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Archiv "Honorarverhandlungen: Wenn das Geld der Leistung folgen soll" (18.06.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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18. Juni 2010 A 1191 HONORARVERHANDLUNGEN

Wenn das Geld der Leistung folgen soll

Der Gesetzgeber erkennt an, dass Leistungsverlagerungen vom stationären in den ambulanten Sektor mehr Geld für die niedergelassenen Ärzte rechtfertigt. Wie man solche Verlagerungseffekte messen kann, ermittelt das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung.

D

er medizinische Fortschritt vollzieht sich als Verände- rung der ärztlichen Arbeitsteilung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung. Änderungen der Vergü- tungsstrukturen können den Prozess bremsen oder beschleunigen. Zudem wird er kleinräumig durch die strate- gische Positionierung der Versor- gungseinrichtungen und Änderun- gen ihrer Infrastruktur modifiziert.

Die Entwicklung ist jedem Arzt aus eigener Anschauung geläufig.

Trotzdem ist es eine komplexe Auf- gabe, Verlauf und Dynamik dieser Entwicklung von Jahr zu Jahr um- fassend und präzise zu messen. Ge- nau dies verlangt der Gesetzgeber vom Bewertungsausschuss, um dar - aus Richtwerte für die Anpassung der vertragsärztlichen Gesamtvergü- tungen abzuleiten. Noch hat die Wis- senschaft hierzu vergleichsweise we - nig anzubieten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Krankenkassen ringen folglich um die Definition einer tauglichen Me- thodik zur Messung von Verlage- rungseffekten.

Gemäß § 87 a Abs. 4 Nr. 3 Sozial- gesetzbuch (SGB) V sind bei der jährlichen Anpassung des notwen- digen Behandlungsbedarfs (der nach Europreisen zu vergütenden Menge vertragsärztlicher Leistungen) für das Folgejahr unter anderem auch Verlagerungen von Leistungen zwi- schen dem stationären und dem am- bulanten Sektor zu berücksichtigen.

Diese Regelung des GKV-Wett- bewerbsstärkungsgesetzes gilt seit 2009. Sie soll nun erstmalig mit Wirkung für 2011 mit Leben gefüllt werden. Einen Vorläufer findet sie bereits im Arzneimittelbudget-Ab- lösungsgesetz vom 1. Dezember 2001. Hier ist die Veränderung des Verordnungsumfangs aufgrund von Verlagerungen zwischen den Leis-

tungssektoren bei der Vereinbarung von Arzneimittelrichtgrößen und dem Ausgabenvolumen für die von Vertragsärzten verordneten Arznei- mittel einzubeziehen.

Effekte in Höhe dreistelliger Millionenbeträge jährlich Die KBV schätzt den durch die Ver- kürzung der Verweildauer zusätz- lich entstandenen vertragsärztlichen Behandlungsaufwand im Zeitraum zwischen 2002 und 2006 auf jähr- lich circa 440 Millionen Euro. Die 2009 geschlossene Arzneimittel - vereinbarung gemäß § 84 SGB V zeigt, dass bei systematischer Be- rücksichtigung von Verlagerungsef- fekten ein jährlicher Zuwachs von etwa einem Prozent aufgrund von Verlagerungseffekten durchaus rea- listisch ist. Bezogen auf das ver- tragsärztliche Vergütungsvolumen sind dies circa 350 Millionen Euro.

Aktuelle Simulationsrechnungen des Zentralinstituts für die kassenärzt- liche Versorgung (ZI) belegen Ver- lagerungseffekte in vergleichbarer Größenordnung für die vertrags- ärztliche Versorgung. Angesichts dieser wirtschaftlichen Dimension erstaunt es, dass dieser Forschungs- bereich bisher eher stiefmütterlich behandelt wurde.

In einem Methodenworkshop beim ZI im Oktober 2008 wurden sechs Ansätze beschrieben, die als Grundlage zur Quantifizierung von Verlagerungseffekten genutzt wer- den können (Tabelle 1). Für einige dieser Ansätze hat das ZI in der Folge Forschungsmaßnahmen ge- fördert oder selbst durchgeführt.

Der Case-Mix-Index (CMI) spiegelt die Zusammensetzung der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRGs) eines Krankenhauses wider.

