Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
Rauwolfia
-Alkaloide
wägung von Risiko und Nutzen er- folgen. Pro Jahr erkranken im stati- stischen Mittel je nach Alter 1,5 bis 2,5 von 1000 Frauen in der Meno- pause, wenn man von den deutlich höheren Morbiditätsziffern bei Frauen über 80 Jahren absieht.
Falls die in den eingangs erwähn- ten Arbeiten errechneten Zahlen über ein durch Rauwolfia-Behand- lung erhöhtes Risiko zutreffen, würden bei Behandlung mit Rau- wolfia-Präparaten anstelle von zwei etwa sechs von 1000 Frauen jährlich in der Menopause an Brustkrebs erkranken. Bezogen auf die Bevöl- kerung der Bundesrepublik, würde dies ungefähr 2000 zusätzliche Krankheitsfälle pro Jahr bedeuten.
Dem stehen die möglichen Kompli- kationen einer unzureichend be- handelten oder unbehandelten Hy- pertonie gegenüber, aber auch die bekannten und vielleicht bisher noch nicht bekannten Nebener- scheinungen anderer, alternativ in Betracht kommender Antihyperten- siva, die nicht so lange wie die seit über 20 Jahren verwendeten Rau- wolfia-Alkaloide in Gebrauch sind.
Weiterhin ist zu bedenken, daß in der Bundesrepublik etwa 80 Pro- zent aller Hochdruckkranken mit Präparaten behandelt werden, die Rauwolfia-Alkaloide enthalten. Da sich die Rauwolfia-Alkaloide in den bei der Hochdruckbehandlung übli- chen Dosen bisher als frei von toxi- schen oder direkt lebensbedrohli- chen Nebenwirkungen erwiesen haben und sich der jetzt erhobene Verdacht unter Umständen später als unbegründet erweisen könnte, erscheint eine generelle Zurückzie- hung derzeit nicht gerechtfertigt.
Eine solche Maßnahme würde sich vermutlich negativ auf die gesund- heitspolitisch so wichtige Früh- und Dauertherapie des Hoch- drucks auswirken. Außerdem sind noch nicht alle Ärzte mit den alter- nativ in Betracht kommenden Anti- hypertensiva so gut vertraut wie mit den Rauwolfia-Alkaloiden.
Unter Berücksichtigung aller die- ser Gesichtspunkte sowie ange- sichts der Tatsache, daß bei jünge- ren Frauen die Studien wegen der geringen Fallzahl nur sehr schwa- che Hinweise geben und daß bis-
her keine Daten vorliegen, die für ein erhöhtes Brustkrebsrisiko bei Männern sprechen, empfiehlt der Ausschuß zunächst folgende Vor- sichtsmaßnahmen, bis neue Befun- de gegebenenfalls eine andere Be- urteilung notwendig machen:
O Bei Frauen in der Menopause mit mittelschwerer oder schwerer Hypertonie
(diastolischer Druck bei mehrfacher Messung über 105 mm Hg):ist auch weiterhin eine Behandlung mit Rauwolfia-Präparaten vertret- bar, wenn der Blutdruck dadurch gut kontrolliert ist. Falls der Blut- druck durch Rauwolfia-Präparate nicht ausreichend gesenkt werden kann, sind andere antihypertensiv wirkende Arzneimittel zu geben.
Eine Neueinstellung von Patientin- nen dieser Gruppe mit Rauwolfia- Präparaten ist nicht grundsätzlich abzulehnen. Die Anwendung ande- rer Antihypertensiva ist jedoch vor- zuziehen, wenn damit eine ausrei- chende Blutdrucksenkung zu erzie- len ist und wenn ihr keine schwer- wiegenden Nebenwirkungen entge- genstehen.
e Bei Frauen in der Menopause mit leichter Hypertonie
(diastoli- scher Druck unter 105 mmHg):sollten, falls nach Beseitigung ei- nes Übergewichts noch die Indika- tion zur medikamentösen Therapie des Hochdrucks besteht, möglichst andere Antihypertensiva, z. B. Sal- uretika und/oder ß-Rezeptorenblok- ker verwendet werden.
'0 Es ist darauf hinzuweisen, daß andere Antihypertensiva (z. B. Al- phamethyldopa, Clonidin, Salureti- ka, 13-Rezeptorenblocker) ebenfalls Nebenwirkungen haben und daß die damit behandelten Patienten ständig ärztlich zu überwachen sind.
O Während und nach einer Be- handlung mit Rauwolfia-Alkaloiden sollten bei Frauen besonders in der Menopause die ohnehin erwünsch- ten
Vorsorgeuntersuchungen auf Mammakarzinom
in 1 /2- bis ljähri-gen Abständen vorgenommen wer- den."
Anschrift des Ausschusses:
Professor Dr. F. Gross Pharmakologisches
I
nstitut der Universität69 Heidelberg 1
Im Nevenheimer Feld 366
ECHO
Zu: „Die Hundertjährigen in der Bundesrepublik Deutschland" von Prof. Dr. med. Hans Franke, Dr.
med. Hermann Bracharz und Dr.
med. Lothar Gall in Heft 37/1974, Seite 2644 ff.
„Die steigende Lebenserwar- tung hat dazu geführt, daß immer mehr Bürger der Bun- desrepublik hundert Jahre und älter werden. Die jüng- sten verfügbaren Zahlen weisen für Ende 1972 nach einer Auskunft des Statisti- schen Bundesamtes (Wiesba- den) 1847 dieser Hochbetag- ten nach. Im Jahr 1969 waren es erst 607 und 1963 erst 429 gewesen ...
Es gibt, wie eine Untersu- chung von Ärzten der Univer- sität Würzburg zeigt (darüber wird im DEUTSCHEN ÄRZ- TEBLATT berichtet), keine spezielle Diät, die ein langes Leben garantiert. Anzeichen dafür, daß besonders alt wer- de, wer jahrzehntelang Honig, Kefir esse, seien nicht zu er- kennen, heißt es darin. Bei den untersuchten Hundert- jährigen waren vielmehr Kaf- fee oder Tee und etwas Alko- hol durchaus beliebt. Etwa ein Drittel der Männer waren sogar mäßige Zigarren- oder Pfeifenraucher, allerdings gab jeder zweite von ihnen später das Rauchen auf. Alle verheirateten Hundertjähri- gen hatten bis zum 80. Le- bensjahr ein mäßiges Sexual- leben geführt ..." (Frankfur- ter Allgemeine Zeitung)