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Archiv "Entschließungen zum Tagesordnungspunkt II: Arbeitssituation der niedergelassenen Ärzte" (13.05.2005)

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Schlechte Arbeitsbedingungen führen zu Attraktivitätsverlust und Nachwuchsmangel in der ambulanten Versorgung

Der 108. Deutsche Ärztetag stellt mit großer Sorge fest, dass die Bereitschaft zur ärztlichen Berufs- ausübung als niedergelassene Ärztin oder nieder- gelassener Arzt in freier Praxis zunehmend schwindet. Belastende Arbeitsbedingungen, un- angemessene ökonomische Vorgaben, zunehmen- der Rechtfertigungsdruck für ärztliche Leistungen, wachsende Fremdbestimmung, unzulängliche Ver- gütungen und öffentliche Herabsetzung haben Ärztinnen und Ärzten die Freude am Beruf in eige- ner Praxis mit individueller Verantwortung für die Patienten verleidet – trotz des hohen Ansehens des einzelnen Arztes in der Bevölkerung – wie Stu- dien immer wieder belegen.

Der 108. Deutsche Ärztetag fordert die politisch Verantwortlichen auf,

>endlich aufzuhören, das Gesundheitswesen als gigantisches Experimentierfeld für ideologisch ge- prägte Versorgungskonzepte zu missbrauchen und den Preiswettbewerb als Allheilmittel zur Effizienz- steigerung des Gesundheitswesens anzupreisen;

>finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen, die den steigenden Versorgungsbedarf einer älter werdenden Gesellschaft decken, oder in einem offe- nen gesellschaftlichen Diskurs die Mittelknappheit transparent zu machen, anstatt die Verantwortung hierfür der einzelnen Ärztin oder dem einzelnen Arzt aufzubürden. Die eklatante Unterfinanzierung der ambulanten Versorgung wird besonders deutlich am kontinuierlich schrumpfenden Ausgabenanteil der Krankenkassen für ärztliche Honorare von 22 Prozent in den 70er-Jahren auf derzeit 16 Prozent des Honorarvolumens der GKV bei einem Anteil an der Patientenversorgung von 90 Prozent.

>eine solide Versorgungsforschung zur Evaluati- on von Versorgungskonzepten und Steuerungsmaß- nahmen zu fördern mit dem Ziel, politische Ent- scheidungen rationaler vorzubereiten;

>die bürokratische Überfrachtung ärztlicher Be- rufsausübung, insbesondere durch ausufernde Re- glementierungen auf der Grundlage gesetzlicher Regelungen zu reduzieren;

>die Rahmenbedingungen für eine Berufs- ausübung in eigener Praxis wieder so zu gestal- ten, dass die Niederlassung in Deutschland für den ärztlichen Nachwuchs wieder erstrebenswert wird. Die Niederlassung als Vertragsarzt muss ihren Stellenwert in der ärztlichen Versorgung in Deutschland wiedererlangen. Die Patienten haben Anspruch auf eine wohnortnahe haus- und fach- ärztliche Versorgung.

Die für eine qualitätsvolle ärztliche Versorgung gefährliche Entwicklung ist in erster Linie den seit

1993 erlassenen Kostendämpfungsgesetzen an- zulasten. Gesetzlich eingeführte rigide Ausgaben- budgets haben niedergelassenen Haus- und Fachärzten immer engere Vergütungsfesseln an- gelegt. Bei unbegrenztem Leistungsversprechen der Politik wurde den Ärzten ein strikt begrenzter Finanzrahmen vorgegeben, der ihnen – ohne Rücksicht auf Leistungsbedarf und Morbiditäts- entwicklung – die finanzielle Haftung für die Ein- haltung der Budgetgrenzen aufbürdete. Dazu wur- den sie einer Vielzahl von Reglementierungen un- terworfen, die Bürokratie und Verwaltungsauf- wand vervielfachen und viel Zeit rauben. Die öko- nomische Überfrachtung der Medizin beeinträch- tigt zunehmend ihre therapeutischen Entschei- dungen, belastet das Patient-Arzt-Verhältnis und bringt sie in ein ethisches Dilemma.