Ein steigender CMI bei zeitgleicher Fallzahlabnahme beziehungsweise

-stagnation deutet auf eine Verlage- rung leichterer Fälle aus der statio- nären in die ambulante Behandlung hin. Der sogenannte DRG-Katalog- effekt ist zu berücksichtigen. Der Katalogeffekt bezeichnet die verän- derte Bewertung identischer Fälle in unterschiedlichen G-DRG-Versio- nen. Die bereinigte Entwicklung des CMI offenbart bestimmte Leistungs- komplexe, welche die Voraussetzun- gen eines steigenden CMI und rück- läufiger Fallzahl erfüllen. Bestehen für die entsprechenden Hauptdia- gnosen in der definierten Region und im selben Beobachtungszeit- raum jeweils gegenläufige Entwick- lungen in der vertragsärztlichen Versorgung, ist im entsprechenden Umfang von Leistungsverlagerun- gen auszugehen. In Modellrechnun- gen lässt sich die Aussagefähigkeit dieses methodischen Ansatzes zur Ermittlung von Verlagerungseffek- ten explorativ darstellen. Mit den bei den Krankenkassen verfügbaren sta- tionären Abrechnungsdaten nach § 301 SGB V kann die genaue Be- rechnung unter Berücksichtigung des Katalogeffekts jeweils für den Zu- ständigkeitsbereich einer Kassenärzt- lichen Vereinigung erstellt werden.

Auswirkungen kleinräumiger Strukturänderungen – Chefarzt- wechsel, die Niederlassung des Oberarztes, das Einrichten, Schlie- ßen oder Neuausrichten von Abtei- lungen, die Fusion von Kranken- häusern sowie deren strategische Fokussierung beeinflussen klein- räumig das Verlagerungsgeschehen.

Um die Größenordnung dieses Ef- fekts zu erkennen, hat das Zentral- institut Forschungsmaßnahmen zur

„kleinräumigen populationsbezoge- nen Analyse“ des Instituts für Sozi- almedizin und Gesundheitsökono- mie in Magdeburg (ISMG) sowie des IGES-Instituts in Berlin geför-

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18. Juni 2010 dert. Strukturdaten sowie versicher-

tenbezogene sektorenübergreifende Abrechnungsdaten sind hierfür er- forderlich. Die mangelnde Bereit- schaft der Krankenkassen, entspre- chende Daten bereitzustellen, limi- tierte die Möglichkeiten der For- schung. So musste das ISMG die Analyse beenden, als die AOK Sachsen-Anhalt ihre Zustimmung zur Datennutzung zurückzog. Pi- kant: Der Rückzug wurde damit begründet, dass die Ergebnisse Auswirkungen auf die Beratungen des Bewertungsausschusses haben könnten.

Diagnosenbezogene Ausgaben- und Fallzahlentwicklung – Die Versichertenklassifikation nach den Risikomerkmalen Alter, Geschlecht und Diagnosen ist die Grundlage des morbiditätsbezogenen Risiko - strukturausgleichs der Krankenkas- sen und zur Ermittlung der morbidi- tätsbedingten Veränderung der ver- tragsärztlichen Gesamtvergütung.

Dabei werden Risikogruppen mit hoher statistischer Aussagefähig- keit zur Erklärung systematischer Ausgabenunterschiede zwischen Versichertengruppen oder zur Pro-

gnose der künftigen Ausgaben die- ser Versichertengruppen gebildet.

Im Unterschied zur DRG-Methode werden nicht einzelne Behand- lungsfälle, sondern Versicherte mit ihrer gesamten Leistungsinanspruch- nahme in einem oder mehreren Leistungssektoren im Zeitraum ei- nes Jahres zugrunde gelegt. Die Methode der „Versichertenbezoge- nen Bilanzierung“ geht deshalb von der Hypothese aus, dass mittels dieser Versichertenklassifikations- verfahren auch systematische Ver- schiebungen zwischen Leistungs- sektoren erkannt werden können.

