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Archiv "Karzinomserie: Das Peniskarzinom" (11.05.1978)

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KARZINOMSERIE:

Das Peniskarzinom

Peter Brühl

Urologische Universitätsklinik Bonn-Venusberg (Direktor: Professor Dr. Winfried Vahlensieck)

Das Peniskarzinom tritt über- wiegend nach dem 50. Le- bensjahr auf. In den seltenen Fällen von Penistumoren in jüngeren Lebensjahren han- delt es sich hauptsächlich um Sarkome. Die Maskierung des Tumors durch eine Phimose bedingt nicht zuletzt eine Ver- schleppungszeit von einem Jahr und mehr in über 65 Pro- zent der Fälle. Die nicht oder schlecht heilende Erosion an der Glans oder am Präputium und jede Balanitis im Alter sind Leitsymptom, Die Be- handlung richtet sich nach dem Stadium des Tumors, ins- besondere nach dem biop- tisch abzuklärenden metasta- tischen Befall bestimmter oberflächlicher inguinaler Lymphknoten. Die Prognose des rechtzeitig erkannten und adäquat behandelten Penis- karzinoms ist gut.

Morbidität und Epidemiologie In der Häufigkeitsverteilung bösarti- ger urologischer Tumoren steht das Peniskarzinom bei uns hinter dem Nieren-, Prostata- und Blasenkarzi- nom an letzter Stelle. Histologisch handelt es sich bei über 90 Prozent der malignen Tumoren des Penis um Plattenepithelkarzinome. Andere Geschwülste am Penis sind von un- tergeordneter Bedeutung. Die Inzi- denz des Peniskarzinoms zeigt eine bemerkenswerte Schwankungsbrei- te, die durch klimatische, sozialhy- gienische und nicht zuletzt rituell- religiöse Faktoren bedingt ist (Ta- belle 1).

Bei Bevölkerungsgruppen, bei de- nen eine rituelle Beschneidung nicht üblich ist, kommt das Penis- karzinom „endemisch" vor. Es be- steht offenbar ein kausalpathogene- tischer Zusammenhang zur Genital- hygiene, welche die Smegma-Re- tention und damit chronische Reiz- zustände und Entzündungen an Prä- putium und Glans verhindert. Tier- experimentell wurde eine kanzero- gene Wirkung des Smegmas wieder- holt nachgewiesen.

Substanzen aus Smegma (Skatol und Indol) können epitheliale Wu- cherungen hervorrufen. Pferde- smegma, das man Mäusen injizierte, erzeugte ein Plattenepithelkarzinom der Haut. Bei Pferden ist das Penis-

karzinom mit einer Häufigkeit von 23 Prozent anzutreffen. Wallache, bei denen es aufgrund der fehlenden Erektion nicht zur Säuberung des Präputialsackes kommt, erkranken zehnmal häufiger an diesem Tumor als Hengste. Bei Mäusen intravagi- nal appliziertes Humansmegma in- duzierte ein Karzinom der Zervixre- gion. Pratt-Thomas (1956) konnte durch intravaginal appliziertes Hu- mansmegma Zervikalkarzinome her- vorrufen. Die Frage, ob ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Pe- niskarzinom und Kollumkarzinom besteht, soll hier nicht diskutiert werden.

Wie wichtig die ausreichende Öff- nung der Vorhaut aus hygienischen Gründen ist, geht aus Musterungs- untersuchungen von wehrpflichti- gen Männern hervor. Im Alter zwi- schen 18 und 21 Jahren fand sich in 8,6 Prozent eine echte Phimose (Ab- bildung 1). Ungenügend leichte Re- trahierbarkeit des Präputiums bezie- hungsweise Smegmaretention und Balanitis (Abbildung 2) fanden sich in 33,2 beziehungsweise 27,6 Prozent.

Altersverteilung

Das Peniskarzinom ist eine Erkran- kung des höheren Alters. Bei den seltenen Fällen von Penistumoren in jüngeren Lebensjahren handelt es

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Abbildung 1: Echte Vorhautenge.