Hinzu kommt die wachsende Verunsicherung durch die Auswirkungen des Wettbewerbs der Krankenkassen mit deren Einkaufs- und Steue- rungsmacht, der politisch forcierte Versorgungs- strukturwandel mit einer Vielzahl unterschiedli- cher Versorgungsformen, die weitere Öffnung der Krankenhäuser als Institution für die ambulante Versorgung – Entwicklungen, die die Berufaus- sichten unkalkulierbar machen und die Motivation des ärztlichen Nachwuchses, eine freiberufliche Tätigkeit in eigener Praxis anzustreben, erheblich beeinträchtigen. Junge Ärzte wechseln in patien- tenferne Tätigkeiten oder gehen ins Ausland. Dies schlägt sich in einem Mangel an Hausärzten, ins- besondere in den neuen Bundesländern, und ei- nem strukturellen Mangel in vielen ärztlichen Fachgebieten nieder. Die Schere zwischen zuneh- mendem Ausscheiden älterer Ärzte aus dem Beruf und wegbrechendem ärztlichem Nachwuchs wird sich in den kommenden Jahren noch weiter öffnen und den Mangel verstärken. Die im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung erstellte Rambøll-Studie belegt ein- drucksvoll dieses Ausstiegsszenario und bestätigt die genannten Gründe. Der Ersatz durch Ärzte aus Osteuropa ist äußerst problematisch, da die Ver- sorgung in den osteuropäischen Ländern dadurch ausblutet.

Versorgungsprobleme sind dort zu lösen, wo die medizinische Betreuung unter Beachtung huma- nitärer Bedingungen am effizientesten durchgeführt werden kann.

Unsere Gesellschaft eines langen Lebens insge- samt und die zunehmende Vereinzelung, aber auch die fortschreitende Spezialisierung in der Medizin erfordern eine kontinuierliche Betreuung des Patienten durch qualifizierte Hausärzte. Die ambulante fachärztliche Versorgung durch frei praktizierende Ärzte als prägendes Strukturele- ment und Qualitätsmerkmal des deutschen Ge- sundheitswesens darf nicht gefährdet werden;

dass jeder Bürger bei Bedarf in örtlicher Nähe und zeitnah einen Facharzt aufsuchen kann, zeichnet

unser Gesundheitssystem aus. In Ländern, wie zum Beispiel den Niederlanden, in denen Fachärz- te nur im Krankenhaus tätig sind, bestehen Warte- listen, die – gezielt zur Ausgabensenkung einge- setzt – die Patientenversorgung gefährden.

Die Ärzteschaft bekennt sich dabei zu einem ech- ten Qualitätswettbewerb; er muss in der ärztlichen Versorgung allein der Qualität dienen und nicht ei- nem marktwirtschaftlichen „Feilschen“ um billige Verträge. Dies gilt vor allem für die neu eingeführten Direktverträge zwischen Ärzten und Krankenkas- sen. Die frei praktizierenden Ärzte dürfen dabei nicht in eine berufliche Abhängigkeit geraten. Ko- operationsverträge zwischen Krankenkassen und kassenärztlicher Selbstverwaltung bieten dafür die besten Voraussetzungen. Die durch das GMG eröff- neten Wahlmöglichkeiten der Beteiligung an unter- schiedlichen Vertragsstrukturen müssen von nieder- gelassenen Ärzten durch eigene Strukturmodelle aufgegriffen werden; am besten durch ärztliche Ko- operationen in ärztlicher Trägerschaft.

