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2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss

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2. Vergabekammer

des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss

AZ: 2 VK LSA 02/15 Halle, 20.05.2015

In dem Nachprüfungsverfahren der

………

………

Verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwälte

……..

……..

Antragstellerin

gegen die

………

………

Antragsgegnerin unter Beiladung der

……….

……….

Verfahrensbevollmächtigte

……….

Beigeladene

§ 16 EG Abs. 1 Nr. 3 S. 1 VOB/A, § 97 Abs.1 GWB

- fehlende Erklärung

- Verstoß gegen das Transparenzgebot

Grundsätzlich fehlen Dokumente nicht nur dann, wenn sie körperlich nicht vorhanden sind. Vielmehr sind sie auch dann als fehlend anzusehen, wenn sie formelle Mängel aufweisen oder inhaltliche Unzulänglichkeiten, die formellen Mängeln gleich kommen. Danach sind auch fehlende Einzelangaben innerhalb einer vorhandenen Gesamterklärung Nachforderungen zugänglich.

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2 wegen

der gerügten Vergabeverstöße bezüglich des Offenen Verfahrens zur Sanierung und dem Umbau des Schlosses ……….., Los 008: Fassaden und Putzarbeiten hat die 2.

Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt durch den Vorsitzenden Regierungsdirektor

………, der hauptamtlichen Beisitzerin Frau ………. und dem ehrenamtlichen Beisitzer Herrn ………. auf die mündliche Verhandlung vom ……… beschlossen:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, für den Fall, dass ihrerseits weiterhin Beschaffungsbedarf hinsichtlich der Fassaden- und Putzarbeiten besteht, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer das Vergabeverfahren ab Versendung der Vergabeunterlagen zu wiederholen. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens. Die Verfahrenskosten werden insgesamt auf …… Euro festgesetzt.

Für die im Rahmen der Akteneinsicht angefallenen Kopierkosten hat die Antragstellerin ……

Euro zu entrichten.

Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin war notwendig.

Gründe I.

Mit Bekanntmachung vom ………… schrieb die Antragsgegnerin Fassaden- und Putzarbeiten im Offenen Verfahren nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil A (VOB/A), Abschnitt 2, im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften aus. Nebenangebote waren nicht zugelassen. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis.

In Ziffer ……. der Bekanntmachung wird auf die Beachtung des Landesvergabegesetzes Sachsen-Anhalt hingewiesen.

Unter Ziffer ……… der Bekanntmachung benannte die Antragsgegnerin das Landesverwaltungsamt in Halle als zuständige Stelle für Rechtsbehelfs- und Nachprüfungsverfahren.

In Bezug auf die Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen wurden unter Ziffer ……..

keine Angaben gemacht.

Den Vergabeunterlagen war ein Formular über die Beachtung der Kernarbeitsnorm der Internationalen Arbeitsorganisation entsprechend §12 des Landesvergabegesetzes (im Folgenden: LVG LSA) in Form der Anlage 3 beigefügt. Zum einen hatten die Bieter hierin mit Ja oder Nein anzukreuzen, ob die Leistung oder Lieferung der dort beispielsweise aufgeführten Waren und/Warengruppen Produkte enthalten, die in Afrika, Asien oder Lateinamerika hergestellt bzw. bearbeitet werden oder wurden. Soweit der Bieter dies bejaht, hat er unter Ziffer zwei u.a. zu erklären, dass er sich bei Auftragserteilung verpflichtet, den Auftrag ausschließlich mit Waren auszuführen, die nachweislich unter § 12 Abs. 1 und 2 des LVG LSA genannten ILO-Kernarbeitsnormen gewonnen oder hergestellt worden sind. Das Formular ist abschließend mit Datum und Unterschrift des Bieters zu versehen. Diese Erklärung war nach Ziffer 3.2 der Angebotsaufforderung auf gesondertes Verlangen der Vergabestelle vorzulegen.

Im Leistungsverzeichnis auf Seite 3 heißt es unter „Sonstige Vereinbarungen“:

„….

Eine Wertung des Angebotes ist nur bei Abgabe vollständig ausgefüllter Unterlagen möglich.

….

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3 Änderungen oder Alternativen zu diesem Leistungsverzeichnis haben nur dann Gültigkeit, wenn sie schriftlich vereinbart werden.“

In den Vorbemerkungen des Leistungsverzeichnisses heißt es unter Ziffer 5 –Putzflächen:

„Der Außenputz der Fassade ist als Baustellenmischung auszuführen und stellt eine Kalkzementputzmischung mit gekratzter Oberfläche dar (Beschreibung in der jeweiligen Position).

Es wurden im Voraus Musterflächen zur Putzausführung erstellt.

Der Putzcharakter ist in jedem Falle zu erreichen hinsichtlich der zu verwendenden Zuschläge und Sande, welche in den Mustern mit ortsnahen Sanden ausgeführt worden.

Die in den Mustern ausgeführte Putzfarbigkeit und Putzoberflächengestaltung ist in jedem Fall zu erreichen, da denkmalpflegerisch abgestimmt und genehmigt.“

Im Leistungsverzeichnis sind u.a. folgende Leistungen zu verpreisen:

02.12 Quarzporphyr-Mauerwerk der Außenwand herstellen in Kleinflächen….

02.13 Sandstein-Mauerwerk der Außenwand herstellen in Kleinflächen…

02.14 Granit-Mauerwerk der Außenwand herstellen in Kleinflächen…

03.4 Oberputz Außenfassade, 8-10mm

als Baustellenmischung

Zuschlag:

2RT

gewaschener Sand der Körnung 0,2mm, Farbe orange bis braun

gewählter Sand/ Grube:

……..

vom Bieter anzugeben 1RT

gewaschener Sand bis Körnung 0,1mm, Farbe: gelb

gewählter Sand/Grube:

………

vom Bieter anzugeben Oberfläche: gekratzt

Ausführung wie bauseits ausgeführte Musterfläche

Der Putz ist dem Bestandsoberflächenverlauf folgend auszuführen.“

Am ………. bat ein Bewerber um konkrete Angaben über das einzubauende Material für die Positionen 02.12, 02.13 und 02.14 des Leistungsverzeichnisses. Mit Schreiben vom ……….

stellte die Antragsgegnerin den Bewerbern weitere Unterlagen zum Vergabeverfahren zur Verfügung. Es handelt sich dabei um ein Gutachten mit Angaben zu Fassadenansichten und einer Dokumentation über die vorhandenen Putzmuster einschließlich eines Schreibens an den Restaurator als Anlage. Die Antragsgegnerin hatte dabei ausgeführt, dass Anfragen mehrerer Bewerber hierzu vorgelegen hätten. Außer dem vorgenannten Schreiben vom

……….. enthält die Vergabeakte jedoch keine weiteren diesbezüglichen Bitten um Auskunft der Bewerber. Auf Nachfrage der Vergabekammer erklärte die Antragsgegnerin hierzu, dass die Bewerberanfragen bis auf eine telefonisch gestellt worden seien. Der Inhalt dieser Gespräche sei nicht festgehalten worden. In der Vergabeakte ist weiterhin nicht dokumentiert, ob alle Bewerber die Information vom ………… erhalten haben. Ein Beleg über den Postversand ist nicht vorhanden.

