Gesundheitsreform
Psychotherapie:
keine Gebühr
Eine erneut überarbeitete Gesetzesfassung enthält mehrere Veränderungen.
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ersicherte, die ohne Über- weisung einen Psychothe- rapeuten aufsuchen, müssen keine Praxisgebühr von 15 Euro pro Quartal entrichten.Diese Ergänzung ist im jüng- sten Entwurf des Gesund-
heitssystemmodernisierungs- gesetzes enthalten. Zusätzlich wurde festgelegt: „Nehmen Versicherte einen an der fachärztlichen Versorgung teil- nehmenden Arzt auf Über- weisung in Anspruch, sind sie auch für die folgenden Kalen- dervierteljahre von der Zah- lung befreit, wenn es sich um die unmittelba- re Weiterbehandlung derselben Krankheit handelt.“ Eine wei- tere Änderung sieht vor, dass homöopathi- sche und anthroposo- phische Arzneimittel ohne zugelassenes An- wendungsgebiet doch zulasten der Kran- kenkassen verschrie- ben werden dürfen;
ursprünglich sollten nicht verschreibungs- pflichtige Präparate grund- sätzlich nicht mehr zu verord- nen sein. Ob diese und weitere Änderungen bei der ersten Le- sung des Gesetzentwurfs am 18. Juni noch enthalten sein werden, ist noch ungewiss.
Kassenbeiträge
Teure „Wende“
Ohne Wiedervereinigung wären die Kassenbeiträge nur so hoch wie 1991.
E
s gibt keine schlüssigen Be- weise für die Behauptung, dass die Ursache für den GKV-Beitragssatzanstieg in den alten Bundesländern auf den Anstieg der Ausgaben zurückzuführen ist.“ Darauf hat Prof. Dr. med. Fritz Beske Ende Mai bei der Vorstellung einer Studie zum Thema hin- gewiesen. Ohne die Wieder- vereinigung läge der Bei- tragssatz in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in den alten Ländern heute bei rund 12,2 Prozent. Dies entspräche dem von 1991 und einem um 24 Milliarden Euro geringeren Finanzvolumen.In der Studie weist der Volkswirt Thomas Drabinski mithilfe eines ökonometri-
schen Modells nach, dass die Wiedervereinigung die Wachs- tumsraten bei Löhnen, Gehäl- tern und Renten in den alten Bundesländern negativ beein- flusst hat. Ebenso führte sie zu höheren Arbeitslosenzahlen.
Derartige Entwicklungen be- einflussen die Einnahmen der GKV negativ. Im Einzelnen ergab die Analyse, dass der Beitragssatz ohne Wiederver- einigung in den alten Ländern heute nur bei 12,4 Prozent lie- gen würde. Rechnet man die Kosten des West-Ost-Finanz- transfers innerhalb der GKV heraus, kommt man auf einen theoretischen Beitragssatz von 12,2 Prozent für das Jahr 2003.
Beske betonte, man wolle nicht die Wiedervereinigung schlecht reden. Es gehe um ei- ne sachliche Analyse: „Was immer zu kurz gekommen ist, ist die Einnahmeseite oder auch der Einnahmeentzug in der GKV.“ Die Studie ist für zehn Euro zu beziehen beim Institut für Gesundheits-Sy- stem-Forschung, Kiel, Telefon 04 31/80 06 0-0.
GKV-Daten
Defizit von 630 Millionen Euro
Rückläufige Einnahmen im ersten Quartal 2003
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ie Einnahmen in der Gesetzlichen Krankenversicherung sind gegenüber dem Vorjahr um 0,2 Prozent im ersten Quartal 2003 zurückgegangen. Demgegenüber stiegen die Ausgaben um 1,6 Prozent. Die Kosten für die ambulante ärztliche Behandlung erhöhten sich um 0,9 Prozent, die Aus- gaben für Krankenhausbehandlungen um 2,3 Prozent. Die Ausgaben für Arzneimittel sanken nach Angaben der ABDA – Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände im Ver- gleich zum Vorjahr um rund ein Prozent. In der Statistik ist jedoch eine Erhöhung um 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal verzeichnet. Grund: Im ersten Quartal 2002 wurde der größte Teil des Solidarbeitrags der Pharma- industrie bei den Krankenkassen gebucht; dies verzerrt den Vergleich. Das Bundesgesundheitsministerium hat jedoch darauf hingewiesen, dass die Arzneimittelausgaben ohne die Rabattregelungen des Beitragssatzentlastungsgesetzes wie- der überproportional gestiegen wären.Als „auffällig“ bezeichnete Staatssekretär Klaus Theo Schröder den Anstieg bei Heilmitteln (+8,2 Prozent) und Fahrtkosten (+8,3 Prozent). Auch der Anstieg der Verwal- tungskosten der Kassen um 3,2 Prozent sei angesichts der ge- setzlich verordneten Nullrunde für 2003 „nicht hinnehmbar“.
Verbraucherschutz
Für Bürger und Experten da
Präsident des neuen Bundesinstituts für Risiko- bewertung im Amt.
U
nabhängige, glaubwürdige Risikobewertung ist ent- scheidend für die Wiederge- winnung des Verbraucherver- trauens.“ Darauf hat Bundes- verbraucherministerin Renate Künast bei der Amtseinfüh- rung von Prof. Dr. med. vet.Andreas Hensel Ende Mai in Berlin hingewiesen. Hensel ist neuer Präsident des Bundes- instituts für Risikobewertung (BfR). Es wurde Ende 2002 aus Teilen des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbrau- cherschutz und Veterinärme- dizin neu gegründet. Daneben besteht außerdem das Bun- desamt für Verbraucherschutz
und Lebensmittelsicherheit (BVL). Durch die Neuorgani- sation sollen Risikobewertung und -management klarer ge- trennt werden als zuvor.
Das BfR soll mögliche Risi- ken in Lebens- und Futtermit- teln, Stoffen und Produkten frühzeitig erkennen und dann Maßnahmen zur Verringerung vorschlagen (dazu „Vergiftun- gen: Ärzte sind entscheidend bei der Risikoerkennung“ in diesem Heft). Die Überwa- chung von Lebensmitteln und Produkten bleibt Aufgabe der Bundesländer.
A K T U E L L
A
A1640 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 2413. Juni 2003
Prof. Dr. med. vet.
Andreas Hensel
Foto:BfR
Der direkte Zugang zum Psychotherapeu- ten soll erhalten bleiben. Foto: Peter Wirtz