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Archiv "Einiges aus der Ferien-Dermatologie" (21.06.1979)

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Einiges aus der Ferien-Dermatologie

Günter W. Korting

Aus der Dermatologischen Klinik

(Direktor Professor Dr. med. Günter W. Korting) der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz

In den Ferien — vielleicht sogar während er selbst Feriengast ist — bekommt der praktisch tätige Arzt mit schöner Regel- mäßigkeit bestimmte Haut- krankheitszustände zu sehen.

die weder in den Lehrbüchern noch in den Vorlesungen un- ter dem Begriff „Ferien-Der- matitiden" erscheinen, noch optisch besonders herausge- stellt werden. Diese Krank- heitszustände seien deshalb hier in einer kurzen Bearbei- tung zusammengefaßt und mit entsprechenden Beispielen vorgeführt.

Der ausgedehnte, die Landesgren- zen häufig überschreitende Reise- verkehr hat die Beschäftigung mit dem Kranken über dessen Familien- und Eigenanamnese hinaus um die topographische beziehungsweise geographische Krankengeschichte erweitert. Derzeit muß man nunmehr auch bei uns mit bisher ungewohn- ten Krankheitsbildern infolge Ein- schleppung durch Reisende oder Besucher rechnen.

Bei solchem Import—Export von Krankheiten, wie er heute gang und gäbe ist, konnten wir in letzter Zeit aus unserer Klinik neben Fällen von Lepra (Busch u. Korting*), unge- wöhnlicher Leishmaniasis (Korting u. Hoede) oder der Dasselbeule (Sundhaußen, Denk u. Korting) al- lein im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT über die Nematodenkrankheit Loia- sis, die Kalabarschwellung (Bork, Herzog u. Weis, Heft 12/1977) und die Sandfloh-Krankheit (Bork u. Oh- mer, Heft 7/1977) berichten.

In dieser Übersicht soll dagegen auf an sich mehr einheimische Haut- krankheitszustände in der Urlaubs- zeit der Blick geworfen werden, wo- bei im Rahmen einer solchen Fe- rien-Dermatologie entsprechend der gegenwärtigen Sommersaison Be- kannteres oder auch vielleicht Un- bekannteres zusammenfassend in Erinnerung gebracht sei.

Akute und

chronische Lichtschäden

Der seit der Wilhelminischen Ära im- mer stärker in Mode gekommene Licht- beziehungsweise Bräunungs- hunger unserer Tage muß zwangs- läufig zu einer vermehrten Beobach- tung von akuten, aber auch chroni- schen Lichtschäden führen, wie sie durch die Einwirkung von UV-Strah- len zustande kommen. Zwar wird der weitaus größte Teil des für die Erythem-Wirkung bedeutsamen UV- B-Bereichs (290-320 nm) bereits vom Stratum corneum abgefangen, welches sich, teleologisch betrach- tet, im Verein mit verstärkter Pig- mentbildung zum Strahlenschutz verdickt (Guillaume, 1926; Miescher, 1930). Diese „Lichtschwiele" dient neben dem „roten Sonnenschirm"

der Erythrozyten (Finsen) und dem

„braunen Sonnenschirm" des Pig- ments (H. Meyer) als dritter, soge- nannter „trüber Sonnenschirm"

(Schall u. Alius), wozu als weiterer physiologischer Lichtschutz der Epidermis neuerdings die Urokanin- säurebildung gerechnet wird. Durch die „Entfaltung" dieser protektiven Mechanismen wird das kurzwellige UV mehr und mehr abgeschirmt, während das langwelligere UVA mit seiner Bräunungskraft, die sogar

•) Die Gesamtliteratur ist in den Sonderdruk- ken aufgeführt, die vom Verfasser bezogen werden können.

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Abbildung 1 (links):

Überdeckung eines kräftigen Lues-Il- Exanthems durch starke Bräunung bei einer Camperin („Bikini-Lues")

Abbildung 2 (rechts):

Beginnender Sonnenbrand (follikulärer Akzent des Exanthems) Abbildung 3 (unten):

Spröde, rissige Haut durch Sonnenbrand kräftige Exantheme überdecken

kann (Abbildung 1), praktisch unge- hindert in den subepidermalen Raum hineinzugelangen vermag.

