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Archiv "Gewollte Sprachverwirrung" (22.11.1979)

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Gewollte

Sprachverwirrung

Wer die Diskussion der letzten Monate über den neugestalteten

§ 218 des Strafgesetzbuches ver- folgt hat, konnte feststellen, in welchem Umfange die deutsche Sprache mißbraucht wird, um in dieser Sache die Meinungen zu lenken.

Das beginnt bereits damit, daß vielfach nur von „§ 218" gespro- chen wird, allenfalls noch die Ab- kürzung „StGB" benutzt wird, je- doch fast nie die Formulierung

㤠218 des Strafgesetzbuches".

Diese Verkürzung im Wortbegriff trägt nicht unerheblich dazu bei, vergessen zu lassen, daß die No- vellierung des Strafgesetzbuches

„nur" Straffreiheit für früher mit Strafandrohung versehene Tat- bestände gebracht hat, nicht aber auch etwa einen Anspruch auf Schwangerschaftsabbruch bei Vorliegen entsprechender Tatbestände.

Schon die Bezeichnung „lega- ler" Schwangerschaftsabbruch kann zu Mißdeutungen führen, weil, was straffrei bleibt, nicht auch im positiven Sinne von un- serer Rechtsordnung bejaht, sondern eben nur passiv gedul- det wird.

Gelegentlich taucht die Voka- bel „Schwangerschaftsunterbre- chung" auf. Auch dies ist eine Verniedlichung des Tatbestan- des. Die Schwangerschaft wird nicht „unterbrochen"; würde sie unterbrochen, dann könnte sie ja nach der Unterbrechung fortge- setzt werden. Die Benutzung der Vokabel „Schwangerschaftsun- terbrechung" verniedlicht daher, weil sie als abänderlich formu- liert, was tatsächlich einen unab- änderlichen Tatbestand setzt.

Ähnlich geht es mit der Formulie- rung „sich im Mutterleib entwik- kelndes menschliches Leben".

Es gibt kein „sich entwickelndes Leben". Noch vor der Befruch- tung des Eies durch den Samen

leben bereits Ei und Samen, sie leben nach der Befruchtung und sie leben nach der Einnistung des mit dem männlichen Samen befruchteten Eies. Man kann auch nicht von „sich entwickeln- dem individuellen menschlichen Leben" sprechen, da die eigene Individualität als Möglichkeit be- reits sowohl im Samen wie im Ei vorgegeben ist und die eigene In- dividualität unmittelbar in der Vereinigung des Eies mit dem Samen entsteht und nicht erst ir- gendwann im weiteren Verlauf des Wachstums „sich entwik- kelt".

Besonders leidet die Diskussion darunter, daß der Begriff „soziale Notlage" mitunter von den glei- chen Autoren in sehr verschiede- nem Sinne gebraucht wird. Viele Diskussionsbeiträge unterstellen, daß soziale Notlagen objektiv feststellbare Tatbestände wären;

tatsächlich handelt es sich in je- dem Fall um aufgrund eigener oder fremder Einschätzung zu- mutbar erwartete oder zu erwar- tende oder auch nur zu befürch- tende Tatbestände und damit in jedem Fall um subjektive Ein- schätzungen.

Auch die Vokabel „Familienpla- nung" ist ein irreführender Be- griff. Mit der Forderung nach mehr Aufklärung über Möglich- keiten der Familienplanung wird in Wahrheit mehr Aufklärung ge- fordert über die Möglichkeiten, die Entstehung von Familien planmäßig zu verhindern, statt den Menschen materiell, sozial und psychisch zu helfen, Fami- lien zu gründen, zu festigen und weiterzuentwickeln.

Übrigens waren schon zur Zeit unserer Großväter in unüberseh- barer Fülle ungewollte Schwan- gerschaften der Beginn harmoni- scher Ehen und blühender Fami- lien. Jeder durchforsche die Da- ten der eigenen Ahnenreihe. Die Natur scheint geplant zu haben, daß glückliche Familien nicht geplant werden müssen. F.M.

Die Information:

Bericht und Meinung

DIE GLOSSE AUS EUROPA

ÖSTERREICH

„Ausbildung"

zum praktischen Arzt

Eine Reihe von Vorschlägen für die neue und bessere Organisa- tion der Weiterbildung zum prakti- schen Arzt hat die Vollversamm- lung der Österreichischen Ärzte- kammer gemacht. Im Text des Vorschlages ist allerdings abwei- chend vom Sprachgebrauch der Bundesrepublik Deutschland stets von der „Ausbildung zum prakti- schen Arzt" die Rede — dies liegt daran, daß der Abschnitt, um den es geht, die sogenannte „Turnus- Arzt-Zeit" ist, eine Pflichtweiterbil- dung für alle Ärzte, die nach öster- reichischem Recht für zwei Jahre lang in den Krankenhäusern aus- geübt werden muß.

Ausgangspunkt der Überlegungen der Österreichischen Ärztekam- mer ist die Tatsache, daß es in einigen Fächern, insbesondere in der Kinderheilkunde, der HNO- Heilkunde und in der Dermatolo- gie zuwenig Fachabteilungen in den Krankenhäusern gibt, um den Aspiranten für die Tätigkeit des praktischen Arztes innerhalb der Turnus-Arzt-Zeit ausnahmslos den Zugang zu diesen Fächern zu er- möglichen. Von den 150 öster- reichischen Krankenhäusern, die zur Weiterbildung zum prakti- schen Arzt zugelassen sind, kann nur ein Teil den vollen Turnus an- bieten, weil in den anderen diese Abteilungen oder auch nur Konsi- liarärzte fehlen.

