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Archiv "Grundzüge der künftigen Gesundheitspolitik: Mehr Verständnis für die Ärzte – aber nicht mehr Geld" (09.02.2001)

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lla Schmidt (SPD) bewies Humor und taktisches Geschick, als sie in der vergangenen Woche in Berlin erstmals Eckpunkte ihrer zukünftigen Gesundheitspolitik präsentierte. Sie sei gebeten worden, sich einem kleinen Journalistenkreis vorzustellen, sagte die Ministerin und schaute amüsiert auf das Gedränge von mehr als 50 Medien- vertretern. Ihnen erläuterte sie, dass sie eine „Gesundheitspolitik des Vertrau- ens“ betreiben und den

Bürgern Sicherheit über die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens geben wolle: „Für die Menschen in unserem Land muss klar sein: Je- der bekommt das me- dizinisch Notwendige, unabhängig vom Geld- beutel.“

Zwischen den Betei- ligten im Gesundheits- wesen wolle sie die

„großen Spannungen“

verringern. Ihr Ziel sei- en Kompromisse, bei denen jeder etwas ge- ben müsse. Welchen Beitrag die Bundesre-

gierung dazu leisten wird, ist noch offen.

Die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) müsse auf jeden Fall berechenbar bleiben, betonte Schmidt. Im Klartext: Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität in der GKV wird auf keinen Fall geopfert. Das soll- te man im Gedächtnis behalten, wenn von neuen Steuerungsinstrumenten, von mehr Vertrauen in die Selbstverwal- tung und von einem möglichen Ende der bisherigen Budgets die Rede ist.

Noch für diese Legislaturperiode kündigte Schmidt einige Veränderun- gen an. Sie hatten sich bereits nach er- sten Gesprächen mit der Ärzteschaft abgezeichnet (DÄ, Heft 4/2001):

Die Bundesgesundheitsministerin erwägt ernsthaft, die Kollektivhaftung der Vertragsärzte im Fall der Über- schreitung von Arznei- und Heilmittel- budgets abzuschaffen. Sie fördere das

„psychologische Klima“ im Gesund- heitswesen nicht. Au- ßerdem habe ihr noch keiner sagen können, wie der Kollektivre- gress umzusetzen sei.

Die starren Arznei- und Heilmittelbudgets, die doch immer nur eine „Übergangslösung“

gewesen seien, sollen ebenfalls abgeschafft werden. Stattdessen sol- len andere Steuerungs- instrumente greifen, die die Verantwortung für die Arznei- und Heil- mittelbudgets den Kas- senärztlichen Vereini- gungen und dem einzel- nen Arzt zuordnen.

Schmidt scheint im Kern dem Vorschlag der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung (KBV) zugeneigt, praxisbezogene Richtgrößenvereinbarungen und Re- gelleistungsvolumina einzuführen. Sie sei niemand, der an Instrumenten hän- ge, wenn es bessere gebe, oder solche, die besser akzeptiert würden, betonte die Ministerin: „Auch in diesem Punkt bin ich pragmatisch.“ Wenn eine Neure- gelung wie die skizzierte greife, dann hätten die Ärzte allerdings „die Verant-

wortung nicht nur für die Verordnungs- qualität, sondern auch für die wirt- schaftliche Dimension des Verordnens zu übernehmen.“

An diesem Vorstoß lässt sich erken- nen, dass Ulla Schmidt politisch erfah- ren und eine geschickte Taktikerin ist.

Gewiss ist sie inhaltlich überzeugt, dass eine Neuregelung Not tut. Mit der Beru- higungspille „Abschaffung der Budgets/

Ende des Kollektivregresses“ schafft sie sich gleichzeitig für ein paar Wochen bei einem explosiven Thema Ruhe. Um die gewünschten Änderungen herbeizu- führen, bedarf es intensiver Verhand- lungen mit der Ärzteschaft und den Krankenkassen, und dann muss eine Gesetzesänderung her. Inzwischen, das verschwieg Schmidt nicht, prüfe ihr Mi- nisterium noch Alternativvorschläge.