Der 108. Deutsche Ärztetag begrüßt deshalb die Initiative der Bundesärztekammer und der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung, dem selektiven Kontrahieren der Krankenkassen (Einkaufsmodell) ein Modell der Kooperation – das Ärztliche Versor- gungszentrum – gegenüberzustellen, das inhaltlich durch ein Beratungsangebot ausgefüllt wird. Kern- gedanke ist, handlungsstarke und medizinisch qua- litätsvolle Kooperationen zwischen selbstständig tätigen Haus- und Fachärzten unter Mitwirkung an- gestellter Ärzte zu fördern, die auf der Grundlage der bisherigen vertragsärztlichen Regelversorgung zusätzlich alle Vertragsformen bedienen können.

Diese sollen eine rationellere und effizientere Nut- zung personeller und sachlicher Infrastruktur er- möglichen, den kollegialen Erfahrungsaustausch er- leichtern, Qualitätszirkel bilden, wechselseitige Ver- tretungen sicherstellen und durch Einsatz von Infor- mationstechnologie und verbesserter Kommunikati- on Bürokratie abbauen. Angestellten Ärztinnen und Ärzten wird damit eine langfristige Perspektive in freiberuflicher niedergelassener Tätigkeit geboten.

Durch Kooperation mit Krankenhausärzten und an- deren Heil- und Fachberufen im Gesundheitswesen wird ein möglichst umfassendes und sektorüber- greifendes Leistungsangebot zur Verfügung gestellt.

Verhindert werden muss, dass Ärzte weiter durch den von der Politik verfolgten Einzelwettbewerb der Krankenkassen auseinander dividiert und in ihrer Berufsausübung zu fremdbestimmten Erfüllungsge-

hilfen werden. )

Verbesserung der hausärztlichen Versorgung

Durch eine Vielzahl an Ursachen kommt es derzeit zu einem Nachwuchsmangel in der Medizin, ei- nem Rückgang ambulant tätiger Ärztinnen und Ärzte über 60 Jahre und einer von der Gesund- heitsministerkonferenz (GMK) als „beginnend kri- tisch anzusehenden Ist-Situation in der hausärztli- chen Versorgung“. Vor allem in den neuen Bun- desländern finden Allgemeinmediziner kaum noch Praxisnachfolger.

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A1372 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1913. Mai 2005

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Entschließungen zum Tagesordnungspunkt II

Arbeitssituation der niedergelassenen Ärzte

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Bis zu 40 Prozent der Studienabgänger in Me- dizin wählen Berufszweige abseits der traditionel- len klinischen Tätigkeitsfelder und 30 Prozent der weitergebildeten Fachärztinnen und Fachärzte für Allgemeinmedizin gehen nicht in die eigene Nie- derlassung. So findet sich inzwischen zwar kein genereller Ärztemangel in der ambulanten Versor- gung, aber ein nicht mehr bedarfsgerechtes Ver- hältnis zwischen den Fachgruppen, auch zulasten der allgemeinärztlichen Versorgung, vor allem im ländlichen Bereich im Osten.

Um eine ausreichende hausärztliche Versor- gung der Bevölkerung zu gewährleisten, schlägt der Deutsche Ärztetag folgende Maßnahmen vor:

>Ausbau analysierender Versorgungsfor- schung und Entwicklung geeigneter Handlungs- strategien;

>Etablierung eines Lehrstuhls für Allgemein- medizin mit entsprechender Ausstattung sowie Entwicklung und Finanzierung eines ausreichen- den Lehrpraxennetzes an allen medizinischen Fa- kultäten;

>Ausbau der studentischen Lehre im Fach All- gemeinmedizin (ab der Vorklinik) und der Prakti- kumsangebote in hausärztlichen Praxen;

>Teilung des Praktischen Jahres in vier Ab- schnitte à drei Monate, wobei das Fach Allgemein- medizin Pflichtfach neben Innerer Medizin und Chirurgie wird;

>Einrichtung von Weiterbildungs-Verbünden zwischen Kliniken und Praxen, die eine koordinier- te Rotation in der Weiterbildung zum Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin in allen Abschnitten garantieren;

