• Keine Ergebnisse gefunden

2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss"

Copied!
8
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt

Beschluss

AZ: 2 VK LSA 18/17 Halle, 19.12.2017

§ 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB, §§ 133, 157 BGB - unbegründeter Nachprüfungsantrag

- der Auftraggeber wurde erst nach Stellung des Nachprüfungsantrages gerügt

Die Antragstellerin ist ihrer Rügeobliegenheit gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Wird ein Vergaberechtsverstoß festgestellt, so ist vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens die Rüge zu erheben, um dem Auftraggeber Gelegenheit zu geben, die Angelegenheit zu prüfen und gegebenenfalls Fehler zu korrigieren. Die Antragstellerin hat jedoch die behaupteten Vergabeverstöße erst gerügt, nachdem sie den Nachprüfungsantrag als FAX an die Vergabekammer abgesetzt hatte. Aus dem der Vergabekammer vorliegenden FAX-Journal ergibt sich, dass die Antragstellerin am 01.11.2017, 13:00 Uhr erst den Nachprüfungsantrag an das Landesverwaltungsamt und im Anschluss den Rügeschriftsatz an die Antragsgegnerin übersandt hatte. Die Antragstellerin hatte im Schriftsatz vom 02.11.2017 wiederum ausgeführt, dass sie einen Nachprüfungsantrag stellen wolle. Wäre dieses Schreiben als zweiter Nachprüfungsantrag anzusehen, so hätte sie insoweit vor Einleitung des Verfahrens gerügt. Der Schriftsatz vom 02.11.2017 ist jedoch bei einer Auslegung nach §§ 133, 157 BGB nicht als erneuter Nachprüfungsantrag, sondern als Ergänzung des Schriftsatzes vom 01.11.2017 zu werten.

Somit wird der Nachprüfungsantrag verworfen.

(2)

In dem Nachprüfungsverfahren der

Antragstellerin

Verfahrensbevollmächtigte

gegen die

Antragsgegnerin wegen

des beanstandeten Vergabeverstoßes bezüglich des im Offenen Verfahren erfolgten Ausschlusses des Angebotes der Antragstellerin hat die 2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Regierungsdirektor … und den hauptamtlichen Beisitzer … sowie der ehrenamtlichen Beisitzerin … beschlossen:

Der Nachprüfungsantrag wird verworfen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens. Die Verfahrenskosten werden insgesamt auf … Euro einschließlich Auslagen festgesetzt.

Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

Gründe I.

Die Antragsgegnerin beabsichtigt die Bauleistung zur Sicherung der Deponie … zu vergeben.

Dazu hat sie die Leistung mit Bekanntmachung vom ... im e-Vergabeportal im offenem Verfahren europaweit ausgeschrieben.

Die Bekanntmachung enthält Teilnahmebedingungen, die auf eine besondere Befähigung im Deponiebau abstellen und nennt spezielle Qualifikationen des Bauleiters sowie im Weiteren bestimmte Referenzen als Teilnahmevoraussetzung (BQS und Fachkunde nach DGUV-Regeln).

Die beabsichtigte Rekultivierung der alten Hausmülldeponie im Wege der Ersatzvornahme soll im Wesentlichen den Rückbau der Altanlage sowie die

(3)

Abdichtung einschließlich Begrünung des neu zu profilierenden Abfallkörpers beinhalten.

Eine Aufteilung in Lose ist durch den Auftraggeber nicht vorgesehen. Einziges Zuschlagskriterium ist der Preis.

Die Kostenschätzung beläuft sich auf 6.500.000 € und erstreckt sich auf einen Leistungszeitraum von 5 Jahren inclusive Entwicklungspflege.

Bei der Antragsgegnerin gingen fristgerecht bis zum 19.09.2017, 14:00 Uhr fünf Angebote einschließlich das der Antragstellerin ein.

Drei Bieter, so auch die Antragstellerin, reichten nach Aufforderung der Antragsgegnerin fristgerecht Unterlagen ein. Die Auswertung ergab, dass nach Auffassung der Antragsgegnerin nur ein Bieter die geforderten Mindest-Standards nach der Bekanntmachung erfülle. Die Antragstellerin wurde nach § 16 b Abs. 1 VOB/A-EU von der Wertung ausgeschlossen. Dies wurde der Antragstellerin mit Schreiben vom 26.10.2017 mitgeteilt. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass die technische und berufliche Leistungsfähigkeit nicht nachgewiesen worden sei.