Phänomenologisch handelt es sich beim Sonnenbrand (Dermatitis sola- ris) um eine in Wellen ablaufende, grundsätzlich reversible Reaktion, die durch lichtinduzierte Mediatoren ausgelöst wird und gegenüber dem gleichfalls lichtproduzierten flä- chenhaften Pellagra-Erythem sich durch ihre grundsätzlich punktför- mig, das heißt follikulär orientierte Anfangsweise unterscheidet (Abbil- dung 2).

Diese Dermatitis solaris acuta wird eigentlich immer zu spät bemerkt, weil sie erst nach einigen Stunden Latenz zustande kommt. Sie wird durch Reflexion von Wasser, Schnee und Eis („Gletscherbrand"), weniger auch durch Sand, je nach

dem Einfallswinkel, gesteigert und vor allem durch die austrocknende Wirkung des Windes vermehrt, was zu der bekannten Sprödigkeit und Rissigkeit einer so exponierten Hautdecke führt (Abbildung 3). Auch ein Strandschirm oder Abdeckung durch manche Kunstfasertextilien vermögen in der Regel nur einen unzureichenden Schutz zu bieten, zumal, wenn der Reisende etwa zwi- schen Ende Februar und April mit unadaptiertem Hautorgan aus son- nenarmen, rasch in sonnenreiche Zonen übertritt. Wichtig ist ferner die Beachtung einer etwaigen kon- stitutionellen Lichtempfindlichkeit (Abbildung 4). Trägern einer solchen (Eccema solare, chronisch polymor- pher Lichtausschlag, Lichturtikaria usw.) ist diese aber meist selbst be- kannt, so daß von vornherein dem- entsprechende Schutzmaßnahmen eingehalten werden.

Bedeutsam ist sodann die Sensibili- sierung beziehungsweise Allergisie- rung durch manche Arzneimittel (speziell Sulfonamide einschließlich solcher oraler Antidiabetika, Deme- thyltetracyclin, Hydrochlorothiazid, manche Antimycetica oder Pheno- thiazine). Durch das fotosensibilisie- rende Eosin beziehungsweise durch Eosinsäure kann eine lichtbeding- te Lippenstiftdermatitis zustande kommen. Aus der Gruppe der Pho- to- und Phyto-Photodermatosen sind als weitere praktische Beispiele die Wiesengräserdermatitis (Abbil- dung 5), die Dermatitis bullosa stria- ta pratensis (Oppenheim und Fess- ler) sowie die Berlock-Dermatitis (Freund und Rosenthal, Einzelheiten bei Friederich, Höring und Korting) (Abbildung 6) anzuführen, bei denen die derzeit vermehrt auch therapeu- tisch herangezogenen Furocumari- ne von Bedeutung sind.

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Abbildung 4 (links oben):

„Sommer- Eruption"

Abbildung 5 (rechts oben):

Wiesengräser- Dermatitis Abbildung 6 (links unten):

Berlock- Dermatitis Abbildung 7 (rechts Mitte):

chronisches Lichtekzem Abbildung 8 (rechts unten):

Miliaria

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 25 vom 21. Juni 1979 1683

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Für die praktisch-kosmetische Seite erscheint übrigens bemerkenswert, daß Bergamotteöl nur in spirituöser Lösung, kaum aber in einer gleich- zeitig sonnenprotektiven Creme- Form zu einer solchen Berlock-Der- matitis führt. Auch vor Kontakten mit Pastinak, Riesenbärenklau (Hera- cleum), Sellerie, Petersilie, Fenchel und Dill ist in solchem Zusammen- hang zu warnen (weitere Einzelhei- ten bei Pathak).

Gegenüber derartigen akuten pho- toallergischen und photo-traumati- schen Reaktionen, zu denen noch die Provokation einer Herpes-sim- plex-Eruption nach Sonnenein- strahlung („Herpes solaris") zu zäh- len wäre, werden die eigentlichen Lichtkrankheiten (u. a. Xeroderma pigmentosum, Hidroa vacciniformia, neuerdings auch die aktinische reti- kuläre Hyperplasie) sowie vornehm- lich jene auf einer lange bestehen- den aktinisch-senilen Elastose der Cutis beruhenden Veränderungen der chronischen Lichthaut, die zum Lichtkrebs (Abbildung 7) hinführen oder hinführen können, im allgemei- nen wohl nur den Hautarzt beschäf- tigen (Landmanns- und Seemanns- haut, Cheilitis actinica, Keratomata senilia o. ä.). Auf jeden Fall gilt heute die Korrelation zwischen der Häufig- keit des Hautkrebses und einer chronisch ungeschützten Sonnen- einwirkung zumindest für manche geographische Breiten als gesichert (Götz, Jung u. a.).

