Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Globusgefühl
schätzen. Daß eine Globussympto- matik aber auch durch eine ernst- hafte Krankheit ausgelöst werden kann, ist nicht zu bezweifeln. Von unseren hundert Patienten hatte je- weils einer ein Ösophaausdiverti- kel, ein Aortenaneurysma oder ein Ösophaguskarzinom; vier Prozent hatten einen Kardiospasmus. Diese Erfahrungen verpflichten zu einer exakten Diagnostik einschließlich der Röntgenkontrastuntersuchung des Ösophagus und notfalls zur Ösophagoskopie. Die Häufung des Kardiospasmus spricht für eine enge Beziehung zwischen Globus- gefühl und Hyperkinese im Öso- phagus; teilweise wird ja auch der Kardiospasmus im Sinne eines
„verschluckten Globus" aufgefaßt.
Bei einem Drittel unserer Patienten kommen als auslösende Faktoren Wirbelsäulenveränderungen mit in Frage. Wenn man Patienten mit schweren Veränderungen der Hals- wirbelsäule befragt, gibt zwar mehr als die Hälfte von ihnen eine Glo- busempfindung an, sie tritt aber gegenüber den anderen stärkeren Beschwerden kaum in den Vorder- grund und ist nur ausnahmsweise ein Anlaß, den Arzt aufzusuchen.
Zwischen funktioneller Stimmstö- rung und Globusempfindung beste- hen enge Beziehungen. Bei Patien- ten mit manifester funktioneller Stimmstörung der hyperkinetischen (hyperdynamischen) Form tritt die fast immer vorhandene Globus- empfindung in den Hintergrund;
der Kranke ist stärker um seine ge- störte Stimme besorgt. Anderer- seits überhört der Arzt auch häufig den leichten Mißklang der Stimme, mit der der Patient über eine Glo- bussymptomatik klagt; die funktio- nelle Stimmstörung wird dann als eigentliche Wurzel der Mißempfin- dung verkannt.
Therapie
Den vielschichtigen Möglichkeiten der Auslösung der Beschwerden des Globusgefühls entsprechend, kann eine pauschale Empfehlung für die Therapie nicht gegeben
werden. In einer kontrollierten Gruppe unserer Patienten ließ sich kein statistisch belegbarer Unter- schied in der Wirkung von Place- bo, Kortikoiden und Sedativa ermit- teln. Die Erfolgsquote dieser Wir- kungsprinzipien lag unter 50 Pro- zent.
Die Gabe von Psychopharmaka hat ihre Berechtigung, wenn es nicht gelingt, auslösende Ursachen auf- zudecken. Bei funktionellen Stimm- störungen verschwindet die beglei- tende Globussymptomatik meist unter der Übungsbehandlung.
Im Falle einer Kanzerophobie (häu- fig) kann der Arzt des Vertrauens nach gründlicher Untersuchung eine „kausale" Behandlung versu- chen, indem er die Furcht des Pa- tienten durch sachliche Aufklärung zerstreut. Anderweitige psychoge- ne Ursachen sollten durch den Psychotherapeuten aufgedeckt und behandelt werden.
Die Wirkung lokaler Maßnahmen ist äußerst schwierig zu beurteilen.
Da anatomische Varianten gleicher Ausprägung, wie langes Zäpfchen oder langer Griffelfortsatz in einem Falle ein Globusgefühl auslösen sollen, in vielen anderen aber kei- nerlei Beschwerden hervorrufen, sollte man die Aussichten chirurgi- schen Eingreifens nicht überschät- zen und nur ausnahmsweise operie- ren. Immerhin kann die Injektion eines Lokalanästhetikums, Elektro- stichelung der Zungentonsille oder eine ähnliche, für den Patienten ungefährliche, aber eindrucksvolle Maßnahme die Behandlung unter- stützen. Dadurch wird neben der suggestiven Wirkung beim Patien- ten das Bewußtsein gestützt, daß der Arzt die geklagten Beschwer- den ernst nimmt; sie tragen auf diese Weise noch zur Heilung bei.
Literatur beim Verfasser
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Helmut Breuninger 7400 Tübingen
Silcherstraße 5
IN KÜRZE
Diagnostik
Pulmonale Insuffizienz bei Frühge- borenen kann nach Erfahrungen im Höpital Herriot in Lyon deutlich gebessert werden, wenn man der Mutter ante partum im Intervall von 24 Stunden zweimal zwölf Milli- gramm Betamethason injiziert. Um vorzeitige Wehen zu verhindern, wurden gleichzeitig fünf Milli- gramm Salbutamol in 500 Milliliter Glukose intravenös infundiert. Bei allen Frauen war die vorzeitige Entbindung (in der 37. Woche post menstruationem) aus gynäkologi- schen Indikationen notwendig.
Während 20 Prozent der Frühge- burten einer Kontrollgruppe ohne Kortikoid-Behandlung infolge man- gelnder Entfaltung der hyalinen Membranen eine pulmonale Insuffi- zienz aufwiesen, wurde diese Rate durch die Injektion auf 4,4 Prozent heruntergedrückt. Nebenwirkun- gen, wie sie gelegentlich in der Literatur beschrieben worden sind, traten in Lyon nicht auf. HH (Fargier, P., et al.: Nouvelle Presse Mödicale 25 [1974] 1595-1597)
Anorektale Erkrankungen bei Kin- dern lassen sich heute mit Hilfe der Elektromanometrie genauer als bisher differenzieren. Dabei wer- den die Drücke in drei offenen, wassergefüllten Polyvenylkathetern gemessen. Die Katheter werden im Rektumsigmoid, im Rektum und im Anorektum plaziert. Durch Stimula- tion des Rektumsigmoids werden dann Defäkationen ausgelöst und die auftretenden Druckschwankun- gen registriert. Mit den so festge- stellten Parametern sind Rück- schlüsse auf die pathologischen Kontinenzmechanismen in den ver- schiedenen Organstrukturen mög- lich. Mit der Methode läßt sich si- cherer entscheiden, ob ein Mega- colon congenitum, eine Anal- sphinkterachalasie oder eine chro- nische Obstipation vorliegen. he (Holschneider, A. M.: Münch. med.
Wschr. 116 [1974] 1129-1138)
3236 Heft 45 vom 7. November 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT