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Zur hebräischen und aramäischen Verbalflexion.
Von J. Barth.
Die - Imperfekte der Verba ult. /.
In dieser Zeitschrift, Bd. 55, 359 ff. begründet Praetorius (,Zur hebr. und aram. Grammatik") mehrere Thesen zur Suffixansetzung
in diesen beiden Sprachen. Gleichzeitig mit dieser Abhandlung er¬
schienen von mir „Beiträge zur Suffixlehre des Nordsemitischen"
im „American Journal of Semitic languages and literatures" VoL XVII,
Juli 1901, S. 193—208. Ein Teil der dort von mir behandelten
Probleme sind dieselben, die auch Praetorius unter Anderem unter¬
sucht, und es ist mir sehr erfreulich , dass wir in mehreren neuen
Ergebnissen 1) unabhängig von einander zusammengetroffen sind.
In einem Punkte allerdings, der Deutung des syrischen Imperfekt-
Suffixes ^0)Q^, das wir Beide behandelt haben, besteht eine solche
Übereinstimmung nicht. Diese Frage greift aber gerade nach
Praetorius' Resultat stark in die Konjugationslehre der Verba ult.j
im Hebr. und Aram. ein. Betreffs dieser Klassen hatte ich in
meiner Nominalbildung S. XXX f und ZDMG. 44, 695 f, 48, 14 f
die These begründet, dass im Wortschluss die Endung n— , St. estr.
n— im Hebr., /— im Syr. sowohl aus virtuellem y wie aJ zu¬
stande käme, somit das Hebr. und Aram. ein Imperfekt dieser
Klassen auf i nicht besessen haben. — Praetorius kommt dagegen,
um das Suffix ,..0)q1 erklären zu können —, das ich in der
jüngst erschienenen Abbandlung S. 207 f als das selbständigen Pro¬
nomen i^o) IfT^i* gefasst habe — wieder auf die Annahme eines
i-Impf s der Verba ult. / zurück, dessen Existenz er zu begründen
sucht. Nachdem seine Argumente für ein solches an dieser Stelle
zum Ausdruck gekommen sind, die wegen der anderweitigen und.
1) Nämlich betreffs der Bindelaute aj beim syrischen Imperativ-Suffix, sowie des Bindelauts e beim hebr. starkauslautenden Imperfekt und Imperativ.
Bd. LVI. 16
240 Barth, Zur hehräisehen und aramäischen. Verbalflexion.
wie ich glaube , einfacheren Deutungsmöglichkeit des ^oiol nicht
zwingend sein können, dürfte es angemessen sein und auch der sehr
geschätzte Forscher es in Ordnung finden, wenn ich an der gleichen
Stelle die Gründe, die m. E. nacb wie vor entscheidend gegen
diese Aufstellung bestehen , mit Rücksicht auf die von ihm bei¬
gebrachten Momente darlege.
1. Das Suffix »*0)q1 soll bei starkauslautendem Imperfekt auf
Analogiebildung nach einem Imperfekt der Verba ult. j, das auf ?
geendigt habe und an welches das Suffix der 3. Person huQii) an¬
getreten sei , beruhen. Diese Annahme hat zwei Voraussetzungen :
einmal jene von Praetorius nur gefolgerten z-Imperfekte und zweitens
die Existenz eines aramäischen Suffixes Äm. Beide halten aber
m. E. den Thatsachen gegenüber nicht Stand.
üm mit dem Letzten zu beginnen , so ist ein Suffix hü im
Aram. nirgends anzutreffen. Das entsprechende Suffix lautet beim
Nomen wie beim Verb nur hi {abüki) , daher in Verbindung mit
vorangehendem Bindelaut ä bezw. durch dessen Umlaut : e (oMui,
oS^.a)- Selbst wo in Folge der Ausstossung des h das Suffix
verdoppelt wird, tritt zweimal hi an, vgl. syr. wOj-Jbs^niit jüd.-
aram. ""nba . Ein hu , welcbes nirgends erweisbar ist , wird nur
von Forschem öfter supponiert, sobald eins der zwei Suffixe »*0)qI
und ^oou, die irgendwie einen M-Laut enthalten und schwierig zu
deuten sind, erklärt werden soll*). Dass nun das Pluralsuffix ^0)qI
oin hu nicht enthalten kann , ist daraus klar , dass das vor dem
/ermeintlichen hu vorausgehende a keine Pluralendung wäre, und
iass ebensowenig ein etwaiges ai-hu sich unter spurlosem Verlust
der Zwischenlaute in au hätte kontrahieren können^). Über dies
Suffix zu handeln, muss ich, weil es eine Reihe weiterer Voraus¬
setzungen erforderte, einem anderen Zusammenhang vorbehalten;
für die vorliegende Frage kommt es wegen der erwähnten Ursachen
nicht inbetracht. — Das speciell syrische Imperfekt-Suffix »^ojol
giebt ebensowenig ein Recht zu dem Rückschluss auf ein sonst un-
erwiesenes Suffix hü, sobald ein Pronomen in-'N ,er' — auf welches
1) Vgl. z. B. ZDMG. 51, 254 u. s.
2) Das j könnte nur unter der Wirkung einer vorherigen Dehnung des
ä zu ä wie im hebr. in der Aussprache unterbleiben, wovon hier keine
Rede ist. Selbst unter jener Voraussetzung ist es im Hebr. in der Schrifl nicht verschwunden, sondern die specifisch hehr. Elemente ai-hü noch deutlich ge¬
blieben.
Barth, Zur hehräisehen und aramäischen Verbalflexion. 241
vor Praetorius' Abhandlung allerdings für diese Frage noch nicht
verwiesen war — uns zur Verfügung steht, das dieses Suffix mit¬
samt seinem „Bindelant* befriedigend erklärt. Dass jenes 'ihü so¬
wohl als Subjekt, wie als Objekt hat gebraucht werden können, hat
an dem paraUelen -jisiil sein Gegenstück.
2. Die zweite Annahme, die von C-Imperfekten der ■'"5- Verba,
die für die Erklärung des .^0)CU von Praetorius supponiert wird,
wird für das Hebr. und Aram. durch die Thatsache ausgeschlossen,
dass beide Sprachkreise übereinstimmend nur e haben. Diese Endung
gehört also schon der uralten Zeit der hebr.-aramäischen Sprach¬
gemeinschaft an; sie ist nicht das Resultat einer späteren einzel-
spracbigen Entwicklung. Diese e-Endung allein stimmt auch mit
der anderweitig völlig gesicherten Entsprechung von nordsemit. e
= tjiQ njMTp, = ^U, fl<fii., in nba, 1^1,^= JL> u. s. w.,
bei welchem die allein herrschende Participform qätil sicher in der
Sprache nicht verdunkelt worden ist u. A. vo. — ünd alle diese
Thatsacben, die imtereinander übereinstimmend den nordsemitischen
alleinigen Wortausgang e = y der Imperfekte verbürgen, sollen
wir über den Haufen werfen, um anzunehmen, dass »^o)qI syrische
Analogiebildung nach einem i"b-Imperfekt auf i sei, welches selbst
weder in der hebr.-aram. Sprachgemeinschaft existiert hat, noch
nach den entsprechenden Vokalgesetzen hat existieren können?
3. Eine weitere wichtige Gegeninstanz gegen diese Herleitung
des ^otoJ^ aus einem z-lmpf der ■'"b-Verba ist Folgendes: Gerade
diejenige Verbalklasse, welcher dies SufBx ^^OfoT sich durch Analogie
nachgebildet haben soll, die Verba ult. /, besitzt dieses Suffix
auch jetzt nicht, wie natürlich Praetorius selbst hervorhebt, obgleich
sie doch — hätte sie ein Imperfekt-C gebUdet — es sicher am
zähesten bewahrt hätte. Sie büdet vielmehr durchweg ^^ojOu* mit
e, welches sich wieder durch seine Übereinstimmung mit dem hebr. e
von ■'ibi'^, mba''. als uralte Form der hebr.-aram. Sprachgemein¬
schaft legitimiert. Kann gegenüber dieser gewichtigen gemeinnord-
semitischen Gegenbezeugung die syr. Suffixform anderer Verbalarten
als der i''b als ein Zeugnis für die i"b-lmperfekte in Betracht
kommen? Die starkauslautenden Imperfekte sollen von den i"b-
Verben eine bei diesen selbst nirgends nachweisliche Suffixform
1) Vgl. auch das Fem. In;»!!, = Jfc.*£0, JN-Sk^ mit dem
charakteristischen i im Binnenwort gegenüber Passivformen wie D^n?p?p, i-p^ r. Tt
jfik,\^CCO mit dem aj.
2 0 *
242 Barth, Zur hehräisehen und aramäischen Verbalflexion.
eines im Nordsemitischen nicht nachweislichen i-Impf.'s entliehen
haben. Ist das irgendwie wahrscheinlich?
4. Praetorius, dem dieser Thatbestand natürlich bekannt ist
sucht auf indirektem Wege die ehemalige Existenz jener ?-Imperflf.
der ■'"b-Verba aus dem Vorhandensein der z-Perfekte (».»cxjÖ
xJO*?, """liN) unter Hinweis auf die von mir in dieser Zeit¬
schrift Bd. 48, 3f besprochene häufige Einwirkung des Impf- auf
den Perfekt-Vokal zu belegen ; das t der Perfekte soll als sekundäre
Wii'kung die ehemalige e-Endung der Imperfekte bezeugen (a. a. O.
S. 365). Es fragt sich aber angesichts der obigen Gegenbezeugungen
ob sich dieses Perfekt-? nicht auf näherliegende und darum natür¬
lichere Art erklärt. Wie kommt es, sagt Praetorius, dass neben
- - - &E
den ursemitischen Bildungen nba = i^^i '^t— ~ l?^' "^^^
Aram. Pormen auf i bietet ? — Wir fragen entgegen : woher kommt
dieselbe Duplicität von ä tmd i im Hebr. im Qal, nämlich nb;
T T ' na'l,TT' aber rr^^a,T't' i:"'»^-t u. s. w. ? Die Antwort ist: nbatt"* u. s. w
mit ä ist die transitive Struktur = bL?-, die andem Personen
n-'ba, 13*'X'1 mit i u. s. w. die intransitive = arab. o^jyto^, ^Lyto^
Es hat sich für die verscliiedenen Personen des hebr. Perfekts je
eine der beiden vorhandenen Formen allein festgesetzt und der Be¬
deutungsunterschied kommt in den Formen nicht mehr zum Aus¬
dnick. Dieser Ausgleichungsprozess ist aber im Hebr. nicht beim
Qal stehen geblieben. Von ihm aus ist er dann auch in die
Perfekte der vermehrten Konjugationen eingedrungen. Wie im Qal
niba neben nba, so steht im Piel wieder niVa, irVa neben nba
T*T TT' T"''»' T-'
im Hiph. n^ban, IS^ban (neben einzelnen Ausnahmen mit ■>—)
neben nban, nicht die von nba, nban aus zu erwartenden Formen
t,s , . o- o E '
rcba = ojJ.>, n^ban = vi>yJL>!. Nur die Passivkonjugationen
Pu'al, Hoph'al haben wegen des für sie charakteristischen a ihrer
zweiten Silbe den Mischvokal d. h. urspr. qj fest bewahrt. Wie
nun im Hebr. die intransitive Struktur mit t durch Analogie vom
Qal aus in die vermehrten Konjugationen übergreift, so im Syrischen
dieselbe intransitive Perf.-Endung von ^^S, ''Ti in die
Perfekte sämtlicher übrigen Stämme. Wir haben in beiden
Sprachen offenbar dieselbe Bewegung vor uns ; im Aram. aber ist
die intransitive Form in den vermehrten Konjugationen vöUig durch¬
gedrungen. Nur von diesem Ausgangspunkt, dem intransitiven Qal,
aus erklären sich die z-Perfekte aller vermehrten Konjugationen
2 0 «
Barth, Zur hebräischen und aramäischen Verbalflexion. 243
als Wirkungen einer Ursache; wollte man mit Praetorius sie als
Polgen der erst zu konstruierenden, aber nicht als vorhanden erweis¬
baren C-Imperfekte verstehen , so , würde man neben den anderen
Schwierigkeiten im Ethpa'al und Eschtaph'al, deren Imperfekte
sicher niemals ein i besessen haben, nach einer anderen Analogie-
Ursache für das C-Perfekt als bei den aktiven Konjugationen suchen
müssen. Es versagt also auch dieser Beweis für ein z-Imperfekt.
5. Nach alledem wird man zurückhaltend gegen das zunächst
bestechende Verfahren sein, aus den aram. Imperativen . .w
(im Syr. nur im Pe'al mit i), targ. iVtt, "''pPiN, inSN die vormalige
Existenz von Imperfekten jarmi, j^malli u. s. w. für das Nord¬
semitische zu erschliessen. Denn für die Imperative stimmen arab.
" . , o £
l^t mit hebr. nn-n, — Jcs- mit nVa, — Jo-t mit nban in den
Endungen so vollständig überein, dass diese sich als die ursemitischen ausweisen, die, wie das Hebr. zeigt, sich noch in nordsemitischer Zeit behaupteten.
Schon früher habe ich an dieser Stelle darauf hingewiesen*),
dass erst in der inneraramäischen Entwicklung ein
Bestreben neu aufkommt und bei einer ganzen Reihe von Verbal¬
formen gleichmässig wirkt, die vom Ton getroffenen Vokale der
zweiten meist offenen Stammsilbe beim Verb sekundär zu un¬
wandelbar langen zu dehnen. So beim Perfekt fcoJO gegenüber
hebr. und äth. ^^"X", auch ai-ab. oL« (das urspr. maeta ist;
vgl. das «-Impf jamdtu) ; — vgl. ferner e'i Dan. 5, 20, bibl.-aram.
ip^bp, nao, bs:, die targ. Perfekte ib^D:, ittiics, nisn u. s. w. mit
i statt ursprünglichen e. Daraus erklärt sich ja auch das i der
Perfekte ^l^, .. ^vi , wie das der Passive des Peal na"'":, rib"':;;, nCi'iD , vergl. mit dem i in ijiv^} u. s. w. — Wie bei den Perfekten,
ward im Aram. nun auch im Imperativ — wie eine Reihe von
Erscheinungen beweist — die zweite Stammsilbe vom Ton getroffen.
So allein erklärt sich z. B. die Erhaltung ihrer 2. Vokale in
«A.Q^jo, dS>.Q^jO im Gegensatz zu ibrem Ausfall in bebr. ibap*),
1) ZDMG. 48, 15.
2) Nur so erklärt sich weiter die stete Erhaltung des 2. Imperativvokals vor Suffixen wie ■- i-'o^. i^ wOJ-Ä^lT (Nöldeke" S. 134) im Unterschied von
V X 1^ ...,„
Perfektformen wie wOSOmI, OtlX^L, wo er stets ausfSUt.
244 Barth, Zur hebräisehen und aramäischen Verbalflexion.
ibüp. Auch bei diesen Imperativen hatte die Betonung der
2. Stammsilbe die Wirkung, ihren Vokal zur LUnge zu dehnen.
Daher im Qal die targumiseben Formen ""aisiä, isiba (Ri. 9, 10. 12
ed. Praetorius), iDipn, lanp, nwp*), die in der superlinearen
Vokalisation ü haben; daher weiter das lange i in iiaibn Mi 1, 16
(Merx, Chr. 142), niSS , thuet!" des Imptiv. Pe'al, «ibiap des Imptiv.
Pa'el u. a. m.^) Zu diesen inneraramäischen Dehnungen — denn
Niemand wird sie für altsemitisch ansehen — gehört nun auch die
des i in . -y» « , die ebensowenig ursemitisch ist, wie die von ^ai^it
oder ibiap, vgl. m. (jJlIä und ibap, oder die von n^a», vgl. m.
*!jiXjIt, na?.
Die Einwände gegen das Gesetz, dass wortauslautendes y in
gemeinnordsemitischer Zeit zu n— (Constr. n— ) = , nicht
aber zu i vrird*), zerfallen immer wieder in sich. Das Verhältnis
npttffi, jiaoJ. = (jUj, tlö^i. ist nun einmal nicht umzubringen
* ,
und ebensowenig nba , |K = JL?. . Wenn das Lautgesetz hier wirkt,
■ * o -
dann auch in aUen andem gleichgearteten Fällen wie ^j^ß ~ *TXiyy<,
]20V>, — ~ ^5?'^! ^- ^- ^- — wage zu hoffen, dass
durcb das zur Erklärung des „0)0^- Suffixes inzwischen beige¬
brachte in + iniJjt auch Praetorius die aufgetauchten leisen Zweifel gegen die nordsemit. e-Endung der i"b-Imperfekte nun wieder fallen gelassen hat.
Die syrischen Imperative der Verba tert. / auf a.
Zweifellos gehört die Erklärung dieser Imperative zu den
schwierigsten Fragen der vergleichenden Konjugationslehre. Auch
Praetorius hat ihr jetzt a. a. 0. eine Erklärang gewidmet*). Die
Schwierigkeit liegt schon darin, dass in dem aktiven Imperativ
der vermehrten Konjugationen, der beim starken Verb in allen
semitischen Sprachen kurzes i in der 2. Silbe hat, hier ein ä, ebenso
1) Dalman S. 223.
2) Vgl. die erwäbnten Formen im Glossar zu Merz, chrest. targ.
3) Praetorius selbst leugnet das Gesetz a. a. O. nicbt, meint aber, dass ihm
— *
durch seinen RUckschluss aus dem Sußix wOfO.» eine starke Stütze entzogen sei.
4) In seiner Darlegung hierüber finde ich die Erklärung des Imptv.'s wJSs^l./ aus Formen wie uj^i^/ sehr einleuchtend, — Dagegen scheint mir die
Barth, Zur hehräisehen und aramäischen Verbalfiexion. 245
wie in den Passiven, auftritt. Es ist daher vei-ständlich, dass Manche
zur Erklärung die Verba tert. Hamz. heranziehen wollten, bei denen
im Hebr. wenigstens das Imperfekt Qal immer auf a endigt und
demgemäss ebenso der Imperativ (Niin: '• n:^»)')- Indessen steht
dem entgegen , dass im Syrischen die wenigen t<"b - Verba , sofern
sie sich von der Einwirkung der Verba ult. w et j frei gehalten
haben, fiir auslautendes d abweichend vom Hebr. Endungen mit
kurzem a haben, wie die Verba Gutturalia, z. B. i»^L?;
es ist also nicht anzunehmen, dass ihre Endung ira Imperativ Pe'al
anders, nämlich ä, gelautet hat.
Ich möchte daher eine andere Erklärung vorschlagen : Die oben
8. 244 zusammengesteUten Fälle von aram. Imperativen wie «-ik^,
laiaiB ilBibn u. s. w. stellen es ausser Zweifel, dass in der inner¬
aramäischen Entwicklung eine Dehnung des zweiten Imperativvokals
zur Länge stattgefunden hat. Wie -nY ^« aus dem i'-Imperfekt , so
V
mussten Imperativformen mit ä aus a-Imperfekten entstehen. Wie
'V, *j . Q -
wJO» zu pt, SO verhält sich JJ. zu einem *o, das zu einem Impf
-i-
■wie *^^Lj'') gehören würde; m. a. W. alle a-Iraperfekte der Verba
ult. j et w mussten infolge der aram. Vokaldehnung Imperative
vrie Jl" hervorbringen. Dieses intrans. Imperfekt der ult. j hat im
Indikativ im Nordsemitischen diphthongisch auf äj^) geendigt; das
ist bezeugt durch den syr. Imperativ .fi^ t ^S<Jl/ und dessen Über¬
einstimmung mit den hebräischen archaisierenden Pormen des Impf.'s
Ableitung der ä-Imperative als Rückbildung von Formen der 2. Plur. fem. wie niNSil, die auf Typen wie beJchaj + ä zurückgeführt werden, wenig über¬
zeugend. Diese Fem. Plur. setzen den Imperativstamm ND3 schon voraus,
"" •
aen sie erst erzeugt haben sollen, und dürften (^ß'- ^"2^) vokah- sieren sein. Aus b^khäj -j- ä würde schwerlich HNDa , sondern N^?? , ge¬
worden sein , und beim Fem. Sing, die Grundform des Masc. auf aj nicht so weit vergessen sein, dass man das Fem. auf ä statt aji bildete. Bei angeblichen Femininen wie Nn^N, NHI darf man die Richtigkeit der tjherlieferung be¬
zweifeln; wenn sie richtig sind, möchte ich annehmen, dass das Mask, einmal an Stelle des Fem. gebraucht sei.
1) Dagegen einer Erklärung aus der hebr. Kohortativendung Ti—^ wider¬
strebt die Thatsache, dass das Aram. diesen Modus nirgends kennt.
2) Dass das Arab, bei diesem Verb kein a-Impf. bildet, ist hier gleich¬
giltig. Das Hebr. hat sowohl l^riNi beim Impf, wie l^riN beim Imperativ, die freilich ebensogut Analogie- wie urspr. Bildungen mit a sein können.
3) Ob für die intrans. Verba ult. w einst neben der der ult. j eine be¬
sondere Form vorhanden war oder nicht, kann hier offen bleiben.
246 Barth, Zur hebräischen und aramäischen Verbalfiexion.
■|iiöni., i^biB:, "liiniD: u. a. m., wie des Imperativs l^nN, V^a. Wenn
diese Formen auch in der hebr. Poesie durch Analogiebildung sich
über ihre ursprünglichen Grenzen, die Intransitive, hinaus auch über
transitive Verba, wie "CTan, ausdehnen, so steht es doch ausser
Zweifel, dass ihr Ursprung, wie bei jenen beiden mit ihnen gleich¬
gebauten syrischen Imperativen, im intransitiven Imperfekt
und Imptv. liegt. Ihr genaues Zusammenstimmen in der Form im
Hebr. und Aram. erweist sie als gemeinnordsemitische Bildung ; die
vielfaltigen Analogiebildungen, die sie hier wie dort*) hervor¬
gebracht, zeigt, dass sie einst nicht unbeträchtlich entwickelt ge¬
wesen sein muss.
Gleiche Endung aj müssen ferner einst die Imperfekte des
Ethpa'al und des Eschtaph'al, femer in der Zeit der noch vorhandenen
inneren Passivbildung die des Pu"al und des Hophal gebabt haben,
und auch von diesen müssen Imperative derselben Art wie vom
intransit. Qal, d. h. mit o-Vokal zurückgebildet worden sein.
Der Modus apocopatus aller solcher Imperfekte wie aram. *jeb-
läj^) (= arab. i^ji+j) musste auf ä (wie j'eblä , jetballä =
jJJLj) endigen, und dieser Modus kommt für die Imperativbildung
hier auch im Nordsemitischen zu allererst inbetracht. So gut wie
im Hebr. bei diesen Verben die Imperative iS, ba, 1», 05 des Piel,
'ITld, des Hiphil vom Jussiv ausgehen, ja auch im Aram. der
Targume nn, — riöN trink! (Dalman S. 288), so bildete auch im
Syrischen der intransit. Apocopatus auf ä Imperative mit gleicher
Endung. Da nun das Aramäische die 2. offene Silbe der Imperative
von Neuem zur Länge dehnte (s. S. 244), so entstanden specifisch
aramäische Imperative der Endung ä. So erklärt es sich aufs
Natürlichste, dass, entsprechend den ursemitischen zweierlei Imper¬
fekten i transit. —, intrans. (_5^- das Aram. durch seine impera¬
tivische Dehnung zweierlei Imperative der Form «-^s^, jl" hervor- 1) Vgl. den Bindelant ai bei Imperativsuffixen (Praetorius a. a. O. 360 f., Bartb, Am. Journal of Semit, lang. 1901, 206), den Ethpeel Imptv. der i"b auf aj (Praetorius).
2) Das Aram. bildete im Gegensatz zum arabischen monophthongischen {J-^ diese Endung auch ausserhalb dieser Imperfekte diphthongisch in wJsiSj vgl. i^^ijj T^IJ?, vgl. m. Ii3t, in der Nominalendung von wwikQ^^ ..
u. s. w. , vgl. m. arab. ^^^1*3, — in ()02Q.>/) wi^.\, vgl. m. dem N. prop.