>Weiterführung des Förderprogramms Allge- meinmedizin durch Krankenkassenverbände und Kassenärztliche Vereinigung,Verbesserung der Aus- schöpfung im stationären Bereich, Durchlässigkeit für die maximal möglichen Geldflüsse zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor und zwischen den verschiedenen Bundesländern;

>gemeinsame Maßnahmen zur Werbung und Motivation der Studierenden durch Kammern, Kassenärztliche Vereinigungen und Lehrstühle für Allgemeinmedizin;

>geeignete Initiativen der Beteiligten (Politik, Berufsverband, Lehrstuhlinhaber, Lehrpraxen, Kam- mern, Kassenärztliche Vereinigungen) zur Image- verbesserung der hausärztlichen Tätigkeit. )

„Burn-out“ niedergelassener Ärzte verhindern

Ein zunehmender Anteil niedergelassener Ärztin- nen und Ärzte beklagt sich über sich verschlech- ternde Arbeitsbedingungen, die zu einer Gefähr- dung ihrer körperlichen und psychischen Gesund- heit führen.

Das Phänomen des „Ausgebranntseins“ findet sich inzwischen nicht mehr nur in anderen so ge- nannten Helfer-Berufen, sondern auch bei Ärztin- nen und Ärzten und führt im niedergelassenen Be- reich vermehrt zu vorzeitiger Praxisaufgabe.Wo bis vor kurzem noch intensiv gegen die 68er-Regelung gekämpft wurde, zeigt sich jetzt die Tendenz, die

vorgezogene Altersrente so früh wie möglich anzu- treten oder ganz andere Berufswege zu wählen.

Der 108. Deutsche Ärztetag fordert daher:

>Der Gesetzgeber möge bei allen Regelungen vertragsärztlicher Tätigkeit berücksichtigen, dass niedergelassene Ärztinnen und Ärzte langfristig nicht über ihre körperlichen und psychischen Grenzen hinaus belastet werden.

>Der Gesetzgeber möge im Vertragsarztwesen zur Entlastung der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen umfangreichere Vertretungsmög- lichkeiten, wie zum Beispiel ein Sabbatquartal/

Sabbatjahr, zulassen.

>Die Ärztekammer der Länder sollen für ihre Mitglieder Informationen, Seminare, anonyme Hotlines und Beratungsangebote zum Umgang mit Stress und zur Prävention und Behandlung des Burn-outs entwickeln und anbieten. )

Wiedereinstieg in die ärztlichen Praxen

Zum Abbau des Ärztemangels sollte durch folgen- de Maßnahmen Ärztinnen und Ärzten der Wieder- einstieg in den Beruf nach einer Elternzeit erleich- tert werden:

>Schaffung von flexiblen Arbeitszeitmodellen von „stundenweise“ bis „Teilzeitstellen“ in Klinik und Praxis (in der Praxis durch Änderung des § 101 Absatz 1 SGB V);

>Durchführung von Wiedereinstiegssemina- ren als Motivationskurse bei gleichzeitiger Kinder- betreuung;

>Entwicklung von Fortbildungsprogrammen, um Rückkehrwillige vor dem Wiedereinstieg in den Beruf fachlich auf den neuesten Stand zu bringen.

Begründung

Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den inzwi- schen regelmäßig veranstalteten Wiedereinstiegs- seminaren der Bayerischen Landesärztekammer, die unbedingt wieder ärztlich tätig werden wol- len, stehen hinsichtlich der Verfügbarkeit von Teil- zeitstellen vor unlösbaren Problemen und bekla- gen dies immer wieder.

Aus Analysen ist bekannt, dass die Zahl der zurzeit nicht berufstätigen Ärztinnen, die sich nicht im Ruhestand befinden, bundesweit gut 20 000 beträgt. Ein Großteil dieser Ärztinnen wä- re bei geeigneten Rahmenbedingungen für eine kurative Tätigkeit reaktivierbar. Heutzutage schei- tert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für viele Ärztinnen und Ärzte am Mangel an Teilzeit- stellen. Auch wären viele Ärztinnen, aber auch Ärzte, die ihre Praxis aufgrund von jahrelanger psychischer und physischer Belastung aufgeben, bereit, auf Stundenbasis entsprechend ihrer Lei- stungsfähigkeit weiter zu arbeiten und in einer noch bestehenden Praxis einer Kollegin oder eines Kollegen unterstützend tätig zu werden.