Die Antragstellerin erklärte gegenüber der Vergabekammer mit Schreiben vom ………, dass ihr diese Bieterinformation nicht übermittelt worden sei.

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4 Das Gutachten umfasst u.a. eine Anlage mit einer Auflistung über die verwendeten Sande der Putzmuster. Unter Ziffer 5 -Schlussfolgerung- werden diese Muster wie folgt dargestellt:

„Muster 1

3 RT Feinsand 0-2mm Kiesgrube Schinzel 1 RT NHL 2 von …….

Muster 2

4 RT Feinsand 0-2mm Kiesgrube Schinzel 1 RT NHL 2 von ……

Muster 3

3,5 RT Feinsand 0-2mm Kiesgrube Schinzel 1 RT NHL 2 von …….

Muster 4

3 RT grauer Quarzsand (Mauersand) Fa. Faust (0-0,5mm) 1 RT NHL 2 von …….

Feinsand 0-2mm Kiesgrube Schinzel: Korngröße 90% 0,125-0,25mm.“

Weiterhin enthält diese Anlage ein Schreiben an den Restaurator. Darin sind die Mischungsverhältnisse der Probeflächen 1 bis 3 dargestellt. Beispielsweise heißt es unter:

Probefläche 1:

„Mischung 1: 3RT Betonkies grau; 0,4mm, gewaschen Dittfurt 3RT Schinzel; 0,1 gelb

Probefläche 2:

- Oberputz Mischung 2:

2 RT Badeborner Sand, 0,2 mm, orange 1 RT Schinzel, gelb, 0,1 mm

…“

Dieses Schreiben ist weder unterzeichnet, noch ist der Verfasser ersichtlich.

Gemäß der Aufforderung zur Angebotsabgabe war der Submissionstermin am ………,

………… Uhr. Insgesamt reichten …… Firmen (einschließlich der Antragstellerin und der Beigeladenen) ein Angebot bis zu diesem Zeitpunkt ein.

Die Antragstellerin hat es in ihrem Angebot unterlassen, in dem Formular über die Beachtung der Kernarbeitsnorm der Internationalen Arbeitsorganisation (Anlage 3) LVG LSA bei der Abfrage zu der Herkunft der verwendeten Produkte ein Kreuz zu setzen.

Die Antragstellerin gab weiterhin beispielsweise für die im Leistungsverzeichnis im Titel 03.4 anzugebende Sande/Grube ……. an. Hierbei handelt es sich um einen ………..

Die Beigeladene bot unter der Ziffer 03.4 für den gewählten Sand „Sand 0,2 sowie 0,1“ an.

Sie benannte eine bestimmte Grube als Ort der Förderung.

Ausweislich der Auswertung der Angebote vom …………. erklärte der zuständige

………zum Angebot der Beigeladenen, dass alle geforderten Produktangaben vollumfänglich erfüllt worden seien. Zusätzlich seien Produktdatenblätter abgefragt und zur Prüfung hinzugezogen worden. Er schlägt vor, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen.

Das Rechnungsprüfungsamt der Antragsgegnerin stellte in seinem Prüfvermerk vom

………….. in Frage, ob überhaupt bei dem Vergabeverfahren ein zuschlagsfähiges Angebot

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5 vorliegen würde. Schließlich fordere die Leistungsbeschreibung Sande mit einer Korngröße von 0,2 bzw. 0,1 mm, die so nicht erhältlich wären.

Es bestünden auch Zweifel daran, dass die im Angebot der Beigeladenen angegebene Sandgrube die ausgeschriebenen Sande in Bezug auf die Körnung und der Farbe liefern könne. Es sei auch fraglich, ob diese Sandgrube die gemäß Gutachten geforderten Putzqualitäten überhaupt erfüllen würde und dass diese auch dort gefördert werden würden.

Schließlich sei nach dem Ort der Förderung und nicht nach der Lieferfähigkeit im Leistungsverzeichnis gefragt worden. Ein nachträgliches Ändern der angebotenen Produkte über dem Umweg der Zulieferung sei gemäß VOB/A nicht zulässig.

Schließlich bescheinige der Lieferant der Beigeladenen in seinen nachgereichten Unterlagen lediglich die Lieferfähigkeit der Sande. Eine farbliche Bestätigung fehle gänzlich.

Nur ………. Bieter hätten in ihren Angeboten die im Gutachten aufgeführten Sande verwandt.

Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb das aufwendig erstellte Gutachten offensichtlich nicht für die Erstellung des Leistungsverzeichnisses genutzt worden sei. Dadurch wären möglicherweise die widersprüchlichen Angaben bezüglich der Körnung in dem nachgesendeten Gutachten aufgefallen. Gleiches gelte für die Farbangabe braun in der Position 03.4. Das Gutachten fordere an keiner Stelle diese Farbe.

Aufgrund des Prüfberichtes verlangte der Projektsteuerer gegenüber dem Projekttanten per E-Mail vom ………. u.a. aufzuklären, ob es sich bei den im Leistungsverzeichnis ausgeschriebenen Sanden in den Korngrößen 0,1 bzw. 0,2mm eindeutig um Sande in der Körnung 0-1mm bzw. 0-2mm handele.

Aus den Preisblättern des Lieferanten der Beigeladenen gehe nicht hervor, ob von ihm gewaschene Sande in den geforderten Korngrößen 0/2 sowie den ausgeschriebenen Farben bezogen werden könnten. Im Übrigen sei zweifelhaft, ob dieser die Korngröße 0/1 mm überhaupt anbiete. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass die gewünschte Qualität der Putze nur mit den speziellen Sanden aus den im Gutachten definierten Herkunftsorten erreicht werden könne.

Das ……… fragte mit Schreiben vom ………… bei der Beigeladenen nach, mit welcher Korngröße sie in den entsprechenden Positionen ihr Angebot kalkuliert habe.

Auch solle ihr Zulieferer bestätigen, dass er die im Leistungstext benannten Korngrößen, so wie ausgeschrieben, liefern könne.

Weiterhin solle die Beigeladene erklären, ob sie für den Fall der nicht erfolgreichen Bemusterung auch Sande aus anderen Gruben kostenneutral einsetzen könne.

Die Beigeladene erklärte am ………… schriftlich gegenüber dem ………., das die Korngrößen ihrer angebotenen Zuschlagstoffe 0-1 und 0-2mm betragen würden. Sie verwies auch auf die Produkteintragung in ihrem Angebot. Schließlich seien dies auch die üblichen Korngrößen für Putze.

Der Lieferfähigkeit der angebotenen Zuschlagstoffe werde zugesichert. Bezüglich des Sandes 0/1 handele es sich um Handelsware des Lieferanten.

