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Archiv "Dermatologie: Gentherapie der Haut" (17.11.2000)

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P O L I T I K

A

A3066 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 46½½½½17. November 2000

D

ie Haut ist aufgrund ihrer leich- ten Zugänglichkeit und durch ihre ausgeprägten Immunfunk- tionen ein besonders attraktives Or- gan für gentherapeutische Eingriffe.

Prinzipiell kann das erforderliche Gen mittels chemischer, physikalischer oder biologischer Methoden (Textkasten 1) in die verschiedenen Zelltypen der Haut – wie Keratinozyten und Fibro- blasten – eingebracht werden.

Nach dem Gentransfer können die veränderten Hautzellen dem Spender als Hauttransplantat zurückgegeben wer- den. Das Transplantat stellt dann direkt

im Wirtsorganimus das Genprodukt für mehrere Monate her. Je nach beabsich- tigter Anwendung ist eine kurzzeitige Herstellung (zum Beispiel bei der Imp- fung oder Abheilung chronischer Wun- den) als auch eine Langzeit- oder Dau- ersynthese vorteilhaft (zum Beispiel bei angeborenen Epidermolysen oder Ich- thyosen).

Bei der direkten Injektion in die Haut wird die „nackte“ DNA mittels einer 30-g-Nadel und einer Tuberkulin- spritze in die obere Dermis injiziert.

Die Epidermis ist neben dem Skelett- muskel das zweite Gewebe, das nackte DNA aufnimmt und exprimiert. Für die initialen Versuche wurde das Marker- gen lacZ ausgewählt, da sich das korre- spondierende Markerprotein ␤-Galak- tosidase (␤-Gal) leicht anhand einer blauen Farbreaktion im Gewebe nach- weisen lässt (Abbildung 1).

Schon etwa drei beziehungsweise sechs Stunden nach Injektion der DNA

lässt sich das nach dem genetischen Bauplan synthetisierte Protein (bis zu

1/30 des zellulären Gesamtproteins) in der Schleimhaut beziehungsweise der Haut nachweisen. Vertikalschnitte inji- zierter Hautbiopsien ergaben, dass die Genexpression fast ausschließlich auf den Bereich der Epidermis (suprabasa- le differenzierende Zellen) beschränkt

ist, was die Fähigkeit der Aufnahme und Expression von Plasmid-DNA in Keratinozyten demonstriert (Abbildung 1, oben rechts).

Der vorübergehende Charakter der Expression (drei bis sieben Tage) und die fehlende Integration in das chromo- somale Erbgut unterstreichen die Si- cherheit der Methode. Auch die erneu- te Expression nach repetitiver Applika- tion und die fehlende Immunreaktion gegenüber dem DNA-Vektorkonstrukt im Gegensatz zu viralen Vektoren sind hier zu erwähnen.

Die Vorteile der In-vivo-Injektion von Plasmid-DNA gegenüber der In- jektion rekombinanter Zytokine oder Wachstumsfaktoren besteht in der Syn- these des Genproduktes für mehrere Ta- ge, was anhaltend hohe Konzentratio- nen ermöglicht. Dies steht im Gegensatz zur raschen Degradation rekombinanter Proteine, die unmittelbar nach deren In- jektion beginnt. Auch unter ökonomi- schen und logistischen Gesichtspunkten (Verfügbarkeit, Größe und Glykosy- lierung des herzustellenden Proteins, Stabilität, Lagerung) ist die DNA-Tech- nologie der Immunisierung mit einer konventionellen Protein- und Peptid- vakzine (so genannte genetische oder DNA-Vakzinierung) überlegen.

Um zu zeigen, dass mittels epithelialer Gentherapie biologisch aktive Proteine hergestellt werden können, wählten wir

Dermatologie

Gentherapie der Haut

Nackte DNA – das heißt ohne virale oder

liposomale Vektoren – wird von den Keratinozyten der Haut aufgenommen.