In diesem Zusammenhang wird des Weiteren an die Verantwortlichen in Kliniken und weiteren Ein- richtungen der Gesundheitsversorgung appelliert,

Kinderbetreuungsmöglichkeiten nicht überwiegend für andere Angehörige von Gesundheitsberufen an- zubieten, sondern ebenso für Ärztinnen und Ärzte.

Der Nutzen für die Versorgung unserer Bevöl- kerung ist dabei selbsterklärend. )

Hausärztemangel

Im Moment gilt die quantitative Gesamtsituation der ambulanten ärztlichen Versorgung zwar noch nicht unmittelbar gefährdet, jedoch ist eine Gefährdung der vertragsärztlichen, insbesondere der hausärztli- chen Versorgung in einigen Regionen Deutschlands bereits gegeben und wird sich verschärfen.

Bei einem ermittelten Bedarf von 2 200 Allge- meinmedizinerinnen und Allgemeinmedizinern pro Jahr bis 2010 ergibt sich ein jährliches Defizit von 300 weitergebildeten Ärztinnen und Ärzten.

Erschwerend kommt dazu, dass von den Weiterge- bildeten nur zwei Drittel ihre berufliche Tätigkeit aufnehmen.

Dem absehbaren Hausärztemangel, der unwei- gerlich zu einer wachsenden Belastungssituation der verbleibenden Hausärzte führt, ist mit folgen- den Maßnahmen entgegenzuwirken:

>Änderung des § 101 Absatz 1 Ziffer 5 SGB V dergestalt, dass

a) in nicht überversorgten Gebieten, wobei Nachbargebiete mit zu berücksichtigen sind, die Anstellung von Ärzten nicht mit einer Leistungs- begrenzung einhergeht;

b) eine gleitende Praxisübergabe ermöglicht wird, bei der ein ruhestandswilliger Hausarzt ei- nen potenziellen Nachfolger anstellen kann;

c) Teilzeitstellen auch im ambulanten Versor- gungsbereich geschaffen werden, um gerade Ärz- tinnen nach Familienauszeit den Einstieg in das Berufsleben zu ermöglichen. Aus Analysen wird deutlich, dass die Zahl der zurzeit nicht berufstäti- gen Ärztinnen, die sich nicht im Ruhestand befin- den, gut 20 000 beträgt.

>Die Regelungen in § 95 Absatz 5 SGB V und

§ 26 Ärztezulassungsverordnung über das Ruhen der Zulassung eines Vertragsarztes werden um fol- gende Vorschrift ergänzt: Ein Hausarzt (Vertrags- arzt) hat Anspruch auf das Ruhen der Zulassung für einen zusammenhängenden Zeitraum bis zu einem Jahr, sofern die Sicherstellung dadurch nicht gefährdet ist (Sabbatjahr). )

Niedergelassene Fachärzte

Der Deutsche Ärztetag stellt mit Sorge fest, dass auf Basis gesundheitspolitischer Fehlinformatio- nen von der Bundesregierung Kosteneinsparun- gen durch die Abschaffung der so genannten dop- pelten Facharztschiene (ambulant und stationär) angestrebt werden.

Wartelistenmedizin mit den offensichtlichen, desolaten Folgen für die Patienten wird die Konse- quenz sein.

