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Archiv "Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit: Schmidt verspricht mehr Geld" (13.06.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 2413. Juni 2008 A1313

P O L I T I K

E

s bewegt sich etwas im Ge- sundheitswesen – spätestens seit Inkrafttreten der jüngsten Ge- sundheitsreform. Das Einzelver- tragsgeschäft kommt in Fahrt, die Kliniken strecken ihre Fühler in an- dere Versorgungsbereiche aus, und die Krankenkassen positionieren sich vor Einführung des Gesund- heitsfonds im Wettbewerb. Insofern muss sich Bundesgesundheitsminis- terin Ulla Schmidt (SPD) beim Blick in das Programm des diesjährigen Hauptstadtkongresses „Medizin und Gesundheit“ Anfang Juni in Berlin gefühlt haben, als hätte sie mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) ein Perpetuum mobile angestoßen. Viel war für die dreitä- gige Mammutveranstaltung mit rund 7 500 Teilnehmern aus Gesundheits- wesen, Industrie und Politik an The- men wie „strategische Partnerschaf- ten“, „neue Kooperationsformen“

und „Vertragsgestaltung“ angekün- digt. Entsprechend zufrieden wirkte Schmidt bereits bei der Eröffnung des Kongresses.

Erwartungsgemäß lobte sie die Vorzüge des GKV-WSG. Zugleich verdeutlichte sie, dass sich auch die Politik bewege – und zwar auf die Ärzte zu. So bekräftigte Schmidt ih- re Forderungen nach mehr Geld für niedergelassene Ärzte und Klini- ken: „Wir brauchen dringend höhe- re Honorare für Vertragsärzte.“

Nötig sei dies wegen der neuen Euro-Gebührenordnung und weil künftig das Krankheitsrisiko von den Ärzten auf die Krankenkassen übergehe, wodurch die bisherige Deckelung der Honorare beendet werde. Auch den Krankenhäusern versprach Schmidt mehr Geld. „Al- le klagen über die Situation in den Kliniken. Wer daran etwas ändern will, muss aber wissen, dass das

Geld kostet“, gab sie zu bedenken.

Bei der Berechnung des künftigen Einheitsbeitragssatzes für die Kran- kenkassen werde dies mit berück- sichtigt. Schmidt stellte klar: „Kos- tensteigerungen für das Gesund- heitswesen im nächsten Jahr sind politisch gewollt.“

Zur „Königin des Ärztetages“

reicht es nicht

Die Ministerin schränkte jedoch ein, dass ein künftiger Einheitsbeitrags- satz von mehr als einem Prozent- punkt über dem heutigen Beitrags- satz unrealistisch sei. Immerhin: Ein Prozentpunkt Beitragssatz, das sind rund zehn Milliarden Euro, die zu- sätzlich in das System fließen sol- len. Spekulationen, wonach der Ein- heitsbeitragssatz bei etwa 15,7 Pro- zent liegen werde, wies die Ministe- rin zurück. Ausgehend vom heuti-

gen Durchschnittsbeitragssatz von 13,9 Prozent wäre dies eine Steige- rung von rund 18 Milliarden Euro.

„Wenn ich das machen würde, wäre ich die Königin des Deutschen Ärz- tetages“, sagte Schmidt mit Blick auf Forderungen der Ärzteschaft, die Finanzmittel für das Gesund- heitswesen massiv aufzustocken.

Die SPD-Politikerin konkreti- sierte ihr bereits beim Deutschen Ärztetag in Ulm angekündigtes Vor- haben, ein Förderprogramm für die Kliniken anzustrengen. Zugute- kommen soll die Initiative vor- nehmlich den Pflegekräften. Union und SPD verhandeln nach den Wor- ten der Ministerin aber auch über ei- ne zusätzliche finanzielle Förderung der ärztlichen Aus- und Weiterbil- dung an den Kliniken.

Schmidt gab jedoch zu verste- hen, dass das zusätzliche Geld nicht

Fingerzeig auf die Länder:Ulla Schmidt will zusammen mit den Kliniken dafür streiten, dass aus den Landeshaushal- ten mehr Geld für Krankenhausinves- titionen fließt.

HAUPTSTADTKONGRESS MEDIZIN UND GESUNDHEIT

Schmidt verspricht mehr Geld

Kostensteigerungen im Gesundheitswesen will die Politik 2009 ausnahmsweise einmal nicht kritisieren, sondern zulassen. Das beteuert die Bundesgesundheitsministerin derzeit.

Der Veränderungsdruck für alle im System bleibt dennoch hoch.

Foto:FOX-Fotoagentur

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A1314 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 2413. Juni 2008

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„mit der Gießkanne“ verteilt wer- den solle. Profitieren könnten die Krankenhäuser, die nachweislich zusätzliche Pflegekräfte einstellten oder innovative Arbeitszeitpro- gramme umsetzten. Gemeinsam mit den Kliniken will die Ministerin für mehr Geld von den Bundeslän- dern streiten. „Lassen Sie uns dafür kämpfen, dass die Länder ihren Verpflichtungen zur Bezahlung von Investitionen nachkommen – oder sie einer monistischen Finanzie- rung der Kliniken durch die Kran- kenkassen zustimmen.“ Man werde auf jeden Fall zu einem neuen ord- nungspolitischen Rahmen kom- men, gab sich Schmidt optimis- tisch.

