsart, die Gegenstand der Vergabe ist, jeweils bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre abgeben. Dem folgte ein Hinweis des Auftraggebers, dass im Falle von Bietergemeinschaften die Formalitäten gemäß vorstehenden Ziffern 1-3 durch jedes Mitglied der Bietergemeinschaft zu erbringen sind. Au- ßerdem ist der Bekanntmachung unter der Überschrift „möglicherweise geforderte Mindest- standards“ u. a. zu entnehmen:

„zu 3.: Besondere Leistungsart: Umsatz für die Errichtung und den Betrieb von Anla- gen zur Reinigung von kontaminiertem Grundwasser: 4 Mio. Euro pro Jahr“

Zudem sollten die Bieter ausweislich Ziffer III.2.3) und Teil C der Angebotshinweise bezüg- lich der technischen Leistungsfähigkeit insgesamt mindestens drei Referenzanlagen zur Be- handlung von Grund- und vergleichbaren Wässern aus den letzten fünf Jahren nachweisen.

Davon war 1.) der Nachweis von mindestens zwei von drei Referenzanlagen mit einem hyd- raulischen Durchsatz von mindestens 50 m³/h, mit einer Betriebszeit von mindestens zwei Jahren und einer Dekontamination einer komplexen CKW-Fracht von mindestens 10 mg/l zu erbringen. Mindestens eine von drei Referenzanlagen muss 2.) einen hydraulischen Durch- satz von mindestens 20 m³/h, eine Betriebszeit von mindestens zwei Jahren und eine Flo- ckung/Fällung sowie Schlammbehandlung besitzen. Eine Referenz nach 2 kann auch in Re- ferenz 1 enthalten sein und entspricht dann der vorgelegten Referenz, d. h. es sind darüber hinaus noch mind. zwei weitere Referenzen vorzulegen.

Im Übrigen waren die Leistungen nur als Referenz anzubringen, wenn sie als GU oder über- wiegend als Eigenleistung erbracht worden sind.

Des Weiteren forderte der Auftraggeber gemäß der Checkliste, Teil 3.2 der Vergabeunterla- gen für mit dem Angebot einzureichende Unterlagen gemäß § 9 EG Abs. 4 VOL/A unter Zif- fer 1.7.3., dass die Bieter, die einen anderen Standort als den zur Verfügung gestellten nut- zen wollen, u. a. einen Nachweis zum Bauplanungsrecht vorzulegen haben. Zusätzlich findet sich folgender Verweis auf den Nachweis in der Checkliste unter Punkt 3.4.1.1.4 der Leis- tungsbeschreibung:

„Wird weder die Flächenofferte noch das Grundstück der VBA 2004, sondern eine andere Fläche in Anspruch genommen, ist durch den Bieter die adäquate Information zur Lage und verkehrstechnischen Anbindung sowie ein Nachweis über die Möglich- keit diese andere Fläche zu nutzen (Nachweis gemäß Checkliste, Teil 3.2 der VU, Kapitel 1.7) mit dem Angebot einzureichen.“

Bis zum Ablauf der Angebotsfrist am 05.12.2014 gingen insgesamt vier Angebote, darunter jeweils ein Angebot der Antragstellerin sowie der Beigeladenen, ein.

Mit Faxschreiben vom 17.04.2015 wurde die Antragstellerin gemäß § 101a GWB informiert, dass der Beigeladenen der Zuschlag am 28.04.2015 erteilt werden solle. Als Begründung wurde angeführt, dass ihr Angebot nicht das wirtschaftlichste sei.

Daraufhin rügte die Antragstellerin mittels Schreiben per Fax vom 21.04.2015 die beabsich- tigte Vergabeentscheidung als vergaberechtswidrig, da die Beigeladene schon nicht über die geforderten Eignungsnachweise verfüge. Weder erfülle sie gemäß B 3. der Angebotshinwei- se den Mindeststandard des Umsatzes für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Reinigung von kontaminiertem Grundwasser von 4 Mio. Euro/Jahr noch könnten Referenzen entsprechend den geforderten Mindeststandards nach C der Angebotshinweise nachgewie- sen werden.

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In Erwiderung teilte die Antragsgegnerin per Fax am 23.04.2015 der Antragstellerin ihre Nichtabhilfeentscheidung mit. Die Beigeladene habe entgegen der Auffassung der Antrag- stellerin alle geforderten Eignungsnachweise vollumfänglich vorgelegt sowie die Erfüllung der geforderten Eignungskriterien nachgewiesen.

Daraufhin ließ die Antragstellerin am 27.04.2015 mittels anwaltlichen Fax-Schreibens einen Nachprüfungsantrag stellen. Dieser ist der Antragsgegnerin am selben Tage übersandt wor- den. Gleichzeitig wurde sie über die Unzulässigkeit einer Zuschlagserteilung gemäß § 115 Abs. 1 GWB belehrt und aufgefordert, die entsprechenden Unterlagen und eine Stellung- nahme zum Nachprüfungsantrag vorzulegen.

Die kammerseitig erfolgte Durchsicht der von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen ergab, dass im Rahmen der Wertung das Angebot eines Bieters wegen Nichterfüllung der geforderten Mindeststandards bezüglich der Referenzen und somit aufgrund der fehlenden Eignung gemäß § 19 EG Abs. 3a) VOL/A zwingend ausgeschlossen worden sei. Das Ange- bot eines weiteren Bieters habe die Antragsgegnerin nach Aufklärungsgesprächen ebenfalls ausschließen müssen, da der Nachweis der technischen Realisierbarkeit nicht erbracht wor- den sei.

Die Beigeladene habe in den mit Schreiben vom 30.01.2015 nachgereichten Unterlagen hin- sichtlich des Nachweises zum Bauplanungsrecht für die Alternativfläche auf die grundsätzli- che Genehmigungsfähigkeit von Bauvorhaben im Außenbereich verwiesen. Zudem sei auf eine zwischenzeitlich gestellte formelle Bauvoranfrage verwiesen worden. Der Bezug auf die generelle Möglichkeit des § 34 Baugesetzbuch (BauGB), wonach ein Bauvorhaben als Aus- nahmetatbestand auch im Außenbereich genehmigungsfähig sei, entspreche nicht den An- forderungen des geforderten Nachweises entsprechend Teil 3.2., Ziffer 1.7.3. Ein Bauvorbe- scheid, der die bauplanungsrechtlich zulässige Nutzung des Alternativstandortes ausweise, entspräche allerdings einem solchen Nachweis. Mit der Abforderung des Nachweises wolle die Vergabestelle sicherstellen, dass der Leistungserbringung bei Nutzung einer Alternativ- fläche keine bauplanungsrechtlichen Hindernisse im Wege stehen. Daher sei die Vorlage des Nachweises vor Auftragserteilung erforderlich und das Angebot bis zur Vorlage des Nachweises unvollständig. Ausweislich eines Beschlusses des Bayerischen Obersten Lan- desgerichts (BayObLG) vom 05.11.2002, Az: Verg 22/02 genüge es grundsätzlich, wenn der Bieter zum vorgesehenen Zeitpunkt der Leistungserbringung den Bauvorbescheid vorlegen könne. Somit läge kein Ausschlussgrund vor, es müsse vielmehr weitere Aufklärung hinsicht- lich des Sachstandes zur Bauvoranfrage betrieben werden. Mittels Schreiben vom 27.03.2015 habe die Beigeladene den Bauvorbescheid übergeben.