Der Deutsche Ärztetag fordert die Bundesre- gierung auf, sich zum Erhalt der ambulanten Fachärzte eindeutig zu positionieren. )

Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1913. Mai 2005 AA1373

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A1374 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1913. Mai 2005

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Außerkraftsetzung der Malus-/Bonus-Regelung

Der 108. Deutsche Ärztetag empfiehlt der Bundes- regierung dringend, die Malus-/Bonus-Rege- lung gemäß Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz (ABAG) vom 31. 12. 2001 außer Kraft zu setzen. Die durch das Gesetz verfügte Änderung des § 84 Absatz (3) SGB V hat sich mittlerweile zu einer erheblichen Behinderung der qualifizierten ärztlichen Behand- lung entwickelt, die gerade schwer kranke Patienten unter größten Druck bringt. Die existenzielle wirt- schaftliche Bedrohung gerade der in ländlichen Be- reichen niedergelassenen Vertragsärzte durch sich immer weiter aufbauende Bedrohung mit Inhaftung- nahme für die Medikamentenkosten ihrer Patienten ist nicht nur offenbares Verfassungsunrecht. Sie stellt auch eine entscheidende Mitursache für die Ausblu- tung der Arztversorgung auf dem Land dar. Was die Patienten betrifft, wird das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit durch die beschrie- bene Behandlungserschwernis gerade für Kranke und Schwerkranke unzulässig eingeschränkt. )

Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen zur Reduktion und Verhinderung des Burn-out-Syndroms

Niedergelassene und angestellte Ärztinnen und Ärzte haben einen sehr fordernden und verantwor- tungsvollen Arbeitsalltag mit vielen bürokrati- schen Lasten zusätzlich zur Patientenversorgung.

Die sich stetig verschlechternden Arbeitsbedingun- gen gefährden ihre psychische und physische Ge- sundheit. Dies zeigt die von der Brendan-Schmitt- mann-Stiftung des NAV-Virchow-Bundes 2004 durchgeführte schriftliche Befragung von 6 000 hausärztlich und fachärztlich tätigen Vertragsärz- tinnen und Vertragsärzten in zwölf Bundesländern.

Folgende Punkte können dazu beitragen, die ge- sundheitsgefährdende Belastung zu reduzieren:

1. Die Ärztekammern mögen für ihre Mitglie- der weiterhin zur Verfügung stellen:

>Seminare zum Stress-Management und zur gesundheitsfördernden Lebensführung für Ärztin- nen und Ärzte;

>Angebote zum ärztlichen Zeitmanagement in der Praxis, gegebenenfalls auch im Rahmen von Qualitätsmanagement;

>Angebote zum Kommunikationstraining und Verbesserung der sozialen Kompetenz;

>Bereitstellung anonymer Anlaufstellen und Hotlines zur Information über Therapiemöglichkei- ten für psychisch und physisch überforderte/Burn- out- und suchtgefährdete Ärztinnen und Ärzte, zum Beispiel wie von der Bayerischen Landesärztekam- mer beim Berufsständischen Versorgungswerk.

2. Der Gesetzgeber wird aufgefordert, die ge- setzlichen Bestimmungen dahingehend zu verän- dern, dass

>eine größere Flexibilität im Vertragsarztwe- sen die bessere Vereinbarkeit von Berufstätigkeit

und familiären Pflichten ermöglicht. Hierzu gehören flexiblere Möglichkeiten zur Anstellung von Ärzten und Ärztinnen, zu Vertretungsmöglich- keiten in Praxen von niedergelassenen Ärzten und eine Erweiterung der Job-Sharing-Regelung bei Praxen mit geringem Umfang;

>die zeitkostende und kräftezehrende Büro- kratie auf das Notwendige und sinnvolle Mindest-

maß reduziert wird. )

Psychotherapeutische Beratung bei Abhängigkeit von Ärzten

Die Ärztekammern werden aufgefordert, ihren Mitgliedern psychotherapeutische Beratung bei Abhängigkeit zu bieten. Abhängigkeit stellt eine Gefährdung der körperlichen und psychischen Ge- sundheit von Ärztinnen und Ärzten dar. Das Regu- lativ der ärztlichen Berufsordnung ist hier ein oft unangemessenes und wenig hilfreiches Instru-

ment zur Heilung. )

Strukturierte Angebote für Stresskrankheiten bei Ärztinnen und Ärzten

Der 108. Deutsche Ärztetag fordert die Entwick- lung strukturierter Angebote für den Umgang mit Stresskrankheiten wie Depressionen, Burn-out und Abhängigkeitserkrankungen.

