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Archiv "Ärztetag in Halle: Zukunft der ärztlichen Tätigkeit" (26.07.1990)

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Den bereits niedergelasse- nen Arzten in der DDR (heute gibt es lediglich rund 400 Kassenärzte) und den bisher angestellten, aber niederlassungswilligen Arzten in den 615 DDR-Polikliniken und 1030 Ambulatorien werden vergleichbare Investitionszuschüsse vorenthalten und/oder keine ausreichenden Refi- nanzierungsmöglichkeiten über die Gebührenordnung eingeräumt.

Die Zulassung zu einer Kas- senarztpraxis soll künftig allein da- von abhängen, daß ein tatsächlicher Bedarf für die Kassenzulassung fest- gestellt und dabei vorrangig das Ver- sorgungsangebot der fortbestehen- den und (staatlich) subventionierten Polikliniken und Ambulatorien be- rücksichtigt wird. Bereits anläßlich der Vertreterversammlung der KBV im Mai 1990 in Würzburg erklärte deren Erster Vorsitzender, Dr.

Oesingmann: „Im Schatten staatlich subventionierter Polikliniken und Ambulatorien kann ein risikotragen- der, freiberuflich tätiger Kassenarzt existentiell nicht überleben."

Zwar übernimmt der Entwurf ei- nes „Krankenkassen-Errichtungsge- setzes" weitgehend Passagen des in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Sozialgesetzbuches V (SGV V) und postuliert die auch von der Ärzteschaft begrüßte Einfüh- rung eines gegliederten Systems der Krankenversicherung ab 1. Januar 1991. Andererseits können diese Postulate aber nicht mit Leben er- füllt werden, wenn in der DDR die bestehenden Versorgungsstrukturen unbefristet über Jahre hinweg festge- schrieben werden sollen. Infolge der unterschiedlichen Finanzierungsmo- dalitäten werden die Möglichkeiten, sich künftig in einer eigenen Kassen- arztpraxis niederzulassen, erheblich eingeschränkt.

Reine Farce

Die in der Krankenkassenver- trags-Verordnung vorgesehene for- male Verpflichtung der Landesbe- hörden (der DDR), die Versorgung durch niedergelassene Kassenärzte zügig auszubauen, wird im Lichte der vorgesehenen Regelungen „in- haltlos" und zu einer „reinen Farce".

Dies widerspricht dem Geist des Staatsvertrages zum Ausbau einer Sozialunion auf dem Gebiet der DDR nach westlichem Vorbild.

Das Ungleichgewicht der Start- bedingungen wird in den Entwürfen aus Berlin (Ost) geradezu zemen- tiert. So sollen die bestehenden Ge- sundheitseinrichtungen in der DDR nach Maßgabe des DDR-Kranken- hausfinanzierungsgesetzes zur Ver- besserung der Leistungsfähigkeit fi- nanziell gefördert werden, gleichzei- tig aber die Niederlassung und Zu- lassung von Ärzten, Zahnärzten und Apothekern ohne jede Investitions- förderung nur dort ermöglicht wer- den, wo die Versorgung durch die bestehenden finanziell geförderten Gesundheitseinrichtungen nicht si- chergestellt ist. Die im Staatsvertrag in Artikel 22 Abs. 2 durch die DDR eingegangene Verpflichtung, die Zu- lassung niedergelassener Ärzte und Zahnärzte zu fördern, wird dadurch zur Farce. Das System der ambulan- ten Versorgung, wie es in der Bun- desrepublik Deutschland besteht, würde damit für die DDR auf den Kopf gestellt. Von einer schrittwei- sen Annäherung der Versorgungssy- steme könnte dann keine Rede mehr sein.

Einheitliche

Versorgungsstruktur

Bei allem Verständnis für ange- messene Übergangs- und Überlei- tungsregelungen müßten die zeitlich befristet fortbestehenden Poliklini- ken und Ambulatorien von Anfang an in ein in der Bundesrepublik ver- gleichbares System der kassenärzt- lichen Versorgung integriert werden, um eine einheitliche Ausgestaltung der ambulanten Versorgung zu ge- währleisten und dadurch die im Staatsvertrag postulierte einheitliche Versorgungsstruktur im ambulanten Bereich herzustellen.