Techniken des Gentransfers

Physikalisch: Mikroprojektile, Ultra- schall,

direkte Injektion

Chemisch: Liposomen, Calciumphos- phat, Polyplexe

Biologisch: Retroviren, Adenoviren, Adeno-assoziiertes Virus, Herpesvirus Textkasten 1

Medizinreport

Abb. 1: Expression eines Markerproteins nach Injektion der korrespondierenden DNA: ␤␤-Gal-Plasmid-DNA wurde unter Kontrolle des CMV-Promotors intradermal in Schweinehaut (oberes Panel) und submukosal (unteres Panel) injiziert. Nach 24 Stun- den wurde das ␤␤-Gal-Protein (blau) in der entsprechenden Biopsie dargestellt. In der Histologie finden sich transfizierte Keratinozyten in allen Schichten der Epidermis (rechts oben), während in der Schleimhaut (rechts unten) aufgrund des hohen Zellumsatzes nur die oberste Zellschicht positiv ist.

Fotos: Ulrich Hengge

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das Beagle-Modell der oralen Papillo- matose und deren Behandlung mit Hun- de-Interferon-␣-Plasmid. In einer Dop- pelblindstudie wurden humanes IFN-␣- Protein, ein Hunde-Interferon-␣expri- mierendes Plasmid (pCMV:caIFN␣), Kontrollvektor-DNA und PBS alle zwei Tage in die Warzen am Oberkiefer von 17 Beagles injiziert. In dieser Studie zeigte sich, dass 50 Prozent der War- zen in der Hunde-Interferon-␣-Plasmid- DNA-Gruppe nach einer mittleren Be- handlungsdauer von 14 Tagen (entspre- chend sechs Injektionen) verschwunden waren(Abbildung 2).

Weitere mögliche Anwen- dungen dieser neuen Technik liegen neben dem thera- peutischen Einsatz (zum Bei- spiel Psoriasis, Wundheilung, Hauttumoren oder Virus- warzen) in der DNA-Vak- zinierung. Hierbei werden antigene Proteine von Infek- tionserregern und Tumoren in der Haut oder im Muskel exprimiert. Durch das haut- eigene Immunsystem (v. a.

Langerhanszellen) werden potente T- Zell- und B-Zell-Immunantworten ge- neriert. Die Balance der Th1- bezie- hungsweise Th2-Immunreaktion kann durch die Wahl des Vakzinierungsor- gans (Haut beziehungsweise Muskel), der Methode des Gentransfers (Injekti- on versus Partikelbombardement) und durch die Koexpression verschiedener Zytokine („Vakzinierungscocktail“) be- einflusst werden.

Neben der Primärprophylaxe, also ei- ner Impfung im engeren Sinne, können DNA-Vakzinierungen auch als thera- peutische Maßnahme durchgeführt wer-

den, um bei chronischen Infektionen (HIV, Hepatitis C) die bestehende spe- zifische Immunität zu stärken. Die Prak- tikabilität der genetischen Vakzinierung wurde unter anderem am Modell der Impfung gegen Leishmanien gezeigt, in- dem die DNA für das Oberflächen- protein gp63 in die Haut injiziert wurde.

30 Prozent der so immunisierten Mäuse waren vor einer Leishmanieninfektion geschützt. Die Universitätsklinik Essen beginnt demnächst mit einer Phase-I- Studie zur genetischen Vakzinierung ge- gen das MAGE-3-Tumor-assoziierte

Antigen, das bei Patienten mit metasta- siertem malignen Melanom und nicht kleinzelligem Bronchialkarzinom vor- kommt.

Trotz aller Fortschritte gilt es, Lösun- gen für die gegenwärtigen Probleme der Gentherapie zu finden (Textkasten 2).

