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Archiv "Sprachverwirrung" (03.03.1988)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

DIE GLOSSE

Konfliktorientierte Erziehung

Eine erzieherische Wirkung wird niemand Regressen und Honorarkür- zungen absprechen. Eine Bestrafung, die jedoch nicht als Strafe bezeichnet wird, vielmehr eine freundliche Erin- nerung, einen pädagogischen Hinweis auf den „rechten" Weg darstellt, sie ruft Reaktionen hervor: Etwa eine trotzige. Jetzt erst recht! Man wird spätestens nach der hartnäckig wie- derholten Mahnung und dem Entzug der Kassenzulassung merken, wer das Sagen hat! Oder die resignierte: In Zukunft ganz anders — die Auseinan- dersetzung mit seiner eigenen bisheri- gen Überzeugung und dem Gewohn- heitsrecht des Patienten ist dem Be- treffenden sicher.

Diese Reaktionen haben ihre Tücken. Denkbar wären Zwischentö- ne: Vielleicht gleichgültig. Solange ich nur hoch genug überziehe, bleibt nach Kürzung immer noch genug üb- rig. Oder einschmeichelnd: Ihr habt ja recht, aber ich bin doch gar nicht so schlimm Oder hoheitsvoll: Zwar ha- be ich recht, aber wegen solcher Ba- nalitäten streite ich doch nicht. Oder mitleidheischend: Ihr habt ja recht, aber laßt mich doch auch ein bißchen leben. Weitere Verhaltensmöglich- keiten kommen mir nicht aus dem Sinn: die heuchlerische. „Ihr habt ja so recht, in Zukunft mache ich alles anders" (vor allem als ihr Euch das vorstellt, ich werde mich schon durch- mogeln). Die manipulative: So funk- tioniert's also nicht — (aber es gibt ja noch genügend andere Glücksziffern im EBM-Lotto).

Die letzteren Reaktionen schei- nen mir die erfolgversprechendsten zu sein. Das mit sich selbst im offensicht- lichen Mißverhältnis stehende Prü- fungssystem nach obskuren Durch- schnittswerten fordert geradezu dazu heraus. Unter möglichst computerge- stützter Konzentration auf maximal 20 Prozent über dem Durchschnitt bei weitestgehender Nichtberücksichti- gung der medizinischen und sozialen Notwendigkeiten und unter größt- möglicher Ausschaltung des Patienten und seiner Anliegen läßt sich's am un- problematischsten leben! hm

DÄ-Karikatur Peter Bensch, Köln

Sprachverwirrung

Wir leben in einem Rechtsstaat, sogar einem recht sozialen. Deshalb brauche ich mich für diesen Begriff auch nicht bei den Sozialdemokraten entschuldigen. Er stellt keine Spitze gegen ihre derzeitige Oppositionsrolle dar. Vielmehr handelt es sich um ei- nen Terminus technicus. Dies wieder- um soll keineswegs umweltbewußte Grüne vergrämen, stellt es doch einen Fachausdruck aus der Römerzeit und keine Überbetonung der Technik dar.

Man sieht: Wie genau man doch definieren und interpretieren muß, um nicht mißverstanden zu werden!

Man sollte sich auch davor hüten, be- stimmte Begriffe und Abkürzungen als bekannt und allgemein anerkannt anzusehen. So wird etwa von Politi- kern und Berufspolitikern der Ärzte- schaft aus durchsichtigen Gründen der Begriff „KVKG" immer noch mit Kostendämpfung in Verbindung ge- bracht. Nichts weniger als das, keim- zeichnet dieses Kürzel doch den EBM-bekannten und transparenz- vermuteten KV-Klüngel (Klüngel:

kölnischer Fachausdruck für die Re- gelungen wichtiger Dinge unter Aus- schluß der Öffentlichkeit). Übrigens:

EBM hat keineswegs primär etwas mit Gebührenordnung zu tun, son-

dern ist Kennzeichen einer moder- nen EinkommenBeschränkungsMaß- nahme

Nicht verwunderlich erscheint nach dem bisher Gesagten, daß auch ein so gängiger Begriff wie „Kassen- arzt" in seiner zur Zeit gültigen Be- deutung noch nicht überall verbreitet scheint. Die einstmalige Betonung der Endsilbe „Arzt" hat spätestens nach der Blümschen Strukturreform keine Berechtigung mehr. Zu Recht weisen Kommentatoren darauf hin, daß dem an erster Stelle stehenden Wort der Vorrang gebührt. Ein Kas- senarzt ist somit ein Arzt, der darauf bedacht ist, daß die Kassen stimmen Die altkapitalistische Fehlinterpreta- tion, hier sei die eigene Kasse ge- meint, durfte verständlicherweise nicht länger hingenommen werden.

Dies scheint der Grund für das Eingreifen vieler, nicht zuletzt des CDA-Ministers. CDA wird übrigens völlig falsch mit „Club Deutscher Arztgegner" in Verbindung gebracht;

tatsächlich stammt die Abkürzung aus dem Lateinischen: „Cum Dubiis Ar- gumentationibus". Doch handelt es sich kaum um eine dubiöse Argumen- tation meinerseits, wenn per Referen- tenentwurf vorgesehen ist, der Kas- senarzt habe sich auf die Interessen der Kassen zu konzentrieren, im Klar- text: der Krankenkassen natürlich.

Der ursprünglich im Gespräch ge- wesene AIP (für berufspolitische An- fänger: Arzt im Sinne des Patienten) wurde stark verkürzt und fällt mögli- cherweise bald ins Wasser. Kein Wunder, in Bonn muß man zur Zeit in einem Wasserwerk arbeiten.

Mehr Wert als auf die ärztliche Tätigkeit wird zur Zeit auf „BPI" ge- legt — nein keineswegs auf Pharma- zeuten, sondern auf die „Beschaffung Plausibler Informationen". Und des- halb wird im Referentenentwurf der

„TÜV" vorgesehen — nein nicht Technik, sonst würden die Grünen protestieren, sondern der „Totale überwachungsVersuch". Er löst die alte „GOA" ab — denken Sie bitte nicht ans Geld., nein die „Grundfreie

A

Ordnung der Arzte" wird eleminiert.

Auch die „E-GO" könnte bald über- holt

sein (anderer Ausdruck für KV:

Ehrwürdige Gesellschaft für ärztliche Organisationsfragen.

Dr. med Hans Heimerzheim, Köln Dt. Ärztebl. 85, Heft 9, 3. März 1988 (21) A-501

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