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Archiv "Dermatologie - Scabies: Die unter die Haut geht" (20.02.2004)

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Ü

berraschend häufig schaffte es die nur knapp 0,5 Millimeter große Krätzmilbe in den vergangenen Wochen in die Schlagzeilen: „Neue, ag- gressive Krätzeform bedroht Heime“

warnte die Berufsgenossenschaft für Ge- sundheitsdienste und Wohlfahrtspflege (BGW), Hamburg, ihre fünf Millionen Versicherten im Dezember 2003. Auch die Zeitschrift „Der Spiegel“ berichtete erst kürzlich über eine Krätzeepidemie in Altenheimen und Kindergärten. Wäh- rend einige Dermatologen die ihnen be- kannten Fälle als deutliches Zeichen für ein verstärktes Vorkommen der para- sitären Erkrankung werten, deuten an- dere das wachsende Interesse an der Krätzmilbe lediglich als Zeichen einer gewachsenen Sensibilität für das Thema.

Drei Krätzefälle pro Woche

Von „zurzeit drei Krätzefällen pro Wo- che“ berichtet zum Beispiel der leitende Oberarzt der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie/Univer- sitätshautklinik Kiel, Prof. Dr. med. Dr.

rer. nat. Ehrhardt Proksch, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Auch aus Krankenhäusern und Pflegeheimen sei- en in den letzten Jahren vermehrt Fälle von Scabies gemeldet worden. Dr. med.

Torsten Hauschild, Dermatologe aus Rheinfelden und Sprecher des Berufs- verbandes der Deutschen Dermatologen e.V., geht sogar von einer 20-prozentigen Steigerungsrate in den vergangenen zehn Jahren aus. Je Quartal zählt seine Praxis zurzeit einen Infektionsfall.

Beide Hautärzte beobachteten den Krätzebefall verstärkt bei Patienten aus Großfamilien, bei Mitbürgern aus osteu- ropäischen Ländern und bei älteren Pa- tienten. Die Erkrankung zeichnet sich durch starken Juckreiz und die Bildung von Papulovesikeln aus. Als Folge des

Kratzens kann es zu Ekzembildungen und eitrigen Krusten kommen.

„Gerade bei alten und kranken Men- schen kommt es aufgrund eines schwa- chen Immunsystems häufig zu einer Verstärkung des klinischen Bildes“, weiß der Dermatologe. Diese als scabies norvegica bezeichnete Form ist hoch an- steckend und geht mit einer massenhaf- ten Milbenvermehrung einher. Aller- dings: Bis sich bei den Patienten die ty-

pischen Symptome ausprägen, vergehen in der Regel drei bis sechs Wochen. In dieser langen Inkubationszeit nimmt die Milbenpopulation kontinuierlich zu.

Das Weibchen, das sich täglich zwischen 0,5 und fünf Millimetern durch die Haut des Betroffenen gräbt, legt jeden Tag zwei bis drei Eier. Es kann bis zu acht Wochen unter der Haut überleben.*

Für Dr. med. Frank Haamann, Ar- beitsmediziner bei der BGW, steht eine Ausbreitung der Scabies außer Zweifel:

„Wir erhalten ausreichend Signale von unseren Versicherten“, so Haamann. Die bei der BGW gemeldeten Krätzefälle sind zwar von 2000 bis 2002 von 301 auf 169 zurückgegangen, die Meldungen sei- en aber „nicht immer repräsentativ“.

Der Arbeitsmediziner sieht den Grund für den Anstieg in der Ausbreitung der hartnäckigeren scabies norvegica. Bei dieser Form sei es besonders wichtig, das Infektionsschema einzuhalten. Dies gelin- ge vielen Heimen aus Zeit- und Kostengründen und mangelnder Information nicht immer.

Von einer Krätzeepidemie zu sprechen, wie sie im „Spiegel“

beschrieben wird, hält Angela Bold für „völlig überzogen“.Der stellvertretenden Leiterin des Kieler Gesundheitsamtes sind jedoch Fälle aus Pflegeheimen oder von Obdachlosen bekannt.

„Zu vereinzelten Ausbrüchen kam es in den vergangenen Jah- ren immer wieder“, so Bold.

2003 habe es lediglich einen Aus- bruch in einem Kieler Pflege- heim gegeben.