Überbeanspruchung der Thermoregulation

Erfahrungsgemäß stärker bean- sprucht wird bei der in den Ferien häufig gegebenen protrahierten Ex- position gegenüber Wind und Wet- ter auch die Thermoregulation durch die Haut, wobei hier von der Seite des Dermatologen aus ledig- lich auf die Hyperpyrexie durch eine vorangehende Unterdrückung der Schweißsekretion aufmerksam ge- macht sei, wie sie ja lehrbuchgemäß von dem anatomisch bedingten Mangel des Schweißdrüsenappara- tes bei der Anhidrosis hypotrichoti- ca her bekannt ist.

Häufiger begegnet man aber wohl bei raschem und extremem Klima- wechsel einem anderen Schwel ßver- haltungssyndrom, den Schweißfrie- selausschlägen (Miliaria [Abbil- dung], Sudamina). Diese kommen durch einen keratotischen Ver- schluß des Schweißdrüsenporus und eine anschließende Gewebsrei- zung im Bereich der oberen intra- epidermalen Schweißgangsanteile durch Schweißinhaltstoffe zustande, wozu dann bald der schädliche Ein- fluß von Staphylokokken tritt. Wäh- rend der Eruptionsphase verspüren die Betroffenen entweder einen mä- ßigen Juckreiz oder ein eigentümli- ches Prickeln der Haut, welches die- sem Ausschlag die Bezeichnung

„Prickly heat" eingetragen hat.

So gesehen, versteht sich fernerhin durch eine schweißbedingte Ver- schiebung der Terrainverhältnisse auch die Häufigkeit von blasigen Ei- terflechten (lmpetigo), Schweißdrü- senabszessen oder sonstigen Pyo- dermieformen bei ungewohnt hohen

Temperaturen und hohen Luftfeuch- tigkeitsgehalten, mit denen zwangs- läufig eine stärkere Mazeration na- mentlich miteinander reibender („intertriginöser") Hautbezirke ver- bunden ist. Daß unter solchen Be- dingungen jedoch auch der Talg- drüsenapparat vermehrt in Mitlei- denschaft gezogen wird, ersehe man aus dem Bilde der neuerdings so bezeichneten Mallorca-Acne (z. B. Hjorth u. Mitarb.), das heißt der

„Acne aestivalis", wohingegen bei rascher Rückkehr von der Kälte in die Wärme sozusagen als Wiederer- wärmungsschaden eine „Perniosis"

in Erscheinung treten kann.

Bade-Schädigungen

In diesem Zusammenhang ist schließlich überhaupt auf die unter Umständen schädigenden Wirkun- gen von langdauernder Wasserbe- rührung hinsichtlich einer Infektion durch Bakterien und nicht zuletzt durch Pilze zu verweisen, ohne hier im einzelnen auf die schon um die Jahrhundertwende so genannten Schwimmbadmykosen eingehen zu wollen. An dieser Stelle sei lediglich

mit Nachdruck unterstrichen, daß häufiges und/oder sehr langes Ver- weilen im Wasser grundsätzlich, wie von der „Waschfrauenhand" („Ec- cema lotricum") früher geläufig, wasserlösliche, und zwar vermutlich als Gerüstsubstanzen wichtige, In- haltsstoffe aus der Haut extrahieren kann, wofür wir selbst früher den diesbezüglichen Nachweis von Ami- nosäuren (Korting u. Nitz-Litzow) und kohlenhydratähnlichen Stoffen (Adam u. Korting) geführt haben.

(Einzelh. ferner bei Gartmann sowie Götz).

Als äußerst seltenes Ereignis ist auch die Wasser-Kontakt-Urtikaria herauszustellen, während eine Käl- te-Urtikaria einen akuten Badetod (Graßl) (zum Beispiel beim Sprung in ein Schwimmbecken) verursa- chen kann.

