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Archiv "Baby genetisch ausgewählt" (24.11.2000)

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und Fitness nicht entsprechen.“ Führen- de Fortpflanzungsmediziner und Biolo- gen, wie kürzlich der Nobelpreisträger James Watson, sprächen bereits von ei- nem Recht auf ein nichtbehindertes Kind, so Finke. Ein Recht, das sich zu ei- ner Pflicht zur eugenischen Selektion verkehren könne. Die PGD intensiviere die schon in der pränatalen Diagnostik angelegte Tendenz zur eugenisch moti- vierten Auslese behinderten Lebens und öffne gleichzeitig die Tür zur positiven Eugenik. Studien zeigten zum Beispiel, dass in mehr als 90 Prozent der

Fälle, in denen einer Frau im Rahmen von pränataler Dia- gnostik mitgeteilt wird, sie er- warte ein Kind mit Down-Syn- drom, eine Abtreibung vorge- nommen werde.

Doch diese Schwanger- schaftsabbrüche, die bei fest- gestellter Behinderung nach pränataler Diagnostik auf- grund der medizinischen Indi- kation bis zum Ende der Schwangerschaft möglich sind, könnten gerade durch PGD

verhindert werden, erläuterte Prof. Dr.

jur. Joachim Renzikowski, Universität Halle-Wittenberg. Ein später Abbruch einer „Schwangerschaft auf Probe“ sei nichts anderes als eine künstliche Früh- geburt und mit erheblichen Belastun- gen für die Mutter und die Leibesfrucht verbunden, so der Jurist.

Eindeutige gesetzliche Regelung gefordert

Dr. Hildburg Wegener, Netzwerk ge- gen Selektion durch Pränataldiagnostik, wies allerdings darauf hin, dass die Me- thode der PGD ebenso fehleranfällig wie aufwendig sei. Deshalb werde der schwangeren Frau im Richtlinienent- wurf der BÄK zur Absicherung des Ergebnisses eine Fruchtwasserunter- suchung empfohlen. Ein Schwanger- schaftsabbruch müsse also eventuell trotz Präimplantationsdiagnostik vor- genommen werden. Wegener vertritt außerdem die Auffassung, dass die Inan- spruchnahme einer Präimplantations- diagnostik und ein Schwangerschaftsab- bruch nach pränataler Diagnostik gar nicht miteinander verglichen werden

dürften: „Bei einem Schwangerschafts- abbruch reagieren die Beteiligten auf ei- ne schicksalhaft vorgegebene Situation.

Bei der PGD liegt keine Schwanger- schaft vor. Die Beteiligten reagieren auf eine Situation, die sie selbst im Wissen um die sich daraus ergebenden Ent- scheidungen erst herbeigeführt haben.“

Auch von Juristen wird diese Ein- schätzung geteilt. „Die Situation des (ungewollt) gezeugten Embryos in vivo ist mit der Situation eines (bewusst und gewollt) erzeugten Embryos in vitro in

keiner Weise vergleichbar“, sagte Dr.

iur. Elke H. Mildenberger, Universität Münster. Deshalb sei es konsequent, wenn das Embryonenschutzgesetz (ESchG) eine künstlich befruchtete Ei- zelle bereits vom Zeitpunkt der Kern- verschmelzung an schütze, im Paragra- phen 218 dagegen dem Interesse einer ungewollt schwangeren Frau Vorrang eingeräumt und nidationsverhütende Maßnahmen nicht bestraft würden.

Ihrer Ansicht nach ist die PGD mit dem Embryonenschutzgesetz nicht vereinbar.

Prof. Dr. med. Karl Friedrich Sewing, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der BÄK, teilt diese Auffassung nicht. Dennoch plädierte er für eine ein- deutige gesetzliche Regelung, um „be- stehende Wertungswidersprüche aufzu- heben oder diese gar nicht aufkommen zu lassen. Die gesetzlichen Regelungen sollten sich aber auch im Blick auf das europäische Ausland ausrichten mit dem Ziel, ethische Schieflagen zu ver- meiden, etwa in dem Sinne, dass es nicht unbedingt ethischen Normen folgt, wenn wir im eigenen Land Entwicklun- gen unterbinden, die im Ausland ge- wonnenen Ergebnisse jedoch im eige- nen Land nutzen wollen.“ Sobald die

gesetzlichen Rahmenbedingungen klar seien, werde zu prüfen sein, ob und ge- gebenenfalls in welcher Weise berufs- rechtliche Regeln zu erarbeiten oder zu modifizieren seien. Sewing betonte, dass an der prinzipiellen Schutzwürdig- keit des Embryos festgehalten werden müsse. Es sei allerdings nicht auszu- schließen, dass in Einzelfällen eine Gü- terabwägung getroffen werden müsse.

Dagegen vertritt Finke die Auffas- sung, dass der dem Grundgesetz zugrun- de liegende Menschenwürdegedanke davon ausgehe, dass ein Em- bryo vom Moment seines Ent- stehens an schützenswert sei.

Der niedersächsische Behin- dertenbeauftragte wies darauf hin, dass ein abgestufter Schutzstatus des Embryos je nach Entwicklungsstadium im Gegensatz zu anderen Staaten in der Bundesrepublik nicht vorgesehen sei. Das deutsche Rechtssystem schütze den Embryo als solchen, betonte auch der Theologe Prof. Dr.

Dietmar Mieth, Tübingen.

Der Präsident der Bundesärztekam- mer, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hop- pe, begrüßte die „ergebnisoffene“ Dis- kussion bei der Anhörung. „Das ethi- sche Dilemma, Paaren mit hohen gene- tischen Risikofaktoren neue Perspekti- ven öffnen zu können, damit zugleich aber ethische Tabus zu berühren, erfor- dert eine gesamtgesellschaftliche Wer- tediskussion auf breiter Grundlage“, so Hoppe. Er räumte ein, dass ein Patent- rezept für diese Fragen nicht in Sicht sei.

Schließlich dürfe man nicht ignorieren, dass die betroffenen Paare in der Regel weder bewusst auf Kinder verzichten noch sich zu einer Adoption ent- schließen, sondern die PGD in anderen Staaten in Anspruch nehmen. Wenn die PGD in Deutschland zugelassen werden sollte, dann nur, so der Diskussionsent- wurf der BÄK, wenn Rechtssicherheit und ein hohes Schutzniveau über stren- ge und restriktiv zu fassende Zulas- sungskriterien erreicht werden können.

Über die rein medizinischen Aspekte dieses Verfahrens hinaus sei es unver- zichtbar, dass der Bundesgesetzgeber die im Zivil- und Strafrecht notwendi- gen Regelungen vornehme, forderte der BÄK-Präsident. Gisela Klinkhammer P O L I T I K

A

A3152 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 97½½Heft 47½½24. November 2000

Baby genetisch ausgewählt

In Frankreich ist zum ersten Mal ein genetisch aus- gewähltes Kind zur Welt gekommen. Das Baby wurde im Béclère-Krankenhaus im südlich von Pa- ris gelegenen Departement Hauts-de-Seine gebo- ren. Damit wurde in Frankreich erstmals die Präimplantationsdiagnostik angewandt. Das Kind ist nicht von der unheilbaren Krankheit betroffen, die einer der Elternteile in sich trägt und mögli-

cherweise übertragen hätte. afp

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