Im Ergebnis der abschließenden Prüfung der Angebotsunterlagen einschließlich Nachforde- rungen und Aufklärungsgesprächen wurden auftraggeberseitig die Angebote der Antragstel- lerin sowie der Beigeladenen als zuschlagsfähig eingestuft.

Im Angebot des Beigeladenen findet sich hinsichtlich des Bietergemeinschaftspartners zu- dem eine Erklärung zum spezifischen Umsatz (Errichtung und Betrieb von Anlagen zur Rei- nigung von kontaminierten Grundwasser 4 Mio. Euro/Jahr), die inhaltlich identisch mit der abgegebenen Eigenerklärung zu den Gesamtumsätzen des Unternehmens jeweils bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre ist. Es erfolgte in beiden Eigenerklärungen neben den Gesamtumsatzzahlen lediglich eine Untergliederung der Umsatzangaben in Fachbereiche.

So umfasst ein Fachbereich die Leistungen Umwelttechnik und Brunnenbau in einer Teil- summe.

Insoweit wurde das Bietergemeinschaftsmitglied der Beigeladenen mit Faxschreiben vom 19.01.2015 aufgefordert, verschiedene Erklärungen und Nachweise nachzureichen bzw.

Aufklärung vorzunehmen. In diesem Zusammenhang wurde u. a. ausdrücklich auf die Defizi- te bei den spezifischen Umsatzzahlen hingewiesen.

Für die Nachreichung der Unterlagen wurde der Termin 03.02.2015 gesetzt. Die entspre- chenden Unterlagen waren mit einem unterzeichneten Anschreiben vierfach an die Vergabe- stelle unter Bezugnahme auf das Angebot vom 04.12.2014 einzureichen. Bei Nichteinhaltung der Frist wurde der Ausschluss aus dem Vergabeverfahren angekündigt.

In den nachgereichten Unterlagen findet sich ein Anschreiben vom 30.01.2015 einschließlich Anlagen der …………. GmbH in vierfacher Ausfertigung ohne Eingangsvermerk der Verga-

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bestelle. Nunmehr ist eine inhaltlich neue Erklärung bezüglich der Umsätze für die besonde- re Leistungsart beigefügt. Diese enthält erstmalig Umsatzangaben über 4 Mio. Euro/Jahr für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Reinigung von kontaminiertem Grundwasser der letzten 3 Geschäftsjahre.

In diesen Zusammenhang wurde kammerseitig festgestellt, dass am 19.01.2015 ebenfalls Nachforderungen gegenüber einem Bietergemeinschaftsmitglied der Antragstellerin sowie eines weiteren Bieters erfolgten. Auf den Anschreiben dieser Bieter findet sich jeweils ein entsprechender Eingangsstempel der Antragsgegnerin.

Diesbezüglich ist der fortlaufenden Vergabedokumentation in Teil III zu den seitens der

………. GmbH nachgereichten Unterlagen lediglich zu entnehmen, dass die Beigelade- ne mit Datum vom 30.01.2015 auf das Schreiben der Vergabestelle vom 19.01.2015 geant- wortet und Unterlagen vorgelegt habe. Eine ausdrückliche Feststellung zum fristgemäßen Eingang ist der Dokumentation nicht zu entnehmen. Anders verhält es sich hinsichtlich des Bietergemeinschaftsmitgliedes der Antragstellerin. Hier ist ausdrücklich vom Eingang mit Schreiben vom 26.01.2015 als einem fristgemäßen Eingang die Rede. Der Vergabeempfeh- lung des Büros ……….. ist jedoch zu entnehmen, dass die Nachforderungen durch die An- tragstellerin, die Beigeladene und einen weiteren Bieter bis zum 03.02.2015 geliefert wurden.

Von dem Bietergemeinschaftsmitglied ………….. GmbH der Beigeladenen wurden im Form- blatt „Erklärung über Umsatz der besonderen Leistungsart“ die Umsätze gegliedert nach Fachbereichen und insgesamt angegeben. Die Einzelposition spezifischer Umsatz der be- sonderen Leistungsart überschreitet in allen Geschäftsjahren die geforderte Mindestgröße von 4 Mio. Euro/Jahr. Die Angaben der Eigenerklärung stehen jedoch nicht im Einklang zu den vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnungen (G&V) der …………..GmbH. Vergleichs- weise wurden dazu die G&V-Positionen Umsatzerlöse und Bestandsveränderung aus unfer- tigen Leistungen herangezogen. Beide Positionen bilden die Leistung der originären Ge- schäftstätigkeit eines Unternehmens ab. Im Ergebnis dieser vergleichenden Betrachtung sind für alle Geschäftsjahre Abweichungen festzustellen. In den Geschäftsjahren 2011 und 2012 liegen die erklärten Gesamtumsätze unter den Werten der G&V (………). Speziell für das Geschäftsjahr 2013 jedoch wurde in der Eigenerklärung ein um …… Mio. Euro höherer Gesamtumsatz gegenüber der beizufügenden G&V ausgewiesen. Für diese Abweichungen liegen keine Erklärungen des Bietergemeinschaftsmitgliedes vor. Ebenso findet sich in der Dokumentation der Antragsgegnerin keine Anzeichen für eine Aufklärung der Differenzbeträ- ge.

Ferner fehlt in den Angebotsunterlagen der Beigeladenen gänzlich der Nachweis der Flä- chenverfügbarkeit der Alternativfläche. Daher forderte der Auftraggeber mittels Schreiben vom 19.01.2015 die Beigeladene auf, den Nachweis zum Bauplanungsrecht nachzureichen.

In den nachgereichten Unterlagen ist lediglich eine Eigenerklärung der Beigeladenen enthal- ten. Diese verweist auf den seit 20.07.2012 rechtswirksamen Flächennutzungsplan, der als Auszug angehängt ist. Weiterhin wird seitens der Beigeladenen darauf verwiesen, dass eine Genehmigungsfähigkeit der Fläche nach § 34 Abs. 1 BauGB gegeben sei. Eine diesbezügli- che Abstimmung habe man mit dem Planungsamt, Frau ……….., geführt. Weiterhin infor- miert die Beigeladene, dass eine entsprechende Bauvoranfrage eingereicht worden sei. Erst mittels Schreiben vom 27.03.2015 wurde der Bauvorbescheid des Landkreises …………..

vom 19.03.2015 übergeben.

Die Antragstellerin lässt anwaltlich vortragen,

dass sie sich inhaltlich auf ihren Rügevortrag stützt. Die besondere Komplexität der verfah- rensgegenständlichen Leistung erfordere eine ebenso besondere Bietereignung, die ihren Niederschlag in den aufgestellten Mindestbedingungen hinsichtlich der wirtschaftlichen und technischen Leistungsfähigkeit gemäß der Ziffern III.2.2 und III.2.3 der Bekanntmachung finde. Ausgehend von ihrer eigenen umfassenden Marktkenntnis könne die Antragstellerin die fehlende Eignung der Beigeladenen ableiten. Weder verfüge die Beigeladene über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, ein Umsatzvolumen von 4 Mio. Euro aus der Errichtung und dem Betrieb von Anlagen zur Reinigung von kontaminierten Grundwässern für die letz- ten drei Geschäftsjahre zu belegen, noch könne sie die technische Leistungsfähigkeit mittels

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der geforderten Referenzen nachweisen. Soweit die ………. GmbH als Mitglied der Bieter- gemeinschaft der Beigeladenen auf ihrer Homepage darstellt, dass sie als ARGE Mitglied im Auftrage der Antragsgegnerin das Projekt Grundwassersanierung ………. realisiert ha- be, sei dies unzutreffend. Als derzeitige Anlagenbetreiberin und federführende Firma bei der Planung und Errichtung der Vorbehandlungsanlage für den Teilstrom 2 habe die

………..GmbH (ehem. ………GmbH) als Bietergemeinschaftsmitglied der Antragstel- lerin fungiert. Die ……… GmbH habe lediglich als Nachunternehmerin die Lieferung und den Einbau einzelner Anlagenteile vorgenommen. Mithin könne die Beigeladene keinen Leistungsnachweis einer funktionsfähigen Vorbehandlungsanlage erbringen, da das Vorha- ben Grundwassersanierung …………. als Referenzangabe nachweisbar unzutreffend sei.

