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Archiv "Krankenhausärzte verteidigen ihre Interessen" (26.11.1986)

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70. Hauptvelsammlung Prüfsteine aur Gesundheit pont&

„Prüfsteine zur Gesundheitspolitik" diskutierte die 70. Hauptversammlung des Mar- burger Bundes mit Repräsentanten der Bundestagsparteien im Kölner Maternus- haus am 7. November. Foto: Blick auf den Vorstandstisch Foto: Klaus Schmidt

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

TAGUNGSBERICHT

Krankenhausärzte verteidigen

ihre Interessen

Marburger Bund fordert

„stärkere Verknüpfung"

der Versorgungssektoren

Der Marburger Bund (Verband der angestellten und beamteten Ärzte) ist fest entschlossen, trotz aller ge- sundheitspolitischen und berufs- politischen Widrigkeiten keinen Quadratzentimeter seines ver- bandspolitischen Terrains preis- zugeben. Seine gesundheits- und tarifpolitischen Grundpositionen will der mitgliederstärkste Ärzte- verband (rund 50 000 Mitglieder, einschließlich außerordentlicher studentischer Mitglieder) auch in Zukunft kämpferisch verteidigen.

Bei der 70. Hauptversammlung des Marburger Bundes (am 7./8.

November im Maternushaus in Köln) waren die Delegierten und die Mandatsträger von der Vor- standsetage sichtlich darum be- müht, den inzwischen auch publi- zistisch verstärkten Eindruck zu korrigieren, als isoliere sich der Marburger Bund berufspolitisch zunehmend und kämpfe nunmehr gegen alle Fronten. Das Grund- satzreferat des 1. Vorsitzenden, Dr. med. Jörg D. Hoppe, Düren, die Beschlüsse und das (allerdings nur teilweise) aktualisierte „MB- Programm zur Gesundheitspoli- tik" apostrophierten das Kranken- haus und die Krankenhausberufe als Eckpunkte des Gesundheits- wesens. Alle geplanten Reform- maßnahmen, insbesondere die Strukturreform im Gesundheits- wesen, müßten sich daran messen lassen, welchen Stellenwert sie dem Krankenhaus und den Klinik- ärzten zumessen.

Der Marburger Bund bleibt bei sei- nen in „Prüfsteinen für die Politik"

niedergelegten Bekenntnis, u. a.:

„Sowohl die ambulante als auch die stationäre Patientenversor- gung beruhen auf ein und dersel- ben Medizin, die entsprechend den unterschiedlichen Krank- heiten und ihren Schweregraden in den Praxen und Krankenhäu- sern bestmöglich abzuwenden ist."

Plädoyer des Verbandes: Bei der Neuordnung des Gesundheitswe- sens müsse eine stärkere „Ver- knüpfung" von Krankenhausbe- handlung und der Tätigkeit der niedergelassenen Ärzte herge- stellt werden. Eine bloße engere Kooperation und Informationsver- besserung über Maßnahmen der Selbstverwaltung und eine Aus- schöpfung der gesetzlichen Mög- lichkeiten wirken nach Meinung des Krankenhausärzteverbandes nur palliativ. Der Verband sieht sich in seiner Forderung durch den gesundheitspolitischen Spre- cher der CSU, Dr. Kurt Faltlhauser, MdB aus München, bestätigt, der ebenfalls vor der Kölner Hauptver- sammlung für eine durch den Ge- setzgeber abgesicherte „bessere Verzahnung" von Klinik und Pra- xis eintrat.

Der Verband plädiert in diesem Zusammenhang für eine Verände- rung der Aufgabenverteilung zwi- schen den einzelnen Sektoren des Gesundheitswesens: Die primär- ärztliche Versorgung solle in freier Praxis durch niedergelassene Ärz- te sichergestellt werden. Die spe- zialärztliche Versorgung soll schwerpunktmäßig durch Ärzte übernommen werden, die sowohl ambulant als auch stationär am Krankenhaus tätig sind. Sie sollen in einem — vom MB bereits 1971 geforderten — „Kollegialsystem"

auf Überweisung durch die nieder- gelassenen Primärärzte tätig wer- den. Sie sollen selbst entscheiden, ob die ihnen überwiesenen Patien- ten ambulant und/oder stationär zu behandeln seien.

Schlechte Noten für das Krankenhaus- Finanzierungsrecht

Schlechte Noten erteilte der Mar- burger Bund dem neuen Kranken- hausfinanzierungsrecht. Seit dem Anfang 1985 in Kraft getretenen Krankenhaus-Neu regelungsge- setz seien, was die finanzielle und Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 48 vom 26. November 1986 (29) 3353

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Marburger Bund

personelle Ausstattung der Kran- kenhäuser betrifft, überwiegend negative Auswirkungen festzustel-

len. Seit die Bundesländer zur ln-

vestitionsförderung verpflichtet

sind, hätten sich wesentliche Aus-

stattungsunterschiede in den ein- zelnen Bundesländern und ein re- gelrechtes Nord-Süd-Gefälle erge- ben. Nach Feststellung des Mar- burger Bundes haben Schleswig- Holstein, Baden-Württemberg, das Saarland, Bremen und insbeson- dere Nordrhein-Westfalen die ln- vestitionssummen 1986 gegen- über 1985 drastisch vermindert.

Andere Länder wiederum, etwa Baden-Württemberg und Bayern hätten finanziell noch zugelegt.

