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Archiv "Arbeitsbedingungen im Krankenhaus: Es geht um mehr als Geld" (09.07.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 27

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9. Juli 2010 A 1373

N

ach der Statistik der Bundes- ärztekammer wanderten in den Jahren 2007 und 2008 2 439 beziehungsweise 3 065 Ärztinnen und Ärzte ins Ausland ab (1). Diese Migration von in Deutschland aus- und weitergebildeten Ärzten hat nicht nur bevölkerungsstatistische und versorgungstechnische, son- dern auch gravierende fiskalische Implikationen (2). Ziel sollte es deshalb sein, die Ärzte im Land zu halten. An einem Universitätsspital in der Schweiz habe ich Arbeits - bedingungen und Umgangsformen kennengelernt, die mir aufgezeigt haben, woran es in Deutschland hapert. Für Klinikarbeitgeber, die ihre ärztlichen Stellen nicht beset- zen können, lohnt sich deshalb ein Blick in die Schweiz.

Während meiner Weiterbildung zur Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemio-

logie am Institut für Mikro- biologie eines deutschen Universitätsklinikums habe ich viel gelernt. Ein struktu- rierter Plan fehlte jedoch, und ich musste mir die vorgeschriebene Weiter- bildung in bestimmten Bereichen erkämpfen. In den Kliniken und La- boreinrichtungen des Universitätsspitals hier in der Schweiz hingegen sind die in der Weiterbildungsord-

nung vorgeschriebenen Rotations- zeiten in aller Regel gewährleistet und teilweise sogar in den Arbeits- verträgen verbindlich vereinbart.

Für die Rufbereitschaften, die Wochenenddienste und die Lehr- verpflichtungen habe ich in Deutsch- land viele Stunden zusätzlich zur vertraglichen Wochenarbeitszeit von

42 Stunden gearbeitet.

Es durften jedoch nur die Regelar- beitszeiten und ein kleiner Teil der darüber hinausgehenden Dienst - zeiten dokumentiert werden. Die meisten der geleisteten und nicht- dokumentierten Überstunden wur- den weder ausbezahlt noch konnten sie mit Freizeit kompensiert wer- den. Da es offiziell kaum Überstun- den gab, konnte vor der Verwaltung gut begründet werden, warum die Abteilung kein System der Arbeits- zeiterfassung braucht.

Die Umgangsformen wirken sich auf die Leistungen aus

Einige meiner Kollegen, die auch gegenüber anderen überlegen auf- traten und immer alles oder besser wussten, stuften die wissenschaftli- chen Aufgaben als höherwertige und die diagnostischen als minder- wertige Arbeiten ein. Durch diese Verhaltensweisen und Einstellun- gen wurden die Mitarbeiter klassifi- ziert und die Zusammenarbeit und Atmosphäre in der Abteilung nach- haltig beeinträchtigt. Zur Unzufrie- denheit über die vielen unentgelt- lich geleisteten Überstunden, die Es ist eines Arztes unwürdig, Drohungen gegenüber

oder in Bezug auf Personen auszustoßen. Das hat das Berufsgericht für Heilberufe Sachsen-Anhalt aus Anlass einer Familienstreitigkeit entschieden.

Der beschuldigte Arzt unterhielt mit einer Ärz- tin eine Gemeinschaftspraxis. Aus der eheähnli- chen Beziehung ging ein Sohn hervor. Nach der beruflichen und privaten Trennung der beiden Ärzte entstand ein familien- und vermögensrecht- licher Streit. Dabei ging es auch um das Um- gangsrecht für das gemeinsame Kind.

Dem Arzt wurde zur Last gelegt, seine Pflicht zu kollegialem, achtungswürdigem Verhalten wieder- holt verletzt zu haben, indem er beim Familienge- richt seine ehemalige Partnerin auf das Übelste be- schimpfte. Zudem verfolgte er deren Familie mit er- sichtlich nicht mehr rational kontrollierbarem Hass.