Gleiches gelte auch für die Schlammabtrennungsanlage für den Teilstrom …………... Auch diese Anlage sei durch die ………. GmbH errichtet und bis zu dem Zeitpunkt der Übernah- me durch die ………….. GmbH betrieben worden. Außerdem komme es bei der Betrachtung der Vergleichbarkeit im vorliegenden Fall nicht nur auf den Betrieb, sondern auch auf die Errichtung der Anlage an. Denn dies gehe eindeutig aus der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen hervor. Der Umfang der ausgeschriebenen Leistung sei die Gestellung und der Betrieb der Anlage.

Ebenso erfülle die Referenz ehemalige chemische Reinigung …………. in ………..nicht die Mindestkriterien. Der großflächige Grundwasserschaden werde nicht durch eine einzige Grundwassersanierungsanlage beseitigt, sondern mittels mehrerer separater über das Stadtgebiet verteilter Einzelanlagen behandelt. Keine einzige dieser Anlage könne einen Durchsatz von mind. 50 m³/h aufweisen. Eine Addition sei von vornherein unstatthaft, da man eine Anlage gefordert habe. Abgesehen davon habe die Grundwassersanierung auch nicht ansatzweise die verlangte Dekontamination einer CKW-Fracht von mind. 10 mg/l zum Gegenstand.

Sollte sich die Beigeladene bei ihren weiteren Referenzangaben auf das Gemeinschafts- klärwerk ………… beziehen, so werde diese Anlage weder durch die ……… GmbH noch durch die …………. GmbH betrieben. Betreiber der Anlage sei vielmehr das Gemein- schaftsklärwerk ……… GmbH. Nach § 7 Abs. 9 VOL/A könne sich ein Unternehmen zwar auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft zum Nachweis der Eignung anderer Unter- nehmen bedienen. In diesem Fall müsse jedoch nachgewiesen werden, dass ihm die erfor- derlichen Mittel bei der Erfüllung des Auftrags zur Verfügung stehen, indem beispielsweise eine entsprechende Verpflichtungserklärung dieses Unternehmens vorgelegt werde. Es lie- ge weder eine Verpflichtungserklärung des GKW gegenüber der Beigeladenen vor, noch habe sich die Beigeladene überhaupt im Angebot auf eine Eignungsleihe berufen. Eine nachträgliche Berufung auf die Eignungsleihe käme einer Angebotsänderung der eigenen Eignungsvoraussetzungen gleich, die vergaberechtlich unzulässig sei.

Im Übrigen habe die Antragsgegnerin intransparente und nicht für alle Bieter gleiche Kalkula- tionsbedingungen geschaffen. Ausweislich der Vergabeunterlagen sei für den bisher durch das Bietergemeinschaftsmitglied ………..GmbH vorgereinigten Teilstrom ………

eine voraussichtlich zu reinigende CKW-Fracht von im Mittel 109 mg/l genannt worden. Im Gegensatz dazu könne der Antragserwiderung nunmehr eine bislang überhaupt nur zu reini- gende CKW-Fracht von max. 40 mg/l Teilstrom entnommen werden. Entsprechend der Leis- tungsbeschreibung sollten die Bieter den Reinigungspreis getrennt für die Zuläufe „Teilstrom

………“ und „Teilstrom 2“ angeben. Maßgebend für den Grundpreis seien die von der Antragsgegnerin mit den Anlagen 5.1 und 5.2 getrennt für beide Teilströme mitgeteilten mitt- leren Konzentrationen der preisrelevanten Vertrags-Parameter. Die von den Bietern auszu- preisenden Zulagen würden sich dagegen auf die vorgegebenen Maximalkonzentrationen der preisrelevanten Vertrags-Parameter beziehen. Die spätere Abrechnung des Reinigungs- preises während der Betriebszeit erfolge allerdings nicht auf der Grundlage der von der An- tragsgegnerin mitgeteilten, sondern den tatsächlich anfallenden Konzentrationen.

Weiterhin müsse das Angebot der Beigeladenen ausgeschlossen werden, da trotz Nachfor- derung mittels Schreiben vom 19.01.2015 der Nachweis der Flächenverfügbarkeit für die Alternativfläche, technische Unterlagen und Preisangaben nicht vollständig und ordnungs- gemäß erbracht worden seien.

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Der Nachweis der bauplanungsrechtlichen Gleichwertigkeit der Alternativfläche mit der Flä- chenofferte bzw. dem Grundstück der VBA 2004 könne nur durch die Vorlage eines Bauvor- bescheides gewährleistet werden. Ungeachtet dessen habe die Beigeladene nicht einmal irgendeinen adäquaten Nachweis vorgelegt. Die bloße Eigenerklärung, dass die baupla- nungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit für die Alternativfläche gegeben sei, tauge als bau- planungsrechtlichen Nachweis erkennbar nicht. Soweit die Beigeladene auf die Regelung in Ziffer 3.4.1.2 der Leistungsbeschreibung verweise, wonach der Auftragnehmer nach Beauf- tragung innerhalb von vier Wochen einen vollständigen Antrag auf Baugenehmigung für die Grundwasservorbehandlungsanlage einreichen müsse, habe dies von vornherein nichts mit dem planungsrechtlichen Nachweis einer vom Bieter mitgeteilten Alternativfläche zu tun.

Die Antragstellerin beantragt:

1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Die Antragsgegnerin wird bei fortbeste- hender Beschaffungsabsicht verpflichtet, die Angebotswertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wie- derholen.

2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zur zweck- entsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin zu tragen.

3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antrag- stellerin war notwendig.

Die Antragsgegnerin beantragt:

1. Der Nachprüfungsantrag mit allen Einzelanträgen wird zurück- gewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zur zweck- entsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin werden der Antragstellerin auferlegt.

3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die An- tragsgegnerin war notwendig.

Die Antragsgegnerin lässt anwaltlich vortragen,

dass der Nachprüfungsantrag unbegründet sei. Die Antragsgegnerin habe die Bewertung der Eignung unter Berücksichtigung eines vollständig und zutreffend ermittelten Sachverhaltes und in Nutzung des ihr zustehenden Bewertungsspielraums fehlerfrei vorgenommen. Somit sei die beabsichtigte Zuschlagserteilung auf das Angebot der Beigeladenen vergaberechts- konform und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Entgegen der antragsteller- seitigen Vermutungen erfülle die Beigeladene die aufgestellten Eignungsanforderungen für das Vergabeverfahren. Die wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit der Beigelade- nen entspreche den Anforderungen der Punkte III.2.2 und III.2.3 der Bekanntmachung und erfülle die aufgestellten Mindeststandards.

Nach Ziffer III.2.2 sollten die Bieter im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mit- tels Eigenerklärung nachweisen, dass ein Jahresumsatz von mindestens 4 Mio. Euro aus der Errichtung und dem Betrieb von Anlagen zur Reinigung von kontaminiertem Grundwasser in den letzten drei Geschäftsjahren erzielt worden sei. Inhaltlich seien die Anforderungen an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemeinschaftlich durch die Bietergemeinschaft zu erfüllen.