"Gastarzt" als Unwesen heftig beklagt

ln Köln wurde ein Trend bestätigt, der sich seit langem abzeichnet:

Insgesamt stagniert die Ausstat- tung der Krankenhäuser mit ärztli- chem und pflegerischem Perso- nal. Jedenfalls wächst sie nicht im Gleichschritt mit der wachsenden Arbeitsbelastung und den sich aus den geltenden Tarifverträgen ab- zuleitenden Erfordernissen. Einen Überstand, seit die Planstel- len und Weiterbildungsstellen an den Krankenhäusern knapper wer- den, prangerte der Marburger Bund in Köln besonders an: Immer mehr Klinikärzte leisten vermehrt unbezahlte Überstunden und tarif- vertragswidrige Bereitschaftsdien- ste. Nach dem Motto "Jeder ist sich der nächste" kämpfen nach- rückende Ärzte um 3000 bis 4000 unbezahlte "Gastarztstellen" oder

,,Weiterbildungsassistenzstellen''

-ohne in den Krankenhausbetrieb und in den Verbund der Klinikärz- te einbezogen zu sein. Den Vor- wurf, ein massives Vorgehen ge-

gen "Gastärzte" sei unmensch-

lich, ließ man nicht gelten. Gast- ärzte zu akzeptieren, so der be- rufspolitisch kampferprobte MB- Mitbegründer Prof. Dr. Ulrich Kan- zow, Bonn, sei deshalb keine Menschlichkeit, weil dadurch die Arbeitsbedingungen der übrigen

Ärzte infolge des unkollegialen Verhaltens zerstört würden. Inso- fern seien Gastärzte "Streikbre- cher im übertragenen Sinne".

Für die Ärztegewerkschaft Mar- burger Bund ist die Beschäftigung von unbezahlten Kolleginnen und Kollegen auch deswegen berufs- politisch kontraproduktiv, weil ei-

ne "rechtlich unhaltbare Situa-

tion" heraufbeschworen werde.

Denn, so der MB, "Gastärzte" be-

wegen sich in einer arbeits- und haftungsrechtlich diffusen Situa- tion. Auch im Hinblick auf die An- erkennung auf eine ordentliche Weiterbildung befänden sich Wei- terbilder und "Gastärzte" auf ei- nem schwankenden Boden. Zu- dem werde der Arbeitsfrieden und der Ablauf in den Kliniken durch das "Gastarztunwesen" massiv gefährdet.

~ Der Marburger Bund postuliert deshalb: "Die Landesärztekam- mern werden aufgefordert, die Ge- bietsarztanerkennung von Zeug- nissen und Beschäftigungsverträ- gen abhängig zu machen, die auf arbeitsrechtlich zweifelsfreien An- stellungsverhältnissen beruhen."

Bonner Projekte - kritisch beurteilt

Ebenso klar und "linientreu" be- zog der Marburger Bund als lnter- essenvertretung der angestellten Krankenhausärzte zu aktuellen gesundheits- und sozialpoliti- schen Reformprojekten Bonns Stellung:

CD

Der Gesetzentwurf der Bun- desregierung zur Verbesserung der Bedarfsplanung in der kassen- ärztlichen Versorgung wird vom Marburger Bund verworfen und - nicht ohne Seitenhiebe auf die KBV und das Arbeitsministerium- als Versuch gewertet, den freien Zugang zur kassenärztlichen Tä- tigkeit zu sperren oder zu regle- mentieren. Für den Fall, daß das

"Bedarfsplanungsgesetz" am 19.

Dezember 1986 die Hürde im Bun- desrat nehmen sollte, versicherte 3354 (30) Heft 48 vom 26. November 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

der Marburger Bund seinen Mit- gliedern Unterstützung bei der verfassungsrechtlichen Überprü- fung des Gesetzes.

@ Eine spezielle kassenärztliche Vorbereitung vor der Niederlas- sung als Kassenarzt lehnt der Mar- burger Bund interessenbedingt ebenso ab wie eine Pflichtweiter- bildung für alle Ärzte. Ärzte, die nicht als Spezialarzt tätig sein wol-

len, bräuchten auch keine Spezia-

lisierung. Und eine spezifische {theoretische) Vorbereitung auf die Tätigkeit als Kassenarzt könne auch durch "Schnellkurse" ver- mittelt werden. Der Marburger Bund wendet sich jedenfalls ge- gen eine zusätzliche Vorberei- tungszeit vor der kassenärztlichen Zulassung, insbesondere auch nach Einführung der obligatori- schen Phase des "Arztes im Prak- tikum" (AiP).

@ Praxis-Anfängern wird emp-

fohlen, spezifische kassenärzt- liche Erfahrungen in einer Senior- Junior-Praxis zu sammeln, ehe sie in einer Einzelpraxis vollverant- wortlich tätig werden. Durch einen

"überlappenden" Wechsel könnte

auch der Gefahr begegnet wer- den, daß Praxisanfänger (Berufs- anfänger und Standortwechsler) überdurchschnittlich teuer verord- neten.

@ Die Länder sollen die Kapazi- tätsverordnungen für die Universi- täten an den tatsächlichen Ausbil- dungskapazitäten (Ausbilder und zur Ausbildung zur Verfügung ste- hende Patienten) ausrichten. Je- denfalls sei eine Drosselung der Studienzugänge eher gerechtfer- tigt als eine Abschottung am Ende eines langen und teuren Studi- ums. Bereits jetzt zeichne sich ab, daß nicht jeder ausgebildete Arzt einen Arbeitsplatz und eine ausrei- chende Existenz finden könne. Der Marburger Bund prognosti- ziert, daß bereits Ende dieses Jahrzehnts bis zu 50 000 Ärzte und Ärztinnen ohne echte Berufschan- ce zu erwarten seien.

Dr. Harald Clade

Referenzen

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