' - v r \y ^ Ä » j , o j
^^gJLJj in den Participia pass. JX^D, *^'^''' lS^"^'' Lf^'"^^'"
— Im Hebr.« vgl. das archaistische i"]©, ferner ^PK, vgl. j^^jwo, — MS, vgi.
m. !jt. Vgl. meine Nominalbildung S. 375 f.
Barth, Zur hebräischen und aramäischen Verbalflexion, 247
brachte, deren Endungslänge nur bei ihm sich findet.
Nach letzterer Form bildete das Syrische die Imperative auf ä der
anderen Konjugationen.
Wie weiter das Hebr. bei dieser Verbalklasse Imperative ausser
aus dem Mod. apocopatus auch aus dem Indikativ entwickelte (z. B.
ü-is mVs, neben iS, ba), so zeigt das Aram. auch zwei Imperative
V >^ r ^
«■V>i, wlW/, die zum unverkürzten Indikativ gehören ; dieser Diph¬
thong ist im Aram. auch nicht mehr neu gedehnt worden.
Diese drei organisch aus den Imperfekten dieser Klasse ge¬
bildeten Endungen i, ä, qj haben sich nun im Aram. in die ver¬
schiedenen Personen des Imperativs geteilt; dieser Prozess ist aber
nicht in allen Dialekten ganz der gleiche gewesen: i herrscht in
der 2. Pers. Sing, nur des Pe'al im Syr. {remi), aber auch der
anderen Konjugationen im Targumiseben (s. S. 226); — a herrscht
in der 2. Pers. Sg. msc. Peal nur bei \t = sn, aber im Syr. auch
in den vermehrten Konjugationen ausser Ethpe'el durch Analogie¬
bildung nach denjenigen verschiedenen Konjugationen, die a-Imper-
fekt hatten (S. 247); femer liegt es allen Imperativen der 2. Pers.
fem. Sing, auf äj = ä-t (syr. und jüd.-Aram.) , wie auch dem
71p
femin. Plural syr. (aus ^Zä'-en) und jüd.-aram. riNSa =
Wchä-ä zugmnde, welch letzteres offenbar den gleichen ä-Wort¬
stamm wie ^lä-jen und nur andere Endimg hat. — Endlich die
dritte Form auf äj drang ausser in den 2 Formen wjol, w£ijt/
des Pe'al Imptv. Sg. msc. (und nach Praetorius' einleuchtender An¬
nahme des Ethpe'el) überall in der 2. Pers. Plur. masc. auf qI
durch (wie im Perfekt zu r^mai-t, -n der Plur. q»? gehört). Die
Verteilimg der verschiedenen Personen des Imperativs auf die
urspr. transitiven und intransitiven Formen hat am hebr. Perfekt
tiba, aber niba u. s. w. sein Analogon.
Eine verkannte hebräische Imperativform.
In der Anrede an die Frauen Jes. 32, 9 ff. erscheint eine
imperativische Form für die 2. Pers. Plur. Feminini, die auf in—
endigt und auf Paenultima betont ist, viermal hintereinander: Mja"!,
niam Ti^Sl, ntlOD . . (das. Vs. 11). Die Formen sind in dieser
ti-j-ti:'ti: ^
Verwendung die einzigen ihrer Art im ganzen A. Test. Die ge¬
wöhnlichere Form der 2. Plur. fem. , die auf nj , findet sich in
demselben Stück in nDyjaui,T : - : ' narsnT'. -; r daneben. Jene singulären^ Bil-
düngen auf n-; haben bisher keine irgendwie befriedigende Er-
248 Barth, Zur hebräischen und aramäischen Verbalfiexion.
klärung gefunden. Die Leidensgeschichte ihrer Deutung berichtet
am deutlichsten Dillmanns Kommentar^ zur Stelle: Damach fasst
sie Böttcher als Infinitive mit "—-locale, welches aber der Infin.
sonst nie hat, — Del., Oes., König [auch Stade S. 324] als Imperativ
Sing. masc. mit dem verstärkenden T\ —; mit Kecht verwirft das
Dillm. „wegen der dreifachen Anomalie des Genus, Numerus und
der Pausalaussprache'. Am Leichtesten, glaubt Dillm., werden sie
mit lEsra, Qim., Drechsler, Imzz., Ew. „als Impt. 2 Pers. pl. fem.
genommen, sei es, dass sie aus der volleren Porm mit HS korrumpiert
sind, oder dass sie mundartig in der Sprache verzärtelter Weiber
vorkamen*.