Fehlende Retrahierbarkeit bei rüsselförmiger Verlängerung der Vorhaut

Abbildung 3: Morbus Bowen der Glans*)

Abbildung 5: Karzinomatöses Ul- kus TNM-Klasse T2N1a (durch Staging-Operation Lymphknoten- befall beiderseits nachgewiesen!)

Abbildung 2: Balanitis Abbildung 4: Condylomata acumi- nata an Glans und Präputium

Abbildung 6: Vom Präputium ausgehendes Karzinom (Klass. T1)

sich hauptsächlich um Sarkome. In Europa und in den USA liegt die Hauptmanifestation im 6. Lebens- jahrzehnt; eine Erkrankung vor dem 40. Lebensjahr ist eine Seltenheit. In afrikanischen und asiatischen Län- dern erkranken die meisten Patien- ten schon zwischen dem 40. und 50.

Lebensjahr an diesem Karzinom (Ta- belle 2).

Symptomatik und Klinik

Das Peniskarzinom geht meist von der Eichel, der Eichelfurche, der

Frenulumgegend oder vom inneren Blatt des Präputiums aus und breitet sich dann innerhalb der Schwellkör- per aus. Es zeigt sich in vielfältiger Form von der einfachen Erosion über das Ulkus bis zum „Blumen- kohltumor". Die Ausdehnung des Primärtumors läßt keine Rück- schlüsse auf den Metastasierungs- grad zu. Wesentlich hierfür ist allein die Dauer der Anamnese. Oft wird eine chronische Balanitis angege- ben. Meist sucht der Patient den Arzt erst dann auf. wenn sich bereits äu- ßerlich sichtbare Veränderungen zeigen: Schwellungen oder „nicht

oder schlecht heilende Wunden".

Auch führen Schmerzen bei Erek- tion und Koitus oder die nicht mehr zurückstreifbare Vorhaut zum Arzt.

Anamnese

Wir haben die Anamnesedauer bei 107 beobachteten Patienten mit Pe- niskarzinom (39 Fälle aus der Strah- lenklinik Janker, Bonn) analysiert.

95 Anamnesen waren auswertbar

*) Die Abbildung wurde uns freundlicherweise von Dr. Rodermund, Universitätshautklinik, Bonn, überlassen

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Abbildung 7: „Lymphknoten-Biopsie entscheidend für Therapieform und Pro- gnose" — Lymphgefäßsystem des Penis (schematisch). Erste metastatische Lymphknotenstation subkutan medial der Vena epigastrica superficialis (V. e. s.) in topographisch definierter, chirurgisch gut zugänglicher Region. — (Lymph-Staging-Operationsgebiet) — (V. p. e. = Vena pudenda externa;

V. c. i. s. = Vena circumflexa ilium superfic.; V. s. a. = Vena saphena accesso- ria; V. s. m. = Vena saphena magna)

(Darstellung 1). Diese haben wir in zwei Berichtszeiträume (1928-1950;

1951-1976) unterteilt. Dabei gingen wir von der Vorstellung aus, daß sich der Wegfall des Tabus „Genital- sphäre" und die Liberalisierung se- xueller Anschauungen sowie die Verbesserung des Gesundheitsbe- wußtseins durch bessere Aufklärung während der letzten beiden Jahr- zehnte in einer Verkürzung der Ana- mnese ausdrücken würde. Von In- teresse erscheint nun, daß in neue- rer Zeit (2. Berichtszeit) die Ver- schleppungsraten keineswegs tiefer liegen. So ergibt sich trotz der ver- muteten Verbesserung des Gesund- heitsbewußtseins der Bevölkerung eine Verschleppungsrate von einem Jahr und mehr in 67,2 Prozent unse- rer Patienten. Unverständlich ist die Anamnesedauer von über 10 Jahren bei 12 Patienten während dieser Berichtszeit, bevor eine gezielte Behandlung eingeleitet werden konnte.