Die Allgemeinheit erwarte von Angehörigen des ärztlichen Berufsstandes insbesondere in Konfliktsituationen ein besonnenes und affektfrei- es Verhalten, urteilte das Berufsgericht. Hiergegen hat der Arzt verstoßen. Er hat zumindest billigend in Kauf genommen, dass er mit seinen situations- bedingten exzessiven Beleidigungen und Bedro- hungen Dritter zugleich gegen seine Berufspflich- ten verstieß. Diese obliegen ihm, solange er Arzt ist, und zwar auch dann, wenn er eine private Auseinandersetzung hat. Im Hinblick auf die ge- zeigte Einsicht des beschuldigten Arztes und die von ihm glaubhaft geschilderten psychischen Be- lastungen hielt das Berufsgericht aber einen Ver- weis für ausreichend. (Berufsgericht für Heilberufe Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17. März 2010, Az:

BG Ä 3/04) RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

Arzt überzieht in familienrechtlicher Auseinandersetzung ord-

t tions-

earbeitet.

Regelar- ARBEITSBEDINGUNGEN IM KRANKENHAUS

Es geht um mehr als Geld

In den Schweizer Spitälern sind auch deshalb so viele deutsche Ärzte beschäftigt, weil die Umgangsformen, Arbeitsbedingungen und Strukturen so vorbildlich sind.

Foto: Eberhard Hahne

S T A T U S

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9. Juli 2010 von einem erwartet wurden, kam

dies noch erschwerend hinzu.

In der Schweiz beeindrucken mich die in aller Regel höflichen, freundlichen, zurückhaltenden und respektvollen Umgangsformen der Schweizer, die das gemeinsame Ar-

beiten und Leben harmonisch ma- chen und sich förderlich auf Leis- tung und Zufriedenheit auswirken.

Durch das duale System in den Abteilungen der Labormedizin ha- ben wir auf der Ebene des akademi- schen Abteilungsleiters eine leiten- de Laborantin. Diese übernimmt viele Aufgaben, die in Deutschland durch die Oberärzte wahrgenom- men werden (Dienstpläne der La - borantinnen, Betreuung des Quali- tätsmanagements, wöchentliche La- bor-info-Stunde et cetera). Durch unsere leistungsbereiten und sehr kompetenten Laborantinnen in der Mikrobiologie wird die Verantwor- tung unserer täglichen Arbeit auf viele Schultern verteilt. Anders als in Deutschland begegnen sich aka- demisches und nichtakademisches Personal nicht nur in der Mikro - biologie, sondern im Allgemeinen am gesamten Universitätsspital auf

gleicher Augenhöhe. Die Laboran- tinnen führen die mikrobiologischen Untersuchungen von der Auftrags- erfassung und Probenaufarbeitung bis zur Befundfreigabe selbststän- dig durch, Ausnahmen sind Resis- tenztestungen und komplexe Fälle.

Zum Teil mit dem akademischen Personal, teils in Eigenregie ver- gleichen sie Methoden und leisten Rufbereitschaften und Wochenend- dienste.

Flexible Arbeitszeiten und partizipierender Führungsstil

Der partizipierende Führungsstil unserer Abteilungsleitung verstärkt den Teamgeist und die Zufrieden- heit der Mitarbeiter. Autoritäres Verhalten, wie ich es oft von leiten- den Mitarbeitern in Deutschland er- lebt habe, kommt bei den Schwei- zern nicht gut an. Viele Entschei- dungen werden mit dem gesamten Team der Abteilung getroffen.

Am Universitätsspital ist ein System der elektronischen Arbeits- zeiterfassung implementiert, das für alle Mitarbeiter verpflichtend ist.