Verbesserungen für Ärzte in Ostdeutschland

Die Ministerin ging zudem auf die Ein- kommensentwicklung bei Ärztinnen und Ärzten in den neuen Bundeslän- dern ein. Hier sehe sie Korrekturbedarf, sagte Schmidt: „Jede Arbeit verdient ihren gerechten Lohn.“ Wenn es stim- me, dass das Geld der Leistung folgen muss, dann müsse man zum Beispiel ei- ne neue Regelung für den Fremdkas- senausgleich finden. Es könne nicht sein, dass alle Beiträge beispielsweise am Standort einer Betriebskrankenkas- se im Westen blieben, wenn ein Teil der Versicherten aber Ärzte am Wohnort in den neuen Bundesländern aufsuche.

Sobald Mitte Februar die Gutachten zum Änderungsbedarf beim Risiko- strukturausgleich (RSA) vorliegen, will P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 6½½½½9. Februar 2001 AA283

Grundzüge der künftigen Gesundheitspolitik

Mehr Verständnis für die Ärzte – aber nicht mehr Geld

Die neue Bundesgesundheitsministerin hat sich nicht lange ins stille Kämmerlein zurückgezogen. In der vergangenen Woche präsentierte sie ihre Vorstellungen zur Gesundheitspolitik.

Spannungen abbauen, Kompromisse finden – Ulla Schmidt will mehr Ru- he in der Gesundheitspolitik.

Foto: ap/Markus Schreiber

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das Bundesgesundheitsministerium ei- nen Vorschlag präsentieren, um den RSA weiterzuentwickeln und die der- zeit kritisierten Effekte zu beseitigen.

„Es darf keine Krankenkasse dafür be- straft werden, dass sie zum Beispiel Dia- betiker versichert“, betonte Schmidt.

Deswegen sollen die Kosten für beson- ders teure Versicherte künftig zwischen den Krankenkassen anders ausgegli- chen werden. Entsprechende Vorgaben sollen verhindern, dass Krankenkassen schließen müssen: „Die Menschen wol- len nicht, dass die Existenz ihrer Kasse gefährdet ist“, sagte Schmidt.

Sie verteidigte schließlich das neue Entgeltsystem im Krankenhaus. Die Einführung der DRGs sei „ein Paradig- menwechsel, der notwendig ist“. Auch am Zeitplan will sie festhalten.

Als weitere Ziele noch für diese Le- gislaturperiode nannte die Ministerin die Verbesserung der Pflegeleistungen für Demenzkranke und eine gesteigerte Qualität der Leistungserbringer. In die- sem Bereich sei einiges bereits auf den Weg gebracht. „In der Drogenpolitik wollen wir den Kurs halten“, ergänzte sie.

Schmidt verteidigte ihre Entschei- dung, zunächst kein Fortpflanzungsme- dizin-Gesetz auf den Weg zu bringen.

„Ich glaube, dass wir erst am Anfang der Diskussion stehen“, sagte sie. Zwi- schen den Polen Fortschritt und Ethik müsse man in vielen Einzelfragen ge- nau abwägen. Dabei solle ein Nationa- ler Ethik-Beirat helfen.

Andere Themen sollen erst in der nächsten Legislaturperiode angegangen werden. So hat die Bundesregierung noch nicht entschieden, ob und wie sie die finanzielle Basis der GKV verbrei- tern beziehungsweise den Leistungska- talog einschränken will. Als eine mögli- che Überlegung nannte Schmidt, dass sich GKV-Mitglieder zusätzlich versi- chern müssen, wenn sie in ihrer Freizeit Risikosportarten nachgehen. Diesen Vorschlag hatte schon vor Jahren der damalige Präsident der Bundesärzte- kammer, Prof. Dr. med. Karsten Vilmar, unterbreitet. Doch die Ministerin hat ja nach eigenem Bekunden für gute Ideen immer ein offenes Ohr. Folgerichtig be- tonte sie, dass sie den Dialog mit der Opposition und mit den Bundesländern suchen werde. Sabine Rieser