Bei Schwimmbadbesuchern werden vornehmlich unter der Badeklei- dung durch Algen urtikariell akzen- tuierte Intoleranzreaktionen der Haut („seabathers' eruption") und infolge des Kontakts mit Gabel- schwanzlarven (Zerkarien) die Bade-, Schwimmer- oder Zerkarien-Derma- titis (swimmer's itch, „gale de na- geurs" o. ä.) beobachtet. Diese Schistosomatiden gelangen über Schlammschnecken (hauptsächlich Limnaea) als Zwischenwirt mit dem Fehlwirt Mensch in Berührung, bei dem sich innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Bad ein makulo- papulöses, seltenerweise auch hä- morrhagisch durchsetztes, Exan- them entwickelt. Dieses tritt be- zeichnenderweise im besonderen an den Körperteilen, die im Wasser die meiste Kontaktgelegenheit hatten, also an Stamm und Gliedmaßen, auf.

Während Abspülen und Duschen für gewöhnlich ohne Einfluß auf die weitere Dynamik der Hautreaktionen bleibt, soll intensives Abfrottieren bei den ersten Symptomen eines Zerkarienkontakts den weiteren Re- aktionsablauf verhindern können.

Über diese Zerkarien-Dermatitis, die im allgemeinen ohne sonderliche Bluteosinophilie abläuft und auch ohne Therapie innerhalb weniger Tage abklingt, wurde in den letzten Jahren wiederholt berichtet (zum

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Beispiel Lipp u. Mitarb.; Krampitz u.

Mitarb.), wie auch eine ausführliche geographische Übersicht zum Vor- kommen dieser „Schistosomen- Dermatitis" im DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT, Heft 21/1965 von Schmidt, Kerner u. Kampf veröffentlicht wurde.

Schädigungen durch Tiere

Über Schädigungen durch andere niedere und höhere, aktiv giftige Tiere kann in dem hier gesteckten Rahmen nur auswahlweise berichtet werden, zumal hiervon in den medi- zinischen Zeitschriften immer wie- der die Rede ist. Von den 700 000 bekannten Insektenarten sei des- halb nur einiges über die Hymenop- teren (Abbildungen 10a bis 10d) er- wähnt (Bienen, Hummeln, Wespen und Hornissen), für die ja der Mensch bekannterweise different at- traktiv ist, was unter anderem mit der Ausscheidung von Aminosäu- ren, Milch- und Benztraubensäure, aber auch von Östrogenen zusam- menhängen soll. Von den Insekten- giften sind als Bestandteile neuer- dings neben Histamin, Serotonin, Bradykinin und Acetylcholin ferner Phospholipase A, Hyaluronidase und die sogenannten Allergene B und C erörtert worden. Das Gift der Bienen eben ausgeschlüpfte oder pollenfrei aufgezogene sowie ältere Bienen sind praktisch ohne Gift —, welches mit dem haftenden Bienen- stachel eindringt, der deshalb samt der Giftblase baldmöglichst mittels des Fingernagels oder noch besser mit einer Pinzette zu entfernen ist, wirkt direkt toxisch, kann aber auch seltener Weise je nach vorausge- gangener Sensibilisierung allergi- sche Reaktionen vom Schocktyp auslösen (generalisierte Urtikaria, Juckreiz an Zunge und Nase, Übel- keit, Kopfschmerzen, Bewußtseins- störungen usw.). Über die Behand- lung, einschließlich eventuell auch der Rezeptur eines Notfallbestecks beziehungsweise einer Schockapo- theke (Stauschlauch, Dosieraerosol, zum Beispiel Alupent, Berotec, Bet- nesol-WL-Tbl. o. ä.) haben in dieser Zeitschrift 1976 Becker-Reinhardt und Korting berichtet.

Über die Behandlung der Überemp- findlichkeit gegenüber Insektenbis- sen- respektive -Stichen sei auf die aktuelle BENCARD Information, Heft 1 und Merkblatt 4, verwiesen.

Wie praktisch wichtig dieser Fragen- komplex ist, erhellt unter anderem aus der Tatsache, daß in den USA über 30 Personen jährlich durch Hy- menopteren-Stiche getötet werden sollen (Barnard). In Einzelfällen kann es über eine akut allergische Herz-Kreislauf-Reaktion hinaus auch zur Bronchialobstruktion kom- men (Hoignö u. Mitarb.). Weiterhin ist daran zu erinnern, daß — im Ge- gensatz zum sterilen Bienenstich dem Stiche der Wespen und Stech- hummeln nicht selten ausgedehnte Lokalinfektionen nachfolgen kön- nen. Bei Imkern sind zudem, unab- hängig vom Bienenstich, auch Kon- taktintoleranzen durch den soge- nannten Bienenleim möglich (weite- re Einzelheiten Korting, 1970).