Die Arbeit im Spital inklusive der hausinternen Fortbildungsveranstal-

tungen und mindestens fünf Kon- gresstage pro Jahr werden üblicher- weise als Arbeitszeit erfasst, die wissenschaftliche Arbeit findet nur teilweise in der Freizeit statt. Im Bereich der Labormedizin können Überstunden durch Freizeit kom- pensiert werden. Für die Mitarbei- ter dort gelten flexible Arbeitszeiten mit einer Kernarbeitszeit, und der Zeitpunkt der Mittagspause kann, angepasst an die Bedürfnisse der Arbeit, frei gewählt werden. Beides war in Deutschland nicht immer selbstverständlich.

Die Umgangsformen, Strukturen und Arbeitsbedingungen in der Schweiz, die von finanziellen Res- sourcen weitgehend unabhängig sind, sollten in Deutschland auch möglich sein. Sie würden Deutsch- land wieder zu einem attraktiveren Arbeitsstandort machen. ■

Name der Verfasserin ist der Redaktion bekannt

LITERATUR

1. Bundesärztekammer: Abwanderung deut- scher Ärzte ins Ausland, 11. 06. 2008 und 22. 04. 2009. www.bundesaerztekammer.

de

2. Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration: Qualifikation und Migration: Potenziale und Personal - politik in der „Firma“ Deutschland, Mai 2009. www.svr-migration.de/

wp-content/uploads/2009/05/090528_

druckfassung_qualifikation-und-migra tion.pdf

Bei der kontinuierlichen Blutzuckermessung handelt es sich um eine spezialdiagnostische Methode bei besonderen Fragestellungen im Rahmen der Diabetesdiagnostik und -therapie, wie beispielsweise die Abklärung häufiger nächtlicher Hypoglykämien oder häufiger post- prandialer Blutzuckerexkursionen bei norm- wertigem HbA

1C. Meist finden nicht- bezie- hungsweise minimalinvasive, tragbare Mess- systeme Anwendung, die beispielsweise über eine subkutan implantierte Elektrode den Glu- kosegehalt in der Interstitialflüssigkeit bestim- men. Die auf diese Weise gewonnenen Infor- mationen werden, ähnlich wie beim 24-Stun- den-EKG, anschließend ergänzend zu den ei- gentlichen Blutzuckermessungen im venösen

oder kapillären Plasma beziehungsweise Voll- blut genutzt, um die Diabetestherapie zu ver- bessern. Die kontinuierliche Messung erfolgt meist über einen Zeitraum von 24 bis 72 Stun- den, wobei die Messungen in ein- bis mehrmi- nütigen Intervallen erfolgen.

Da die kontinuierliche Blutzuckermessung bislang in der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) nicht enthalten ist, hat die Bun- desärztekammer hierzu eine Abrechnungs- empfehlung durch einen Analogabgriff einer gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung erarbei- tet. Gemäß dem Beschluss des Ausschusses

„Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer vom 27. April 2010, bestätigt durch den Vor-

stand der Bundesärztekammer, kann die

„Kontinuierliche Blutzuckermessung über min- destens 18 Stunden, mit Auswertung“ über einen Analogansatz der Nr. 659 GOÄ („Elek- trokardiographische Untersuchung über min- destens 18 Stunden [Langzeit-EKG] – gege- benenfalls einschließlich gleichzeitiger Regis- trierung von Puls und Atmung -, mit Auswer- tung“) berechnet werden. Die vom Patienten bei der kontinuierlichen Blutzuckermessung mit den vorgenannten Messsystemen ver- brauchte Einmal(Nadel-)elektrode kann als Auslage gemäß § 10 in Rechnung gestellt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bei einem Betrag von über 25,56 Euro pro Auslage der Rechnung gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 5 GOÄ ein Beleg oder ein sonstiger Nach- weis beizufügen ist. Dr. med. Stefan Gorlas

GOÄ-RATGEBER

Abrechnung der kontinuierlichen Blutzuckermessung

Autoritäres Verhalten, wie ich es oft in Deutschland erlebt habe, kommt bei den Schweizern nicht gut an.

S T A T U S

Referenzen

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