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Archiv "Innovationsfonds: 300 Millionen Euro für neue Wege" (05.12.2014)

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A 2140 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 49

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5. Dezember 2014

INNOVATIONSFONDS

300 Millionen Euro für neue Wege

Viel Geld ist im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz für neue Versorgungsformen und deren wissenschaftlicher Erforschung vorgesehen. Das stößt auf Zustimmung im Allgemeinen, doch an der Konkretisierung im Gesetzentwurf gibt es deutliche Kritik.

W

enn Innovation in ein Ge- setz gegossen werden soll, lässt dies zunächst unwillkürlich schmunzeln. Einen Ausschuss für Innovation beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mit Ge- schäfts- und Verfahrensordnung sieht der Entwurf des GKV-Versor- gungsstärkungsgesetzes (VSG) vor.

Spätestens mit Blick auf das dort verwaltete Finanzvolumen in Höhe von 300 Millionen jährlich hat das Schmunzeln aber rasch ein Ende.

Dies bedeute nicht weniger als „ei- nen Quantensprung für die Entwick- lung des deutschen Gesundheitswe- sens“, befindet das Deutsche Netz- werk Versorgungsforschung (DNVF) in seiner Stellungnahme zum Ge- setzentwurf. „Endlich sind wir so weit, wie es andere Länder, zum Beispiel England oder die USA, schon sind“, kommentiert der DNVF-Vorsitzende Prof. Dr. med.

Edmund Neugebauer.

Grundsätzlich regt sich auch kein Widerstand gegen die Einrich- tung eines Innovationsfonds, mit dem laut Gesetzentwurf sektora- le Begrenzungen der Versorgung

überwunden und neue Versorgungs- formen, die über die bestehende Regelversorgung hinausgehen, ent- wickelt werden sollen. Dies sind seit Jahren nachdrücklich vorgetra- gene Forderungen an die Gesund- heitspolitik. Für diese innovativen Versorgungsprojekte werden künf- tig jährlich 225 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Weitere 75 Mil- lionen Euro sollen aus dem Innova- tionsfonds in die Versorgungsfor- schung fließen; deren Erkenntnisse sollen dazu beitragen, die Versor- gungseffektivität und -effizienz zu verbessern. Über die Verteilung der Gelder entscheidet ein zehnköpfi- ger Innovationsausschuss beim G-BA, dem neben den Trägerorga- nisationen des G-BA drei Vertreter des Bundesministeriums für Ge- sundheit (BMG) angehören sollen.

„Systemwidrige“ Beteiligung des Gesundheitsministeriums

Spätestens an diesem Punkt ist es mit der breiten Unterstützung für das Projekt „Innovation“ vorbei. Der GKV-Spitzenverband zum Beispiel hält die Förderung neuer Versor- gungsformen zwar für richtig, aber:

„Der im Gesetzentwurf skizzierte Weg dahin ist falsch.“ Kritisiert wird, dass künftig ein Ausschuss des G-BA, in dem „systemwidrig“ auch das BMG vertreten sei, darüber ent- scheide, für welche Projekte einzelne Krankenkassen ihr Geld ausgeben.

Diese Konstruktion widerspreche dem Prinzip der Selbstverwaltung.

Die Bewertung von Förderprojekten sollte nach Meinung des GKV-Spit- zenverbandes durch einen unabhän- gigen Expertenrat erfolgen.

Auch die Bundesärztekammer (BÄK) verweist in einer Stellung- nahme auf die mit der Einrichtung des Innovationsausschusses einher- gehende deutliche Kompetenzaus-

weitung des G-BA. „Für eine aus- geglichene Berücksichtigung aller bedeutenden Perspektiven“ wird die Vertretung der BÄK im Innova- tionsausschuss gefordert. BÄK- Präsident Prof. Dr. med. Frank Ul- rich Montgomery weist in diesem Kontext darauf hin, dass die BÄK mit ihrer Initiative zur Versorgungs- forschung über Jahre hinweg einen wichtigen Beitrag zur Förderung dieses Forschungszweiges geleistet habe. „Deshalb ist völlig unver- ständlich, dass ausgerechnet die Ärztekammern nicht berechtigt sein sollen, Fördermittel aus diesem Fonds zu beantragen.“

Zu diesen antragsberechtigten Gruppen sollen die Kassenärztli- chen Vereinigungen gehören, je- doch nicht die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), was de- ren Vorstandsvorsitzender Dr. med.

Andreas Gassen kritisiert: „Wir möchten, dass der Kreis der Antrag- steller um die KBV erweitert wird.

Es sollten auch bundesweite Vorha- ben gefördert werden. Zudem sind auch die Krankenkassen mit ihren Verbänden vertreten.“ Grundsätz- lich begrüßt die KBV, dass mit dem Innovationsfonds „nun auch echten Versorgungsthemen Finanzierungs- möglichkeiten eröffnet werden.

Denn diese Themen waren für die Krankenkassen in der Regel bisher unattraktiv.“ Kritisch blickt auch die KBV auf die Zusammensetzung des Innovationsausschusses. Die unmittelbare Beteiligung des BMG bedeute eine substanzielle Neue- rung in der gemeinsamen Selbstver- waltung, zudem die „klassischen“

Selbstverwaltungspartner allein in dem Ausschuss nicht einmal mehr die hinreichende Mehrheit errei- chen könnten. Zu hinterfragen sei, ob sich hier ein Übergang hin zur direkten Einflussnahme der Politik

Foto: Fotolia/vege

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auf Entscheidungen der Selbstver- waltung manifestiere.