Hierzu hat das ZI Forschungsvorha- ben des Instituts für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheits- systemforschung (ISEG), Hanno- ver, sowie des IGES-Instituts, Ber- lin, gefördert. Erforderlich war die Nutzungsmöglichkeit von sektoren- übergreifenden versichertenbezoge- nen Abrechnungsdaten der Kran- kenkassen; verwendet wurde die vom Bundesversicherungsamt ver- öffentlichte Versichertenklassifika- tionssystematik für den Risiko - strukturausgleich. Nach der Metho- de der „Versichertenbezogenen Bi-

lanzierung“ ist eine intersektorale Leistungsverlagerung zu vermuten, wenn über eine Zeitspanne von mindestens zwei Jahren eine gegen- läufige Entwicklung zwischen der stationären und der vertragsärztli- chen Versorgung nach den folgen- den Kriterien festzustellen ist:

Kriterium 1: Die tatsächlichen Leistungsausgaben für die stationä- re Versorgung je Versicherten mit Zugehörigkeit zu einer Risikogrup- pe X des Versichertenklassifikati- onssystems nehmen gegenüber den erwarteten Leistungsausgaben für die stationäre Versorgung des Ba- sisjahres ab. Dagegen nehmen die tatsächlichen Leistungsausgaben für die vertragsärztliche Versorgung je Versicherten mit Zugehörigkeit zur Risikogruppe X gegenüber den er- warteten Leistungsausgaben für die vertragsärztliche Versorgung des Basisjahres zu.

Kriterium 2: Die Fallzahl je Ver- sicherten mit Zugehörigkeit zur Ri- sikogruppe X nimmt in der statio- nären Versorgung ab und in der ver- tragsärztlichen Versorgung zu.

Beide Kriterien müssen für den Beobachtungszeitraum in der defi- nierten Wohnregion der Versicherten erfüllt sein. Die Methode ist dazu geeignet, alle zur Bestimmung der vertragsärztlichen Gesamtvergütung maßgeblichen morbiditätsbezoge- nen Risikogruppen systematisch nach potenziellen Verlagerungsef- fekten abzusuchen. Auf Basis der Forschungsergebnisse der Institute ISEG und IGES zeigen sich Verlage- rungseffekte aus dem stationären in den ambulanten Sektor durch eine vollständige Verlagerung von Be- handlungsfällen für zahlreiche hierar- chisierte Morbiditätsgruppen (HMG) des morbiditätsorientierten Risiko - strukturausgleichs (Tabelle 2).

Verlagerungsbedingter ärztli- cher Leistungsbedarf – Zur Quan- tifizierung des Umfangs jährlich verlagerter Leistungen existiert bis- lang keine etablierte Methodik, die den Anforderungen des § 87 a Abs.

4 Nr. 3 SGB V entspricht. Demnach müssen Verlagerungseffekte identi- fiziert und quantifiziert werden, die nicht bereits in der Veränderung der Morbiditätsstruktur berücksichtigt worden sind. Die Quantifizierung TABELLE 1

Methodische Ansätze zur Messung von Verlagerungseffekten

Quelle: Eigene Darstellung auf Basis des Methodenworkshops des ZI Bezeichnung

I. Säkulare Trends

II. Versichertenbezogene Bilanzierung

III. Versichertenbezogene Behandlungsepisoden IV. Kleinräumige,

populationsbezogene Analyse

V. Leistungsentwicklung ambulanter Einrichtungen an Krankenhäusern

VI. Veränderung des stationären Leistungsgeschehens

Kurzbeschreibung

langfristige Verlagerungstrends aufgrund medizinisch-technischen Fortschritts, sichtbar insbesondere anhand der Dynamik bestimmter Arzneiverordnungen oder spezifischer vertragsärztlicher Leistungskomplexe über mehrere Jahre (Fünf- bis Zehnjahresabschnitte)

Veränderung des Gewichts der Leistungsanteile von stationärer und ambulanter Versorgung im Zeitraum eines Kalenderjahres bei Patienten- gruppen mit bestimmten Risikomerkmalen mittels Verfahren des health risk assessment (predictive modeling), wie z. B. dem morbiditätsbezogenen Risikostrukturausgleich zugrunde gelegt

Beobachtung der Veränderung der Leistungsdynamik in der vertragsärztlichen und stationären Versorgung innerhalb eines definierten Zeitraums vor und nach stationärer Behandlung