Weiter wurde beanstandet, dass die in den Bekanntmachungsunterlagen geforderten Mindeststandards zur Erfahrung der Bau- und Projektleitung nicht erfüllt wären.

Die Antragsgegnerin ging in der Vergabedokumentation davon aus, dass die Referenzen der Antragstellerin nicht im Zusammenhang mit dem Vergabegegenstand stehen würden. Der die einzig zutreffende Referenzmaßnahme „Deponie …“ leitende Bauleiter sei nicht für die Betreuung des ausgeschriebenen Vorhabens „Sicherung der Deponie …“ vorgesehen, sodass im Ergebnis die geforderte Fachkunde und Erfahrung im Deponiebau nicht nachgewiesen werden könne. Weiter wäre in den nachgereichten Unterlagen und Nachweisen mit Schreiben vom 09.10.2017 bislang nicht erwähntes Personal angekündigt worden. Dies würde womöglich eine nachträgliche Änderung des Angebotes vom 18.09.2017 darstellen.

Die Antragsgegnerin beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot eines anderen Unternehmens zu erteilen.

Der Antragstellerin rügte den Ausschluss mit Schreiben vom 01.11.2017, 13:00 Uhr.

Sie führte darin aus, dass sie Einspruch gegen den Ausschluss ihres Angebotes wegen begründeter Zweifel an der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit, hier insbesondere in Bezug auf die Erfahrungen der Bau-und Projektleitung, erhebe.

Weitere inhaltliche Ausführungen enthielt das Schreiben nicht.

Die Antragsgegnerin half dieser Rüge mit Schreiben vom 01.11.2017 nicht ab.

Am 01.11.2017, 13:00 Uhr stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag bei der zuständigen Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen- Anhalt. Darin macht sie geltend, dass die abgegebenen nachgelieferten Unterlagen den geforderten Anforderungen entsprächen und fristgerecht eingereicht worden sein.

Aus dem von der Antragstellerin übersandten FAX-Journal wurde ersichtlich, dass sie den Nachprüfungsantrag vor der Rüge versandte. Mit Datum vom 02.11.2017 übersandte die Antragstellerin ein weiteres Schreiben. Sie führte darin erneut aus, dass Sie einen Nachprüfungsantrag stelle und übermittelte den Ausschluss ihres Angebotes betreffende Unterlagen.

Die Schreiben wurden von der Kammer als ein Antrag gedeutet und führen das Aktenzeichen AZ: 2 VK LSA 18/17.

(4)

Die Antragstellerin beantragt,

1. den Ausschluss der Antragstellerin vom Vergabeverfahren „Herstellender Oberflächenabdichtung inklusive Oberflächenentwässerung“ zum Bauvorhaben Rekultivierung der Deponie … aufzuheben,

2. die Angebotsauswertung unter Einbeziehung des Angebotes der Antragstellerin vom 18.09.2017 zu wiederholen.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen,

Im Übrigen vertritt sie die Auffassung, dass der Antrag unbegründet sei, da der Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin zu Recht erfolgt sei. Sie macht geltend, dass trotz Nachforderung der in der Auftragsbekanntmachung genannten Unterlagen diese nicht, unvollständig oder nur verfristet eingereicht worden seien.

Mit Anhörungsschreiben vom 21.11.2017 hatte die Vergabekammer der Antragstellerin ihre vorläufige Auffassung übermittelt, wonach der Nachprüfungsantrag nach gegenwärtiger Einschätzung i.S. des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB nicht zulässig sei, da es nach dem Wortlaut dieser Vorschrift erforderlich gewesen wäre, die Rüge vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens zu erheben. Hiergegen habe die Antragstellerin verstoßen. Die behaupteten Vergabeverstöße seien erst nach Übermittlung des Nachprüfungsantrages gerügt worden. Der Antragstellerin wurde deshalb eine Rücknahme des Antrags nahegelegt.

Mit Schreiben vom 28.11.2017 und vom 01.12.2017 teilte die Antragstellerin mit, dass sie am Nachprüfungsantrag festhalten wolle.

Sie machte geltend, nachträglich Akteneinsicht zu beantragen und erst danach Stellung zum Anhörungsschreiben nehmen zu wollen. Sie verwies weiter darauf, dass die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 06.11.2017 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, der vermeintlich verspätet erhobenen Rüge nicht abhelfen zu wollen.

