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Archiv "Gicht die unbekannte Krankheit: 11 Gicht die bekannte Krankheit" (11.10.1990)

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den. Die Gicht ist eine exemplarisch klare Krankheit. Wir wissen heute, daß es sich bei fast allen „atypi- schen" Gichtformen um Fehldiagno- sen handelt. Immer wieder haben Lehrbuchartikel und Fortbildungs- veranstaltungen darauf hingewiesen.

Die größte Bemühung in der ärztli- chen Ausbildung und Fortbildung zielt darauf hin, die Gicht in ihren klaren Grenzen darzustellen und sie von anderen definierten Schmerzzu- ständen des Bewegungsapparates ab- zugrenzen. Mehr und mehr stellen sich die Erfolge ein. Die Gicht wird heute nicht mehr so häufig überdia- gnostiziert. Harnsäuresenkende Me- dikamente werden nicht mehr so häu- fig ohne richtige Indikation gegeben.

Der von Herrn Sturm im DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATT veröffent- lichte Artikel ist imstande, genau das Gegenteil von dem zu bewirken, worum man sich bisher bemüht hat.

Auf die unsinnige Forderung, den

Zunächst möchte ich mich gegen den Titel der Veröffentlichung weh- ren: ich darf unterstellen, daß die Gicht — und die Unterscheidung zur asymptomatischen Hyperurikämie — so ziemlich allen Arzten bekannt sein dürfte; allerdings nicht in der Form, wie sie hier dargestellt wird.

Daß der Harnsäurespiegel im Serum irreführend ist, ist unbestrit- ten. Bisher galt jedoch die Lehrmei- nung, daß ein erhöhter Serumspiegel von über 6 oder 7 mg% keineswegs beweisend für Gicht ist, wenn nicht andere Smyptome hinzutreten. Trotz Durchsicht der mir zugänglichen Li- teratur konnte ich den Grenzwert von 3,0 mg% nirgends finden. Mögli- cherweise handelt es sich hier um die Angabe der Konzentration aus dem Vollblut, die 1982 mit 2 bis 4 mg%

angegeben wurde (Strohmeyer und Gerdes in: Klinische Pathophysiolo- gie, Hrsg. W. Siegenthaler, Thieme- Verlag Stuttgart, 1982, S. 137). Diese Bestimmung ist aber nicht üblich.

Nur bei Kindern beträgt der Harn- säurespiegel im Serum im Mittel 3,7 bis 4,2 mg%.

Harnsäurespiegel konsequent unter 3 mg zu halten, möchte ich ebenso- wenig eingehen wie auf andere Un- gereimtheiten. Ich bin der Meinung, daß die diagnostischen und thera- peutischen Vorstellungen nicht nur einen wissenschaftlichen Rückfall darstellen, sondern auch den Bemü- hungen um eine effektive und ko- stensparende Medizin diametral ent- gegenstehen.

Die Gicht war einmal, nämlich in der Mitte der fünfziger Jahre, eine

„vergessene" Krankheit. Eine „unbe- kannte" Krankheit ist sie für die me- dizinische Wissenschaft seit langem nicht mehr, offensichtlich aber noch heute für den Autor dieses unseligen Artikels.

Prof. Dr. med.

Manfred Schattenkirchner Leiter der Rheuma-Einheit der Ludwig-Maximilians-Universität Pettenkoferstraße 8 a

8000 München 2

Nicht zutreffend ist, daß die Be- stimmung im Gewebe überhaupt nicht möglich sei. Neben dem durch- aus möglichen Nachweis von Harn- säurekristallen im Nierengewebe ist sicher die Messung der Harnsäure- konzentration in der Gelenkflüssig- keit als eine Annäherung an die Ver- hältnisse im Gewebe zu sehen und — zumindest in internistischen und rheumatologischen Abteilungen — allgemein üblich. Auch hier ist nicht die alleinige Erhöhung, nicht einmal der Nachweis von Harnsäurekristal- len, beweisend für eine manifeste Gicht; vielmehr wird der intrazellu- läre Nachweis von Harnsäurenadeln gefordert.

Zur Symptomatik: Eine Beteili- gung der Wirbelsäule in Form von Rückenschmerzen und Lumbalgien kommt nur selten, und dann bei schweren und langjährigen Erkran- kungen vor. Da Rückenschmerzen ein überaus häufiges Symptom dege- nerativer Wirbelsäulenveränderung darstellen, sind sie zur Frühdiagnose der Gicht sicher nicht brauchbar.

Unklar ist mir, warum sexuelle Exzesse zur Gichtmanifestation füh- ren sollen, stellen sie doch, rein phy- siologisch gesehen, keine wesentlich

andere körperliche Tätigkeit dar als mittelschwere Arbeit oder Sport.

Auch die Aufzählung der Begleiter- krankungen ist recht unvollständig, vor allem fehlen mir die Nierener- krankungen (cave Uricosurica!), ma- ligne Bluterkrankungen und Katabo- lismus bei konsumierenden Erkran- kungen oder gewünschter Gewichts- abnahme.

Die Diagnose kann — wenn bei atypischer Symptomatik und fehlen- der Möglichkeit zur Gewinnung von Synovia vermutet — klinisch nach wie vor durch das prompte Ansprechen in 75 bis 95 Prozent auf das seit Jahr- hunderten bewährte Colchicin gesi- chert werden, da dieses fast nur beim akuten Gichtanfall wirksam ist; ein Verfahren, das sich besonders in der Praxis empfiehlt, da es zugleich eine prompte Schmerzfreiheit der Patien- ten bewirkt und zur richtigen Dia- gnose beiträgt; zudem ist es auch noch sehr kostengünstig.

Daß die Therapie zunächst zur Schmerzverstärkung führt, ist mir weder aus der Literatur noch aus ei- gener Erfahrung geläufig — gerade die Gicht ist mir als sehr „dankba- res" Krankheitsbild in Erinnerung.

Richtig ist, daß abrupte Änderungen des Harnsäurespiegels Gichtattak- ken auslösen können. Zwar wird die Harnsäure unter anderem durch Uricosurie mobilisiert, abzulesen an der vermehrten renalen Ausschei- dung, dies aber kann Steinbildung zur Folge haben — das ist der Grund für die Empfehlung einer einschlei- chenden Therapie mit diesen Sub- stanzen, die gegebenenfalls zunächst mit Colchicin in geringer Dosierung ergänzt werden kann.

Literatur beim Verfasser

Dr. med. H. Fender Arzt für Allgemeinmedizin Am Katzenstein 5

3590 Bad Wildungen

1 11 Gicht die bekannte Krankheit

A-3134 (66) Dt. Ärztebl. 87, Heft 41, 11. Oktober 1990

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