Soweit bei der Bemusterung nicht das gewünschte Ergebnis erzielt werde, sichere die Beigeladene zu, mit den vom Auftraggeber gewünschten Zuschlagstoffen die Leistung preisneutral zu erbringen.

Das …………. erklärte in seinem Schreiben vom ……….. gegenüber dem ……….., dass die in dem Leistungstext ausgeschriebenen Sande denen des Restaurators entsprächen. Diese Sandangaben seien von der Beigeladenen bestätigt und als Sande der

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6 Korngröße 0-1 und 0-2mm bewertet und angeboten worden. Diese Korngrößen seien auch marktüblich.

Die Lieferfähigkeit habe der Zulieferer bestätigt. Zusätzlich habe er erklärt, gegebenenfalls Sande zuzukaufen.

Sollten die geforderten Putzqualitäten nicht erreicht werden, bestätigte die Beigeladene schriftlich, preisneutral Sande anderer Gruben einzusetzen.

Der ……….. vermerkte am …………, dass sich nichts an dem Vergabevorschlag vom

………. ändere.

Die Antragsgegnerin kontaktierte mit Schreiben vom ……… den Zulieferer der Beigeladenen. Dieser solle bestätigen, dass folgende Sande in seiner Grube vorhanden wären und nicht von einem Fremdlieferanten beigebracht würden:

1. gewaschener Sand Körnung 0-1mm, Farbe gelb

2. gewaschener Sand Körnung 0-2mm, Farbe orange bis braun 3. Betonkies 0-2mm, Farbe grau

Mit Schreiben vom ………….. erklärte der Zulieferer, die aufgeführten Sande liefern zu können. Hingegen gehöre der angefragte Sand 0/1 nicht zum Standardprogramm, könne aber als Handelsware geliefert werden. Eine Herstellung dieser Sande in seinem Kiessandtagebau sei jedoch bei Vorliegen entsprechender Randbedingungen möglich.

Hingegen könne die angefragte Farbe nur weitläufig bestätigt werden, da das farbliche Erscheinungsbild durch die Witterungsverhältnisse, die Feuchtigkeit des Materials sowie die Lichtverhältnisse beeinflusst werden würden.

Mit diesem Schreiben bescheinigte er abschließend, dass er die in dem Anschreiben genannten Produkte an die Beigeladene liefern könne.

Das Rechnungsprüfungsamt äußerte in einer E-Mail vom ……….. gegenüber der Antragsgegnerin, dass mit dem Schreiben vom ……….. keine Bestätigung bezüglich der Farbigkeit der ausgeschriebenen Sande vorliege. Auch sei lediglich die Liefermöglichkeit bestätigt worden. Die Leistungsbeschreibung fordere hingegen die Benennung der Sandgrube.

Der ………..erklärte in einer E-Mail vom ………….. gegenüber der Antragsgegnerin, dass die in seinem Bericht verwendeten Sande denen des Zulieferers der Beigeladenen entsprechen würden. Eine ersatzweise Verwendung von Sanden aus anderen als in seinem Gutachten aufgeführten Sandgruben wäre möglich. Diese müssten jedoch in der Sieblinie und Färbung denen der in den Mustern verwendeten Sande entsprechen.

Das Rechnungsprüfungsamt stimmte dem Vergabevorschlag unter Beachtung von verschiedenen Hinweisen mit Schreiben vom ………….. zu.

Es stellte fest, dass sämtliche Korngrößen der Sande anstatt mit 0-1mm bzw. 0-2mm fälschlicher Weise mit 0,1 mm sowie 0,2 mm ausgeschrieben worden sei.

Mit der Nachsendung des Gutachtens sei es diesbezüglich zu weiteren Widersprüchen gekommen. Schließlich sei es nicht Sache der Bewerber, sich aus dem Gutachten die zutreffenden Angaben herauszusuchen. Vielmehr müsse die Leistung ausreichend und umfassend beschrieben werden, so dass alle Bewerber sie gleich verstehen müssten.

Zwischenzeitlich habe der Zulieferer der Beigeladenen die Lieferfähigkeit der Zuschlagstoffe bestätigt.

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7 Das Angebot der Antragstellerin sei aus formellen Gründen auszuschließen gewesen. Es sei unvollständig, da in dem Formular „ILO-Kernarbeitsnormen“ (Anlage 3) das entsprechende Kreuz nicht gesetzt worden sei. Auch habe sie in ihrem Angebot bei den entsprechenden Angaben im Titel 3 mit dem Produkt ……… einen ……….. benannt. Dies entspreche nicht den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses. Ein Nachverhandeln über Produkte sei jedoch unzulässig.

Bei diesem Dokument fehlt es an der Unterschrift.

Der Antragstellerin wurde bekannt, dass ihr Angebot ausgeschlossen werden solle. Dies rügte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin mit Schreiben vom ……… . Die Antragsgegnerin würde sich hierbei auf den § 12 des LVG LSA berufen. Die Antragstellerin habe versehentlich vergessen, in dem Formular „ILO-Kernarbeitsnormen“

Anlage 3 ein Kreuz zu setzen. Da es sich hierbei um eine fehlende Erklärung handele, müsse die Antragsgegnerin, sofern keine anderen Ausschlussgründe vorlägen, diese gemäß

§ 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nachfordern.

Damit ändere sich auch nicht der Angebotspreis. Ebenso wenig käme es dadurch zu einer Wettbewerbsverzerrung.

Auch wolle die Antragstellerin keine Materialien aus den in der Anlage 3 genannten Gebieten einsetzen.

Weiterhin sei die Anlage 3 in sich widersprüchlich. Ein Gewerbetreibender habe kein Wissen über die ILO-Kernarbeitsnormen. Durch diese Vorgaben würden die Bieter in ihrer Berufsfreiheit verletzt. Dies sei auch europarechtswidrig. Schließlich fehle es an Erläuterungen, welche Relevanz für die Vergabe das Ausfüllen dieses Formulars hätte.

In einem zweiten Rügeschreiben vom …………. ergänzte und vertiefte sie ihr bisheriges Vorbringen dahingehend, dass weder ein Bieter noch ein Hersteller Informationen darüber habe, woher bestimmte Produkte stammen würden. Erschwerend sei es im Besonderen, wenn es sich um vorgefertigte Mischungen handeln würde. Ebenso könne der Anwender vom Hersteller kaum Informationen zur Herkunft der Rohstoffe, die für das Produkt verwendet worden seien, verlangen und erhalten.

Die Antragsgegnerin bestätigte den Angebotsausschluss mit Schreiben vom …………... Sie begründete dies zusätzlich, dass die Antragstellerin im Titel 3 des Leistungsverzeichnisses geforderten Materialien das Produkt ………. verwendet habe. ………… sei jedoch ein

………. Das Leistungsverzeichnis verlange aber, dass der Putz aus denen in den Titeln aufgeführten Materialien als Baustellenmischung herzustellen sei.