Von beiden Bietergemeinschaftsmitgliedern der Beigeladenen liege die Eigenerklärung zum Jahresumsatz bezüglich der besonderen Leistungsart vor. Die Erklärung des Bietergemein- schaftsmitgliedes …………sei auf Nachforderung vorgelegt worden und belaufe sich für die Jahre 2011, 2012 und 2013 jeweils auf mehr als 4 Mio. Euro.

Die Beigeladene habe auch bezüglich der technischen Leistungsfähigkeit ihre Eignung durch Vorlage entsprechender Referenzen nachgewiesen und erfülle die geforderten Mindeststan- dards.

So gehe die Antragstellerin fehl in der Annahme, die ……….. habe sich als Bieterge- meinschaftsmitglied der Beigeladenen auf die Referenz der von der Antragstellerin am

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Standort ………. betriebenen Vorbehandlungsanlage berufen. Die vom BG-Partner

……….GmbH als Referenz angeführte und seit 2009 betriebene Schlammabtrennungs- anlage am gleichnamigen Standort entspreche den Mindestkriterien 1 und 2. Entgegen der antragstellerseitigen Auffassung sei die Referenz zu Recht der Beigeladenen zuzurechnen.

Die Tatsache, dass die Anlage nicht durch ein Mitglied der Beigeladenen errichtet wurde, stehe der Anerkennung als vergleichbare Leistung bezüglich der Grundwasseraufbereitung nicht entgegen. Ausweislich Formblatt 3.1 der Vergabeunterlagen habe die Antragsgegnerin festgelegt, dass Referenzen als vergleichbar gelten, die zu vergleichbaren Leistungen be- züglich der Grundwasseraufbereitung im Umfang den Arbeiten der ausgeschriebenen Leis- tung entsprechen. Damit habe man klargestellt, dass es hinsichtlich der Vergleichbarkeit im Wesentlichen auf die Leistungen der Grundwasseraufbereitung und nicht der Anlagenerrich- tung oder des Rückbaus ankomme. Dies liege in der Natur der ausgeschriebenen Leistung begründet, deren wesentlicher Kernpunkt unzweifelhaft die Reinigungsleistung und somit der Anlagenbetrieb sei.

Ebenso erfülle die 2. Referenz Grundwassersanierungsanlage „ehemalige chemische Reini- gung ………..“ das Mindestkriterium 1. Eine Aussage bezogen auf die tatsächlich abgereinig- ten CKW-Konzentrationen lasse die Mitteilung des Ortsverbandes nicht zu.

Das Referenzprojekt Gemeinschaftsklärwerk ………… habe einen Durchsatz von ca. 300 m³/h, werde seit den letzten fünf Jahren betrieben und verfüge über eine Flockung/Fällung und Schlammbehandlung. Damit sei das Mindestkriterium 2 erfüllt.

Weiterhin waren Leistungen nur als Referenz anzubringen, wenn sie als Generalunterneh- mer oder überwiegend in Eigenleistung erbracht worden seien. Die ……….. GmbH als Mitglied der Beigeladenen sei Mehrheitsgesellschafter des GKW. Somit liege ein Fall des zulässigen Rückgriffs auf Referenzen eines verbundenen Unternehmens vor. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 02.12.1999) kann grundsätzlich auf die Leistungsfä- higkeit anderer Einrichtungen verwiesen werden, gleich welcher Rechtsnatur die Verbindung zwischen Dritten und Bieter ist. Voraussetzung sei jedoch, dass der Bieter beweisen kann, dass er tatsächlich über die Mittel dieser Einrichtung/Dritten verfüge. Dies sei durch Recht- sprechung dahingehend konkretisiert worden, dass aufgrund der in erster Linie bestehenden Personengebundenheit von Referenzen ein Bieter auch auf die für Tochter- oder Schwester- unternehmen ausgestellten Referenzen zurückgreifen könne, sofern diese weitestgehend personell identisch sind. Zwar ist Identität des Führungspersonals von GKW und

………. GmbH nicht gegeben. Jedoch aufgrund bestehender gesellschaftsrechtlicher Vereinbarungen zwischen GKW und seinen Gesellschaftern ……… GmbH existierten umfassende Überwachungs- und Leitungsrechte der Geschäftsführung von GKW insbeson- dere auf die Betriebsführung von Anlagen und Anlagenteilen, die der Vorreinigung industriel- ler Schmutzwässer und der Vorreinigung von Grundwasser dienen (Gesellschaftervertrag).

Wenn Identität des Führungspersonals ausreichend sein soll, müsse dies erst Recht im Falle bestehender Überwachungs- und Leitungsrechte der Geschäftsführung des verbundenen Unternehmens GKW über den Bieter …………. GmbH gelten.

Der antragstellerseitige Vorwurf einer intransparenten Kalkulationsgrundlage sei ebenfalls haltlos. Alle Bieter verfügten über die gleichen kalkulationsrelevanten Informationen. Insbe- sondere habe die Antragsgegnerin darauf Wert gelegt, grundsätzlich bestehende Wissens- und Erfahrungsvorsprünge der Beigeladenen als bisherige Anlagenbetreiberin auszuglei- chen. Zudem sei den Bietern die Möglichkeit eingeräumt worden, Ortsbesichtigungen vorzu- nehmen und Versuche mit Proben der Teilströme 2 und …………. durchzuführen. So erfolge derzeit die Reinigung des Teilstroms 2 und des Teilstroms ……….. in zwei getrennten Anla- gen. Vor diesem Hintergrund enthielten die Vergabeunterlagen im Teil 5.3 Informationen zum geplanten Grundwasserhebungs- und Ableitungssystem am Standort des ………. und im Teil 5.4 Informationen zur zukünftigen Quantität und Qualität der hochbelasteten Teil- ströme.

Die zukünftige vergabegegenständliche Grundwasserreinigungsleistung unterscheide sich wesentlich von der Ist-Situation der derzeit getrennt erfolgenden Reinigung des Teilstroms 2 und des Teilstroms ……….. in zwei getrennten Anlagen. Die Ist-Situation sei keinesfalls auf

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das zukünftige Ableitungssystem am Standort des ……., insbesondere auch nicht auf das hydraulische Sicherungssystem für …….. übertragbar.

Die von der Antragstellerin aus dem Bieterbogen zum Eignungsnachweis der Beigeladenen zitierte CKW-Maximalkonzentration von 40 mg/l habe ausschließlich im Hinblick auf die technische Leistungsfähigkeit gestellten Mindestanforderungen Aussagekraft. Keinesfalls sei dieser Konzentrationswert für die ausschreibungsgegenständliche Reinigungsleistung zur Gefahrenabwehr als Kalkulationsbasis heranzuziehen.

Zudem habe die Antragsgegnerin in der Anlage 5.2 einen CKW-Mittelwert von 109 mg/l vor- gegeben. Vielmehr sei für den preisrelevanten Vertragsparameter ein Mittelwert von 70 mg/l als zur Kalkulation des Grundpreises relevanten Konzentrationswert angegeben worden.