Ein zweites ambulantes Versor- gungssystem mit eigenständigen Ver- gütungsregelungen und abweichen- den Investitionsförderungen zwi- schen ambulantem und stationärem Sektor ist auch in einer Übergangs- zeit nicht nur überflüssig, sondern auch schädlich. BAK/KBV/HC

Ärztetag in Halle

Zukunft der

ärztlichen Tätigkeit

Gerade fünf Monate ist es her, daß in der Kinderklinik der Medizi- nischen Akademie Magdeburg rund 200 Ärztinnen und Ärzte die

Magdeburg . kammer Sachsen-Anhalt — einstwei- len als eingetragenen Verein — grün- deten. Jetzt organisierte deren ge- schäftsführender Vorstand bereits einen Ärztetag in Halle, zu dem An- fang Juli 164 Delegierte aus den Kreisen um Halle und Magdeburg und rund hundert Gäste anreisten.

Erste Amtshandlung der Delegier- ten war es, die derzeitigen Vor- standsmitglieder in ihrem Amt zu bestätigen, das mit der Wahl eines ordentlichen Vorstands durch eine Kammerversammlung enden wird.

Im Mittelpunkt des Treffens stand ein mehrseitiger Entschlie- ßungsantrag „Thesen zur Zukunft der ambulanten und stationären ärztlichen Tätigkeit". Darin wird im, Prinzip die Übernahme der Rege- lungen des bundesdeutschen Ge- sundheitswesens gefordert, strecken- weise aber auch weitergehende Ver- einbarungen, zum Beispiel bei der Honorierung ärztlicher Leistungen.

Mit der Annahme der Thesen, um deren exakte Formulierung stellen- weise engagiert gerungen wurde, ha- ben die Delegierten in Halle nun ih- re Auffassungen über ein zukünfti- ges Gesundheitswesen der DDR festgeschrieben — und damit eine Ba- sis für ihren Vorstand in zukünftigen Verhandlungen mit Behörden und Ministerien geliefert.

Daß weitere Anträge zu Punk ten wie „Schlichtungsordnung" oder

„Weiterbildungsordnung" nicht mehr beraten werden konnten oder nur in aller Schnelle wie der Punkt

„Beitragsordnung", ist verständlich:

„In der derzeitigen Phase müssen zu- nächst die Ziele bestimmt werden, bevor man über die Wege spricht", hatte der Präsident der Ärztekam- mer Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Wal- ter Brandstädter, bereits in seiner Eingangsrede betont.

A-2286 (18) Dt. Ärztebl. 87, Heft 30, 26. Juli 1990

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Dabei war den Delegierten of- fenbar an eindeutigen Zielformulie- rungen gelegen — vielleicht auch un- ter dem Eindruck dessen, was Dr.

Klaus-Dieter Kossow, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, in seinem aus aktuel- lem Anlaß geänderten Grußwort be- richtete: Seinen Informationen aus Regierungskreisen zufolge sei offen- bar ein gespaltener Sicherstellungs- auftrag für den Bereich der DDR ge- plant. Demnach sollten sich nieder- gelassene Ärzte einerseits, Poliklini- ken unter der Trägerschaft und eventuell Subventionierung der Krankenkassen andererseits die Si- cherung der ambulanten Versorgung der Bevölkerung teilen. Der alleinige Sicherstellungsauftrag sei jedoch ein Essential, was die Rechte der Kas- senärzte beträfe, stellte Kossow fest.

„Bei aller Anerkennung der Sorge von Poliklinik-Ärzten: Der Sicher- stellungsauftrag würde in keiner Weise die Tätigkeit von Polikliniken beeinträchtigen", erklärte Kossow und bemühte sich, bestehende Un- klarheiten zum Charakter des Si- cherstellungsauftrags zu beseitigen.

Mit der Annahme des Thesen- papiers entschieden die Delegierten für den Bereich der ambulanten ärztlichen Versorgung unter ande- rem:

• Erarbeitung einer neuen Nie- derlassungsordnung mit dem Recht, sich als Arzt in freier Praxis nieder- zulassen.

• Alleiniger Sicherstellungs- auftrag für die ambulante kassen- ärztliche Versorgung der in einer ge- setzlichen Krankenversicherung ver- sicherten Mitglieder bei garantierter Selbstverwaltung und Vertragsfrei- heit.

• Trennung der Polikliniken von den Krankenhäusern.

• Übergangsweise Umwand- lung der staatlichen ambulanten Ge- sundheitseinrichtungen in kommuna- le, betriebliche, private oder institu- tionelle Rechtsträgerschaft und eine Mischfinanzierung mit kassenärzt- lichen Abrechnungsmodellen in frei- beruflichen Versorgungsstrukturen.

• Orientierung des Betriebsge- sundheitswesens auf die präventiven arbeitsmedizinischen Aufgabenstel- lungen.