Somit würde es eine bloße Förmelei darstellen, den Nachprüfungsantrag als unzulässig zurückzuweisen. Soweit dieser ursprünglich unzulässig gewesen sei, wäre dieser Mangel geheilt. Weiterhin habe die Antragsgegnerin das Angebot der Antragsgegnerin zu Unrecht vom Vergabeverfahren ausgeschlossen.

Der Vorsitzende hatte die Frist zur Entscheidung der Vergabekammer bis zum 22.12.2017 verlängert.

In Hinblick auf die weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie die eingereichten Unterlagen des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist nicht zulässig.

(5)

1. Zuständigkeit

Gemäß § 156 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) veröffentlicht im BGBl. Teil 1 Nr. 8 vom 23.02.2016 modifiziert durch Verordnung zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsverordnung – VergRModVO) vom 12.04.2016 (BGBl. Teil I Nr. 16 vom 14.04.2016), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Einführung eines Wettbewerbsregisters und zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung vom 18.07.2017 (BGBl. Teil 1 Nr. 52 vom 28.07.2017), Verordnung (EG) Nr. 2015/2170, 2015/2171 und 2015/2172 vom 24.11.2015 sowie RdErl. des MW vom 04.03.1999 – Einrichtung der Vergabekammern LSA – (MBl. LSA Nr. 13/99), zuletzt geändert durch RdErl. des MW vom 08.12.2003 (MBl. LSA Nr. 57/2003) i.V.m. d. Geschäftsordnung d. VgK, Bek. des MW v.

17.04.2013 (MBl. LSA Nr. 14/2013) ist die 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt für die Nachprüfung des vorliegenden Vergabeverfahrens örtlich zuständig.

Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber gem. § 99 Nr. 2 lit. a) und b) GWB.

Der maßgebliche Schwellenwert von 5.225.000 Euro gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB ist für dieses Vorhaben überschritten.

2. Antragsbefugnis

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Nach § 160 Abs. 2 GWB ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht.

Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Die Antragstellerin hat durch Abgabe eines Angebotes ihr Interesse am Auftrag bekundet. Sie hat vorgebracht, dass ihr Angebot zu Unrecht ausgeschlossen worden sei. Damit hat sie hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass ihr durch den behaupteten Vergabeverstoß ein Schaden zu entstehen drohe.

3. Rüge

Die Antragstellerin ist jedoch ihrer Rügeobliegenheit gemäß

§ 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Nach dieser Vorschrift ist ein Antrag unzulässig, soweit der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrages erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Abs. 2 GWB bleibt unberührt. Die Antragstellerin hat mit Abfassung des Rügeschreibens dokumentiert, dass sie über eine entsprechende Kenntnis verfügte.

Der Gesetzgeber geht nach dem Wortlaut der o. g. Vorschrift ausdrücklich davon aus, dass der Vergabeverstoß vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens erkannt und die Rüge vor diesem Zeitpunkt erhoben werden muss (vergl. im Ergebnis ebenso OLG Saarbrücken, 27.06.2016 1 Verg 2/16, VK Hessen vom 10.07.2002 Az.: 69d-VK- 28/2002, VK Bund vom 16.06.2006 Az.: VK 1-34/06, VK Nordbayern vom 03.04.2002 Az.: 320.VK-3194-07/02). Auch bei einer Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt sich nichts Anderes. Die Vorschrift enthält eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zur Vermeidung unnötiger Verfahren.

(6)

Erkennt der Unternehmer rechtliche Mängel im Vergabeverfahren, muss er dem Auftraggeber Gelegenheit geben, die Angelegenheit zu prüfen und gegebenenfalls Fehler zu korrigieren (Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Auflage 2016, §160 GWB, Rn 109).

Ihre Streitvermeidungsfunktion kann die Rüge jedoch nicht erfüllen, wenn die dargestellte zeitliche Reihenfolge, also Einreichung der Rüge vor Stellung des Nachprüfungsantrages, durch den Antragsteller nicht eingehalten wird (vergl. OLG Saarbrücken a.a.O., Beckscher Vergaberechtskommentar, Vergaberecht GWB 4. Teil, herausgegeben von Burgi/Dreher, 3. Auflage 2017, § 160 Rn. 76). Hierbei kommt es nach dem Sinn und Zweck der Rügeobliegenheit nicht auf den Zeitpunkt der Übermittlung des Nachprüfungsantrages an den Auftraggeber gemäß § 163 Abs. 2 Satz 3 GWB, sondern auf die Antragstellung bei der Vergabekammer an (vergl. OLG Saarbrücken a.a.O.).