Begründung

Der Arbeitsstress und die psychische Belastung in der ärztlichen Arbeit sind derzeit sehr hoch und führen zu der Entwicklung von Depressionen, Burn-

out und Abhängigkeitserkrankungen. Diese Er- krankungen sind unter Ärztinnen und Ärzten deut- lich verbreiteter als in der Durchschnittsbevölke- rung. Dies hat sowohl großes Leiden bei den be- troffenen Kollegen, aber auch eine mögliche Ge- fährdung der Patienten zur Folge. Hier können de- finierte und strukturierte Programme die Behand- lung und Wiedereingliederung der Kolleginnen und Kollegen fördern und begleiten. )

Gemeinsame Rahmen- bedingungen für Ärzte in Klinik und Praxis

Ärztinnen und Ärzte in Klinik und Praxis kämpfen heute mit nahezu identischen Problemen.

>In beiden Bereichen bricht zunehmend der ärztliche Nachwuchs weg.

>In Klinik und Praxis sind die Arbeitsbedin- gungen dringend verbesserungsbedürftig, insbe- sondere leiden die Ärztinnen und Ärzte unter er- schwerten Arbeitszeitbedingungen.

>Die öffentliche und politische Wertschätzung ärztlicher Arbeit in Praxis und Klinik hat aktuell ei- nen Tiefpunkt erreicht.

>Honorierung und Vergütung ärztlicher Tätig- keit entsprechen nicht mehr vergleichbaren anderen Berufsgruppen, der „Wettbewerb“ und die Forde- rungen nach „Wirtschaftlichkeit“ führen zu gravie- renden Verschlechterungen ärztlicher Vergütung.

Die Delegierten des 108. Deutschen Ärzteta- ges fordern die Bundesärztekammer auf, auf dem 109. Deutschen Ärztetag erneut, jetzt aber nicht mehr getrennt nach Klinik und Praxis, Rahmenbe- dingungen für ein Gesundheitssystem zu definie- ren und zu diskutieren, unter denen die Ärzte- schaft ihrem Auftrag wieder besser gerecht wer-

den kann. )

Förderung der Versorgungs- forschung durch die

Bundesärztekammer

Die Qualität des deutschen Gesundheitswesens sowie der ärztlichen Berufsausübung unterliegt seit Jahren einer kontinuierlich negativen Kritik.

Diese unberechtigt schlechte Darstellung ärztli- cher Berufsausübung hat zum gegenwärtigen Zeit- punkt besonders deutliche Konsequenzen, da die Gesundheitspolitik vor dem Hintergrund der demo- graphischen Entwicklung, des medizinischen Fort- schritts sowie der angespannten wirtschaftlichen Lage das Gesundheitswesen fortlaufend grundle-

gender struktureller Änderungen unterwirft. Dies mündet in einer vielfach nicht zuvor offen gelegten Absenkung des Standards der medizinischen Versor- gung und hat erhebliche negative Implikationen für die Arbeitsweise, die Arbeitszufriedenheit und die Leistungsfähigkeit von Ärztinnen und Ärzten.

Wenngleich in der Diskussion zur Weiterent- wicklung der Gesundheitsversorgung zunehmend auf Datenerhebungen – unterschiedlicher Qualität – Bezug genommen wird, wurde mit dem Gutach- ten des Sachverständigenrats für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen von 2000/2001 die generell sehr unbefriedigende Datenlage hinsicht- lich des Versorgungsgeschehens exemplarisch of- fenkundig. Die Datenlage lässt zu wenig seriöse

Entschließungen zum Tagesordnungspunkt III

Förderung der Versorgungsforschung

durch die Bundesärztekammer

Referenzen

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