Das Deutsche Netzwerk Versor- gungsforschung bezeichnet es in seiner Stellungnahme zum VSG als außerordentlich problematisch, dass die Wissenschaft bei der Verteilung der Mittel des Innovationsfonds von den Entscheidungen ausgeschlossen sei. „Medizin macht man nicht ohne Mediziner, und Forschung nicht oh- ne Forscher“, bringt es der DNVF- Vorsitzende Neugebauer im Ge- spräch mit dem Deutschen Ärzte- blatt auf den Punkt. „Man darf nicht so viel Geld ausgeben, ohne dass die Wissenschaft mitredet.“ Allerdings zeigt sich Neugebauer nach einer Anhörung beim BMG zum Gesetz- entwurf – insbesondere nach den Äußerungen des G-BA-Vorsitzen- den Josef Hecken – sehr zuversicht- lich, dass es, was die Beteiligung der Wissenschaft anbelangt, noch zu po- sitiven Wendungen kommen wird.

Hin zu einem lernenden Gesundheitssystem

Dem Netzwerk Versorgungsfor- schung sei dabei klar, dass es ohne den Praxisbezug nicht gehe. Bei der Entwicklung eines Projektes kom- me es darauf an, alle Beteiligten frühzeitig mit einzubeziehen, so dass der Theorie-Praxis-Transfer gewährleistet ist.“ Neugebauer rät dem G-BA dazu, bei der Projektbe- wertung und -evaluation auf beste- hende und bewährte Einrichtungen mit Erfahrungen im Wissenschafts- management und Gutachterverfah- ren zurückzugreifen. „Es muss das Rad nicht neu erfunden werden. In unserer Stellungnahme haben wir außerdem eine Beratungsstelle in Berlin vorgesehen. Die Expertise ist da; die muss zu denjenigen kanali- siert werden, die ihre Projektanträ- ge schreiben.“ Auch eine wissen- schaftliche Begleitevaluation der Projekte sei unverzichtbar. „Wenn etwas später in die Regelversorgung überführt werden soll, muss das wissenschaftlich abgesichert sein“, betont Neugebauer. Als Ergebnis schwebt ihm so ein lernendes Ge- sundheitssystem vor. „Zu viel ist bereits eingeführt worden ohne wis- senschaftliche Evaluation.“

Thomas Gerst

L

ebenslange Haft wegen Mor- des an ihrer dreijährigen Toch- ter Yagmur – so lautet das Urteil des Landgerichts Hamburg für Melek Y., das am 25. November verkündet wurde. Immer wieder geschlagen, getreten, geschüttelt und geschleu- dert wurde das Kind von der Mutter in seinem kurzen Leben. Mehr als 80 zum Teil schwere Verletzungen stellten Rechtsmediziner fest. Das Jugendamt war in den Fall invol- viert – Fehlentscheidungen verhin- derten den Schutz des Kindes.

Es wäre zu einfach zu sagen, dass Frühe Hilfen den Tod des Mädchens hätten verhindern können, aber die regionalen Unterstützungssysteme und Hilfsangebote für Eltern und Kinder von der Schwangerschaft bis zum dritten Lebensjahr, sind ein gu- ter Ansatz. Die Netzwerke bieten praktische Hilfen im Alltag und sol- len zudem die Beziehungs- und Er- ziehungskompetenz der Eltern stär- ken (Kasten). Denn: „Nicht alle El- tern schaffen es, ihr Kind gesund aufwachsen zu lassen. Es gibt Pro-

bleme, die ein empathisches Einfüh- lungsvermögen in das Kind nicht funktionieren lassen: geringes Ein- kommen, niedriges soziales Mi- lieu, psychische Erkrankungen oder Sucht“, erklärte Prof. Dr. med. Eli- sabeth Pott, Direktorin der Bundes- zentrale für gesundheitliche Aufklä- rung (BZgA). Zusammen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem Nationalen Zen- trum Frühe Hilfen (NZFH) veran- staltete die BZgA die Tagung „Ge- meinsam Verantwortung – interpro- fessionelle Qualitätszirkel als In- strument in den Frühen Hilfen“ am 26. November in Berlin.

Ärzte häufig der einzige Kontakt in den ersten Jahren

„Die Zusammenarbeit zwischen dem Gesundheitssystem und der Kinder- und Jugendhilfe ist sehr wichtig“, sagte Pott weiter. Geburtskliniken ebenso wie niedergelassene Gynä- kologen, Kinderärzte, Hausärzte und Psychotherapeuten seien häufig die einzigen Kontaktpersonen zu Risi- kofamilien in den ersten drei Le- bensjahren und außerdem beson- ders befähigt, die Betroffenen auf das Netzwerk Frühe Hilfen hinzu- weisen. Aber: „Die Zusammenar- beit zwischen Ärzten und Jugend- hilfe ist nicht immer einfach, weil unterschiedliche Kulturen aufeinan- der treffen“, erklärte Pott.

Deshalb war der Schwerpunkt der Tagung ein erfolgreiches Mo- dellprojekt der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Baden-Württem- PRÄVENTIVER KINDERSCHUTZ

„Oftmals nur ein ungutes Gefühl“

Frühe Hilfen sind Angebote der Jugendhilfe. Ärzte können belastete Familien motivieren, sie in Anspruch zu nehmen. Ein Modellprojekt in Baden-Württemberg zeigt, wie die Kooperation gelingen kann.

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