Analyse der Auswirkungen von Veränderungen in ambulanten und stationären Versorgungsstrukturen in einer Region auf die Entwicklung der ambulanten und stationären Versorgungsanteile der Bevölkerung in dieser Region Analyse der Leistungsentwicklung ambulanter Einrichtungen an Kranken- häusern (z. B. MVZ in Trägerschaft von Krankenhäusern); ggf. Vergleich des Leistungsgeschehens in den korrespondierenden Abteilungen der jeweiligen Krankenhäuser im Vergleich zu Krankenhäusern ohne ambulante Einrich- tungen

Ermittlung der Veränderung des ambulanten Leistungsgeschehens anhand von Indikatoren verlagerungsgeneigten Handelns im Krankenhaus, z. B.

Anstieg des Case-Mix-Index bei gleichzeitigem Fallzahlrückgang (Fallzahl- stagnation)

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18. Juni 2010 erfordert daher ein Verfahren zur

statistischen Erklärung der Abwei- chung des tatsächlichen vertrags- ärztlichen Behandlungsbedarfs von dem nach Alter, Geschlecht und Diagnosen erwarteten Behandlungs- bedarf der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Die erklärende Variable ist hier die Differenz zwi- schen den nach Alter, Geschlecht und Diagnosen erwarteten und den tatsächlichen stationären Fallzahlen je Versicherten. Es ergeben sich Effekte in der Größenordnung von einem Prozentpunkt der Gesamt- vergütung.

Die so ermittelten Verlagerungs- effekte zeigen regional unterschied- liche Ausprägungen. Die Ermitt- lung des Umfangs verlagerter Leis- tungen sollte daher auf Kreisebe- ne erfolgen, um sowohl regionale Unterschiede in der Struktur des

Versorgungsangebots als auch Be- sonderheiten in der regionalen Or- ganisation der Leistungserbringung adäquat zu berücksichtigen. Die Effekte können auf Landes- oder Bundesebene aggregiert werden, um der Bezugsgröße zur Ermittlung der morbiditätsbedingten Verände- rungsrate des Behandlungsbedarfs zu entsprechen.

Verlagerungsbedingte Arznei- mittelausgaben – In den Rahmen- vorgaben nach § 84 Abs. 7 SGB V für die Inhalte der Arzneimittelver- einbarungen zwischen der KBV und dem GKV-Spitzenverband für das Jahr 2010 sind bei der Anpas- sung des Ausgabenvolumens nach

§ 84 Abs. 2 SGB V Verlagerungsef- fekte berücksichtigt worden. Insge- samt wurde eine Anpassung des Ausgabenvolumens um plus 4,8 Prozentpunkte (ohne Berücksichti-

gung der regional festzulegenden Anpassungsfaktoren) beschlossen, davon entfiel ein Prozentpunkt auf den Anpassungsfaktor Verlagerung zwischen den Leistungsbereichen.

Für die Berechnung des Verlage- rungseffekts sind diejenigen HMG des morbiditätsorientierten Risi- kostrukturausgleichs herangezogen worden, bei denen ein Rückgang der Krankenhausaufenthalte (statio- näre Behandlungsfälle) bei gleich- zeitiger Zunahme der ambulanten Behandlungsfälle (im Vergleich der Jahre 2005 und 2007) beobachtet worden ist (Tabelle 2). Diese HMG sind der weitergehenden Analyse zur Ermittlung des Umfangs ei- nes möglichen Verlagerungseffekts unterzogen worden. Dieser berück- sichtigt auch die Abnahme der durchschnittlichen stationären Ver- weildauer der diesen HMG zu - zuordnenden stationären Behand- lungsfälle. Im ersten Schritt sind die den HMG zugrundeliegenden ICD-10-Diagnosen bestimmt und die jeweils verordneten Arzneimit- telgruppen und deren prozentualen Verordnungsanteile je ICD-10-Dia- gnose ermittelt worden. Dazu wur- den Daten aus dem Verordnungsin- dex für Pharmazeutika von IMS Health (IMS VIP) verwendet. An- schließend wurden für die im Rah- men der HMG beziehungsweise der ihnen zugeordneten ICD-10-Dia- gnosen ermittelten verordneten Arzneimittel die jeweiligen Anteile an den Gesamtverordnungen der jeweiligen Arzneimittelgruppen be- stimmt. Dieser Bezug konnte mit GKV-Verordnungsdaten von In- sight Health hergestellt werden. Für die Arzneimittel der beobachteten ICD-10-Gruppen wurden außerdem die Verordnungszahlen der letzten Jahre bestimmt, um Verordnungs- veränderungen für die jeweiligen HMG zu quantifizieren. Tabelle 3 zeigt exemplarisch für die HMG 108 und 109 (HMG 108: Status asthmaticus [Alter: > 17 Jahre], post- inflammatorische Lungenfibrose;