• Selbstbeteiligung der Versi- cherten an bestimmten Gesundheits- leistungen.

• Übernahme der Gebühren- ordnungen der Bundesrepublik in Abwandlung zu festen Gebührensät- zen und kontinuierliche Anpassung der Sätze an die ökonomischen Rah- menbedingungen. Leistungsgerechte Einzelvergütung, keine Pauschalho- norare.

• Bereitstellung von Weiterbil- dungsstellen bei den ambulant täti- gen Arzten. Regelung der Finanzie- rung über die Kassenärztlichen Ver- einigungen.

Für den Bereich der stationären ärztlichen Versorgung legten die De- legierten unter anderem fest:

• Einflußnahme auf eine fach- gerechte personelle und apparative Kooperation der Ärzte in den ambu- lanten und stationären Versorgungs- bereichen.

• Abgestufte, flächendecken- de, patientennahe Gliederung der Krankenhäuser.

• Gewährleistung der Plurali- tät der Krankenhausträger.

• Anbindung der Planungsho- heit an die zukünftigen Landesbe- hörden unter Mitwirkung der Kran- kenhausträger, der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereini- gung.

• Duales Finanzierungssystem.

Zur gesamten Entwicklung im Gesundheitswesen der DDR enthält der angenommene Entschließungs- antrag folgende Forderungen:

• Abschaffung des bisherigen Begutachtungswesens.

• Einführung eines geglieder- ten Versicherungssystems zum 1. Ja- nuar 1991.

Alle Entwürfe und Vorschläge, für die an diesem ersten Ärztetag in Halle die Zeit nicht reichte, werden in der nächsten Runde bearbeitet.

Bis dorthin steht dann wohl auch überall „Ärztekammer Sachsen-An- halt" und nicht mehr hier und dort noch „Ärztekammer Niedersachsen"

— ein faux pas, für den Prof. Dr Wal- ter Brandstädter die Delegierten um Nachsicht bat: Man habe eben etli- ches an Vorlagen von der Ärztekam- mer Niedersachsen übernommen, mit der man erfolgreich zusammen- arbeite. th

Partnerschaften

Sachsen und Bayern vertragen sich gut

Der Arzt aus Freiberg — für uns Westdeutsche, die bei Ortsnamen aus der DDR immer noch im Atlas nachsehen müssen: das liegt zwi- schen Chemnitz und Dresden — jener Arzt also, schätzungsweise Anfang Fünfzig, hatte gerade bei der Filiale einer westdeutschen Bank nachge- fragt, ob er bei der Niederlassung mit einem Kredit rechnen könne.

Die kühle Antwort: jenseits der Fün- zig sei er nicht mehr kreditwürdig, je- denfalls nicht für eine Niederlas- sungsfinanzierung. Wie aber solle er sich niederlassen, wenn er keinen Kredit bekomme, fragt der Freiber- ger Doktor bei der berufspolitischen Fragestunde anläßlich eines Fortbil- dungskongresses im Dresdner Deut- schen Museum für Hygiene.

Das Problem der älteren Ärzte, die sich niederlassen wollen, wird die Ärzteschaft — nicht nur in der DDR

— vermutlich in nächster Zeit häufi- ger beschäftigen. Prof. Dr. Hans Joa- chim Sewering, Präsident der Bayeri- schen Landesärztekammer und Vor- sitzender der Kassenärztlichen Ver- einigung Bayerns, plädierte dafür, ei- ne Niederlassung sehr vorsichtig an- zugehen und eher abzuwarten.

Denkbar seien neben der Niederlas- sung in Einzelpraxen auch Gemein- schaftspraxen von Arzten in den bis- herigen Polikliniken. Die Ärzte könnten vom Träger der Poliklinik die Einrichtungen anmieten.

Grundsätzlich müssen laut Se- wering zwei Bedingungen für die Niederlassung erfüllt sein: Funk- tionsfähige, beitragsfinanzierte Krankenkassen sowie tragfähige Ge- bührenordnungen. Nur unter diesen Voraussetzungen ließe sich eine Nie- derlassung kalkulieren. Am ehesten hätten sodann jene Ärzte eine Chan- ce, die eine Praxis mit nicht allzu ho- hen Investitionskosten aufmachen wollten. Ältere Ärzte, die sich nicht mehr niederlassen wollten, könnten beispielsweise in den Gemein- schaftspraxen, die aus den Poliklini- ken entstünden, als angestellte Ärzte Dt. Ärztebi. 87, Heft 30, 26. Juli 1990 (19) A-2287

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