Für Dr. med. Klaus-Peter Brenner vom Kölner Gesund- heitsamt liegt die Erklärung für die angebliche Steigerungsrate auf der Hand: „Es wird lediglich mehr darüber geredet.“ Das ha- be wegen der Ansteckungsge- fahr der Erkrankung auch Vorteile. Denn mittlerweile habe sich das Vertrauens- verhältnis der Heime zum Gesundheits- amt sogar so weit gebessert, dass Vorfälle freiwillig gemeldet werden. Dazu sind sie nach § 6 des Infektionsschutzgeset- zes nicht verpflichtet, weil die Krätze nicht zu den dort aufgeführten melde- M E D I Z I N R E P O R T

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A478 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 820. Februar 2004

Dermatologie: Scabies

Die unter die Haut geht

Ob sich die Krätzmilbe Sarcoptes scabiei tatsächlich weiterverbreitet, ist in der Fachwelt umstritten.

Die weibliche Krätzmilbe dringt durch die Hornschich- ten der Epidermis bis zur Grenze des Stratum granu- losum in den Wirtsorganismus ein.

Foto:medicalpicture

*Das Robert Koch-Institut, Berlin, informiert auf seiner Home- page (www.rki.de) unter „Infektionskrankheiten von A–Z“

über Krätzmilbenbefall in einem „Merkblatt für Ärzte“.

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pflichtigen Krankheiten zählt. Sind je- doch Gemeinschaftseinrichtungen oder Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabi- litationseinrichtungen betroffen, müs- sen die Einrichtungen nach § 36 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes unmittel- bar in Hygieneplänen innerbetriebliche Verfahrensweisen zur Infektionshygie- ne festlegen. Das Gesundheitsamt hat zu prüfen, ob die Einrichtungen die Hy- gienevorgaben einhalten.

Nach den Informationen des Unter- nehmens IMS Health* wurde Scabies von Mitte 2003 bis Herbst 2003 deutlich weniger diagnostiziert, und es wurden weniger Salben zur Behandlung verord- net als die beiden Jahre zuvor. Waren es von Oktober bis Dezember 2001 noch 69 707 Erkrankungen, wurden von Juli bis September 2003 nur 39 114 Fälle diagnostiziert. Auch die Verordnungen gingen im gleichen Zeitraum von 77 783 auf 45 819 zurück. Immerhin, denn zwi- schen 1947 und 1960 war die Krätze, nachdem sie während und nach den beiden Weltkriegen häufig vorkam, so gut wie ausgerottet. Erst danach wurde bis Anfang der 70er-Jahre in verschiede- nen Ländern wieder eine Zunahme der parasitären Erkrankung beobachtet.

Warum es zu großen Schwankungen der Morbidität und zwischenzeitig zu ei- nem völligen Abklingen der Scabies kommt, ist für Wissenschaftler schwer erklärbar. War Scabies lange Zeit – nach den Worten des Medizinhistorikers Prof.

Dr. med. Karl-Heinz Leven aus Frei- burg – „eine Krankheit der Unsauber- keit und der Verwahrlosung“, suchen Forscher heute nach anderen Gründen für ihr Vorkommen. So äußerten britische Wissenschaftler die Vermutung, bei den nach etwa 15 Jahren wiederkehrenden, alle 30 Jahre eine Spitze erreichenden Ausbrüchen könnte eine Sensibili- sierung mit einer Infektresistenz eine Rolle spielen, zumal die hauptsächlich befallenen Altersgruppen der 16- bis 29-Jährigen erst nach 15 Jahren wieder herangewachsen sind.

Träfe diese Theorie zu, wäre es um das Jahr 2000 herum zu einer erneuten Zunahme der Scabies-Vorfälle gekom- men. Dann würde die Krätzmilbe ihre Schlagzeilen verdienen. Martina Merten

M E D I Z I N R E P O R T

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 820. Februar 2004 AA479

*Quelle: IMS Dataview medical, Daten aus dem Ver- schreibungsindex für Pharmazeutika