Soweit die Antragstellerin bemängelt, dass die Beigeladene Preisangaben sowie technische Unterlagen nicht ordnungsgemäß beigebracht habe, geht sie fehl. Bezüglich der Preisanga- ben sei Aufklärung betrieben worden. Dem Schriftsatz der Antragstellerin könne nicht ent- nommen werden, welche technischen Unterlagen fehlten, so dass nur generell widerspro- chen werden könne. Die auftraggeberseitige Abforderung hinsichtlich des Nachweises zum Bauplanungsrecht sollte für den Fall der Nutzung einer Alternativfläche verhindern, dass bauplanungsrechtliche Regelungen der Maßnahmeumsetzung im Wege stehen. In Anwen- dung des Beschlusses des Bayerischen Obersten Landesgerichtes vom 05.11.2002 könne auf die Vorlage des Nachweises in Form eines Bauvorbescheides vor Zuschlagserteilung als maßgeblichen Zeitpunkt abgestellt werden. Ausschlussgründe seien daher insgesamt als nicht vorliegend zurückzuweisen.

Die Beigeladene vertritt die Auffassung,

dass der Nachprüfungsantrag unbegründet sei und ein Ausschluss der Beigeladenen gemäß

§ 19 EG Abs. 5 VOL/A nicht in Betracht komme. Die Beigeladene erfülle die an die techni- sche Leistungsfähigkeit gestellten Mindeststandards. Die vorgelegten Referenzen seien mit dem zukünftigen Auftragsgegenstand vergleichbar. Ein Ausschluss des Angebotes im Zu- sammenhang mit dem geforderten Nachweis zum Bauplanungsrecht scheide ebenfalls aus.

Im Einzelnen sei festzuhalten, dass nicht jedes Mitglied einer Bietergemeinschaft einen Jah- resumsatz von mindestens 4 Mio. Euro hinsichtlich der besonderen Leistungsart nachweisen müsse. Eine derartige Anforderung ergebe sich nicht aus den Vergabeunterlagen. Hinsicht- lich der nachzuweisenden Referenzen erfülle die Beigeladene die Mindestkriterien. Dies be- treffe sowohl die formellen als auch die materiellen Anforderungen. Insoweit trete man den Ausführungen der Antragsgegnerin ausdrücklich bei. Ergänzend werde dargelegt, dass der Auftraggeber nach der formellen Eignungsprüfung die materielle Eignungsprüfung durchfüh- re. Es handele sich dabei um eine Prognoseentscheidung, ob vom künftigen Auftragnehmer die ordnungsgemäße Erfüllung der Leistung erwartet werden könne. Dabei stehe dem Auf- traggeber ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsinstanzen nur begrenzt überprüft werden könne. Dies betreffe vorliegend die Frage, ob und inwieweit die von der Beigeladenen vorgelegten Referenzen mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbar sei- en. Dabei sei zu berücksichtigen, dass vergleichbare Leistungen mit dem ausgeschriebenen Leistungsspektrum nicht identisch sein müssten. Sie müssten der ausgeschriebenen Leis- tung lediglich nahe kommen und dieser entsprechend ähneln. Entscheidend sei, dass die Referenz Auftragsgegenstände vergleichbarer Komplexität zum Gegenstand habe. Dies sei bei zwei der vorgelegten Referenzen der Fall, wo die Beigeladene bereits für die Antrags- gegnerin innerhalb des ………… mit jeweils erheblichem Eigenleistungsanteil tätig gewesen sei. Es sei anerkannt, dass der Auftraggeber auch eigene Erfahrungen in die Entscheidung einfließen lassen dürfe.

Ebenfalls scheide ein Ausschluss der Beigeladenen wegen eines vermeintlichen Wettbe- werbsvorteils aus. So scheitere eine Anwendung des § 6 EG Abs. 7 VOL/A, da die Beigela- dene die Antragsgegnerin vor Einleitung des streitbefangenen Vergabeverfahrens weder beraten noch sonst unterstützt habe. Die Beigeladene habe allerdings die Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung genutzt, die das Vergaberecht zulasse. Wenn die Antragstellerin dies unterlassen habe, wirke sich dies auf die Beigeladene nicht aus. Schließlich brächte eventuelles Wissen um aktuell niedrigere Schadstoffbelastungen angesichts der Unwägbar- keiten der Laufzeit des Vertrages sowie der genauen Festlegung in den Ausschreibungsun- terlagen keine wettbewerbsrelevanten Vorteile.

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Bei der durch den Auftraggeber zugelassenen Wahl eines Alternativstandortes habe die Bei- geladene keinen Bauvorbescheid beifügen müssen. Der Auftraggeber habe einen Nachweis in Form eines Bauvorbescheides weder mit dem Angebot gemäß Checkliste 1.7 noch mit der ersten Nachforderung bzw. zweiten Aufklärung verlangt. Unter Punkt 3.4.1.2 der Vergabeun- terlagen sei vielmehr vermerkt, dass der Auftragnehmer nach Beauftragung innerhalb von vier Wochen einen vollständigen Antrag auf Baugenehmigung sowie auf Erteilung ggf. weite- rer erforderlicher Genehmigungen für die VBA einzureichen habe. Die Erklärung der baupla- nungsrechtlichen Genehmigungsfähigkeit reiche im Zusammenhang mit Angaben zur Flä- chengröße sowie der Erschließung bzw. Erschließbarkeit aus. Diesen Erfordernissen habe die Beilgeladene entsprochen, so dass ein Ausschluss des Angebotes nicht rechtmäßig sei.

Zudem liege zwischenzeitlich ein Bauvorbescheid für die Alternativfläche vor.

Ausweislich des Kammerbeschlusses vom 26.05.2015 ist die Bietergemeinschaft ………..

GmbH Bauunternehmung und …………. GmbH beigeladen worden.

Mittels Beschlüssen vom 22.05.2015 und 03.06.2015 sind der Antragstellerin sowie der Bei- geladenen Einsicht in die Akten der Antragsgegnerin gewährt worden. Das Akteneinsichts- recht umfasste dabei die Vergabeunterlagen der 1. Wertungsstufe, jedoch nicht die Unterla- gen der Mitbieter bzw. solche, die Informationen über diese enthalten. Die Unterlagen der Kostenberechnung und die Dokumentation über die Angebotseröffnung blieben dem Akten- einsichtsrecht ebenfalls entzogen.

Den Beteiligten ist in der mündlichen Verhandlung vom 30.06.2015 Gelegenheit gegeben worden, ihren Vortrag zum Sachverhalt sowie zur rechtlichen Würdigung zu ergänzen. We- gen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

II.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig.

Die sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer richtet sich nach § 100 GWB i. V. m. Ab- schnitt II Abs.1 - Einrichtung und Zuständigkeit der Vergabekammer - des Runderlasses des Ministeriums für Wirtschaft und Technologie (MW) – Richtlinie über die Einrichtung von Vergabekammern in Sachsen-Anhalt – vom 04.03.1999, Az.: 63-32570/03, geändert durch Runderlass des MW vom 08.12.2003, Az.: 42-32570/03.

Der Anwendungsbereich des vierten Teiles des GWB (§§ 97 ff.) ist eröffnet. Die 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt ist nach Abschnitt A § 2 Abs. 1 der gemein- samen Geschäftsordnung der Vergabekammern (vgl. Bek. des MW v. 17.04.2013, MBl. LSA Nr. 14/2013) zuständig.

Der maßgebliche Schwellenwert von 207.000 Euro für die Vergabe von Liefer- und Dienst- leistungsaufträgen gemäß der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Ausschreibung gel- tenden §§ 100 Abs. 1, 127 GWB i. V. m. § 2 VgV i. V. m. der einschlägigen EU-Verordnung 1336/2013 v. 13.12.2013 ist für dieses Vorhaben überschritten.