Dies rügte die Antragstellerin erneut mit Schreiben vom …………. Sie ist der Auffassung, dass die Produktangabe ……… ausreichend sei. Schließlich solle der Putz nach Titel 3.4 des Leistungsverzeichnisses erst nach einer bauseitigen Musterfläche ausgewählt werden. Die genauen Inhaltsstoffe der Mischung stünden damit noch nicht genau fest. Es könne deshalb auch von den Bietern nicht verlangt werden, die speziellen Bestandteile des zu verwendenden Mörtels mit dem Angebot anzugeben.

Auch ginge aus dem Begriff „Baustellenmischung“ nicht eindeutig hervor, dass die Putze erst auf der Baustelle gemischt werden sollten. Vielmehr werde der Begriff Baustellenmischung dahingehend definiert, dass die im Leistungsverzeichnis vorgegebenen Materialien unter Beachtung des vorgegebenen Mischungsverhältnisses in Großanlagen vermischt, in Säcke abgefüllt und zur Verarbeitung auf die Baustelle transportiert würden.

Der Begriff Baustellenmischung meine ein Produkt, dass extra für eine bestimmte Baustelle hergestellt werde. Dies könne durchaus ein Produkt der Firma …………. sein. Soweit die Antragsgegnerin diesbezüglich Unklarheiten darüber gehabt haben sollte, hätte sie diese aufklären müssen.

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8 Die Antragsgegnerin übermittelte am ………….. an die Antragstellerin das Informationsschreiben gemäß § 19 Abs. 1 des LVG LSA. Sie begründete die Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin dahingehend, dass dieses nach § 16 Abs. 1 VOB/A ausgeschlossen werden müsse. Nähere Erläuterungen dazu erfolgten nicht. Zwar benannte sie den Bieter, dessen Angebot bezuschlagt werden solle. Es fehlte jedoch der frühste Zuschlagstermin.

Mit Schreiben vom …….. hat die Antragstellerin weiterhin geltend gemacht, dass das Absageschreiben keine detaillierte Begründung zum Angebotsausschluss beinhalte.

Mit einem Informationsschreiben gemäß § 101a GWB erhielt die Antragstellerin am ………..

die Mitteilung, dass sie in ihrem Angebot nicht alle in den Vergabeunterlagen gestellten Bedingungen erfüllt hätte. Sie beabsichtige nunmehr am ……… auf das Angebot der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen.

Dies rügt die Antragstellerin mit Schreiben vom ………. Sie bemängelt hierbei, dass der Angebotsausschluss unzureichend begründet worden sei. Hinsichtlich des fehlenden Kreuzes in der Anlage 3 hätte dies gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nachgeholt werden müssen.

Sie rüge auch beispielsweise nicht ordnungsgemäß ausgefüllte Formulare im Angebot der Beigeladenen. Eine diesbezügliche Überprüfung sei ihr schließlich im Rahmen einer Akteneinsicht aus Geheimhaltungsgründen verwehrt.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin stellte mit Schreiben vom ……….. einen Nachprüfungsantrag bei der zuständigen Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt. Dieser wurde der Antragsgegnerin am selben Tag mit der Bitte um Vorlage aller Vergabeunterlagen und Stellungnahme zugesandt.

In ihrem Nachprüfungsantrag hat sie ihr bisheriges Vorbringen ergänzt und vertieft.

Anders als die Beigeladene meine, beginne die 15-Tagesfrist nach § 107 Abs. 3 S.1 Nr. 4 GWB erst zu laufen, wenn zum Ausdruck gebracht werde, dass der Auftraggeber einer Rüge nicht abhelfen wolle. Dies sei hier erst mit dem Erhalt des letzten Schreibens erkennbar geworden.

Im Übrigen fehle in der Vergabebekanntmachung eine Angabe zur Frist des Rechtsbehelfs gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB.

Weiterhin wäre es nur zulässig, bei fehlenden Fabrikatsangaben im Angebot einen Angebotsausschluss vorzunehmen, wenn ein rechtliches Interesse bestehe, Erklärungen zu verlangen und die Leistungsbeschreibung eindeutig und unmissverständlich formuliert worden sei. Dies sei hier nicht der Fall. Vielmehr seien in der Leistungsbeschreibung die Bezeichnungen der Sande bezüglich der Korngrößen falsch ausgeschrieben.

Ferner habe die Antragstellerin mit ihren Produkteintrag …………. ihre Bezugsquelle angegeben. Durch diese Firma könne sich die Antragstellerin spezifisch angefertigte Produkte liefern lassen, um dann die gewünschte Baustellenmischung herzustellen.

In der Leistungsbeschreibung werde jedoch nicht für den beschriebenen Putz eine Produktangabe verlangt, sondern vielmehr für die einzelnen Bestandteile des Produktes Putz. Dies sei nicht erforderlich, da der Leistungserbringer ausweislich der Leistungsbeschreibung zunächst Musterputzflächen erstellen müsse.

Es käme letztendlich nur darauf an, die Optik der Fassade in denkmalpflegerischer Hinsicht zu erhalten.

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9 Aus der Leistungsbeschreibung ginge nicht hervor, dass die Nachstellung des geforderten Außenputzes nicht mittels eines Werkstrockenmörtelherstellers realisiert werden könne.

Schließlich beinhalte der Begriff „Baustellenmischung“ lediglich, dass es sich um einen konkreten, nach spezifischen Vorgaben für die Baustelle vorgesehenen Putz handele.

Auch habe die Beigeladene etwas angeboten, was in der Leistungsbeschreibung nicht nachgefragt worden sei. Deshalb sei ihr Angebot auszuschließen.

Ferner habe die Antragsgegnerin gegen § 8 EG VOB/A verstoßen, da der Antragstellerin das Gutachten für die Erarbeitung ihres Angebotes nicht zur Verfügung gestanden habe. Die Angaben in diesem Gutachten seien auch widersprüchlich. Aufgrund dieser Umstände wäre eine Aufhebung des Vergabeverfahrens zwingend notwendig gewesen.

Es sei auch festzustellen, dass die vom Rechnungsprüfungsamt aufgeworfenen Fragen nicht geklärt worden seien.

Auch soweit die Vergabekammer die Antragsgegnerin verpflichten sollte, das Vergabeverfahren aufzuheben, sei dies vom Rechtsschutzziel der Antragstellerin gedeckt.

Die Antragstellerin beantragt,

der Vergabestelle aufzugeben, das Angebot der Antragstellerin nicht auszuschließen, sondern zu werten sowie keinen Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen

hilfsweise,

festzustellen, dass durch die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene und den Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin diese in ihren Rechten benachteiligt ist.

Die Antragsgegnerin stellte keine Anträge.

Sie ist der Meinung, dass der Ausschluss des Angebots der Antragstellerin aufgrund des Beschlusses der 3. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalts vom 08.11.2013, Az. 3 VK LSA 44/13 zwingend gegeben sei. Die Angaben in dem Formblatt zur Beachtung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation seien gemäß § 12 des LVG LSA Erklärungen zum Leistungsgegenstand. Eine diesbezügliche inhaltliche Nachforderung des körperlich vorhandenen Formblattes würde eine unzulässige Änderung der Angebotsunterlagen darstellen.