Indirekt ging die Gesundheitsmi- nisterin auch auf die von Bundes- ärztekammer-Präsident Prof. Dr.

med. Jörg-Dietrich Hoppe ange- stoßene Debatte über Rationierung im Gesundheitswesen ein. „Wir müssen uns damit auseinanderset- zen, wie wir in einer alternden Ge- sellschaft allen Menschen Zugang zu medizinischem Fortschritt si- chern“, sagte Schmidt. Es werde künftig nicht mehr um fünf Euro mehr oder weniger Zuzahlung ge-

hen. Hoppe hatte vor und während des diesjährigen Ärztetages eine of- fene Debatte über Rationierung im Gesundheitswesen angemahnt.

Beim Hauptstadtkongress wies auch EU-Industriekommissar Gün- ter Verheugen auf steigende Ausga- ben im Gesundheitssektor hin. Man stehe vor revolutionären Verände- rungen der Therapieformen. Der SPD-Politiker warnte davor, Preise für medizinische Innovationen rigi- de zu regulieren. Dann wandere die Industrie in Länder ab, in denen die Renditeerwartung höher sei. Für al- le zu finanzieren seien Innovationen aber nur, wenn an anderer Stelle ge- spart werde. Nach Meinung Verheu- gens müsste vor allem der „Verwal-

tungsapparat im Gesundheitswesen entschlackt“ werden.

Fraglich ist, ob allein damit die Zukunftsprobleme gelöst werden können. Trotzdem scheint sich die Politik von einer Reform der Struk- turen im Gesundheitswesen wahre Wunder zu versprechen. Dies beka- men mit dem GKV-WSG nicht nur die Krankenkassen zu spüren, deren Selbstverwaltung komplett umge- staltet wurde, auch die Kassenärztli- chen Vereinigungen stehen vor enormen Veränderungen. „Wir wis- sen, dass die Zeit des Monopols vor- bei ist“, stellte Dr. med. Andreas Köhler in einer Veranstaltung auf dem Hauptstadtkongress zum The- ma Einzelverträge klar. Der Vor- standsvorsitzende der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung (KBV) hält es nicht für gefährlich, dass Ein- zelverträge die Versorgung im kol- lektiven Rahmen ergänzen. „Das Ersetzen halten wir für gefährlich“, betonte Köhler. Dann stelle sich nämlich die Frage nach Versor- gungssicherheit und -gerechtigkeit.

Köhler befürchtet beispielsweise, dass weder Krankenkassen noch Hausärzte ein Interesse daran haben werden, viele chronisch Kranke in

Verträge wie dem zwischen AOK, Medi und Deutschem Hausärztever- band in Baden-Württemberg einzu- binden. Er rechnete vor, dass es in diesem Einzelvertrag maximal 85 Euro Honorar je Patient gebe, während ein Hausarzt im Kollektiv- vertragssystem bis zu 120 Euro für Kranke erhalten könne, die in ein Chronikerprogramm eingeschrieben seien. Möglicherweise werde die Versorgung von Patienten im Rah- men von Einzelverträgen aber bes- ser koordiniert, räumte Köhler ein.

Das sei allerdings noch nicht be- wiesen.

Während Kritiker wie Köhler Einzelverträge für die Bedrohung einer qualitativ hochwertigen Pati-

entenversorgung und eine neue Quelle von Bürokratismus halten, trauen ihnen andere patientennähere Versorgungsansätze und mehr Viel- falt zu. So Dr. med. Klaus Bittmann, Vorsitzender des NAV-Virchow- Bunds und frühzeitiger Mitbe- gründer einer Ärztegenossenschaft:

„Das Rundum-sorglos-Paket von früher gibt es nicht mehr“, betonte er mit Hinweis auf die KVen. Des- halb müssten die Ärzte handeln. Der Vertrag in Baden-Württemberg sei

„ein großes Experiment“. Doch Risikoselektion, davon ist er über- zeugt, wird es nicht geben.

Als engagierter Verteidiger von Einzelverträgen präsentierte sich Dr. Felix Cornelius, Mitglied der Geschäftsleitung der Polikum- Gruppe Berlin. „Es ist einfach, Ein- zelverträge zu kritisieren, indem man einzelne herauspickt“, sagte er.

Damit kritisiere man aber nicht die Idee der Einzelverträge an sich. Sie stehen nach Ansicht von Cornelius für die Akzeptanz von Wettbewerb und das Bemühen, die Versorgung besser zu gestalten als im KV-Sys- tem. Wichtig sei, dass Patienten die Wahl zwischen verschiedenen An- bietern und Verträgen hätten. Den Vertrag in Baden-Württemberg hält er deshalb als neue „Monopolver- sorgung“ für wenig vorbildlich.

Cornelius schränkte aber ein, dass sicher nicht alle Versorgungskon- zepte von Anfang an gut seien:

„Man versucht ja, die Zukunft vor- wegzunehmen.“

Ein anspruchsvolles Unterfan- gen, wie auch die Einschätzung von Dr. Christoph Straub verdeutlichte.

„Die Effizienz hat im Einzelver- tragssystem bessere Chancen“, er- klärte der stellvertretende Vorstands- vorsitzende der Techniker Kranken- kasse. Einzelverträge seien aber nicht per se ein Mittel zur Honorarver- mehrung. Das gilt erst recht für die Zukunft, wenn die hohen Anfangs- kosten solch neuartiger Verträge aus dem bundeseinheitlichen Beitrags- satz bezahlt werden müssen, mit dem vom Jahr 2009 an jede Kasse auszukommen hat. „Alles, was wir tun, wird dann noch stärker unter dem Druck stehen, Rückflüsse zu generieren“, sagte Straub. I Samir Rabbata, Sabine Rieser

Es ist einfach, Einzelverträge zu kritisieren,

in dem man einzelne herauspickt . . . Man versucht ja, die Zukunft vorwegzunehmen.

Dr. Felix Cornelius, Polikum-Gruppe

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