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Archiv "PATIENT LENIN: Wunschdenken" (05.02.1976)

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen

Briefe an die Redaktion

zellen in der Lunge. Insgesamt dürfte uns das Benzinbleigesetz also wohl eine Herabsetzung der chronisch-degenerativen Krankhei- ten bescheren; was mit der Lun- genkrebsrate werden wird, ist noch offen. Für kanzerogene Wirkungen der Autoabgase gibt es einige Be- lege.

Dipl.-Ing. Detlef Stöfen Westerwaldstraße 1 5430 Montabaur

ANTI-ANTIRAUCHER

Zu den verschiedenen Beiträgen gegen das Rauchen (vor allem in Heft 47/

1975), vom Verfasser dieses Leserbriefs als Anti-Raucher-Aktion des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES aufgefaßt:

Ich rauche gern

... Ich rauche gern mal eine gute Zigarre (ca. 4 bis 6 Stück täglich) und manchmal sogar in der Praxis, fühle mich deshalb aber nicht im geringsten „nicht standesgemäß".

Auch meine Patienten scheuen da- vor nicht zurück — im Gegenteil — meine Praxis geht sehr gut, obwohl in der kleinen Stadt Rosenheim noch zwei Fachkollegen tätig sind.

Natürlich, wenn ich bei einem Pa- tienten z. B. periphere arterielle Durchblutungsstörungen o. ä. fest- stelle, rate ich ihm vom Nikotin ab und erläutere ihm die Gefahren.

Aber sage dem Patienten auch gleich, daß ich bei einem derarti- gen Leiden natürlich auch sofort das Rauchen ließe. Wenn man sich als „Gesunder" nicht einmal aus Lust eine Zigarette oder Zigarre gönnen darf (laut Antiraucher — Professor Schmidt), so müßte man auch keine Sahne oder Alkohol zu sich nehmen, denn auch diese sind nicht immer „vorteilhaft" für den Körper. Aber so „gesund" leben wie Hitler u. a. möchten wir nicht unbedingt. Ich bin „freiwilliger"

Antialkoholiker — aber ich rühme mich nirgend damit — oder zwinge anderen Gesunden meine An- schauung betr. Alkohol auf ...

Dr. Dr. med. Walter Roth Kaiserstraße 2

8200 Rosenheim

PATIENT LENIN

Zur Zuschrift von Thomas Weinert im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT, Heft 46/

1975, Seite 3205 (diese bezog sich auf den Artikel von Dr. Günter Hesse: „Pa- tient Lenin — ein Übermensch?"):

Wunschdenken

Die erstaunlichste Paradoxie in der Zuschrift Weinerts muß wohl darin gesehen werden, daß ein Medizi- nalassistent (sprich: angehender Arzt) eine Diagnose oder Ver- dachtsdiagnose, wie immer sie lau- ten möge, per se als eine „schwer- lich zu überbietende Perfidie", als

„Verunglimpfung" und als „primi- tive Form des Antikommunismus"

(sic!) ansieht und sich vor gerade- zu irrer Wut nicht mehr zu lassen weiß, um schließlich nach weitge- hender Ausschöpfung des Verbal- injurienarsenals in den Epitheta

„unärztlich und unehrenhaft" zu gipfeln. Nochmals: der Grund ist eine Verdachtsdiagnose, Metalues nämlich. Merkt der Herr „Kollege"

(der sich gewiß als ein Moderner begreift) nicht, wie mittelalterlich engstirnig, pseudomoralistisch er sich geriert? Er sollte zunächst einmal lernen, daß eine Diagnose, jede Diagnose, für den Arzt etwas absolut Wertneutrales ist. Begreift er das nicht, wird er bald zu jenen gehören, die Geisteskranke diskri- minieren, er wird die Zirrhose des Potators als gerechte Strafe für Völlerei und den Bubo als verdien- tes Signum für Lotterleben und Amoral be- und verurteilen. Oder sollte sich Weinert in einem Kin- derglauben an zwangsläufige Un- versehrtheit seines Heilskünders zwar insbesondere gegen Luesdia- gnose, aber darüber hinaus gegen jeden „infamen" Verdacht organi- scher Hirnerkrankung seines Hero- en so heftig wehren? Dann müßte er sich ersatzweise mit schwerer Hysterie zufriedengeben, denn wie anders müßten die zahlreichen ver- bürgten schweren Anfälle und Läh- mungszustände sonst entstanden sein? Man muß nur fürchten, daß ihm Psychogenes beim Übermen- schen kaum weniger peinlich wäre.