Als Grund wurden Scham und Scheu vor der Genitaluntersuchung angegeben. Gerade dieser Faktor und Indolenz erweisen sich heute noch erschwerend für die Früher- kennung des Peniskarzinoms.

mfferentialdiagmose

Mikrobiell-seborrhoische Ekzeme, chronische Balanitiden und Präkan- zerosen wie Leukoplakien und Mor- bus Bowen (Abbildung 3) sind in er- ster Linie abzugrenzen. Differential- diagnostisch sind vor allem auch die häufiger vorkommenden Condylo- mata acuminata (Abbildung 4) zu unterscheiden. Das typische karzi- non-ttöse U!kus (Abbildung 5) hat Ähnlichkeiten mit dem luischen Pri- märaffekt, oder auch dem Ulcus mol- le. Zu den seltenen malignen Penis- geschwülsten zählen die Kaposisar- köme, das Melanom, Fibrosarkome, Endotheliome sowie Myosarkome, das Leiornyosarkom und das Rhab- domyosarkom. Ihre Prädilektions- stelle ist nicht die Eichel.

Die zahlreichen Variationen des kli- nischen Bildes erfordern eine histo- logische Abklärung.

Metastasierung

Das Peniskarzinom metastasiert in erster Linie in die oberflächlichen und tiefen Leistenlymphknoten. Ei- ne „Schildwächterfunktion" nimmt dabei eine spezielle oberflächliche Lymphknotenstation im Bereich der Vena epigastrica superficialis ein (Abbildung 7). Mit der pedalen Lym-

phographie sind die oberflächlichen Leistenlymphknoten nur inkomplett darstellbar. Das wird zwar in etwa durch direkte Penislymphographie ausgeglichen — es handelt sich je- doch generell nur um makroskopi- sche Verfahren. Lymphknoten- schwellungen sind nicht einem me- tastatischen Befall gleichzusetzen.

Vielfach handelt es sich nur um ent-

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Tabelle 2: Zusammentreffen von Peniskarzinom mit Phirnose und*

das Manifestationsalter

Fall- Manifestations- Phimosen

Autor Jahr zahl alter in Jahren in %

0,5-5%

0%

0%

1-2%

27%

10%

10-15%

33%

40%

Tabelle 1: Epidemiologie des Peniskarzinoms

Europa/USA

Israel (Juden — post partum beschnitten)

Türkei (Mohammedaner — post partum beschnitten)

Indien (Mohammedaner — zwischen 12. bis 14. Lebensjahr beschnitten)

Indien (Hindus — unbeschnitten) Uganda

Orient Siam Vietnam

Dodge et al./Afrika 1965 375 50,7 50,7 Murrell et al./USA 1965 108 63,0 50,0

Knudsen et al./Norwegen 1967 145 60,0

Paymaster et al./Indien 1967 922 50,1 26,0 Thomas et al./Indien 1968 190 46,6 41,1

Hanash et al./USA 1970 169 62,0 69,0

Vary et al./Ungarn 1971 133 61,4 27,9

Feustel et al./DDR 1972 85 47,0 44,6

Hardner et al./USA 1972 100 61,1

Kuchenbuch/DDR 1972 30 50,0

Alth et al./Österreich 1973 172 63,7 60,0 De Kernion et al./USA 1973 48 63,0

Derrick et al./USA 1973 87 54,6

Koppenfels et al./BRD 1973 63 25,0

Lichtenauer et al./BRD 1973 317 48,0

(Sammelstatistik)

Schindler et al./BRD 1973 18 64,0 50,0 Eigene Beobachtung/Bonn 1928-

1950 37 21,6

1951-

1976 70 42,2

1928-

1976 107 61,4 31,9

zündliche Reaktionen, die nach Ab- tragung des tumortragenden Penis- teils zurückgehen. In solchen Fällen würde die regionäre Lymphaden- ektomie einen unnötigen Eingriff darstellen, der noch zusätzlich in vielen Fällen mit einer Wundhei- lungsstörung und einem Ödem der unteren Extremitäten belastet ist.

Andererseits schließen klinisch un- verdächtige Lymphknoten eine Me- tastasenabsiedlung nicht aus. Die klinische N-Klassifizierung (Tabelle 3) ist also mit großen Unsicherheits- faktoren belastet, so daß heute die gezielte Staging-Biopsie der oben genannten regionären oberflächli- chen Lymphknotenstation zu den Standardmethoden der erweiterten Diagnostik und Stadieneinteilung gehören sollte.