Deshalb verlangt die Österreichi- sche Ärztekammer vor allem die Einrichtung der fehlenden Abtei- lungen oder der Konsiliararztstel- len, um in allen Krankenhäusern den vollen Turnus anbieten zu können. Die Konsiliarärzte sollen verpflichtet werden, die Weiterbil- dung der Turnusärzte in ihren Fä- chern zu übernehmen und sie ge- gebenenfalls auch in ihren eige- nen Praxen durchzuführen, wofür Arbeitszeit und Vergütung zur Ver- fügung gestellt werden müßten. Im

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 47 vom 22. November 1979 3105

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Die Information:

Bericht und Meinung AUS EUROPA

übrigen müßte die Organisation der Weiterbildung in der Turnus- Arzt-Zeit insgesamt verbessert werden; dafür schlägt die Öster- reichische Ärztekammer die Ein- setzung von „Ausbildungsassi- stenten" in den Krankenhäusern vor, die die weiterbildenden Ärzte organisatorisch und fachlich un- terstützen sollen. Im übrigen sol- len in allen Bundesländern Ausbil- dungskommissionen eingerichtet werden, vornehmlich aus den zu- ständigen Personen der Landes- ärztekammern zusammengesetzt, die die Weiterbildung im jeweili- gen Landesbereich überwachen sollen. Zu ihren Aufgaben sollte es auch gehören, für Engpaßfächer Weiterbildungsseminare einzu- richten.

Schließlich schlägt die Ärztekam- mer vor, daß Turnusärzte nach Ab- schluß ihrer Turnuszeit noch ein bis drei Monate unter Weiterzah- lung ihres Gehaltes eine Lehrpra- xis bei einem niedergelassenen Arzt absolvieren sollen. bt ITALIEN

Krise

der Pharma-Industrie

Mitte Oktober ist der gesamte Vor- stand des italienischen Verbandes der pharmazeutischen Industrie aus Protest gegen die Preispolitik

der Regierung zurückgetreten.

Vorher jedoch beauftragte er den Vorsitzenden des Verbandes, Al- berto Aleotti, beim Staatspräsi- denten und bei den Präsidenten der beiden Häuser des Parlaments Klage gegenüber der Regierung zu führen. Die Regierung habe be- stehendes Gesetz nicht geachtet, erklärte der Vorstand. Das Gesetz Nr. 395 aus dem Jahre 1977 hatte die Regierung verpflichtet, bis zum 1. Dezember 1978 die staat- lich festgesetzten Arzneimittel- preise zu überprüfen. Dies ist bis heute nicht geschehen; damit aber seien viele pharmazeutische Be- triebe in erhebliche Schwierigkei- ten geraten. Im Jahre 1978 hätten 42 pharmazeutische Firmen schließen müssen, und die Zahl derjenigen Unternehmen, die sich in Liquidation oder im Vergleichs- verfahren befänden, nehme stän- dig zu. Die Untätigkeit der Regie- rung beschränkt sich nach Ansicht des Verbandes jedoch nicht nur auf die Preisbildung. Auch das Zu-

lassungsverfahren für neue Arz- neimittel gehe mit sehr starken Verzögerungen vor sich; ebenso müsse man auf die Anpassung des für die Sozialversicherung bzw.

den staatlichen Gesundheitsdienst maßgeblichen Arzneibuches un- gebührlich warten. Über kurz oder lang müsse die Untätigkeit der Re- gierung zu einer völligen Lähmung der pharmazeutischen Industrie Italiens führen. bt

Dienstjahre en gros

Einem Fehler in ihrem Vertragssy- stem glauben die Gewerkschaften auf die Spur gekommen zu sein, die im Krankenhauswesen der Provinz Trient vertreten sind. Sie fanden heraus, daß der Verwal- tungschef des städtischen Kran- kenhauses von Rovereto, Dr. Lu- ciano Girardi, ein Gehalt bezieht, das der Ableistung von insgesamt 136 Dienstjahren entspricht. Tat- sächlich ist Dr. Girardi 25 Jahre im Beruf. - Wie es beispielsweise auch im deutschen Beamtenrecht der Fall ist, werden nach dem im Trienter Krankenhauswesen gel- tenden Tarifvertrag bestimmte Zei- ten mehrfach gerechnet und auch andere Laufbahnvoraussetzungen in Form von Dienstalterzuschlä- gen berücksichtigt; das Jahres- grundgehalt eines Krankenhaus- chefs liegt — umgerechnet — bei 14 350 DM, und zur Zeit werden pro Dienstjahr 404 DM hinzuge- zählt. Dr. Girardi kommt also auf ein Jahresgehalt von etwa 70 000 DM. Die bisherigen Nachprüfun- gen haben ergeben, daß die 109 zusätzlichen Dienstjahre, die dem Krankenhauschef angerechnet werden, durch den geltenden Ar- beitsvertrag voll gedeckt sind.

Immerhin haben die Gewerkschaf- ten den Gesundheitsassessor der

Provinz gebeten, die Sache noch einmal nachzuprüfen. bt

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3106 Heft 47 vom 22. November 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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