An Verhaltungsmaßregeln, nament- lich bei der an sich selten vorhande- nen Bienen-Wespenstich-Allergie, wird man tunlichst blühende Bäume und Blumen, Barfußgehen, Pflücken von Fallobst, an sich selbst starke Parfüms sowie farbig-blumig gemu- sterte Kleidung meiden, während auf die Lockstoffe im Schweiß (Schweißausbrüche bei sportlicher Betätigung!) bereits aufmerksam gemacht wurde. Bienen lieben Klee, während Wespen oft an alten Baum- strünken ihre Nester haben! In der Wohnung empfiehlt es sich, im Schlafzimmer bei Tage geschlosse- ne Fenster zu halten oder „Fliegen- fenster" zu verwenden.

Die grundsätzlich prurituösen Haut- reaktionen auf Mückenstiche erzeu- gen beim Kleinkind nicht selten das eindrucksvolle Bild eines Strophu- lus infantum, bei Jugendlichen die pemphigoid imponierende Reaktion der Culicosis bullosa.

Zweifellos geringer ist die prakti- sche medizinische Bedeutung des Giftes von Ameisen, Käfern und Schmetterlingen („Lepidopteria- sis"), wobei dem Dermatologen al- lerdings durch die (mechanisch irri-

tierenden) Raupenhaare und Rau- pengifte neben allgemeinen Sym- ptomen (einschließlich Albuminurie) wiederum die meist strichförmig an- geordneten Vesikulationen beson- ders geläufig sind (vor allem: Ligu- ster- oder Prozessionsspinner). Von den Stachelhäutern (Seegurken, Seesterne, Seeigel usw.) wie von den Quallen vom Stamme der Nes- seltiere (Cnidaria) gibt es als charak- teristisches Bild einer sulzig-ödema- tösen Hautreaktion das der „Derma- titis medusica", bei der stärkere All- gemeinsymptome wie Kopfweh, Erbrechen, Durchfall keineswegs immer fehlen und denen später eine sarkoide Granulombildung nachfol- gen kann. — Mittels verschiedener Quallenfraktionen hat übrigens 1901 Charles Richet zusammen mit dem Zoologen Paul Portier auf der Jacht des Fürsten Albert I. von Monaco,

„Princesse Alice II" das Phänomen der von ihm so genannten Anaphyla- xie studiert (Einzelheiten bei Scha- dewaldt).

Wie zu sehen, ist mithin die Wirkung der tierischen Gifte außerordentlich komplex, wobei deren Wesen sich ganz allgemein auf die Induktion ei- ner Permeabilitätsstörung gründet, wie sie in unseren Breiten beson- ders exemplarisch an dem Biß von Giftschlangen für gewöhnlich er- kenntlich an zwei Blutstichpunkten (Abbildung 11) innerhalb eines öde- matösen Bezirks mit nachfolgender schwerer allgemeiner Symptomatik einschließlich Blutgerinnungsstö- rung und Makrohämaturie — deutlich wird.

Einnistung von Fliegenlarven (Ma- den) in Hautwunden (Abbildung 12) unter dem Bilde einer Myiasis exter- na ist unter normalen Bedingungen wohl selten anzutreffen, während wir hingegen das charakteristische Bild der „Creeping eruption" (Abbi I- du ng 13) in den letzten Jahren bei heimkehrenden Urlaubern wieder- holt beobachten konnten. Als Erre- ger für diesen „Hautmaulwurf", der sich in 24 Stunden durchaus mehre- re Zentimeter fortbewegen kann, kommen entweder Larven einer Flie- genart (zum Beispiel Pferdemagen- bremse: Gastrophilus oder Hypono-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 25 vom 21. Juni 1979 1685

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Abbildung 9 (links): Zerkarien-Dermatitis

Abbildung 10: Stichreaktionen durch Hymenopteren a) (oben) durch Bienenstich

b) u. c) (rechts Mitte) durch Wespenstich

d) (rechts) durch Mückenstich („Culicosis bullosa")

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Abbildung 11 (oben):

Schlangenbiß. Deut- liche Blutstichpunkte innerhalb einer Odematisierung Abbildung 12 (links):

Fliegenlarven in einer Hautwunde Abbildung 13 (unten):

Creeping eruption (Larva migrans) Abbildung 14 (rechts): Erythema chronicum migrans Abbildung 15 (rechts unten).

haftende Zecke

derma equi) oder Nematoden, spe- ziell nach Ruhen auf feuchtem Sand an Badestränden, in Betracht.

