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Archiv "Mit allen Kräften als Anwalt des Kranken auftreten" (03.05.1979)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Unter dem anspruchsvollen Motto

„Kassenärzte stellen sich der Zu- kunft" stand die Hauptversammlung des Deutschen Kassenarztverban- des vom 23. bis zum 25. März im Fortbildungszentrum der Landes- ärztekammer Hessen in Bad Nau- heim. Der 1. Vorsitzende des Deut- schen Kassenarztverbandes, Dr.

Helmuth Walther (Büttelborn/Hes- sen), führte dazu unter anderem aus, die von gewissen politischen Grup- pen propagierte „Einbindung der Rolle des Arztes in die Gesellschaft"

wäre dazu angetan, die derzeiti- gen Verhältnisse zum Nachteil für den Bürger zu verändern. Weder

„Gleichmacherei" noch das Bestre- ben, jedem „das gleiche" zuzuer- kennen, sei richtig; vielmehr sei es tatsächlich sozial und menschen- würdig, der Einzelpersönlichkeit so- viel Freiheit wie möglich zu erhalten.

Im Zuge seines berufspolitischen Grundsatzreferates beschäftigte sich Walther mit dem Sachleistungs- system, wobei er vor allem vor der Gefahr eines ständig zunehmenden Drucks auf die Ärzteschaft mit allen negativen Komponenten und - Ein- flüssen auf das Vertrauensverhältnis zwischen Ärzten und Patienten hin- wies. Einerseits würden die Kran- kenkassen mit den von ihnen ge- währten Leistungen einschließlich der vorbeugenden Leistungen, an- dererseits würden die Ärzte unter Androhung von Arzneimittelregres- sen und Prüfmaßnahmen in die Zwangslage gebracht, Kostenein- sparungen möglicherweise zu La- sten einer ordnungsgemäßen ärztli- chen Versorgung der Patienten vor- zunehmen.

So spielt nach Ansicht von Dr. Wal- ther auf diesem Wege zur „Billigme-

TAGUNGSBERICHT

dizin" das Kriterium „Preis" eine vorrangige Rolle. Zweifelsfrei habe Minister Ehrenberg erklärt, daß in den zu erlassenden Richtlinien die

„für den Therapiezweck gleichwerti- gen Arzneimittel" so zusammenzu- stellen seien, daß Preisvergleiche möglich sind. Damit könnten aber jene Ärzte, die unter den als „gleich- wertig" eingestuften Arzneimitteln ein verhältnismäßig teures Medika- ment auswählen, wegen „unwirt- schaftlicher Verordnungsweise" zur Rechenschaft gezogen werden.

Walther wörtlich: „Nur mit Entset- zen können wir Ärzte zur Kenntnis nehmen, daß hier nicht ärztlicher Sachverstand und nicht Arzneimit- telwirkung gefragt sind, sondern ei- ne Billigmedizin soll erzwungen werden." Mit aller Deutlichkeit müß- te hier Protest angemeldet werden.

Es sei die ärztliche Aufgabe, mit al- len Kräften als „Anwalt der Kran- ken" aufzutreten und dabei nach Sachverstand und den Erkenntnis- sen des medizinischen Fortschritts zu handeln. Daß „Billigverschrei- ben" in der ärztlichen Tätigkeit noch prämiiert werden solle, bezeichnete der Vorsitzende als einen Skandal.

Solche Bestimmungen müßten im Interesse der Patienten beseitigt werden.

Dr. Walther trat im Verlauf seiner weiteren Ausführungen für eine sachliche Diskussion darüber ein, wie das reine Sachleistungssystem aufgelockert werden könne, damit allen Hilfsbedürftigen auch in Zu- kunft modernste Medizin angeboten werden könne. Der gebührenfreie Griff in den Gesundheitsladen müs- se verhindert werden. Hier könne nach Auffassung von Walther nur ei- ne gestaffelte Selbstbeteiligung hel- Bußgeldbemessung

bleiben. Der Arzt sei doch nur ei- ner fahrlässigen Übertretung schuldig, und es gebe keine Hin- weise auf die vom Amtsrichter gerügte „Uneinsichtigkeit". Eine

„rechtsfeindliche Einstellung"

könne dem Doktor in dieser Baga- tellsache nicht bescheinigt wer- den. Es gehe zudem nicht an, ei- nem gut verdienenden Kraftfahrer mit Blick auf sein Einkommen zu Strafpunkten im Verkehrssünder- register zu „verhelfen", obwohl sein Verstoß nach Katalog nur mit 40 DM zu ahnden war. Dies ist der Höchstbetrag, der noch keine Ein- tragung nach sich zieht.