So versagt er es sich, die Stürmer- infamie zu falsifizieren und be-

schränkt sich aufs „Bloßstellen".

Flugs unterläuft ihm so aber die zweite, fast noch tollere Paradoxie:

eben noch eifernd über so viel Per- fidie (der Lues-Verdachtsdiagno- se), hält er es buchstäblich im nächsten Satz für „weitgehend"

(also doch nicht völlig?) bedeu- tungslos, ob Epilepsie, Zyklothymie oder Paralyse den Helden müde (spricht „hirnorganisch alteriert") machten... Wenn er seinen Glauben an den Leninismus meint, weiß er nicht, wie recht er mit seiner Fest- stellung der Bedeutungslosigkeit hat. Der würde sich „50 Jahre nach dem Tode Lenins"

auch durch den Nachweis hydroze- phaler Mikroenzephalie nicht mehr erschüttern lassen, weil Glauben und Dogmaüberzeugungen wie alle Ideologie und sogenannte Weltan- schauung nicht oder nur wenig mit Logik und Wissenschaft zu tun ha- ben. Kein Mozartverehrer wird es für bedeutungsvoll für seinen Ge-

nuß am Requiem halten, ob Mozart es im präurämischen Stadium ei- ner chronischen Nephritis oder als Quecksilberintoxizierter kompo- nierte. Dem Forscher indes ist die- se eine Frage lebenslanges Mühen wert, weil das Ringen um akribi- sche Objektivierbarkeit einziges und großes Forscherglück ist.

Davon begreift Herr Weinert nichts.

Bei ihm kann nicht sein, was nicht sein darf. Oder es ist — ersatzwei- se — bedeutungslos, was war.

Denn, letzte seiner scientic fic- tions, gab doch Wladimir Iljitsch in seiner Kritik des Empiriokritizismus den Beweis seiner „intellektuellen Fähigkeiten". Paradigma des Wunschdenkens, durch das sich vorzüglich die sogenannten Mate- rialisten, in re Ideologie-Idealisten katexochen, auszeichnen. Merke:

Psychoalteration unterscheidet sich von Demenz durch Intaktheit der meisten intellektuellen Einzel- funktionen (Basiswissen Psychia- trie). Und: Nietzsche schrieb den Zarathustra 43jährig, aber schon 28jährig wurden syphilitische Ner- venaffektionen an ihm diagnosti- ziert, und 45jährig war er bis zum Tode (56 J., Lenin 54 J.) für alle er- kennbar „geistig umnachtet". Es kommt eben darauf an (Th. Mann),

366 Heft 6 vom 5. Februar 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Briefe an die Redaktion

ob die Paralyse ihr Werk an einem Durchschnittshirn verrichtet oder an einem Nietzsche; ob die Epilep- sie einen Dostojewski befällt oder einen Dummkopf. Von den Zusam- menhängen zwischen Genie und Krankheit scheint Herr Weinert noch nichts vernommen zu haben.

Er könnte denn W. I. L. — so ihm dessen Werk verehrungswürdig ist

— ungeniert, auch im Falle eines Spirochätenbefalls, weiter vereh- ren. Und brauchte sich nicht bemü- ßigt zu fühlen, diagnostische Be- mühungen mit Ungereimtheiten zu bekämpfen, die ihn nur selbst dis- qualifizieren. Es sei denn, er zieht pseudomedizinische Beiträge aus trüben politischen Motiven vor.

At last etwas Anekdotisches: als Max Nonne 91jährig noch einmal in unsere Poliklinik kam (Verf. ist wissenschaftlicher Urenkel von ihm) und sich „Fälle" ansah, um seine diagnostischen Prima-vista- Fähigkeiten noch einmal auf die Probe stellen zu lassen, sah er lau- ter Lues — nur hatten wir keine vorrätig. Um den ehrwürdigen alten Herrn nicht mutlos werden zu las- sen, servierten wir die nächste M.

S. als Neurolues (was bekanntlich unschwer gelingt). „Seh'n Sie, die L ist doch noch nicht ausgestor- ben", stotterte er triumphierend und klopfte dem Patienten wohl- wollend auf die Schulter. Es war aber nicht Lenin.