Um eine breitere und für die Patienten verträgliche Applikation der „nackten“

DNA zu ermöglichen, wird gegenwär- tig an einer Gencreme gearbeitet, die eine wiederholte und schmerzlose topi- sche Applikation erlaubt. Hierzu wird die DNA in Liposomen verpackt, die in ihrer Zusammensetzung der oberen Epidermis entsprechen und diese in die Hautschichten transportieren können.

In dieser Hinsicht sind auch die Haar- follikel interessant, die bei der Penetra- tion der Liposomen eine wichtige Rolle spielen. Letztendlich sind Erkrankun- gen wie Photoaging (Ablagerung de- fekter Bindegewebsfasern) und die Alopezie potenzielle Anwendungsbe- reiche einer solchen therapeutisch einge- setzten Gencreme.

Anschrift des Verfassers:

Priv.-Doz. Dr. med. Ulrich Hengge Universitätshautklinik Essen Hufelandstraße 55, 45122 Essen

P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 46½½½½17. November 2000 AA3067

Herausforderung an die Gentherapie

Gewebe- und Zellzyklus-spezifisches Targeting

Langzeitexpression/-korrektur (Transduktion von Stammzellen)

Therapie eines ganzen Organs

In-vivo-Regulation der Genexpression

Kontrolle der Immunantwort gegen den Vektor

Exzisionsreparatur transdominant negativer Mutationen

Verbesserte topische Applikation („Gencreme“)

Sicherheit und Biokompatibilität Textkasten 2

Abb. 2: Abheilung einer Viruswarze im Beaglemodell nach Therapie mit Hunde-Interferon-␣␣-Plasmid-DNA

Atherosklerose

Rauchen sabotiert die NO-Biosynthese

Rauchen gilt infolge „oxidativen Stres- ses“ als Risikofaktor für die Athero- sklerose. Eine Schlüsselrolle in der Pa- thogenese spielt das körpereigene Stickstoffmonoxid (NO), das in den Endothelzellen kontinuierlich aus der Aminosäure L-Aginin unter Vermitt- lung der NO-Synthase (eNOS) gebildet wird. Die Qualität dieser Enzymreakti- on hängt allerdings von der Bioverfüg- barkeit des Kofaktors Tetrahydro- biopterin (BH4) ab. Wie ein „Zünglein an der Waage“ bestimmt dieser Stoff, ob eNOS die Produktion von endothel- protektivem NO oder von schädi- genden Superoxiden katalysiert. Eine

„Fehlfunktion“ der eNOS scheint durch langjähriges Zigarettenrauchen indu- ziert zu werden.

Dass bei dieser Personengruppe die Tetrahydrobiopterin-Reserven erschöpft sind, haben Forscher der Universitäts- klinik Hamburg-Eppendorf und der Universität Graz kürzlich herausgefun- den. Zum Beweis ihrer These sind sie bei ihren Experimenten den umgekehr- ten Weg gegangen und haben 58 Pro- banden BH4 infundiert. Davon waren 45 chronische Raucher – mit einem täg- lichen Konsum von mindestens zwanzig Zigaretten seit im Mittel 42 Jahren – und 13 Nichtraucher. Alle Teilnehmer wiesen keine kardiovaskulären Risiko- faktoren auf und waren frei von Medi- kationen mit antioxidativen oder vaso- aktiven Arzneimitteln.

Bei den Versuchen wurde die en- dotheliale NO-Synthese mithilfe von Azetylcholin- und Serotonin-Tests sti- muliert und die resultierende Vasodila- tion anhand der plethysmographisch ge- messenen Unterarmdurchblutung quan- tifiziert. Nur bei den Rauchern – nicht aber in der Kontrollgruppe – kam es nach Infusion des eNOS-Kofaktors zu einer signifikant stärkeren Reaktion als nach Infusion von Kochsalzlösung. Da- gegen wurde die durch Nitroprussid- natrium provozierte nichtendothelab- hängige Gefäßerweiterung bei keinem Probanden durch die BH4-Infusion

verstärkt. bl-ki

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