P O L I T I K

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A284 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 6½½½½9. Februar 2001

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as Landgericht Koblenz hat den früheren Caritas-Manager Hans- Joachim Doerfert wegen Untreue in 58 Fällen zu sieben Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Doerfert habe die Caritas-Trägergesellschaft Trier (CTT) jahrelang als sein Eigentum be- trachtet und sich systematisch aus ihren Kassen bedient, sagte der Vorsitzende Richter Hans-Georg Göttgen. Dabei sei ein Schaden von mindestens 38 Mil- lionen DM entstanden. Die beiden mit-

angeklagten Bernhard Veit und Ulrich Ziegelmayer wurden wegen Unter- schlagung in 16 beziehungsweise 50 Fäl- len ebenfalls zu Haftstrafen verurteilt.

Veit muss für zwei Jahre und acht Mo- nate hinter Gitter, Ziegelmayer für vier Jahre und drei Monate.

Das „System Doerfert“ ziehe sich wie ein roter Faden durch den Prozess, sagte Richter Göttgen. Als erfolgsverwöhnter, dominanter Manager habe Doerfert im Laufe der Zeit alle wichtigen Posten mit ihm genehmen Funktionsträgern be- setzt. Durch hohe Gehälter und finanzi-

elle Zuwendungen habe er sie immer en- ger an sich gebunden und sie veranlasst, auch kritikfähige Maßnahmen mitzutra- gen. Die Hauptschuld treffe deshalb Doerfert, der zum „Alleinherrscher“ der CTT-Gruppe aufgestiegen sei. Sämtliche Kontrollmechanismen hätten versagt.

Dem Krankenhaus-Manager war es mit- hilfe von Schmiergeldern, Beteiligungen und Scheinverträgen gelungen, sich ein weitreichendes Firmengeflecht aufzu- bauen. Ende 1999 gehörten 42 Einrich- tungen mit 9 000 Beschäftigten zur CTT.

Jahresumsatz des Krankenhausträgers:

rund 450 Millionen DM.

Göttgen sprach in der Urteilsverkün- dung von einem „Selbstbedienungsla- den“, aus dem sich Doerfert nach Belie- ben bereichert habe. Als Beispiele nann- te der Richter Beratungshonorare, die der Geschäftsführer Doerfert beim Rechtsanwalt Doerfert in Rechnung ge- stellt habe, oder auch Spenden an den Fußballclub Eintracht Trier. „Doerfert spendete die CTT-Gelder ausschließlich, um sich als Retter der Eintracht zu prä- sentieren“, sagte Göttgen.

Für ein Konzept, wonach durch das Zusammenspiel zwischen Sport und Medizin ein Betten- oder Stellenab- bau in den CTT-Kliniken hät- te verhindert werden sollen, gebe es keine Anzeichen.

Wegen der Verstrickung in die Doerfert-Affäre wa- ren im November 2000 der damalige Bundesverkehrs- minister Reinhard Klimmt (SPD) und der saarländi- sche Innenminister Klaus Meiser (CDU) zurückgetre- ten. Mit dem Urteil vom 5. Februar ist die „Akte Doerfert“ noch nicht geschlossen. Am 2. Februar erhob die Koblenzer Staats- anwaltschaft eine weitere Anklage ge- gen den Manager, unter anderen wegen unklarer Zahlungen an die CDU und erneut wegen Untreue und Kreditbe- trug in Millionenhöhe. Ab dem 2. März muss sich Doerfert vor dem Münchner Landgericht wegen dubioser Geschäfte zum Schaden des Deutschen Ordens verantworten. Der Deutsche Orden be- treibt zahlreiche Krankenhäuser, Be- hinderten- und Altenheime sowie an- dere soziale Einrichtungen. Jens Flintrop

Doerfert-Prozess

Griff in die Kasse

Der Krankenhaus-Manager Hans-Joachim Doerfert muss für viele Jahre ins Gefängnis.

Zerknirscht. Hans-Joachim Doerfert (56), hier mit seinen An- wälten, blickt in eine düstere Zukunft. Foto: ddp

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