Im zweiten Fall ging es um einen kleinen Bauunternehmer aus Es- sen, der fahrlässig eine Kreuzung bei Rotlicht überquert hatte. Die Katalogbuße dafür beträgt 100 DM. Der Essener Amtsrichter er- kannte jedoch auf 125 DM. Auch hier gewährte das Oberlandesge- richt zugunsten der Regelbuße

„Rabatt" und setzte die 100 DM fest. Hierzu führte der 2. Strafsenat aus, die Gerichte seien zwar nicht an den Bußgeldkatalog gebunden, dürften ihn aber nicht völlig unbe- achtet lassen. Die Beträge des Ka- talogs seien auf normale Tatum- stände und mittlere wirtschaftliche

Verhältnisse der Kraftfahrer aus- gerichtet. Bei noch relativ niedri- gen Bußgeldern für fahrlässige Verstöße könne das Einkommen des einzelnen Verkehrssünders deshalb außer Betracht bleiben.

Nur wenn die Einkommensverhält- nisse außergewöhnlich gut oder äußerst schlecht seien und dies in der Gerichtsverhandlung bekannt- werde, dürfe der Richter bei der Bußgeldfestsetzung nach oben oder unten vom Katalog abwei- chen.

Der im vorliegenden Fall betroffe- ne Selbständige liege mit 2000 DM netto im Monat in der bei der Auf- stellung des Bußgeldkatalogs be- rücksichtigten Mittellage. Zur Überschreitung der Regelbuße um 25 Prozent habe keinerlei Grund vorgelegen (AZ: 6 Ss OWi 1719/78 und 2 Ss OWi 2337/78).

Hans Wüllenweber

Mit allen Kräften als Anwalt des Kranken auftreten

Hauptversammlung des Deutschen Kassenarztverbandes in Bad Nauheim

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 18 vom 3. Mai 1979 1265

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Deutscher Kassenarztverband

fen, wobei vor den ärztlichen Grund- leistungen — wie Beratung und Be- suche — keine Barrieren errichtet werden sollten. Eine derartige Maß- nahme, so der Bundesvorsitzende, würde sicherlich zu einer besseren Kostenkenntnis führen, vor Miß- brauch schützen und zudem von beitragssenkender Wirkung sein.

Zudem würde dadurch die Möglich- keit geboten, jene Krankenkassen- mitglieder stärker zu belasten, die ohne Rücksicht auf die Solidarge- meinschaft unberechtigt Nutzen aus dieser Gemeinschaft zögen. Auf die- se Weise würde auch ein gesund- heitserzieherischer Effekt erzielt.

Erneute Warnung

vor einer „Ärzteschwemme"

Weitere berufspolitische Forderun- gen des Deutschen Kassenarztver- bandes fanden in einer Reihe von zuvor in der Mitgliederversammlung gefaßten Resolutionen ihren Nieder- schlag. So werden z. B. die Länder- regierungen und die Kultusminister der Länder aufgefordert, unverzüg- lich Maßnahmen einzuleiten, damit die Zahl der Studienanfänger im Fach Medizin den erforderlichen Verhältnissen angepaßt wird. Hier wurde auf die von der Bundesregie- rung veröffentlichte Studie hinge- wiesen, nach der 7500 Studienan- fänger ausreichen, um im Jahre 2000 ein Arzt-Patienten-Verhält- nis von 1:340 gewährleisten zu kön- nen.

Im vorigen Jahr waren es bereits 11 000 Studienanfänger; Hochrech- nungen haben ergeben, daß bereits 1984 rund 15 000 Studienanfänger des Fachgebietes Medizin zu den Universitäten drängen — also dop- pelt so viele, wie benötigt werden. In einer solchen Entwicklung sehe der Deutsche Kassenarztverband „eine unverantwortliche Verschleuderung von Steuergeldern, da diese Studen- ten keine ausreichende Existenz fin- den können und so später nicht in der Lage sind, als Steuerzahler die hohen Ausbildungskosten zurück- zuzahlen", heißt es in der Resolu- tion. Und: darüber hinaus drohe die

„Schaffung eines akademischen Proletariats".