HMG 109: COPD/Emphysem [Al- ter: > 17 Jahre], Asthma bronchiale, Status asthmaticus [Alter: < 18 Jah- re]) die Veränderung der Bruttoaus- gaben für Verordnungen im gleiten- den Jahresdurchschnitt (Juli 2008 TABELLE 2

Konsolidierte Liste der verlagerungsrelevanten HMGs

(Basis: Forschungs- und Entwicklungsaufträge der Institute ISEG und IGES)

Quelle: Eigene Darstellung des ZI HMG007

HMG012 HMG014 HMG016 HMG017 HMG020 HMG023 HMG025 HMG027 HMG036 HMG037 HMG052 HMG053 HMG054 HMG056 HMG068 HMG071 HMG074 HMG086 HMG092 HMG105 HMG109 HMG165

Non-Hodgkin-Lymphom, Morbus Hodgkin, chronisch lymphatische Leukämie Andere schwerwiegende bösartige Neubildungen

Andere Neubildungen

Diabetes mit neurologischen oder peripheren zirkulatorischen Manifestationen Diabetes mit akuten Komplikationen

Diabetes mellitus Typ 1

Andere schwerwiegende endokrine und Stoffwechselerkrankungen Terminale Lebererkrankung

Chronische Hepatitis

Ösophagitis, Reflux und andere Erkrankungen der Speiseröhre (ohne Ulkus und Blutung) Enzündung/Nekrose von Knochen/Gelenken/Muskeln

Alkohol- oder Drogenabhängigkeit

Schädlicher Gebrauch von Alkohol/Drogen ohne Abhängigkeitssyndrom Schizophrenie

Psychosen, psychotische und dissoziative Störungen Querschnittslähmung

Polyneuropathie Epilepsie

Erworbene Erkrankungen der Herzklappen und rheumatische Herzerkrankungen Näher bezeichnete Arrhythmien

Gefäßerkrankungen

Chronische obstruktive Bronchitis/Emphysem (Alter: > 17 Jahre), Asthma bronchiale, Status asthmaticus (Alter: < 18 Jahre)

Andere iatrogene Komplikationen

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18. Juni 2010 A 1195 bis Juni 2009 versus Vorjahreszeit-

raum), die sich hierfür auf 81,3 Mil- lionen Euro beliefen. Eine Preisbe- reinigung wurde durchgeführt, in- dem der diagnosespezifische Anteil der Verordnungsdifferenzen mit den aktuellen Kosten je Verordnung (Preisstand: Juli 2009) multipliziert wurde. Abschließend wurden die so ermittelten Verlagerungseffekte um die bereits berücksichtigten An - passungsfaktoren Preisentwicklung und innovative Arzneimittel berei- nigt. Insgesamt kann durch dieses Verfahren für das Jahr 2010 pro - gnostisch mittels einer Trendfort- schreibung aus den Jahren 2007 bis 2009 ein Umsatzeffekt für die HMG 108 und 109 in Höhe von 68,2 Millionen Euro für Verlage- rungseffekte ausgewiesen werden.

Die Prävalenz der HMG 109 (108) beträgt im Jahr 2007 nach den An- gaben des Bundesversicherungs- amts 3,96 Prozent (0,08 Prozent).

Für sämtliche nach dem be- schriebenen Verfahren identifizier- ten HMG konnte bei der Quantifi- zierung eine steigende Verord- nungs- und Ausgabenentwicklung für die Jahre 2008 und 2009 be- stimmt und prospektiv für das Jahr 2010 postuliert werden. Auf der Ba- sis der oben beschriebenen Metho- dik wurden für 2010 Mehrausgaben durch stationär-ambulante Verlage- rung von etwa 300 Millionen Euro beziffert bei einer Anhebung des Ausgabenvolumens für Arzneimit- tel in Höhe von 1,3 Milliarden Euro insgesamt.