Weiterhin habe die Antragstellerin in den Titeln 03.2 bis 03.4 als Material einen Fertigmörtelhersteller angegeben. Ausweislich der Vergabeunterlagen seien jedoch der Sand/Kies und der Gewinnungsort (Grube) anzugeben.

Mit Beschluss vom ………… ist die Firma …………..von der Vergabekammer beigeladen worden.

Die Beigeladene stellte ebenfalls keinen Antrag.

Sie ist der Meinung, dass der Nachprüfungsantrag bereits unzulässig sei. Die Antragsgegnerin habe diesen nicht gemäß § 107 Abs. 3 S.1 Nr. 4 GWB innerhalb von 15 Kalendertagen nach Mitteilung der Antragsgegnerin, der Rügen nicht abhelfen zu wollen, gestellt. Die Antragsgegnerin habe mit Schreiben vom ………… der Antragstellerin erklärt, dass sie an dem geplanten Angebotsausschluss festhalte. Der Nachprüfungsantrag sei jedoch erst am ………… bei der Vergabekammer eingegangen.

Im Übrigen sei die Antragstellerin von Beginn an rechtsanwaltlich vertreten gewesen, so dass kein Schutzbedürfnis erkennbar gewesen sei, die eine Abhängigkeit der Rechtsfolge

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10 des § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB von einer vorherigen Rechtsbehelfsbelehrung erforderlich machen würde.

Auch habe die Antragstellerin es verabsäumt, die angeblich intransparente Formulierung der Erklärung in der Anlage 3 sowie die in Titel 3 des Leistungsverzeichnisses enthaltenen Mörtelpositionen bis zur Angebotsabgabe gemäß § 107 Abs. 3 S.1 Nr. 3 GWB zu rügen.

Sie ist weiterhin der Meinung, dass die Nachforderung von Erklärungen und Nachweisen nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOL/A nur dann möglich wäre, wenn diese körperlich fehlen würden.

Im Angebot der Antragstellerin solle aber die bereits vorliegende Anlage 3 nachgebessert werden.

Im Übrigen habe die Antragstellerin in ihrem Angebot nicht die geforderten Angaben in den Positionen des Titels 3 getätigt. In den Vergabeunterlagen seien eindeutig Angaben zu den Sanden der auf der Baustelle zu mischenden Putze zu machen gewesen. Die Antragstellerin wolle jedoch einen Fertigmörtel verwenden. Deshalb sei das Angebot nach § 16 Abs. 1 Nr.

1c) i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A auszuschließen.

Die entsprechende Produktabfrage sei auch zulässig. Soweit die Antragstellerin sich dagegen wendet, dass die Angabe der Korngröße in der Ausschreibung falsch bezeichnet sei, handele es sich um einen unbeachtlichen Schreibfehler. Die Leistungsbeschreibung sei so auszulegen, wie sie von einem fachkundigen Bieter zu verstehen sei. In diesem Sinne sei erkennbar, dass Korngrößen 0-1 und 0-2mm gemeint seien. Es falle auch nicht entscheidend ins Gewicht, dass der Antragstellerin das Gutachten nicht zur Verfügung gestanden habe.

Die Antragstellerin sei mit dem entsprechenden Vorbringen präkludiert. Im Übrigen sei die Leistung in der Leistungsbeschreibung vollständig und erschöpfend beschrieben worden.

Das Gutachten sei deshalb entbehrlich gewesen.

Die Vergabekammer hatte der Antragstellerin mit Beschluss vom 20.04.2015 teilweise Akteneinsicht gewährt.

In der mündlichen Verhandlung vom ……… haben die Beteiligten ihr bisheriges Vorbringen ergänzt und vertieft. Es wird insoweit auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung verwiesen.

Der Vorsitzende hat die Frist zur Entscheidung der Vergabekammer letztmalig bis zum

………….. verlängert.

In Hinblick auf die weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie die eingereichten Unterlagen der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist teilweise zulässig und teilweise begründet.

1. Zulässigkeit 1.1 Zuständigkeit

Gemäß § 104 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) veröffentlicht im BGBl. I, 1998, Nr. 59, S. 2568 ff., neugefasst durch Bekanntmachung vom 15.07.2005, BGBl. I, 2005, Nr. 44, S. 2114 ff., zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.06.2013, BGBl. I, 2013, Nr. 32, S. 1750, i.V.m. der Richtlinie über die Einrichtung von Vergabekammern in Sachsen-Anhalt (RdErl. des MW LSA vom 04.03.1999 – 63 - 32570/03, veröffentlicht im MBl. LSA Nr. 13/1999 S. 441 ff., zuletzt geändert durch RdErl. des MW vom 08.12.2003 – 42-32570/03, veröffentlicht im MBl. LSA Nr. 57/2003, S. 942) i.V.m. d. gem.

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11 Geschäftsordnung d. VgK (Bek. des MW vom 17.04.2013 – 41-32570-17, veröffentlicht im MBl. LSA Nr. 14/2013) ist die 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen- Anhalt für die Nachprüfung des vorliegenden Vergabeverfahrens örtlich zuständig.

Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 1 GWB.

Der maßgebliche Schwellenwert von 5.186.000 Euro gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.02.2003, BGBl I S. 169, zuletzt geändert durch Artikel 1 Siebte ÄndVO v. 15.10.2013 BGBl I S. 3584) für die Vergabe von Bauleistungen ist für das Gesamtvorhaben bei Weitem überschritten. Die Antragsgegnerin hat nicht von dem § 3 Abs. 7 S. 5 VgV Gebrauch gemacht. Für das ausgeschriebene Los mit einem Wertvolumen von unterhalb 1 Million Euro wählte sie die europaweite Ausschreibung.

1.2 Antragsbefugnis

Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Sie hat durch die Abgabe eines Angebotes ihr Interesse am Auftrag bekundet. Weiterhin hat sie eine Verletzung in ihren Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht (§ 107 Abs. 2, Satz 1 GWB). Sie hatte ferner ausgeführt, dass sie durch den Ausschluss ihres Angebots in ihren Rechten verletzt sei. Damit hat sie auch hinreichend dargelegt, dass ihr durch diese Maßnahme ein Schaden drohe (§ 107 Abs. 2, Satz 2 GWB).

1.3 Rüge

Die Antragstellerin ist, soweit sie sich gegen den Ausschluss ihres Angebots wendet, ihrer Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB nachgekommen. Nach dieser Vorschrift ist der Antrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat.

Die Antragsgegnerin hatte die Antragstellerin über den Angebotsausschluss am ……….

sowie am ……….. informiert. Sie hat diese angeblichen Vergabeverstöße am ………. und

………. i.S. der Vorschrift rechtzeitig innerhalb von zwei Tagen gerügt.

Anders als die Beigeladene meint, ist das diesbezügliche Vorbringen auch nicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB präkludiert.