Akromegalie

Harte Daten

Deutsches Akromegalie-Register und neue Option

für die Second-Line-Therapie

M

it jährlich vier bis sechs Neuer- krankungen pro einer Million Menschen ist die Akromegalie eine sehr seltene Erkrankung. Ursache ist ein Adenom der Hypophyse, das ver- mehrt und unkontrolliert Wachstums- hormon ausschüttet. Bis zur Diagnose- stellung verstreichen sechs bis zehn Jah- re, die Lebensqualität ist beeinträchtigt und die Lebenserwartung um rund zehn Jahre verkürzt. Die epidemiologi- sche Datenlage ist aufgrund der Selten- heit der Erkrankung dürftig, wird sich aber durch das im vergangenen Jahr eingeführte Akromegalieregister än- dern. Hierbei werden anstelle von Sur- rogat-Parametern als primäre End- punkte Morbidität und Mortalität er- fasst, um Kosten und Nutzen von opera- tivem, medikamentösem und radiologi- schem Vorgehen sowie deren Kombina- tion zu beurteilen.

Hypertonie und Fibrosierung

Nach Angaben von Dr. Ursula Plöckin- ger (Berlin) wird das deutsche Register mit dem englischen kompatibel sein.

Dieses besteht seit 1997 und erfasst 1 565 Patienten. Das deutsche Register ist bei der AG Hypophyse und Hypophysentu- moren der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie angesiedelt und wird fi- nanziell getragen von Novartis Pharma.

Betroffen sind überwiegend Patien- ten in der vierten und fünften Le- bensdekade, deren Folgeerkrankungen nur im Frühstadium reversibel sind. Un- behandelt führt die Akromegalie über Hypertonie und Fibrosierung des Herz- muskels zu einer erhöhten Sterblichkeit an allen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zu einer Übersterblichkeit an mali- gnen Prozessen wie Mamma- und Ko- lonkarzinomen.

Die operative Sanierung des Wachs- tumshormon produzierenden Hypo-

physentumors gelingt nur in der Hälfte der Fälle. Bei den restlichen sind medi- kamentöse und/oder radiologische The- rapieformen notwendig. Eine medika- mentöse Therapie der Akromegalie zielt darauf ab, den Überschuss an Wachstumshormon (Growth Hormone, GH) zu beseitigen und den Insulin-like- Growth-Faktor-I (IGF-I) auf normale Werte zu senken. Letzterer ist deswe- gen so bedeutend, weil er nach Indukti- on durch GH eine Vielzahl seiner Wir- kungen vermittelt. Die herkömmlichen Medikamente – Dopamin-Agonisten und Somatostatin-Analoga – sind im Hinblick auf diese Therapieziele einge- schränkt wirksam.

Nach Angaben von Prof. John Wass (Oxford), Leiter des englischen Akro- megalieregisters, scheint sich eine Verla- gerung zu einem früheren Einsatz der Medikamente anzubahnen, da durch den transphenoidalen Eingriff oft keine Heilung zu erzielen ist. Auch hier könn- ten die Registerdaten zu einer Klärung führen. Seiner Meinung nach sollte zu- mindest beim Mikroadenom zuerst der operative Eingriff stehen, dann Medika- mente und – aufgrund ihrer Spätfolgen – erst am Ende die Strahlentherapie.

Erste Erfahrungen mit dem neuen GH-Rezeptor-Antagonisten Pegviso- mant (Somavert®, Pfizer) für die Sec- ond-Line-Therapie weisen auf eine po- sitive Beeinflussung der Hormonspie- gel. Pegvisomant hemmt nicht die Aus- schüttung des Wachstumshormons, son- dern besetzt selektiv dessen Rezepto- ren an den Zielzellen. In der Folge wer- den nicht nur die direkten GH-Wirkun- gen dosisabhängig blockiert, sondern auch die IGF-I-Spiegel gesenkt.

In einer zwölfwöchigen placebo- kontrollierten Studie mit 112 Patienten sank der IGF-I-Spiegel unter 10, 15 oder 20 mg Pegvisomant pro Tag signifikant, und bis zu 89 Prozent der behandelten Patienten erreichten normale Werte.

Zudem zeigten Patienten, die 15 oder 20 mg täglich erhalten hatten, signifi- kante Verbesserungen bei typischen Symptomen wie Schwitzen und Weich- teilschwellungen. Dr. Renate Leinmüller

Kontakt zum Akromegalieregister: Prof. Dr. med. Hans- Jürgen Quabbe, Priv.-Doz. Dr. med. Ursula Plöckinger, Charité, Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin; E-Mail:

ursula.ploeckinger@charite.de

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