Es hätte für eine richtige Dentung aber nur der Kenntnis der
entsprechenden Pormen des jüd.-Aramäischen seitens der Grammatiker
und Exegeten bedurft. Dort endigt die 2. Pers. pl. fem. des
Imperativs auf unbetontes c»-^. Das Targum Jon. zu der betreff.
Stelle (Jes. 32, 9) hat daher NM<ip „stehet auf, NniJIijt „horchet!"
Als weitere Formen giebt Dalman S. 224 sypiä „höret" Onq.
Gen. 4, 23, NpYN „lehret!" Jer. 9, 19. — Es liegt also in der
Jesaia-Stelle eine sprachgeschichtlich sehr interessante dialektische
hebräische Parallele zu dieser aram. Bildung vor. Die Betonung
der hebr. Formen auf Paenultima zeigt, dass die Masoreten ihre
Identität mit den aram. erkannt haben. Auch im Aram. gehen
daneben Formen mit anderer Endung wie ^niSN, "jynfflN, bezw.
N5y73iB, N:ain, «rb^TN, die den hebr.-arab. auf wa entsprechen, her 2).
Im Hebr. sind die auf unbetontes n-^ selten und wohl nur dia¬
lektisch neben der regelmässigen Endung auf üj gewesen.
Die Bildung dieser Personalendung auf ä ist aber noch über
diese Idiome hinaus verbreitet und lässt sich als schon ursemitisch
neben der auf rm hergehend erweisen. Es entspricht ihr nocb das
äth. negrd „sprechet!" (fem.) u. s. w. , sowie das assyr. Jcuäu.dä
„erobert!" (fem.). Diese Imperative stehen genetisch im engsten
Zusammenhang mit der 2. Pers. Plur. fem. des Imperfekts auf ä:
ätb. tengerä, assyr. talcSudä. Das aram. N72ip verhält sich zum
Imperfekt tfiqümä-n, wie iJaip zu t^qümt-n, d. h. die Imperative
ohne Schluss-n reflektieren den Jussiv, die Imperfekte selbst sind
der Indikativ. — Zur Paenultima-Betonung im Aram. vgl. oben
S. 226. — Jene isolierten hebräischen Bildungen gehören als dia¬
lektische Überbleibsel dieser ursemitischen Parallelform an.
1) Dalman a. a. O.
249
Chri stUch-palästinische Fragmente.*)
Von Friedrich Schnlthess.
Pragment I.
1 Bl. zu 17 und 15 Zeilen, Pergament, dem Schriftcharakter
nach zu sehliessen etwa aus dem 12. Jahrhundert. — Es ist ein
Fragment eines Lectionars (vgl. Fragment II und III). Der Anfang
von v. 8 des 142. Psalms (vielleicht nebst anderen Versen) ist ver¬
loren gegangen, indem das Blatt augenscheinlich verkehrt ein¬
gebunden wurde.
:0)Ci^JuJ«) ^»6/ }V0...y- Ps. t^!XÖ~jL3Öji!'*) r.
L V : : V 142,8 -TT ;—
:^AJL ..«Oll .^la\; ops. ooNnj j*^
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*) Die Originale dieser, leider nicht umfangreichen, Fragmente standen mir auf privatem Wege längere Zeit hindurch zur Verfügung, sodass ich in der Lage war, die zum Teil schwierige Entzifferung öfters und nach längeren Zwischen¬
pausen nachzuprüfen, resp. zu verbessern. Dies sei für den Fall bemerkt, dass die Originale nicht so bald in den Besitz einer europäischen Bibliothek gelangen und damit Andern erreichbar werdeu sollten. — In den Noten beschränke ich mich auf das Allemotwendigste, und setze die Kenntnis der bisher bekannt ge- vFordeneii Litteratur voraus.