Mit aller Entschiedenheit abgelehnt wurde — in einer weiteren Entschlie- ßung, die an das Bundesgesund- heitsministerium gerichtet ist — Plan und Bestreben, die Gruppe der nichtärztlichen Psychotherapeuten als „dritte Säule" in der gesundheit- lichen Versorgung zu etablieren und den eigenständigen Beruf des Psy- chotherapeuten als weiteren Heilbe- ruf zu schaffen. Denn: Ungeachtet anerkannter Notwendigkeit psycho- logischer Behandlungsmöglichkei- ten seien nichtärztliche Psychothe- rapeuten als selbständige Heilbe- rufsgruppe sicherlich überfordert und hinsichtlich wünschenswerter Ausbildung nicht in der Lage, ohne ärztliche Untersuchung und Beurtei- lung die Indikation zur psychothera- peutischen Behandlung zu stellen.

„Vor den unübersehbaren Folgen"

warnte daher der Deutsche Kassen- arztverband. Darüber hinaus könne eine unangemessene Ausdehnung der Inanspruchnahme psychothera- peutischer Leistungen zu einer völli- gen Unterminierung der Selbstver- antwortung und der Eigeninitiative führen.

Ideologische Tendenzen

vom Gesundheitswesen fernhalten In dieser Resolution wurde überdies gegen die Behauptung zu Felde ge- zogen, Ärzte würden die einer psy- chotherapeutischen Behandlung bedürfenden Störungen nicht er- kennen und demzufolge auch nicht als körperliche Erkrankung behan- deln. Dies sei eine Diffamierung. „Im Interesse einer hochstehenden ge- sundheitlichen Versorgung" wird

„an alle verantwortungsbewußten Politiker" appelliert, „ideologische Tendenzen im Interesse unserer

Bürger vom Gesundheitswesen fernzuhalten". Nur mit einer verbes- serten Gesundheitsbildung, Steige- rung der Selbstverantwortung und Eigeninitiative sowie mit einem Aus- bau von Präventivmaßnahmen wer- de ein leistungsfähiges, modernes Gesundheitswesen zu erhalten sein und bezahlbar bleiben.

Eine weitere Forderung: Die Uni- versitäten sollten Medizinstuden- ten in den höheren Semestern be- triebswirtschaftliche Kurse und Se- minare anbieten, in denen das kauf- männische Rüstzeug zur Führung einer Praxis erlangt werden kann.

Die Kurse sollten testiert werden, und zwar als spätere Voraussetzung bei der Niederlassung und Beteili- gung an der kassenärztlichen Ver- sorgung.

Betont wurde in dieser Resolution, solche Seminare und Kurse wären auch für Krankenhausärzte wün- schenswert, da betriebswirtschaftli- che Kenntnisse in leitenden Positio- nen des Krankenhauses unabding- bar seien. GM

ZITAT

Wider die Staatsregie

„Es wird künftig alles darauf ankommen, unseren Patien- ten die Chance offenzuhal- ten, das humane Kranken- haus, das sie suchen und be- nötigen, innerhalb der Viel- falt der heute bestehenden Krankenhäuser zu finden und nicht auf ein uniformes Krankenbettenangebot un- ter einheitlicher Regie des Staates angewiesen zu sein.

Staatlicher Planungsperfek- tionismus und Dirigismus sind weder dazu angetan, die Probleme von Leistungs- fähigkeit und Wirtschaftlich- keit zu lösen, noch aber die immer wieder zitierte Ver- trauenskrise des heutigen Krankenhauses in Form des

‚seelenlosen' oder ‚inhuma- nen' Krankenhauses."

Prof. Dr. rer. pol. Siegfried Eichhorn, Vorstandsmitglied des Deutschen Kranken- hausinstituts und Honorar- professor an der Universität Düsseldorf, vor dem Interna- tionalen Krankenhaussym- posium

1268 Heft 18 vom 3. Mai 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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