Die Antragstellerin hat jedoch die behaupteten Vergabeverstöße erst gerügt, nachdem sie den Nachprüfungsantrag als FAX an die Vergabekammer abgesetzt hatte.

Aus dem der Vergabekammer vorliegenden FAX-Journal ergibt sich, dass die Antragstellerin am 01.11.2017, 13:00 Uhr erst den Nachprüfungsantrag an das Landesverwaltungsamt und im Anschluss den Rügeschriftsatz an die Antragsgegnerin übersandt hatte.

Aus dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 26.11.2017 war ersichtlich, dass am 01.11.2017 eine unmittelbare Zuschlagserteilung nicht drohte, da diese erst für den 07.11.2017 vorgesehen war. Somit wäre es der Antragstellerin ohne weiteres möglich gewesen, die Rüge vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens zu erheben.

Die Antragstellerin hatte im Schriftsatz vom 02.11.2017 wiederum ausgeführt, dass sie einen Nachprüfungsantrag stellen wolle. Wäre dieses Schreiben als zweiter Nachprüfungsantrag anzusehen, so hätte sie insoweit vor Einleitung des Verfahrens gerügt. Der Schriftsatz vom 02.11.2017 ist jedoch bei einer Auslegung nach §§133, 157 BGB nicht als erneuter Nachprüfungsantrag, sondern als Ergänzung des Schriftsatzes vom 1.11.2017 zu werten. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Bei der Auslegung dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung dem Empfänger bekannt oder für ihn erkennbar waren (Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch 73. Auflage 2014 § 133 Rn. 9).

Es war für die Vergabekammer zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, dass die Antragstellerin die Rüge zeitlich nach dem Nachprüfungsantrag versandte. Sie hatte auch nicht zum Ausdruck gebracht, den Nachprüfungsantrag vom 01.11.2017 zurück- nehmen zu wollen. Es bestand somit aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers kein Grund, anzunehmen, dass die Antragstellerin am 02.11.2017 in der gleichen Angelegenheit einen weiteren Nachprüfungsantrag stellen würde.

Selbst wenn man hierzu eine andere Auffassung vertreten würde, wäre der zweite Nachprüfungsantrag in entsprechender Anwendung des § 261 Abs. 3 ZPO zu verwerfen. Es ist hiernach unzulässig, zum gleichen Streitgegenstand mehrere Nachprüfungsanträge zu stellen.

Soweit die Antragstellerin meint, dass der Verstoß gegen die Rügeobliegenheit mit Zusendung des Schriftsatzes der Antragsgegnerin vom 06.11.2017 geheilt sei, kann dem nicht gefolgt werden. Es trifft zwar zu, dass eine Rüge ausnahmsweise entbehrlich ist, wenn der Auftraggeber vorab zu erkennen gibt, dass er unumstößlich an seiner Entscheidung festhalten will und unter keinen Umständen- auch nicht auf

(7)

eine Rüge hin- gewillt ist, eine etwa vorliegende Verletzung des Vergaberechts abzustellen (R.Weyand, Vergaberecht, 4.Auflage 2013, §107 GWB, Rn. 400). Dies hat die Antragsgegnerin vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens jedoch nicht zum Ausdruck gebracht.

Allein aufgrund der Tatsache, dass die Antragsgegnerin das beanstandete Handeln im Nachprüfungsverfahren verteidigt, kann nicht angenommen werden, dass die Rüge überflüssig gewesen wäre. Es ist zu bedenken, dass bei einer derartigen Betrachtungsweise die Rügeobliegenheit in einer Vielzahl von Fällen bedeutungslos würde. Die Vorschrift des § 160 GWB würde damit praktisch ausgehöhlt.