Die Antragsgegnerin ist öffentliche Auftraggeberin im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB.

Die Antragstellerin ist zudem nach § 107 Abs. 2 GWB befugt, einen Antrag zu stellen. Auf- grund des im Schriftverkehr dargelegten möglichen Schadens ist zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes i. S. d. Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 103 Abs. 1 GG vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 107 Abs. 2 GWB auszugehen.

Nach dieser Vorschrift ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entste- hen droht. Die Antragstellerin hat an dem Vergabeverfahren teilgenommen und damit ein Interesse am Auftrag dokumentiert sowie die Möglichkeit eines drohenden Schadens nach-

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vollziehbar dargelegt. Ihr Vorbringen beschränkt sich im Wesentlichen darauf, dass die Bei- geladene die geforderten Mindestanforderungen für die Eignung nicht erfülle, so dass die Antragstellerin durch Ausschluss der Beigeladenen den Zuschlag erhalten könnte. Dieser Vortrag ist folglich für die Feststellung des Vorliegens der Antragsbefugnis ausreichend.

Soweit die Antragstellerin die Auswahl der Probeentnahmestellen zum Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens macht und die Antragsgegnerin dieses Vorbringen gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB für präkludiert hält, kommt dem vorliegend keine Entscheidungsrelevanz zu. Denn hinsichtlich der Rügeaspekte zur vermeintlichen Nichteignung der Beigeladenen hat die Antragstellerin vollumfänglich den Erfordernissen des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB ge- nügt. Die Antragstellerin wurde durch das Informationsscheiben der Antragsgegnerin vom 17.04.2015 u.a. über die Identität der Beigeladenen in Kenntnis gesetzt. Die Rüge vom 21.04.2015 erfolgte somit unverzüglich.

Mangels Rügeerfordernis hat der Vortrag der Antragstellerin im Ergebnis der Akteneinsicht nach § 111 GWB hinsichtlich der Zuschlagsfähigkeit des Angebotes sowie eines Kalkulati- onsvorteils der Beigeladenen ebenfalls als nicht präkludiert zu gelten. Die Antragstellerin hat ihre Schlussfolgerung erst aus einem ihr im Rahmen der Akteneinsicht zur Verfügung ge- stellten Auszugs aus den Vergabeakten bzw. der Vergabedokumentation ziehen können und dies ergänzend im Rahmen des bereits laufenden Nachprüfungsverfahrens geltend ge- macht.

Mittels Faxschreibens der Antragsgegnerin vom 23.04.2015 erhielt die Antragstellerin Kennt- nis von der Erfolglosigkeit ihres Rügevortrages. Der mit anwaltlichem Schriftsatz per Fax am 27.04.2015 bei der erkennenden Kammer eingegangene Nachprüfungsantrag wurde somit innerhalb der gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB vorgeschriebenen Antragsfrist von 15 Tagen gestellt.

Zudem erfüllt der Vortrag der Antragstellerin die Voraussetzungen an einen ausreichend substantiierten Vortrag im Sinne des § 108 GWB.

Der Antrag der Antragstellerin auf Untersagung der Zuschlagserteilung gegenüber dem An- gebot der Beigeladenen ist zumindest hinsichtlich des nachfolgend ausgewählten Rügege- sichtspunktes begründet, da gegen ein drittschützendes Recht der Antragstellerin im Sinne des § 97 Abs. 7 GWB im Rahmen der Ausschreibung verstoßen worden ist. Ungeachtet der vermeintlich fehlenden Eignung der Beigeladenen, enthält das Angebot der Beigeladenen nicht den nachgeforderten Nachweis bezüglich des Bauplanungsrechts und ist damit wegen Unvollständigkeit nach § 19 EG Abs. 3a) VOL/A zwingend auszuschließen. Eine rechtliche Betrachtung der übrigen Aspekte ist somit mangels Entscheidungserheblichkeit entbehrlich.

§ 19 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A räumt dem Auftraggeber die Möglichkeit ein, die bis zum Ab- lauf der Angebotsfrist nicht vorgelegten, aber angeforderten Erklärungen und Nachweise nachzufordern. Unzweifelhaft hat die Antragsgegnerin ausweislich der Checkliste Teil 3.2 der Vergabeunterlagen sowie Punkt 3.4.1.1.4 der Leistungsbeschreibung von den Bietern u. a.

einen Nachweis zum Bauplanungsrecht mit dem Angebot abverlangt, die weder die Flä- chenofferte noch das Grundstück der VBA 2004, sondern einen anderen Standort nutzen wollen. Dies trifft ausweislich der Angebotsunterlagen der Beigeladenen für diese zu. Es fin- den sich dort jedoch keinerlei Angaben hinsichtlich des Nachweises zum Bauplanungsrecht, so dass die Antragsgegnerin in Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens den entspre- chenden Nachweis innerhalb der von ihr bestimmten Nachfrist bis zum 03.02.2015 mittels Schreiben vom 19.01.2015 gegenüber der Beigeladenen nachforderte. In diesem Zusam- menhang teilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen unmissverständlich mit, dass sie bei Nichteinhaltung der Frist vom weiteren Verfahren ausgeschlossen werde. Die Bemessung der Frist stand dabei zu Recht zu keinem Zeitpunkt in der Kritik.

Im Ergebnis dieser Nachforderung hat die Beigeladene Unterlagen mittels Schreibens vom 30.01.2015 übergeben. Dabei findet sich lediglich eine Eigenerklärung, die unter Ziffer 4.3 mit Nachweis zum Bauplanungsrecht überschrieben ist. Diese verweist auf den seit 20.07.2012 rechtswirksamen Flächennutzungsplan, der als unbestätigte Farbkopie ange- hängt ist. Weiterhin wird durch die Beigeladene darauf hingewiesen, dass mangels rechts-

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wirksamen Bebauungsplanes eine Genehmigungsfähigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB gege- ben sei. Eine diesbezügliche Abstimmung habe man mit dem Planungsamt, Frau …………, geführt. Ferner informiert die Beigeladene, dass eine formelle Bauvoranfrage eingereicht worden sei.

Die Beigeladene konnte dem hier verbindlichen Anforderungsprofil hinsichtlich eines Nach- weises zum Bauplanungsrecht vorliegend mit einer nachgereichten Eigenerklärung nicht genügen. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit aus der Forderung eines Nachweises zum Bauplanungsrecht mangels rechtswirksamen Bebauungsplanes grundsätzlich bereits ein Erfordernis zur Vorlage eines Bauvorbescheids erwächst. Fest steht, dass die Unterlagen keinerlei Nachweis durch Bestätigung eines Dritten enthalten. Die bloße Aussage bezüglich der Abstimmung mit der zuständigen Behörde stellt keinen Nachweis dar. Auch kommt dem Auszug des Flächennutzungsplans diesbezüglich keinerlei Aussagekraft zu. Selbst die An- tragsgegnerin positioniert sich in ihrer Vergabedokumentation Teil III dahingehend, dass die nachgereichten Unterlagen nicht den Anforderungen gemäß Vergabeunterlagen entspre- chen. Ein Bauvorbescheid täte dies nach ihren Ausführungen sehr wohl.