Nach dieser Vorschrift ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Die Antragstellerin erhielt die Nichtabhilfenachricht mit Schreiben vom ……... Diese Nachricht hat aber die Frist des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB nicht in Gang gesetzt, weil es an einem ausreichenden diesbezüglichen Hinweis fehlt. Nach § 12 EG Abs. 2 Nr. 2 VOB/A in Verbindung mit Anhang II der Verordnung (EU) 842/2011, Abschnitt VI.4.2) ist der Auftraggeber verpflichtet, genaue Angaben zu den von den Bewerbern zu beachtenden Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen zu machen oder eine Stelle zu benennen, bei der Auskünfte über die Einlegung von Rechtsbehelfen erhältlich sind.

Angesichts des Wortlauts dieser Vorgaben ist die Frist nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB als Rechtsbehelfsfrist anzusehen, die nur zu laufen beginnt, wenn in der europaweiten Ausschreibung die vorgenannten Hinweise erteilt worden sind (OLG Brandenburg v. 13.09.2011–Verg W 10/11 S. 10). Dies hat die Antragsgegnerin jedoch unterlassen. Damit kann der Antragstellerin eine etwaige Fristversäumnis nicht zur Last gelegt werden.

Die Antragstellerin wendet sich ferner dagegen, dass sie die Bieterinformation vom 17.12.2014 nicht erhalten habe. Außerdem beanstandet sie den Inhalt dieser Unterlage. Sie war jedoch nicht gehalten, dies gesondert zu rügen. Sie hatte hiervon erst im laufenden

(12)

12 Nachprüfungsverfahren Kenntnis erlangt. Ein Festhalten an einer Rügeobliegenheit in diesem Verfahrensstadium würde deren Sinn verfehlen, unnötige Nachprüfungsverfahren zu vermeiden (Kulartz/Kus/Portz Kommentar zum GWB-Vergaberecht 2. Aufl. 2009 § 107 Rd.

106). Der Antragsgegnerin wurden diese vorgebrachten Vergabeverstöße durch die Schriftsätze der Antragstellerin bekannt. Sie hatte die Möglichkeit, auch im laufenden Nachprüfungsverfahren diesen abzuhelfen.

Die Antragstellerin beanstandet schließlich auch einzelne Vorgaben aus dem Formblatt über die Beachtung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (Anlage 3) und aus dem Leistungsverzeichnis. Hiermit ist sie jedoch präkludiert, da diese Verstöße aus den Vergabeunterlagen i.S. des § 107 Abs. 3 S.1 Nr. 3 GWB erkennbar waren. Diese waren nach dieser Norm bis zur Frist zur Angebotsabgabe am ……….. geltend zu machen. Hiervon hat die Antragstellerin jedoch abgesehen.

Im Einzelnen beanstandet sie, dass die oben genannte Anlage 3 missverständlich und unklar formuliert sei. Weiterhin stellten die Vorgaben einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit dar. Schließlich sei dieses Formblatt für die Leistung ohnehin nicht erforderlich. Es sei ausgeschlossen, dass Produkte aus Entwicklungsländern für die Fassadensanierung verwendet würden. Hierfür kämen nur heimische Produkte in Betracht. Etwaige Unklarheiten des Formulars hätten der Antragstellerin als erfahrene Bieterin jedoch bereits auffallen müssen, als sie dieses ausfüllte. Es kann vorausgesetzt werden, dass sie dabei den Inhalt dieses Formblattes zur Kenntnis nahm und sich damit auseinander setzte. Auch ein etwaiger Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit war für sie zu diesem Zeitpunkt erkennbar. Schließlich war ihr als fachkundige Bieterin auch bewusst, dass für die Baumaßnahme nur heimische Produkte verwendet werden. Das Formblatt bezieht sich jedoch auf ausländische Produkte und war daher aus ihrer Sicht nicht erforderlich.

Auch soweit die Antragstellerin meint, dass die Abfrage im Leistungsverzeichnis nach den Putzbestandteilen der Baustellenmischung unzulässig sei, ist sie hiermit präkludiert. Es hätte sich ihr bei der Erstellung des Angebotes aufdrängen müssen, dass es nach ihrer Auffassung für den Erfolg der Leistung allein auf das Endprodukt Putz ankommt. Aus dem Wortlaut des Titels 03 ergab sich eindeutig, dass die Bestandteile des Produktes Putz (Bindemittel und Zuschlagsstoffe) abgefragt waren. Dies gilt umso mehr, als dass auch die Ursprungsorte der Zuschlagsstoffe anzugeben waren. Wenn die Antragstellerin meint, dass sie durch diese Angaben in unzumutbarer Weise belastet werde, hätte ihr dies bei Erstellung des Angebotes bereits bewusst sein müssen. Im Übrigen war die Antragstellerin bereits vor diesem Zeitpunkt anwaltlich beraten worden.

Ähnliches gilt für die fehlerhafte Angabe der Korngröße im Leistungsverzeichnis. Die Antragstellerin, als fachlich versiertes Unternehmen, hätte bemerken müssen, dass die Forderung bezüglich der Korngrößen für die Zuschlagstoffe mit bis zu 0,1mm nicht zu realisieren war, da die Zuschlagstoffe in Sieblinien eingeteilt sind. Eine Sieblinie bis zu 0,1mm existiert jedoch nicht. Es kann vorausgesetzt werden, dass der Antragstellerin dies bekannt ist.

2. Begründetheit

Soweit der Nachprüfungsantrag zulässig ist, ist er auch begründet.

Die Antragsgegnerin hat das Angebot der Antragstellerin zu Unrecht vom Vergabeverfahren ausgeschlossen. Sie war vielmehr gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 S. 1 VOB/A gehalten, ein vollständig ausgefülltes Formblatt „Beachtung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation“ (Anlage 3) nachzufordern.

Außerdem ist unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Antragstellerin die Bieterinformation vom 17.12.2014 nicht erhalten hatte, auch ein Ausschluss des Angebots nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 b) VOB/A nicht gerechtfertigt.

(13)

13 Schließlich ist die Antragsgegnerin gehalten, das Vergabeverfahren ab Erstellung der Vergabeunterlagen, bei fortbestehendem Beschaffungsbedarf, zu wiederholen.

Hierzu im Einzelnen:

2.1 Kein Ausschluss wegen fehlendem Kreuz in dem Formular „Beachtung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation“ (Anlage 3)

Nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 S. 1 VOB/A verlangt der Auftraggeber fehlende Erklärungen nach, soweit das Angebot nicht entsprechend den Nr. 1 oder 2 ausgeschlossen wird. Nach S. 4 der Vorschrift ist das Angebot auszuschließen, wenn die nachgeforderten Erklärungen nicht fristgemäß vorgelegt werden.

Die Antragstellerin hatte es in der o.g. Unterlage bei der Abfrage, ob die bei der Leistung verwendeten Materialien aus Entwicklungsländern stammen, versäumt, ein Kreuz zu setzen.