Zum therapeutischen Zweck friert man das Gangende mit Chloraethyl ein oder wendet Thiabendazole (2%ig in DMSO [90%ig]) an. Bei den

durch Zecken (hauptsächlich Ixodes ricinus seu reduvius) in Europa übertragenen Krankheiten, von de- nen die Frühsommer-Meningoenze- phalitis von Nordeuropa bis nach Griechenland sowie das mediterra- ne Fieber besonders bedeutungsvoll sind, ist hauterscheinungsbildlich,

neben der Lymphadenosis benigna cutis und der Acrodermatitis chroni- ca atrophicans, speziell das Erythe- ma chronicum migrans (Abbildung 14) hervorzuheben, von dem wir in den letzten Jahren auch fieberhafte und lokal hämorrhagische Verläufe sahen (Brachtel u. Korting).

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 25 vom 21. Juni 1979 1687

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Hämobilie

bei Lebermetastasen

In etwa 6 Prozent geht eine Hämobilie (Blutung aus der Vaterschen Papille) auf einen Tumor in der Leber, in der Regel ein Leberzellkarzinom zurück.

In seltenen Fällen kann auch einmal der Einbruch von Lebermetastasen in einen größeren Gallengang zu einer profusen Blutung aus der Vaterschen Papille führen. Melaena und/oder Hämatemesis, kolikartige Ober- bauchschmerzen und Ikterus infolge einer Verlegung der ableitenden Gallenwege durch Blutkoagel sind die klinischen Leitsymptome. Die Diagnose wird gestellt durch den endoskopischen Nachweis einer Blutung aus der Papille, eine Angio- graphie, die einen Kontrastmittel- austritt in den Gallengang zeigt, sowie die retrograde Cholangiogra- phie, bei der sich eine Tumorverle- gung eines Gallengangs findet.

Goldner, F.: Hemobilia secondary to metastatic liver disease, Gastroenterology 76 (1979) 595-598, Gastroenterology Service, Depart- ment of Medicine, Wm. Beaumont Army Medi- cal Center, El Paso, Texas

Magensonde bei der Behandlung der akuten Pankreatitis überflüssig?

Das Legen einer Magensonde ge- hört zu den Routinemaßnahmen bei der akuten Pankreatitis. Dadurch soll zum einen der Übertritt von Salzsäure in den Zwölffingerdarm verhindert werden (Hemmung der endogenen Sekretinfreisetzung), zum anderen bei der häufig vorhan- denen Subileussituation eine Entla- stung nach oben erfolgen. Bei 58 Patienten mit leichter bis mäßiggra- diger akuter Pankreatitis wurde die Magensonde im Rahmen einer ran- domisierten Studie einer kritischen Prüfung unterzogen. In beiden Be- handlungsgruppen fand sich kein Unterschied hinsichtlich der klini- schen Beschwerdesymptomatik, der Serumamylasespiegel, des Intervalls bis zum Umsetzen auf eine orale Er- nährung nach primär parenteraler Ernährung und der Hospitalisa-

tionsdauer. Aus diesem Grunde soll- te eine Magenverweilsonde, die ja zu einer nicht unerheblichen Beein- trächtigung des Allgemeinbefindens führt, nicht routinemäßig bei allen Patienten mit einer akuten Pankrea- titis eingesetzt werden. Indiziert ist die Magensonde nur bei einer Duo- denalstenose oder einem paralyti- schen Ileus im Rahmen einer schwe- ren akuten Pankreatitis.

Naeije, R.; Salingret, E.; Clumeck, N.; de Troy- er, A.; Devis, G.: Is nasogastric suction neces- sary in acute pancreatitis? Br. med. J. 2 (1978), 659-660, Department of Internat Medicine, Saint-Pierre University Hospital, B-1000 Brus- sels, Belgium