Soweit die Beigeladene ihr Versäumnis zur Vorlage eines Nachweises zum Bauplanungs- recht auf eine vermeintlich missverständliche Formulierung des auftraggeberseitigen Anfor- derungsprofils zu stützen sucht, vermag sie mit diesem Vortrag nicht zu überzeugen. In An- betracht aller Umstände kommt die erkennende Kammer nicht umhin, derlei Vorbringen als bloße Schutzbehauptung zu werten. Bemessen am Horizont eines sogenannten verständi- gen Dritten hätte jedem Wettbewerber unmissverständlich klar sein müssen, dass die hier streitrelevante Forderung bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe sicherstellen sollte, dass die Umsetzung des Vorhabens durch den zukünftigen Leistungserbringer nicht an bau- planungsrechtlichen Erwägungen scheitern sollte. Dies gilt umso mehr, als ein Wettbewerb mit Bietern, die das auftraggeberseitig zur Verfügung gestellte Grundstück nutzen würden, für jeden erkennbar nur unter dieser Voraussetzung möglich war. Die erkennende Kammer geht davon aus, dass sich auch die Beigeladene dieser sich geradezu aufdrängenden Ein- sicht nicht verschließen konnte und deshalb in ihrem Schreiben vom 30.01.2015 gegenüber der Antragsgegnerin auf eine zwischenzeitlich gestellte Bauvoranfrage verwies. Die Beigela- dene hat zu dieser grundsätzlich zielführenden Bemühung jedoch nicht zum rechten Zeit- punkt gegriffen.

Als grob fehlerhaft bewertet die erkennende Kammer die in der Dokumentation und in den Schriftsätzen der Antragsgegnerin zum Ausdruck kommende Haltung, es reiche aus, wenn die Leistung zum vertraglich geschuldeten Zeitpunkt sicher erbracht werden könne. Die An- tragsgegnerin verkennt, dass ihr eben dies ausweislich ihres bekannt gemachten Anforde- rungsprofils nicht genügt hat. Keiner der Bieter hat sich gegen diese Festlegung gewandt.

Ein Abrücken von derartigen Vorgaben kann im Sinne eines gleichen und geordneten Wett- bewerbes nicht hingenommen werden.

Im Übrigen ist die durch die Antragsgegnerin herangezogene Rechtsprechung des BayObLG, Beschluss vom 05.11.2002, Verg 22/02, nicht auf den streitgegenständlichen Fall anwendbar. Die Einzelfallentscheidung ist auf der Grundlage eines Verhandlungsverfahrens zu einem Lieferauftrag ergangen. Dort ging es um ein technisches Gerät, welches zum Zeit- punkt der Angebotsabgabe möglicherweise noch nicht am Markt erhältlich war. Die Paralleli- tät zum hier zu entscheidenden Fall erschließt sich der Kammer nicht.

Auch kann sich der anwaltliche Vertreter der Beigeladenen nicht darauf stützen, dass die Vorlage des Nachweises vor Auftragserteilung genüge, da festgelegt sei, der Auftragnehmer habe ausweislich Ziffer 3.4.1.2 der Vergabeunterlagen nach Beauftragung innerhalb von vier Wochen einen vollständigen Antrag auf Baugenehmigung sowie auf Erteilung ggf. weiterer erforderlicher Genehmigungen für die VBA einzureichen. Denn das Bauplanungsrecht schafft gerade nur die planerischen Voraussetzungen für die grundsätzlich zulässige Bebau- ung und Nutzung einzelner Grundstücke. Es bestimmt, ob, was und wieviel gebaut werden darf sowie welche Nutzungen zulässig sind. Davon strikt zu unterscheiden ist die zeitlich nachgelagerte Beantragung einer Baugenehmigung für die konkrete Anlage. Die Angaben in

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den Verdingungsunterlagen unter Ziffer 3.4.1.1.4 und 3.4.1.2 stehen insoweit in keinerlei Widerspruch.

Der erst mittels Schreiben vom 27.03.2015 übergebene Bauvorbescheid des Landkreises

……… vom 19.03.2015 ist demzufolge rechtlich ohne Belang.

Im Ergebnis ist das Angebot der Beigeladenen daher entsprechend § 19 EG Abs. 3a) VOL/A zwingend auszuschließen, da der nachgeforderte Nachweis zum Bauplanungsrecht nicht rechtzeitig nachgeliefert wurde. Aufgrund des Gleichbehandlungsgebots aus § 97 Abs. 2 GWB und § 2 EG Abs. 1 Satz 2 VOL/A ist eine Ermessensreduktion auf Null gegeben.

Vorliegend sind demnach die Überlegungen der erkennenden Kammer zum auftraggebersei- tig geschuldeten Umgang mit nachgeforderten und nachgereichten Unterlagen nicht mehr von entscheidender Bedeutung. Dennoch sei darauf hingewiesen, dass die Vergabekammer grundsätzlich der Auffassung ist, dass der fristgerechte Eingang nachgeforderter Unterlagen beim Auftraggeber durch diesen eindeutig dokumentiert werden muss. Am sinnvollsten sollte dies durch einen Posteingangsstempel auf der nachgereichten Unterlage selbst erfolgen.

Absolut unerlässlich ist jedoch die lückenlose und eindeutige Aufnahme der entsprechenden Daten in die Dokumentation. Hier findet sich die Besonderheit, dass die nachgereichten Un- terlagen einen Posteingangsstempel aufweisen. Dies gilt jedoch nicht für die Unterlagen der Beigeladenen vom 30.01.2015. Ebenso finden sich die Eingangsdaten der nachgereichten Unterlagen in der Dokumentation. Dies gilt jedoch nicht für den Eingang des Schreibens samt Anlagen der Beigeladenen vom 30.01.2015. Die Dokumentation verweist diesbezüglich nur darauf, dass die Unterlagen mit Schreiben vom 30.01.2015 nachgereicht wurden. Aus- führungen zum Eingang finden sich nicht. Lediglich ein Vermerk des beauftragten Planers nimmt Bezug auf am 03.02.2015 eingegangene nachgeforderte Unterlagen. Die Unterlagen der Beigeladenen sollen ebenfalls unter ihnen gewesen sein.

Käme diesen Umständen Entscheidungsrelevanz zu, so wäre eine Aufklärung unerlässlich gewesen. Hätte diese kein hinreichend sicheres Ergebnis gebracht, wäre ein Zurückverset- zen des Vergabeverfahrens vor Angebotsabgabe aufgrund zweifelhafter Dokumentation durch die Antragsgegnerin nicht ausgeschlossen gewesen.

Unabhängig von den vorherigen Ausführungen hat die Antragsgegnerin bei der Eignungsprü- fung der Beigeladenen verabsäumt, erhebliche Differenzen bezüglich der Umsatzangaben in den Eigenerklärungen und den festgestellten Werten der vorzulegenden G&V aufzuklären.

Zwar steht der Antragsgegnerin bei der Prüfung der Eignung ein Beurteilungsspielraum zu, der seitens der erkennenden Kammer nur eingeschränkt überprüft werden kann, jedoch führt die unterlassene Aufklärung dazu, dass die Eignungsprüfung als fehlerhaft eingestuft werden muss.

Die Antragsgegnerin ist vorliegend von einem nicht vollständig ausermittelten Sachverhalt ausgegangen. Laut Bekanntmachung war als Mindestbedingung gefordert, dass die Bieter im Formblatt „Erklärung über Umsatz der besonderen Leistungsart“ in den letzten drei Ge- schäftsjahren einen spezifischen Umsatz von mindestens 4 Mio. Euro/Jahr nachzuweisen hatten. Dieser Umsatz sollte überwiegend als Eigenleistung bzw. als Generalunternehmer realisiert worden sein. Die Nichterreichung dieser Größenordnung hätte den zwingenden Ausschluss zur Folge. Die Erfüllung der Mindestanforderung durch die ………… GmbH als Bietergemeinschaftsmitglied der Beigeladenen war deshalb von maßgeblicher Bedeutung, da der zweite Partner der Bietergemeinschaft der Beigeladenen diese Mindestanforderungen nicht erfüllte.