Therapie

Die Behandlung des Peniskarzi- noms basiert auf einem urochirur- gisch-radiotherapeutischen Vorge- hen und muß sich nach dem Sta- dium des Tumors richten. Anhalts- punkte dafür sind Grad der Ausbrei- tung und Infiltration (Tabelle 3) so- wie das Vorhandensein von Meta- stasen (Abbildung 7). Beim präinva- siven Karzinom beschränkt man sich auf die Exzision der verdächtigen, umschriebenen Bezirke. Bei Primär- tumorausbreitung wird die Teilam- putation des Glieds durchgeführt.

Es soll jedoch hier darauf hingewie- sen werden, daß bei der heutigen Verwendungsmöglichkeit von Me- gavoltstrahlen im Stadium T1 und mit Einschränkung im Stadium T2 bei fehlender Lymphknotenbeteili- gung mit der lokalen Bestrahlung ähnlich gute Ergebnisse erzielt wer- den wie bei alleiniger chirurgischer Behandlung, ohne die hierbei nötige Verstümmelung in Kauf nehmen zu müssen. Eine Resektion des Präpu- tiums ist Voraussetzung für eine adäquate Radiotherapie. Die fallwei- se ausgezeichneten Ergebnisse der zytostatischen Bleomycintherapie lassen es gerechtfertigt erscheinen, in diesem Stadium, insbesondere beim jüngeren Patienten und negati- ver Lymphknotenbiopsie, eine Che- motherapie durchzuführen, wobei

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Tabelle 3: TNM-Klassifizierung für das Peniskarzinorn (bis 1976 unverändert beibehalten) Die Erkrankung muß histologisch verifiziert sein.

Bei den regionalen Lymphknoten handelt es sich um die Leistenlymphknoten.

Es gibt drei anatomische Regionen:

a) Präputium b) Glans penis c) Penisschaft T - Primärtumor

TO Kein Primärtumor nachweisbar

TIS Präinvasives Karzinom (Carcinoma in situ)

T1 Der Tumor mißt in seiner größten Ausdehnung weniger als 2 cm und ist oberflächlich oder wächst exophytisch T2 Der Tumor mißt in seiner größten Ausdehnung mehr als 2 cm und weniger als 5 cm; er zeigt minimale Infiltration T3 Der Tumor mißt in seiner größten Ausdehnung mehr als 5 cm, oder der Tumor von beliebiger Größe zeigt tiefe

Infiltration, einschließlich der Urethra

T4 Der Tumor infiltriert die benachbarten Strukturen N - Regionale Lymphknoten

Der Kliniker sollte vermerken, ob er die palpablen Lymphknoten für befallen hält oder nicht.

NO Kein palpabler Lymphknoten N1 Bewegliche, unilaterale Lymphknoten

N1a Die Lymphknoten werden als nicht befallen betrachtet N1b Die Lymphknoten werden als befallen betrachtet N2 Bewegliche, bilaterale Lymphknoten

N2a Die Lymphknoten werden als nicht befallen betrachtet N2b Die Lymphknoten werden als befallen betrachtet N3 Fixierte Lymphknoten

M - Fernmetastasen

MO Keine Fernmetastasen nachweisbar M1 Fernmetastasen vorhanden Stadieneinteilung

Eine Einteilung in Stadien wurde bis 1976 nicht empfohlen. Zur Beurteilung des Stadiums ist heute das Lymph-Staging (Cabanas 1977) vorzuschlagen.

man sich des möglichen Risikos der Verschleppung bewußt sein sollte.

Peniskarzinome im Stadium T3 er- fordern die Exstirpation des Penis mit perinealer Implantation der Ure- thra. Weit fortgeschrittene Karzino- me T4, die bereits auf das Skrotum übergegriffen haben, erfordern eine Entfernung des Penis, des Skrotums und der Hoden.