Die Antragsgegnerin wäre gehalten gewesen, diese Unterlage gemäß dieser Vorschrift nachzufordern. Sie war nicht berechtigt, das Angebot ohne eine solche Nachforderung auszuschließen.

Dieses Formblatt ist als Erklärung im Sinne der vorgenannten Vorschrift anzusehen.

Grundsätzlich ist dieser Begriff sehr weit zu verstehen, so dass hierunter alle insbesondere leistungsbezogene Angaben und Unterlagen fallen, die der öffentliche Auftraggeber von den Bietern verlangt (vgl. Kulartz, Marx, Portz, Prieß, Kommentar zur VOB/A, Ausgabe 2010, § 13 Rn. 68). Dies ist bei der Abfrage nach der Herkunft der Produkte gegeben. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Erklärung der Anlage 3 einen elementaren Vertrags- und Angebotsbestandteil darstellt.

Gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 S. 1 VOB/A ist die Unterlage auch als fehlend zu betrachten.

Grundsätzlich fehlen Dokumente nicht nur dann, wenn sie körperlich nicht vorhanden sind.

Vielmehr sind sie auch dann als fehlend anzusehen, wenn sie formelle Mängel aufweisen oder inhaltliche Unzulänglichkeiten, die formellen Mängeln gleich kommen. Danach sind auch fehlende Einzelangaben innerhalb einer vorhandenen Gesamterklärung Nachforderungen zugänglich. Es ist dem Auftraggeber lediglich verwehrt, dem Bieter Gelegenheit zu geben, inhaltliche Mängel vorhandener Erklärungen zu korrigieren (vgl. VK Sachsen vom 05.05.2014, Az.1/SVK/010-14; VK Bund vom 21.08.2013, Az. VK 1-67/13;

OLG Dresden vom 17.01.2014, Az. Verg 7/13; OLG München vom 12.11.2010, Verg 21/10;

in diese Richtung gehend auch OLG Naumburg vom 29.10.2013, 2 Verg 3/13). Diese Auslegung des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 S. 1 VOB/A ist auch sachgerecht. Sie widerspricht nicht dem Wortlaut der Vorschrift. Auch eine von den Bietern abgeforderte Einzelangabe innerhalb eines vorgegebenen Dokumentes stellt rein sprachlich eine Erklärung dar. Durch diese Norm sollte weiterhin erkennbar verhindert werden, dass Angebote aufgrund kleinerer Versehen der Bieter ohne weiteres allein aus formalen Gründen vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Dieses Interesse besteht unabhängig davon, ob ein Dokument als Ganzes fehlt oder eine Einzelangabe in einer vorhandenen Unterlage.

So liegt der Fall hier. Durch die Vervollständigung des Formblattes wird das Angebot in inhaltlicher Hinsicht nicht abgeändert. Vielmehr hatte sich die Antragstellerin zu der Herkunft der Produkte in ihrem Angebot nicht erklärt. Soweit die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hatte, dass die Bieter bei einer entsprechenden Auslegung der Vorschrift die Möglichkeit hätten, durch eine Nichtvorlage der Unterlagen sich nachträglich von dem Angebot zu lösen, hat der Verordnungsgeber diese Möglichkeit in Kauf genommen.

Er wollte vorrangig vermeiden, dass Angebote allein aufgrund formell unvollständiger Unterlagen ausgeschlossen werden müssen.

Das Angebot war auch nicht entsprechend den Nummern 1 oder 2 des § 16 EG Abs. 1 VOB/A auszuschließen, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt.

(14)

14 2.2 Kein Ausschluss wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen/Wiederholung des Vergabeverfahrens ab Versendung der Vergabeunterlagen

Die Antragsgegnerin war nicht berechtigt, das Angebot der Antragstellerin gemäß

§ 16 EG Abs. 1 Nr. 1 b) VOB/A wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen auszuschließen. Vielmehr ist sie gehalten, das Vergabeverfahren ab Versendung der Vergabeunterlagen zu wiederholen.

Ihr und der Beigeladenen ist zwar zuzugeben, dass die Antragstellerin in den Positionen 03.2 bis 03.4 des Leistungsverzeichnisses mit ihren Eintragungen von den dortigen Vorgaben abgewichen ist. Die Antragsgegnerin hatte verlangt, dass die Bestandteile (Zuschlagsstoffe und Bindemittel) der Baustellenmischungen benannt werden. Dies ergab sich ausdrücklich aus den Positionen. Damit waren die Forderungen der Antragsgegnerin eindeutig. Die Antragstellerin hatte jedoch mit der Angabe von …………. einen Fertigmörtelhersteller benannt. Sie hat davon abgesehen, die entsprechenden Bestandteile im Einzelnen aufzuführen. Damit entspricht das Angebot der Antragstellerin in diesen Positionen nicht den Forderungen der Antragsgegnerin. Soweit sie meint, dass das Verlangen der Antragsgegnerin unzulässig sei, hätte sie dies rügen müssen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin unwiderlegbar vorgebracht hatte, die Bieterinformation vom 17.12.2014 nicht erhalten zu haben. Die Antragsgegnerin konnte nicht belegen, ihr diese Unterlagen zugesandt zu haben. Die Antragsgegnerin hatte im Vorfeld des Vergabeverfahrens Putzmuster erstellt und in dem vorbenannten Schriftstück dazu die Gewinnungsorte der Zuschlagsstoffe und die verwendeten Bindemittel dokumentiert. Damit erhielten die Bewerber Informationen über die konkret verwandten Zuschlagsstoffe und Bindemittel für die Erstellung der Muster. Die Bewerber hatten dadurch die Möglichkeit, diese Angaben für ihre Eintragungen in den o.g. Positionen zu übernehmen. Es trifft zwar zu, dass die Vorgaben im Leistungsverzeichnis nicht missverständlich waren. Durch das Gutachten wurden diese Angaben jedoch weiter konkretisiert. Den Bewerbern sollte damit offensichtlich die Wahl der Putzbestandteile erleichtert werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin im Leistungsverzeichnis in den betroffenen Positionen andere Angaben getätigt hätte, wenn sie von dieser Unterlage Kenntnis gehabt hätte. Unter Berücksichtigung dieser Umstände würde es gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, wenn das Angebot der Antragstellerin ausgeschlossen würde. Die Beigeladene hatte in der mündlichen Verhandlung bestätigt, diese Unterlage, anders als die Antragstellerin, erhalten zu haben. Es kann aufgrund der unzureichenden Dokumentation nicht nachvollzogen werden, welche Bewerber im Übrigen über das Gutachten verfügten. Es wird auch nicht deutlich, aufgrund welcher Anfragen sich die Antragsgegnerin dazu entschlossen hatte, das Gutachten den Bewerbern zur Verfügung zu stellen. Dies stellt im Übrigen einen Verstoß gegen das Transparenzgebot im Sinne des § 97 Abs.1 GWB dar.