Diagnose

des Morbus Hirschsprung durch Rektumbiopsie

1972 haben Meier-Ruge und Mitar- beiter auf eine erhöhte Acetylcholin- esteraseaktivität in der Lamina pro- pria des aganglionären Rektums bei Kindern mit einer Hirschsprung- schen Erkrankung hingewiesen. Die Autoren haben die Effizienz dieser einfachen färbetechnisch allerdings aufwendigen Methode analysiert, die an Rektumbiopsiepartikeln prak- tiziert wird. Bei 68 Kindern im Alter zwischen zwei Tagen und 14 Jahren mit Verdacht auf einen Morbus Hirschsprung wurde zusätzlich die Acetylcholinkonzentration im Gewe- be quantitativ bestimmt. Bei den zwölf Patienten mit gesicherter Dia- gnose einer Hirschsprungschen Er- krankung lag die Acetylcholineste- raseaktivität bei 30,5 x 10 -7 units/g Gewebe, bei den übrigen Patienten bei 5,0 x 10-7 units/g. Die Bestim- mung der Acetylcholinesteraseakti- vität in der Rektumschleimhaut, die auch bei einem Partikelgewicht von 4 Milligramm Feuchtgewicht noch möglich war, erlaubte eine sichere Differenzierung zwischen dem obengenannten Krankheitsbild und anderen Erkrankungen.

Dale, G.; Bonham, J. R.; Lowdon, P.; Wagget, J.; Rangecroft, L.; Scott, D. J: Diagnostic value of rectal mucosal acetylcholinesterase levels in Hirschsprung's disease, Lancet 1 (1979), 347-349, Departments of Clinical Biochemis- try, Surgery and Pathology, University of New- castle upon Tyne, NE1 4LP

Die Zecken (Abbildung 15), übrigens Milben aus der Ordnung der Spin- nentiere, die beim Gang des Men- schen durch niederes Buschwerk vielleicht infolge Schweißgeruchs (Oxy-Buttersäure!) angelockt und abgestreift werden, dürfen, wenn sie sich mit ihrem Stachelapparat in die Haut eingebohrt haben, nicht her- ausgerissen werden, sondern sind nach Ersticken mit Petroleum, einer Salbe oder einem Gel nach einiger Zeit mühelos mit einer Pinzette zu entfernen, ohne daß man ihren Kopf abreißt. Hauterscheinungen durch Taubenzecken, worüber wir im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT, Heft 31/1976 berichtet haben (Korting u.

Hoost), kommen demgegenüber wohl weitaus seltener vor.

Wie vielleicht schon aus diesem knappen Exkurs zu sehen, hält die

„Ferien-Dermatologie" für Patient wie Arzt einen eventuell nicht allzu geläufigen Überraschungskatalog parat, dessen Kenntnis und Beherr- schung vielleicht zum ungetrübten Urlaubsglück beizutragen vermag.

Literatur

Adam, W., u. Korting, G. W.: Quantitative Be- stimmung PAS-positiver Substanzen in Haut- dialysaten, Arch. Derm. Syph. 199 (1955) 269-274 — Becker-Reinhardt, H.-J., u. Korting, G. W.: Anaphylaktische Reaktionen (II), Dtsch.

Ärztebl. 73 (1976) 2645-2646 — Brachtel, R., u.

Korting, G. W.: Zur febrilen und hämorrhagi- schen Atypie des Erythema chronicum mi- grans, Med. Welt 24 (1973) 81-86 — Friederich, H. G., Höring, H., Korting, G. W.: Berlockder- matitis — bisheriges Wissen und Problematik, Zschr. Haut- u. Geschl. Krkh. 27 (1959) 255-367

— Korting, G. W., u. Nitz-Litzow, D.: Zur Kennt- nis der Aminosäurenabscheidung der Haut- oberfläche, Arch. f. Derm. u. Syph. 194 (1952) 405-413 — Korting, G. W., u. Hoede, N.: Ulcerö- ses Leishmania tropica-Granulom der Zunge, Arch. Derm. Forsch. 247 (1973) 111-116 — Kor- ting, G. W., u. Hoost, E.: Taubenzecken-Derma- titis, Dtsch. Ärztebl. 73 (1976) 2021-2024 — Sundhaußen, G., Denk, R., u. Korting, G. W.:

Cordylobia anthropophaga, Med. Welt 23 (1972) 75-76 — Schmidt, B., u. Kerner, H.: Der- matitis durch Schistosomenlarven, Dtsch. Ärz- tebl. 21 (1965) 1174-1182.

Anschrift des Verfassers:

Professor

Dr. med. Günter W. Korting Hautklinik der

Johannes-Gutenberg-Universität Helmholtzweg 16

6500 Mainz

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