Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 1–2|
7. Januar 2010 A 17D
en ersten Facharztvertrag nach § 73 c SGB V haben die AOK Baden-Württemberg, der Me- di-Verbund und der Bundesverband niedergelassener Kardiologen (BNK) am 10. Dezember 2009 in Stuttgart unterzeichnet. Sobald sich 50 Pro- zent der circa 180 Kardiologen und 120 kardiologisch tätigen Internis- ten im Südwesten in den Vertrag eingeschrieben haben, können sich auch die Versicherten der AOK be- teiligen, die bereits am AOK-Haus- arztvertrag teilnehmen.Die Kardiologen seien als erste Fachgruppe für einen 73-c-Vertrag ausgewählt worden, weil Herz- Kreislauf-Erkrankungen nach der Statistik die häufigste Krankenhaus- diagnose darstellten, begründete der AOK-Vorstandsvorsitzende, Dr. Rolf Hoberg, den Schritt. Ziel der AOK sei es, eine Versorgung zu organi- sieren, die Krankenhausaufenthalte weitgehend überflüssig mache. Dazu diene die Stärkung der hausärztli- chen Versorgung durch den Selektiv - vertrag nach § 73 b, der schrittweise durch Netzwerke mit Fachärzten er- weitert werden solle, an die die Haus- ärzte ihre Patienten weiterleiteten.
Alle Fälle werden bezahlt
Die Vergütung der Fachärzte im Se- lektivvertrag sei wesentlich kom- plizierter als die im hausärztlichen Bereich, erklärte Hoberg. „Unser Ziel lautet: Der Arzt muss wissen, wie viel er für die Versorgung eines Falls bekommt.“ Kalkulationssi- cherheit für die Ärzte im Selek- tivvertrag bedeute letztlich auch Kalkulationssicherheit für die Kran- kenkasse. Der stellvertretende AOK- Vorsitzende, Dr. Christopher Her- mann, betonte: „Hier folgt das Geld der Leistung, anders als im Kollek- tivvertrag.“Dem Vorsitzenden des Medi-Ver- bunds, Dr. med. Werner Baumgärt-
ner, geht es mit dem Facharztvertrag in erster Linie um den Erhalt der ambulanten kardiologischen Versor- gung, die im Wettbewerb mit dem Krankenhaus steht. Der Kollektiv- vertrag gefährde diese in Baden- Württemberg. Mit dem 73-c-Vertrag erhielten die Fachärzte ein zusätzli- ches Standbein. Hier würden den Ärzten alle Fälle bezahlt, anders als mit der „Leistungsverhinderungs- vergütung“ des Einheitlichen Be- wertungsmaßstabs. Die Versorgung werde den regionalen Bedürfnissen angepasst, die Schnittstelle zwi- schen Haus- und Facharzt exakt definiert. Die Zukunft sieht Baum- gärtner in einem geordneten Neben- einander von Kollektiv- und Selek- tivverträgen.
Für den Vorsitzenden des BNK, Dr. med. Norbert Smetak, bietet der 73-c-Vertrag die Möglichkeit, Be- handlungspfade in die Realität um- zusetzen. „Wir wollen eine Patien- tenversorgung, wie sie sich auch die
Patienten wünschen. Die möchten am liebsten ambulant versorgt wer- den.“ Die Vergütungssystematik des Vertrags ist an die Behandlung nach evidenzbasierten medizinischen Leit - linien angepasst und orientiert sich an der Schwere der Krankheitsbil- der. „Dadurch werden Patienten mit schwerwiegenden und aufwendigen Krankheitsbildern wesentlich besser berücksichtigt als im Kollektivsys- tem“, meint Smetak.
Der Fallwert liegt bei 100 Euro
Als „Basispauschale“ für die kardio- logische Diagnostik erhält der Kar- diologe quartalsweise 32 Euro (P1).Für Patienten, bei denen er eine kar- diologische Erkrankung feststellt, werden Zusatzpauschalen fällig, zum Beispiel bei Herzinsuffizienz 42 Euro (P1a), bei koronarer Herz- krankheit 25 Euro (P1b), bei Rhyth- musstörungen 30 Euro (P1c), bei Vitien 30 Euro (P1d). Vom dritten Arzt-Patient-Kontakt an sind bei den Pauschalen P1a, b und c Zuschläge von zwölf Euro für jeden weiteren Kontakt (bei definierter Obergrenze) abrechenbar.
Eine Pauschale P2 für Gefäßunter- suchungen ist mit 35 Euro beziffert.
Daneben gibt es Qualitätszuschläge sowie Zuschläge für besonders auf- wendige und förderungswürdige Leistungen. Die Kardiologen kom- men mit dieser Vergütungsstruktur nach Schätzungen der Vertragspart- ner auf einen durchschnittlichen Fallwert von 100 bis 110 Euro gegenüber knapp 80 Euro im Kol- lektivvertrag. Um am Vertrag teil- nehmen zu können, müssen die Kardiologen ihre Qualifikation durch Mindestmengen relevanter Unter- suchungen nachweisen. Sie müssen sich regelmäßig fortbilden und an einem Qualitätssicherungssystem teil-
nehmen. ■
Klaus Schmidt
ERSTER SELEKTIVVERTRAG FÜR KARDIOLOGEN
Das Geld soll der Leistung folgen
Im Südwesten soll auch die kardiologische Versorgung aus dem KV-System heraus - gelöst werden. Die Ärzte versprechen sich davon unter anderem höhere Honorare.
„Am liebsten am- bulant“: Die Selek- tivverträge nach
§ 73 c SGB V sollen nach dem Willen ihrer Initiatoren die wirtschaftliche Existenz der kardio- logischen Praxen sichern helfen.
Foto: medical picture