Professor

Dr. med. Wolfgang Steinbrecher Direktor der Neurologischen Klinik Krankenhaus Bremen-Ost

ROTE LISTE

Die neue Form der „Roten Liste" be- wegt weiterhin viele Ärzte, wie u. a.

aus zahlreichen Leserzuschriften zu entnehmen ist. Eine davon (im Auszug) stellvertretend für andere; sie enthält zudem eine bemerkenswerte Anregung:

Einheitliche Mengenangaben, bitte!

... Früher war es ein Handgriff, um über ein Präparat Näheres zu er- fahren, heute sind zwei Handgriffe notwendig. Und warum eigentlich?

Der Praktiker, der sich im deut-

schen Arzneimittelschatz noch nicht genügend auskennt, sollte sich zur Erweiterung seines Wissens, wel- che Mittel gegen ein und dieselbe Krankheit Verwendung finden kön- nen, doch in einem der vielen an- gebotenen Therapie-Bücher seine Kenntnisse holen. Die „Rote Liste"

aber gleichzeitig zu einem Thera- pie-Buch zu machen, erschwert das Arbeiten mit diesem Buch enorm. — Ein Umstand, weshalb man die Rote Liste immer wieder zur Hand nehmen muß, ist u. a. der, daß unsere pharmazeutischen Fir- men nicht dazu zu bewegen sind, einheitliche Mengen zu schaffen.

Da gibt es eine 6er, 10er, 16er, 20er, 24er, 28er, 30er, 36er, 40er, 45er, 50er, 60er, 70er, 80er, 90er, 100er usw. Packung für Pillen, Dra- gees, Tabletten oder Kapseln, es gibt 10 ml, 15 ml, 20 ml, 25 ml, 30 ml usw. und es gibt 3, 5, 6, 10 Ampul- len in einer Schachtel oder 5, 6, 10 oder 12 Suppos, als wenn man sich nicht auf ein paar gängige Größen einigen könnte.

Dr. med. habil. Herrligkoffer Plinganserstraße 120a 8000 München 70

AKUPUNKTUR

Zu der Glosse „Der Magus aus China oder: Mit Speck fängt man Mäuse"

(DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 44/

1975):

Die Leute reißen sich darum Mäuse mögen Speck, sie wissen auch warum. Daß man an den Ge- nüssen dieser Welt auch vorzeitig zu sterben vermag, ist nicht nur das Problem der genannten Nage- tiere. Der Autor hat recht, wenn er den etwas zu großen Lärm hin- sichtlich der Werbung zum Aku- punkturarztdiplom beklagt. Letzten Endes ist tatsächlich die Zusatzbe- zeichnung auf Arztschild und Brief- kopf nicht das allein Seligma- chende. Andererseits geht niemand auf den Leim, wenn er sich ganz einfach einmal mit Dingen jenseits der sogenannten Schulweisheit be- schäftigt. „Z" wäre überrascht, wieviel noch geholfen werden kann

Erhalten Sie das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT

regelmäßig?

Nein? Dann sollten Sie Ihre zuständige Ärztekammer und die Vertriebsabteilung des Deutschen Ärzte-Verlags un- bedingt so rasch wie mög- lich informieren; sie sor- gen dafür, daß Sie das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT wieder pünktlich bekommen.

Und falls Sie einmal umzie- hen: Senden Sie einfach eine Postkarte mit Ihrer neuen Anschrift an Ihre zuständige Ärztekammer und eine weite- re an:

Deutscher Ärzte-Verlag GmbH Vertriebsabteilung

Dieselstraße 2 Postfach 40 04 40 5000 Köln 40 (Lövenich)

mit einer Methode ohne Nebenwir- kungen, die bekanntlich nicht we- nigen ebenso zum Verhängnis wur- den, wie der Speck den Mäusen.

Letztere zu fangen, dürfte jedoch einfacher sein, als erfolgreich die Akupunktur zu praktizieren. Wer sich hier wirklich engagiert, nicht bloßer Nadelstecher sein möchte, setzte mehr ein als um! Placebo- Effekte gibt es natürlich auch hier.

Trotzdem: was soll's. Selbst Hun- de, Katzen und andere Viecher ha- ben sich deshalb noch nicht be- schwert. Bekanntlich wurde schon mancher dieser mit kräftigen Sti- chen vom Unwohlsein befreit. Die Leute reißen sich darum, nicht weil es Mode ist, sondern weil sie bis- her selbst von wohlklingenden Na- men unserer Zunft keine Hilfe er- hielten.

Dr. med. H. W. Rölke Arzt für Allgemeinmedizin Kirchstraße 18

6626 Bous

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 6 vorn 5. Februar 1976 367

Referenzen

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