Auf erste Nachforderung legte die ……… GmbH eine (präzisierte) Eigenerklärung vor, die einen spezifischen Umsatz nachwies, der die Mindestanforderung augenscheinlich zu erfüllen schien. Außer den Werten des spezifischen Umsatzes wies diese Eigenerklärung die Umsätze der übrigen Fachbereiche und in Summe den Gesamtumsatz des Unternehmens aus. Erklärungen bzw. Hinweise zu den Angaben der Eigenerklärung liegen nicht vor. Der erklärte Gesamtumsatz in der Eigenerklärung weicht jedoch von den Daten der G&V in allen Geschäftsjahren ab. Die Eigenerklärung weist im Vergleich zur G&V für das Geschäftsjahr 2011 eine Abweichung von …………Mio. Euro, für das Geschäftsjahr 2012 von ……….. Mio.

Euro und für das Geschäftsjahr 2013 von ……….Mio. Euro auf.

(14)

Für die vergleichende Bewertung der Eigenerklärung hätten die Positionen der G&V „Um- satzerlöse“ und „Bestandsänderung aus unfertigen Leistungen“ herangezogen werden müs- sen. Die Summierung beider Positionen bildet das Leistungsvolumen der originären Ge- schäftstätigkeit ab. Da die G&V Bestandteil des testierten Jahresabschlusses ist, stellen die- se Angaben belastbare Werte dar. Es ist nicht auszuschließen, dass insbesondere die über- schießende Umsatzangabe von ….. Mio. Euro für das Geschäftsjahr 2013 in der Eigenerklä- rung auch Auswirkungen auf den spezifischen Umsatz und damit auf die Eignung der Bieter- gemeinschaft haben könnte.

Aus Sicht der erkennenden Kammer kann auch die negative Bestandsveränderung 2013 in der G&V keine Begründung für die Abweichung beider Erklärungen sein. Denn ausgehend von den erkennbaren Bilanzierungsgrundsätzen des Bietergemeinschaftsmitgliedes

……… GmbH, die unfertigen Leistungen zu Herstellungskosten zu bewerten, spiegelt sich mit Schlussrechnung der Vorhaben und der damit verbundenen Ablösung des Bestan- des an unfertigen Leistungen auch keine abschlägige Bewertung im Rahmen erkennbarer Verluste nach dem Bilanzstichtag wider.

Die Beigeladene hat in ihrem Angebot das Gemeinschaftsklärwerk ……… als Refe- renzanlage angegeben. Unbestritten wird diese Anlage durch kein Mitglied der Bieterge- meinschaft der Beigeladenen, sondern durch die Gemeinschaftsklärwerk ………. GmbH betrieben. Entgegen des Vortrages der Antragstellerin geht die erkennende Kammer davon aus, dass aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse zwischen dem …….und dem Bietergemeinschaftsmitglied ………. GmbH eine entsprechende Eignungsleihe grund- sätzlich stattfinden kann. Zwar ist der Antragstellerin zuzustimmen, dass die Beigeladene gegenüber dem Auftraggeber hätte nachweisen müssen, dass die erforderlichen Mittel bei der Erfüllung des Auftrags zur Verfügung stünden, jedoch ist allgemein anerkannt, dass das auftraggeberseitig vorgetragene Wissen um die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse mit in die Bewertung der Angebote einfließen kann.

III.

Die unter Ziffer 2 tenorierte Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 1 i. V. m.

Abs. 3 und Abs. 4 GWB. Nach dieser Vorschrift hat ein Beteiligter die Kosten einschließlich der zur Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der jeweiligen Antragsgegnerin zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt. Vor diesem Hintergrund ist die Antragsgegnerin als unterlegen anzusehen, da sie mit ihrem Vorbringen nicht durchgedrungen ist.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin war angesichts der sach- lichen und rechtlichen Schwierigkeiten des Falles notwendig, § 128 Abs. 4 GWB in Verbin- dung mit § 80 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG).

Ausgehend von der für die Vergabekammern geltenden Gebührentabelle des Landes Sach- sen-Anhalt beträgt die Höhe der Verfahrensgebühr vor der Vergabekammer (§ 128 Abs. 2 Satz 1 GWB) aufgrund der Bruttoangebotssumme der Antragstellerin hier

……….. Euro.

Zu den fälligen Gebühren addieren sich Auslagen nach § 128 GWB i. V. m. § 10 Verwal- tungskostengesetz des Landes Sachsen-Anhalt (VwKostG-LSA) in Höhe von ……….. Euro hinzu.

Die Höhe der Gesamtkosten für das Hauptsacheverfahren beläuft sich demnach auf

…………. Euro,

§ 128 Abs. 1 Satz 1 GWB.

Die Antragsgegnerin hat nach Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses den Betrag in Höhe von …………. Euro unter Verwendung des Kassenzeichens 3300-…………. auf das Konto 810 015 00 bei der Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt, Deutsche Bundesbank Magdeburg, IBAN DE 218 100 000 000 810 015 00, BIC MARKDEF1810 einzuzahlen.

(15)

Die Antragstellerin hat die im Rahmen der Akteneinsicht angefallenen Kopierkosten von

……… Euro gemäß § 111 Abs. 1 GWB zu tragen. Nach Eintritt der Bestandskraft des Be- schlusses wird ihr aufgrund des bereits gezahlten Kostenvorschusses ein Betrag in Höhe von ……….. Euro zurückerstattet. Hierzu wird um Angabe der Bankverbindung gebeten.

Die Beigeladene hat die im Rahmen der Akteneinsicht angefallenen Kopierkosten von ……..

Euro gemäß § 111 Abs. 1 GWB zu tragen. Nach Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses ist der Betrag auf das Konto 810 015 00 bei der Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt, Deut- sche Bundesbank Magdeburg, IBAN DE 218 100 000 000 810 015 00, BIC MARKDEF1810 einzuzahlen.

Bei einer Bietergemeinschaft ist es aus kassentechnischen Gründen nicht möglich, nur ein Kassenzeichen zu vergeben. Daher ist der Betrag nach den Grundsätzen der gesamtschuld- nerischen Haftung wie folgt zu zahlen:

die ………. GmbH

…………

unter dem Kassenzeichen 3300-……….

oder

die …….. GmbH

………..

unter dem Kassenzeichen 3300-……..

Sobald der Gesamtbetrag in Höhe von …….. EUR unter einem der zwei Kassenzeichen ein- gegangen ist, wird das andere gelöscht.

Der Betrag ……. Euro sollte daher nicht geteilt und nur einmal eingezahlt werden.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen den Beschluss der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig,

§ 116 Abs. 1 GWB. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit Zustel- lung des Beschlusses beginnt, beim Oberlandesgericht Naumburg, Domplatz 10 in 06618 Naumburg, einzulegen, § 117 Abs. 1 GWB.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Be- schwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss der Vergabe- kammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird sowie die Tatsa- chen und Beweismittel bezeichnen, auf die sich die Beschwerde stützt, § 117 Abs. 2 GWB.

Die Beschwerde muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Be- schwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, § 120 Abs. 1 GWB.

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist, § 118 GWB.

V.

Der ehrenamtliche Beisitzer hat den Vorsitzenden und die hauptamtliche Beisitzerin der Vergabekammer ermächtigt, den Beschluss allein zu unterschreiben. Ihm lag der Beschluss hierzu vor.

……….. ……….

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