Zur ausreichenden Beurteilung des Tumorstadiums (Tabelle 3) ist die beidseitige Biopsie bestimmter, von

einem kleinen Inguinalschnitt aus gut zugänglicher oberflächlich gele- gener regionärer Lymphknoten von Bedeutung. Nach Untersuchungen von Cabanas (1977) handelt es sich hierbei um die erste regionäre Filter- station des Peniskarzinoms, die im subkutanen Fettgewebe in unmittel- barer Nähe der Einmündung der Ve- na epigastrica superficialis in die Vena saphena magna liegt (Sentinel lymph node) (Abbildung 7). Das Er- gebnis dieser gezielten Lymphkno- tenbiopsie ist einmal eine wichtige

Entscheidungshilfe für die Therapie;

zum andern ist es mitbestimmend für die Prognose. Die Indikation zur Ausräumung der regionären Lymph- knoten sollte sich heute nach dem Biopsiebefund dieser spezifischen Lymphknoten richten (Lymph-Stag- ing) und nicht nur nach dem klini- schen Lymphknotenpalpationsbe- fund oder dem Ergebnis der Lym- phographie.

Ob die der regionären Lymphaden- ektomie folgende Nachbestrahlung

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Tabelle 4: Durchschnittliche Behandlungsverzögerung beim Penis- karzinom (nach Baudisch) - -

analoge Klassifizierung

T1 T2 T3-4

Verzögerung vom Beginn der Erkrankung bis zum Aufsuchen eines Arztes Dauer der Hausarztbe- handlung bis zur Klinik- einweisung

Durchschnitt!. Gesamt- dauer der Behandlungs- verzögerung

3,0 Monate 5,7 Monate

4,0 Monate 2,9 Monate

11,6 Monate

3,6 Monate

7,0 Monate 8,6 Monate 15,2 Monate

Zahl der Patienten 3 29 26

Häufigkeit (%) ; N=95 1928-1950

1951-1976

40-

30-

20-

10-

bis1/2Jahr bislJahr überlJahr bis5Jahre bislOJahre über10Jahre Darstellung 1: Verschleppungszeit bis zur Diagnosestellung

Vorteile bringt, kann aufgrund der bisher vorliegenden Literatur nicht zweifelsfrei entschieden werden.

Natürlich ist die internistische Situa- tion (Operabilität) beziehungsweise das biologische Alter des Patienten für eine solche erweiterte Indika- tionsstellung mitentscheidend. In den fortgeschrittenen Stadien T3 bis T4 des Peniskarzinoms ist in aller Regel ein ausgedehnter, auch pelvi- ner Lymphknotenbefall zu erwarten.

Bei einer derart fortgeschrittenen Metastasierung ist trotz einer radi- kalen Lymphadenektomie bis zur Aortenbifurkation die Prognose schlecht.

Prognose

Die Prognose des Peniskarzinoms hängt von verschiedenen Kriterien ab: Von der Dauer der Anamnese, vom Befall regionärer Lymphknoten und vom Differenzierungsgrad der Tumorzelle. Von größter Bedeutung ist die Dauer der Anamnese.

Diese ist direkt proportional dem festgestellten Tumorstadium, wenn man die Behandlungsverzögerung durch den zuerst konsultierten Arzt bis zum Beginn einer spezifischen Behandlung einbezieht (Tabelle 4).

In prognostischer Hinsicht ist also die Dauer der Anamnese bis zur spe- zifischen Behandlung des Tumors wichtiger zu werten als die einzel- nen Tumorbehandlungsarten. Eine Klassifikation des Tumorausbrei- tungsbefundes unter Vermeidung von subjektiven klinischen Einschät- zungen ist von entscheidender Hilfe zur Beurteilung des Therapieerfolgs beziehungsweise der Prognose. Um bei der relativen Seltenheit des Pe- niskarzinoms die Er,gebnisse ver- schiedener Kliniken vergleichen zu können, müßte man eine möglichst objektive standardisierte Dokumen- tation des Tumorausbreitungsbe- fundes und auch der Therapie— also ein vergleichbares Patientenkollek- tiv — haben. Die zahlreichen in der Literatur mitgeteilten mit verschie- denen Behandlungsverfahren erziel- ten Ergebnisse bei kleinen Fallzah- len haben eine hohe Irrtumswahr- scheinlichkeit, da, wenn überhaupt, meist nur die klinische Ausbreitung des Tumors ohne andere objektive Kriterien — wie das Lymph-Staging — mitgeteilt wurden. Es müssen Pa- tienten ausgewählt werden, bei de- nen die zu vergleichenden Thera- pien in gleicher Weise indiziert sind.

Die Zuordnung der standardisierten Therapien zu den Patienten muß randomisiert sein, damit keine unde- finierte Selektion erfolgt.