Dies entspricht nicht der Intention des Gesetzgebers. Dementsprechend ergibt sich eine solche Beschränkung der Rügeobliegenheit aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Aus einer Betrachtung im Nachhinein kann weiterhin nicht in jedem Fall auf eine von Anfang an irreversibel festgelegte Einstellung der Antragsgegnerin geschlossen werden. Es kann nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass eine Rüge von vornherein erfolglos geblieben wäre. (vgl. OLG Saarbrücken a.a.O.) Es kann vielmehr vorausgesetzt werden, dass die Auftraggeber vor Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens auf eine Rüge hin im Regelfall das beanstandete Handeln noch einmal überprüfen und sich einem aus ihrer Sicht begründeten Korrekturerfordernis nicht verschließen.

Bei dieser Sachlage kann offenbleiben, ob das sehr knapp gehaltene Schreiben der Antragstellerin vom 01.11.2017 inhaltlich überhaupt den Anforderungen an eine Rüge im Sinne des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB genügte.

Auf eine mündliche Verhandlung wurde nach § 166 Abs. 1 Satz 3, Alt. 1 GWB verzichtet, weil allein aufgrund der Aktenlage die Zurückweisung des Nachprüfungsantrages erfolgen musste. Eine andere Bewertung hätte sich auch nach einer mündlichen Verhandlung nicht ergeben können.

Der Antragstellerin wurde keine Akteneinsicht gewährt, da sie bereits über alle Unterlagen verfügt, um die streitgegenständliche Rechtsfrage (Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages) zu beurteilen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 GWB i.V. m. Abs. 4 S. 1 GWB. Nach dieser Vorschrift hat ein Beteiligter die Kosten (Gebühren und Auslagen) zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt, mithin die Antragstellerin. Sie ist mit ihrem Begehren nicht durchgedrungen. Es ist daher gerechtfertigt, dass sie die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin zu tragen hat.

Rechtsgrundlage für die Bemessung der Höhe der Gebühren ist

§ 182 Abs. 2 S. 1 GWB. Die Höhe der Gebühren bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens.

(8)

Als Grundlage für die Bemessung des wirtschaftlichen Wertes dient der Vergabekammer die Angebotssumme der Antragstellerin. Nach der Gebührenformel der Vergabekammer ergibt sich ein Richtwert von … Euro inklusive der Mindestgebühr gem. § 182 Abs. 2 S. 1 GWB in Höhe von … Euro zuzüglich … Euro für die entstandenen Auslagen. Es besteht keine Veranlassung, von diesem Richtwert abzuweichen.

IV.

Die ehrenamtliche Beisitzerin, …, hat den Vorsitzenden und den hauptamtlichen Beisitzer der Vergabekammer ermächtigt, den Beschluss allein zu unterzeichnen. Ihr lag dieser Beschluss hierzu vor.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Entscheidung kann das Oberlandesgericht Naumburg, Domplatz 10, 06618 Naumburg, innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung dieser Entscheidung beginnt, schriftlich angerufen werden.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen.

Die Beschwerde muss die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, sowie die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt, enthalten.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

1 der gemein- samen Geschäftsordnung der Vergabekammern (vgl. Der maßgebliche Schwellenwert von 207.000 Euro für die Vergabe von Liefer- und Dienst- leistungsaufträgen

Weiterhin soll durch die Bekanntgabe dieser Unterkriterien sichergestellt werden, dass bei der Wertung der Angebote Manipulationen ausgeschlossen werden und

Soweit die Antragsgegnerin sich darauf berufe, dass sie den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilen wolle, sei dies für die Antragstellerin nicht

1.2.2.4.11 Innenliegender Absturz S02.5.1 als Absturzsystem mit Revisionsöffnung verlangt, konstruktive Lösungen aus Formteilen eines Rohrsystems seien nicht

4 LVG LSA findet eine Prüfung des Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer nicht statt, wenn der Auftragswert bei Leistungen ohne Umsatzsteuer einen Betrag

Es genügen Schritte des Auftraggebers, die von außen wahrgenommen werden und geeignet sind, das leistende Unternehmen mit dem Ziel eines Vertragsschlusses zu ermitteln und

Angesichts des zu diesem Zeitpunkt noch offenen Nachprüfungsverfahrens (Az. 2 VK LSA 33/15) beabsichtige sie die interimsweise Vergabe der Ölspurbeseitigung für das

Bei dieser Sachlage mussten die beiden Bevollmächtigten der Bietergemeinschaft bei der nach ihrer Auffassung selbst verursachten Dringlichkeit der