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Archiv "Zusatznutzen Neuer Arzneimittel: Viele Ärzte haben ein Wissensdefizit" (27.02.2015)

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A 358 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 112

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Heft 9

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27. Februar 2015

ZUSATZNUTZEN NEUER ARZNEIMITTEL

Viele Ärzte haben ein Wissensdefizit

Seit über vier Jahren beurteilt der Gemeinsame Bundesausschuss den Nutzen neuer Arzneimittel.

Bis Ende 2013 wurde dabei nur der Hälfte dieser Medikamente ein Zusatznutzen zugesprochen.

Dennoch verordnen viele Ärzte auch die Arzneimittel, die keinen Zusatznutzen haben.

M

it dem Arzneimittelmarkt- neuordnungsgesetz (AM- NOG) sollten, kurz gesagt, die guten von den schlechten Arzneimitteln un- terschieden werden. Am Ende eines aufwendigen Verfahrens bewertet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) seither den Zusatznutzen neuer Medikamente. Das Ziel des Gesetzes war es zum einen, der ge- setzlichen Krankenversicherung die

Zahlung überhöhter Preise für Scheininnovationen zu ersparen. Mit dem AMNOG sollte aber auch die Qualität der Arzneimittelversorgung verbessert werden. Denn Arzneimit- tel ohne Zusatznutzen, so die Hoff- nung, würden von den Ärzten dann weniger verordnet.

Bewertung ohne Einfluss Dieses Ziel, so zeigt der neue AM- NOG-Report der DAK, konnte bis- lang nicht erreicht werden. Für den Report hat die Universität Bielefeld im Auftrag der DAK die 58 neuen Wirkstoffe analysiert, für die der G-BA bis zum 31. Dezember 2013 eine frühe Nutzenbewertung vorge- nommen hat. Ergebnis: Ob ein Arz- neimittel einen Zusatznutzen hat oder nicht, hat auf das Verord- nungsverhalten der Ärzte gar kei- nen Einfluss. So stieg das Verord-

nungsvolumen im Jahr nach der G-BA-Bewertung bei Arzneimit- teln ohne Zusatznutzen im Durch- schnitt um etwa 19 Prozent. Um beinahe denselben Wert stieg das Verordnungsvolumen von Arznei- mitteln mit einem geringen Zusatz- nutzen. Medikamente mit einem beträchtlichen Zusatznutzen legten hingegen nur um etwa 14 Prozent zu (siehe Grafik). Der Umsatz des

Wirkstoffs Fampridin, der vom G-BA keinen Zusatznutzen erhalten hatte, verzehnfachte sich sogar in den beiden Jahren nach der frühen Nutzenbewertung.

Der Vorsitzende der Arzneimit- telkommission der deutschen Ärz- teschaft (AkdÄ) nennt Gründe da- für: „In Deutschland dominiert wei- terhin das Pharmamarketing“, sagte Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig bei der Präsentation des AMNOG- Reports Mitte Januar in Berlin. Das Monopol der Arzneimittelhersteller auf die Vermittlung von Informatio- nen über neue Arzneimittel habe durch das AMNOG nicht beseitigt werden können. „Jede Woche be- komme ich von Pharmafirmen zwei bis drei Zeitschriften, in denen so- genannte Experten Ergebnisse von klinischen Studien aufbereiten. Das geht häufig nicht konform mit den

Ergebnissen der Nutzenbewertung“, kritisierte Ludwig.

Auch von Pharmafirmen bezahl- te Fortbildungen verhinderten, dass die Informationen aus der frühen Nutzenbewertung die Ärzte erreich- ten. „Wir müssen uns stärker um ei- ne unabhängige Fortbildung küm- mern“, forderte Ludwig. „Es kann nicht sein, dass wir für Veranstal- tungen Fortbildungspunkte verge- ben, von denen wir wissen, dass sie eigentlich Marketingveranstaltun- gen der Industrie sind.“

Appell an die Ärzte

Ludwig appellierte an die Ärzte, keine neuen Arzneimittel zu verord- nen, die keinen Zusatznutzen erhal- ten haben: „Diese Medikamente wurden häufig nur an wenigen Pa- tienten geprüft, und es gibt keine langfristigen Studien über sie.“ Die Wirkungsweise von Standardmedi- kamenten sei hingegen gut bekannt.

Ludwig forderte die Einrichtung eines Runden Tisches, an dem alle zusammenkommen sollten, die ein Interesse an der Vermittlung un - abhängiger Arzneimittelinformati - onen hätten. Dort müsse man versu- chen, die Informationsflüsse zu zentralisieren, damit die Erkennt- nisse aus dem AMNOG-Verfahren auch bei den Ärzten ankämen.

Prof. Dr. rer. pol. Wolfgang Grei- ner, einer der Autoren des Reports, wies zudem darauf hin, dass Arz- neimittel mit einem deutlichen Zu- satznutzen bei den Preisverhand- lungen nicht automatisch einen ho- hen Erstattungsbetrag erzielten.

„Die bislang vereinbarten Erstat- tungsbeträge weisen in Relation zum Zusatznutzen eine deutliche Varianz auf. Eine Abhängigkeit vom Zusatznutzenausmaß kann da- bei zunächst nicht beobachtet wer- den“, heißt es dazu im Report.

Falk Osterloh GRAFIK

Durchschnittli- cher Anstieg des Verordnungsvolu- mens innerhalb ei- nes Jahres im An- schluss an den G-BA-Beschluss bei DAK-Versicherten

Anstieg des Verordnungsvolumens

kein Zusatznutzen

nicht quantifizierbar

geringer Zusatznutzen beträchtlicher

Zusatznutzen

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20

Umsatzvolumen (DDD) in %

P O L I T I K

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