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Archiv "Die Zukunft des KV-Systems: Es geht um mehr als um Geld" (20.03.2009)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 12⏐⏐20. März 2009 A529

S E I T E E I N S

Z

um Begriff „Kassenärztliche Vereinigung“ findet die Suchmaschine Google rund 235 000 Treffer im deutschsprachigen Internet. Unter „Kassenärztliche Bundesvereinigung“ kommen noch mal 70 000 Seiten dazu. Das KV-System wird deutlich häufiger erwähnt als das Bundesministerium für Gesundheit. Eine Zah- lenspielerei, gewiss. Aber steht dieser Indikator im digitalen Zeitalter nicht auch für die Bedeutung einer Institution, für die Vielfalt ihrer Aufgaben?

Gleichwohl: Das KV-System ist in der Krise. Es wird seit Jahren vom Gesetzgeber durch die Zulassung und offensive Förderung von Selektivverträgen mut- willig ausgehöhlt. Nun findet sich eine mehr als selt- same Allianz von der Seehofer-CSU über die FDP bis hin zu SPD-Politikern, die offen für die Abschaffung der Kassenärztlichen Vereinigungen in ihrer bisheri- gen Form plädiert. Schwerwiegender ist, was der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. med. Andreas Köhler auf der Vertreterversammlung seiner Organisation am 6. März festgestellt hat: Immer mehr Mitglieder haben dem KV-System innerlich gekündigt. Auslöser der De- batte sind die mutmaßlichen und tatsächlichen Verwer- fungen, die die Reform der ambulanten Vergütung zur Folge haben wird. Die Proteste sind schon deshalb berechtigt, weil den Vertragsärzten seit Jahren ein an- gemessenes Honorar verweigert wird. Aber es besteht auch die Gefahr, dass sich Ärzte, weil heute ein paar Euro Mehreinnahmen winken, in Verträge locken las- sen, die für sie auf längere Sicht nachteilig sind. Über das ärztliche Honorar, spätestens seit Hippokrates ein öffentlich diskutiertes Thema, wird immer gestritten werden – unabhängig davon, wer es aushandelt oder bestimmt.

Noch wichtiger, weil von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, welcher Ordnungsrahmen für die Beziehun- gen von Ärzten, Patienten, Krankenversicherung und Staat gelten soll. Dabei geht es um mehr als um Geld. Es geht darum, wie der Vertragsarzt wieder ein freier Beruf werden und als solcher erhalten werden kann. Alle Vor- schläge sind deshalb auf wesentliche Kriterien abzuklop- fen: Sind in Zukunft sachfremde Einflussnahmen auf die ärztliche Tätigkeit und auf die gemeinsame Entscheidung von Arzt und Patient über die Behandlung ausgeschlos- sen? Wird der wuchernde Wildwuchs von Auflagen und Richtlinien für die kassenärztliche Tätigkeit auf das not- wendige Maß zurückgeschnitten? Wird eine Ballung von

Verhandlungsmacht aufseiten der Krankenkassen zulas- ten der Ärzteschaft vermieden?

Leider lassen sich diese Fragen in der vermeintlich schönen Zukunft ohne KV, beispielsweise mit den AOK- Hausarztverträgen in Baden-Württemberg und Bayern, nicht mit einem eindeutigen Ja beantworten. Vielmehr besteht mit dem Übergang des Sicherstellungsauftrags auf die Krankenkassen die reale Gefahr, dass diese schon bald diktieren, welche Ärzte unter Vertrag genom- men werden und welche nicht. Und dass zu den Politi- kern, die für eine Abschaffung der Kassenärztlichen Ver- einigungen plädieren, ausgerechnet Oberregulierer wie Prof. Karl Lauterbach (SPD) gehören, die äußerst krea- tiv im Erfinden neuer Kontrollen für Ärzte sind, macht diese Zukunftsperspektive nicht verheißungsvoller (sie- he unter Politik in diesem Heft).

Der breiten Öffentlichkeit ist noch gar nicht bewusst geworden, dass die AOK-Hausarztverträge für die Ver- sicherten den Verzicht auf die freie Arztwahl und auf den direkten Zugang zum Facharzt beinhalten. Beides sind bisher Vorteile für die Patienten, die das deutsche GKV-System im internationalen Vergleich auszeich- nen. Unbeantwortet ist zudem die aus Sicht der Ver- sicherten entscheidende Frage: Wie soll durch Selek- tivverträge einzelner Kassen mit Ärztevereinigungen eine flächendeckende und gute Versorgung sicherge- stellt werden? Liegt erst der Sicherstellungsauftrag bei den Kassen, dürfte statt des Kriteriums „möglichst gut“

der Maßstab „möglichst billig“ regieren. Es liegt im ge- meinsamen Interesse von Patienten und Ärzten, dass es nicht zu dieser Unterordnung der Medizin unter ökono- mische Vorgaben kommt.

DIE ZUKUNFT DES KV-SYSTEMS

Es geht um mehr als um Geld

Heinz Stüwe

Heinz Stüwe Chefredakteur

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