Das kann erst dann der Fall sein, wenn zahlreiche Kliniken auf natio- naler und internationaler Ebene zu- sammenarbeiten und wenn die Be- urteilungskriterien einheitlich sind.

Die heute zur Verfügung stehenden Fünfjahresüberlebenszeiten beim Peniskarzinom können daher nur mögliche Trends aufzeigen, ohne ei- ne definitive Antwort auf die Frage nach der besten Therapie des Penis- karzinoms zu geben. Nach den Er- gebnissen von Cabanas (1977) bei 80 Fällen beträgt die Fünfjahres- überlebenszeit bei der oben ange- führten Therapie bei negativem Be- fund der genannten speziellen Lymphknoten 90 Prozent. Bei positi- vem Befund beträgt sie 70 Prozent.

Bei beidseitigem Befall und Beteili- gung anderer inguinaler Lymphkno- ten sinkt sie auf 50 Prozent ab. Bei

Befall der iliakalen Lymphknoten er-

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reichen nur 20 Prozent eine Drei- jahresüberlebenszeit. Insgesamt er- scheint die Prognose des rechtzeitig anerkannten und adäquat behandel- ten Peniskarzinoms gut.

Präventivmaßnahmen beim Peniskarzinom

Vorbeugende Gesundheitspflege hat die Aufgabe, die Krankheitsdia- gnose vorzuverlegen und Maßnah- men zu treffen, die eine rechtzeitige und erfolgreiche Behandlung ge- währleisten. Seit 1971 ist die von Al- ken inaugurierte und in die gesetzli- che Krankenversicherung einge- führte Vorsorgeuntersuchung bei Männern über 45 Jahren program- mierte Früherkennung des Prostata- karzinoms. Was beim Mann mit der im Rahmen der ärztlichen Vorsorge- untersuchung durchgeführten rek- talen Palpation erstrebt wird, muß zusätzlich durch Aufklärung über die Wichtigkeit der „Genitalbeob- achtung" erreicht werden. Hier fin- den sich Parallelen zum Hodentu- mor bei jüngeren Altersgruppen, wo die „Skrotalbeobachtung" einen wichtigen Bestandteil der persönli- chen Gesundheitsvorsorge darstellt.

Diese muß der einzelne bei sich selbst durchführen, wenn er gesund bleiben will. Wenn das Präputium zurückgezogen werden kann, sind Genitalhygiene und damit Präven- tion und auch Frühdiagnose des Pe- niskarzinoms möglich. Früherken- nung des Peniskarzinoms bedeutet aber auch: Aufklärung der gefährde- ten Altersgruppe über subjektive, fast unmerkliche Krankheitsfrühsta- dien, deren rechtzeitige eigentätig- aktive Registrierung und Objektivie- rung die nachfolgende Diagnose durch den Arzt bereits erlaubt und eine rechtzeitige Therapie ermög- licht. Jede längerfristige erosive Ver- änderung im Bereich der Glans oder des Präputiums bedeutet einen Risikofaktor, zumal wenn dieser durch eine Phimose maskiert wird.

Der Arzt als Träger der Gesundheits- erziehung muß deshalb die präventi- ve Hygiene durch Zirkumzision ech- ter Vorhautengen zur Erleichterung der Genitalhygiene propagieren. Die

Ausbildung oder Zunahme einer häufig entzündlich nässenden oder leicht blutenden Vorhautverengung ist verdächtig, vor allem wenn die Verengung der Vorhaut „erst in letz- ter Zeit" zugenommen hat. Jede Ba- lanitis im Alter, besonders bei Ver- dickung oder Verhärtung des Präpu- tiums ist Leitsymptom und sollte den Arzt zur sorgfältigen Erhebung der Anamnese, der genauen Inspektion und bei jedem Tumorverdacht zu ex- plorativen Maßnahmen veranlassen.

Aus unseren epidemiologischen Da- ten ist die Wichtigkeit der Gesund- heitserziehung zu ersehen, die über eine Aufklärung der Bevölkerung zur Besserung des Gesundheitsbe- wußtseins führen soll.