Fazit

Der gesetzliche Auftrag zur Ermitt- lung und Berücksichtigung von Verlagerungseffekten ist Folge der Aufhebung einnahmenorientierter sektoraler Budgets. An deren Stelle ist die Vereinbarung bedarfsabhän- giger prospektiver Zielgrößen ge- treten. Dabei ist die Berücksichti- gung von Leistungsverlagerungen notwendig, da es weder Aufgabe noch Verantwortung der Vertrags- ärzte ist, das Risiko des medizi- nisch-technischen Fortschritts und einer entsprechend veränderten sta- tionären Leistungserbringung zu tragen. So betonen derzeit die für den Krankenhausbereich zuständi-

gen Vertreter des GKV-Spitzenver- bands zwar die Existenz von Verla- gerungen, deren Kollegen im Be- wertungsausschuss lehnen deren Quantifizierung jedoch ab.

In Anbetracht der zunehmenden Relevanz für die Verhandlungen der Gesamtvertragspartner ist es uner- lässlich, intersektorale Leistungs- verlagerungen weiter zu erforschen.

Ein breiter wissenschaftlicher Dis- kurs wäre wünschenswert. Dafür bedarf es jedoch einer sektoren- übergreifenden versichertenbezoge- nen Datengrundlage für Längs- schnittanalysen, die letztlich nur von den Kostenträgern bereitge- stellt werden kann. Auf Dauer kann die fehlende Datengrundlage nicht hingenommen werden. Dem Kri-

terium der sektoralen Leistungs- verlagerung muss im Rahmen der Honorarverhandlungen jetzt der Rang zukommen, der ihm logisch konsequent von Gesetzes wegen zusteht: als ein neben der Anzahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten gleichrangiger Anpas- sungsfaktor des mit einem festen Punktwert zu vergütenden notwen- digen Behandlungsbedarfs. ■ Dr. rer. pol. Dominik von Stillfried Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung

Weitere Autoren dieses Beitrages:

Kathrin Jansen (ZI), Thomas Czihal (ZI), Dr. med. Sybille Steiner (KBV), Dr. med. Peter Bartmann (KBV)

@

Langfassung im Internet:

www.aerzteblatt.de/101191 TABELLE 3

Umsatzveränderung für Arzneimittelgruppen für ICD-10-Diagnosen der HMGs 108 und 109 – gleitender Jahresdurchschnitt 2009 gegenüber 2008

*ohne Berücksichtigung des als Innovation eingestuften Präparats Spiriva® Quelle: KBV, Datenbasis IMS Health, Insight Health Beta-2-Stimulanzien

Beta-2-Stimulanzien und Kortikoid-Kombinationen Beta-2-Stimulanzien und Anticholinergika-Kombinationen*

antiasthmatisch eingesetze Kortikoide Xanthine

Antileukotrien-Antiasthmatika

Beta-2-Stimulanzien und nichtsteroidale respiratorisch eingesetzte Entzündungshemmer

Expectoranzien ohne Antiinfektiva Antitussiva

Grippemittel und Expectoranzien und Antiinfektiva andere Husten- und Erkältungspräparate Makrolide und vergleichbare Stoffe Fluorchinolone

Cephalosporine Breitspektrumpenicilline Tetracycline und Kombinationen reine Kortikosteroide, systemisch topische Rhinologika

andere Analgetika systemische Antihistaminika Standardlösungen

sonstige therapeutische Präparate

systemische Antiphlogistika und Antirheumatika Summe der berücksichtigten Gruppen

6 765 956 € 79 299 103 € –1 009 745 € 8 902 765 –5 860 586 € –2 957 901 € –2 343 240 €

–1 058 543 € 905 618 –979 356 € –88 992 € 191 453 € –2 754 450 1 533 831 € 468 788 € –102 673 € 224 552 206 108 € 99 206 € –197 069 € –199 767 € –114 365 € 377 619 € 81 308 312 €

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