Aufgrund der vorgenannten Umstände ist das Vergabeverfahren fehlerhaft. Allein die Tatsache, dass der Antragstellerin die Bieterinformation vom 17.12.2014 nicht übermittelt wurde, steht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 97 Abs. 2 GWB) nicht in Einklang und verletzt sie daher in ihren Rechten im Sinne des §114 Abs.1 S.1 GWB. Darüber hinaus enthielt das Gutachten in fachlicher Hinsicht unzutreffende Angaben. In der Anlage zu dieser Unterlage wurde ein Schreiben an den Restaurator beigefügt. Hier waren die Korngrößen wiederum, so wie im Leistungsverzeichnis, falsch bezeichnet. Es wurde von Korngrößen 0,1 bzw. 0,2mm ausgegangen, die so nicht realisierbar sind. Diese Angaben stimmen auch nicht mit denjenigen auf Seite fünf des Gutachtens überein. Damit ist das Gutachten diesbezüglich in sich widersprüchlich. Wie bereits erwähnt, ist das Vorbringen der Antragstellerin hinsichtlich dieses Dokumentes auch nicht präkludiert. Durch diese Unterlage sollten die Angaben im Leistungsverzeichnis zu den Zuschlagsstoffen und Bindemitteln näher konkretisiert und präzisiert werden. Es ist daher als Bestandteil der Vergabeunterlagen anzusehen. Auch das Leistungsverzeichnis selbst enthielt zu den vorgegebenen Korngrößen in den Pos. 03.2 bis 03.4 fehlerhafte Angaben. Damit sind die diesbezüglichen Parameter in ihrer Gesamtheit in den Vergabeunterlagen nicht zutreffend umschrieben. Anders als die

(15)

15 Beigeladene meint, konnten die Angaben auch nicht zwingend i.S. einer zutreffenden Korngröße von 0 bis 1 bzw. 0 bis 2mm verstanden werden. Hiergegen spricht schon, dass sie selbst in ihrem Angebot die falsche Korngröße ausdrücklich wiederholt hatte und erst in den Aufklärungsverhandlungen dies richtig gestellt hatte.

Um die Vergabeverstöße zu beseitigen, ist es daher geboten, dass die Antragsgegnerin das Vergabeverfahren ab Erstellung der Vergabeunterlagen unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer noch einmal durchführt, soweit sie weiterhin Beschaffungsbedarf hat. Grundsätzlich ist das Vergabeverfahren ab dem Zeitpunkt zu wiederholen, ab dem es fehlerhaft ist (vgl. OLG Celle 13 Verg 16/09, vom 11.02.2010). Die Antragsgegnerin hat dabei die Korngrößen in fachlich zutreffender Weise vorzugeben. Sie hat weiter darauf zu achten, dass alle Bewerber in gleicher Weise über die entsprechenden Leistungsparameter informiert werden. Sie hat dies zu dokumentieren. Ohne dass es darauf ankommt, hat die Antragstellerin zutreffend darauf hingewiesen, dass die Fragen, die das Rechnungsprüfungsamt in seinen Vermerken vom ………. und ………. aufgeworfen hatte, von der Antragsgegnerin nicht in Gänze geklärt worden sind. Auch insoweit ist die Dokumentation unzureichend. Schließlich kann offen bleiben, ob das Angebot der Beigeladenen auszuschließen gewesen wäre, wenn die Vergabeunterlagen vergaberechtskonform gestaltet gewesen wären.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 GWB. Nach dieser Vorschrift hat ein Beteiligter die Kosten zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt, mithin der Antragsgegnerin. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass sie davon abgesehen hatte, eigene Anträge zu stellen. Es ist daher gerechtfertigt, dass sie die Kosten zu tragen hat.

Allerdings ist die Antragstellerin ebenfalls teilweise mit ihrem Begehren nicht durchgedrungen. Dieser Umstand tritt jedoch gegenüber der Tatsache, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wurde, das Vergabeverfahren ab Versendung der Vergabeunterlagen unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen, zurück. Dies ist von außerordentlich hohem Gewicht.

Die Antragsgegnerin ist auch nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungskostengesetz des Landes Sachsen-Anhalt (VwKostG LSA vom 27.06.1991) von der Entrichtung der Kosten befreit. Nach dieser Vorschrift werden Gebühren im Verwaltungsverfahren nicht erhoben für Amtshandlungen, zu denen eine Landes- oder gleichgestellte Behörde Anlass gegeben hat.

Nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VwKostG LSA ist diese Regelung jedoch nicht anzuwenden bei Entscheidungen über förmliche Rechtsbehelfe, z. B. über einen Widerspruch. Das Vergabenachprüfverfahren ist in diesem Zusammenhang mit einem Widerspruchsverfahren vergleichbar (vgl. OLG Naumburg v. 17.09.2002, Az.: 1 Verg 8/02; OLG Naumburg v.

20.09.2012, Az.: 2 Verg 4/12).

Rechtsgrundlage für die Bemessung der Höhe der Gebühren ist § 128 Abs. 2 Satz 1 GWB.

Die Höhe der Gebühren bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Als Grundlage für die Bemessung des wirtschaftlichen Wertes dient der Vergabekammer insoweit die Angebotssumme (brutto) der Antragstellerin. Nach der Gebührentabelle der Vergabekammer ergibt sich ein Richtwert von ………. Euro zuzüglich der Auslagen in Höhe von ………….. Es besteht keine Veranlassung, von diesem Richtwert abzuweichen.

Die Einzahlung des Betrages in Höhe von ………… Euro hat nach Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses durch die Antragsgegnerin unter Verwendung des Kassenzeichen 3300-

………. auf das Konto 810 015 00 bei der Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt, Deutsche

(16)

16 Bundesbank Magdeburg, BLZ 810 000 00, BIC MARKDEF1810, IBAN DE21810000000081001500 zu entrichten.

Der Antragstellerin wird der bereits geleistete Kostenvorschuss in Höhe von

……….. Euro abzüglich der im Rahmen der Akteneinsicht entstandenen Kopierkosten in Höhe von ……… Euro nach Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses zurückerstattet. Dazu wird um Angabe der Bankverbindung gebeten.

Nach § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB hat ein Beteiligter die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des jeweiligen Antragsgegners zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt. Die Antragsgegnerin ist hier als Unterliegende anzusehen und hat daher diese Aufwendungen zu tragen.

Angesichts der sachlichen und rechtlichen Schwierigkeiten des Falls war die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Antragstellerin notwendig (§ 128 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG).

IV.

Der ehrenamtliche Beisitzer, Herr ………….., hat den Vorsitzenden und die hauptamtliche Beisitzerin der Vergabekammer ermächtigt, den Beschluss allein zu unterzeichnen. Ihm lag dieser Beschluss hierzu vor.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Entscheidung kann das Oberlandesgericht Naumburg, Domplatz 10, 06618 Naumburg, innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung dieser Entscheidung beginnt, schriftlich angerufen werden.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen.

Die Beschwerde muss die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, sowie die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt, enthalten.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

……… ………..

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