Literatur

(1) Baudisch, E.: Ergebnisse mit der Behand- lung des Peniskarzinoms nach Radiumspik- kung, Strahlentherapie 46 (1966) - (2) Brühl, P.: Problems of therapeutic surgery in penis carcinoma, in: Tumors of the male genital sy- stem, hrsg. v. E. Grundmann u. W. Vahlensieck Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York, 1977 - (3) Cabanas, R. M.: An approach for the treatment of penile carcinoma, Cancer 39 (1977) 456-466 - (4) Gregl, A., Heitmann, D.:

Indikationen zur Lymphographie in der Urolo- gie unter besonderer Berücksichtigung des Peniskarzinoms, Rö.Fo. 126 (1977) 339-344 - (5) Penn, C. R.: Penis, in: Tumours of the male urogenital tract, in: Radiotherapy in modern clinical practice, hrsg. v. H. F. Hope-Stone, Crosby Lockwood Staples London, 1976, S.

301 - (6) Lüning, M., Wiljasalo, M., Weissleder, H.: Peniskarzinom, in: Lymphographie bei malignen Tumoren, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1976 - (7) Szuwart, M.: Vorbereitung zum Aufbau eines Krebsregisters, Inaugural Diss. Med. Fak., Münster, 1977 - (8) UICC - Union Internationale contre le cancer: TNM- Klassifizierung der malignen Tumoren und allg. Regeln zur Anwendung des TNM-Sy- stems, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/

New York, 1976, 2. Aufl., 1976 - (9) Vahlen- sieck, W.: Penis und Harnröhre; in: Spezielle Chirurgie für die Praxis, hrsg. v. F. Baumgärtl, K. Kremer, H. W. Schreiber, Georg Thieme Ver- lag, Stuttgart, 1972, S. 474

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Peter Brühl

Oberarzt der Urologischen Universitätsklinik Bonn Venusberg

5300 Bonn

Zoster-Immunglobuline zur Varizellenprophylaxe bei Risikopatienten

Bei Patienten mit Leukämie, mali- gnem Lymphom, Immundefizienz- Syndrom oder auch bei Patienten unter immunsuppressiver Therapie besteht ein erhöhtes Erkrankungsri- siko für Varizellen. Der Verlauf der Erkrankung ist zudem schwerer, es besteht eine erhöhte Mortalität.

Der Autor berichtet über insgesamt 190 Kinder, die innerhalb von zwei- einhalb Jahren prophylaktisch mit Zoster Immunglobulin in Norwegen behandelt wurden. Von 130 Patien- ten, das heißt von 68 Prozent,konn- ten Daten zur Auswertung herange- zogen werden. In dieser Gruppe wa- ren Kinder mit Leukämie, Lymphom und anderen Malignomen, Patienten mit Autoimmunerkrankungen, Früh- und Neugeborene mit erhöhtem Ri- siko sowie Neugeborene von Müt- tern, die in den letzten vier Tagen vor der Geburt an Varizellen er- krankt waren. Von den Patienten, die während der ersten drei Tage nach Exposition Zoster-Immunglo- buline erhielten, erkrankten nur 2,9 Prozent an sehr mild verlaufenden Varizellen. Wenn das Zoster-Immun- globulin jedoch erst am vierten und fünften Tag nach Exposition verab- reicht wurde, erkrankten 37,5 Pro- zent der Patienten. Bei einer Gabe nach dem fünften Tag erhöhte sich die Erkrankungshäufigkeit auf 50 Prozent. Von fünf Kindern, deren Mütter innerhalb der letzten vier Ta- ge vor der Geburt Varizellen entwik- kelten, erkrankten nach Immunglo- bulingabe nur zwei an sehr mild ver- laufenden Windpocken.

Diese Studie zeigt die Effizienz einer frühzeitigen Zoster-Immunglobulin- gabe bei Risikopatienten auf.

Schwierigkeiten bereitet jedoch auch heute noch die Beschaffung eines hochtitrigen Serums in ausrei- chender Menge. Dmn

Randi Winsnes: Efficacy of Zoster Immuno- globulin in Prophylaxis of Varicella in High- Risk Patients Acta Paediatr Scand 67 (1978) 77, Vaccine Department, National Institute of Pub- lic Health, Oslo, Norway

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