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Archiv "Praktische Ärzte verteidigen ihre Schlüsselstellung" (08.01.1976)

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TAGUNGSBERICHT

Praktische Ärzte verteidigen ihre Schlüsselstellung

Bundestagung der Allgemeinmediziner: Reformen mit Augenmaß

Der Berufsverband der praktischen Ärzte und Ärzte für Allgemein- medizin Deutschlands (BPA) ist bereit, jede Initiative zur Stabilisie- rung und Verbesserung des Systems der kassenärztlichen Versor- gung in der Bundesrepublik aktiv zu unterstützen. Er wird sich je- doch allen Bestrebungen zur Wehr setzen, die geeignet sind, die Schlüsselstellung der praktischen Ärzte und Ärzte für Allgemeinme- dizin in der ambulanten ärztlichen Versorgung zu untergraben.

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Die BPA-Bundestagung Ende No- vember 1975 in Düsseldorf unter- strich die Bedeutung des in freier Praxis tätigen Allgemeinarztes, der in der vordersten ärztlichen Linie stehe und sich auch nicht durch anmaßende und polemische Angrif- fe von interessierter Seite verunsi- chern lassen dürfe. Mit 24 119 Praktischen Ärzten beziehungswei- se 51,1 Prozent aller am 1. Januar 1975 zugelassenen Kassenärzte stellen die Praktischen Ärzte im- mer noch den größten Anteil unter der Gruppe der niedergelassenen Ärzte. Zwar verringerte sich der re- lative Anteil von 1969 (= 56,2 Pro- zent) zugunsten der als Kassenärz- te tätigen Fachärzte (1969: 43,8 Prozent; 1975: 48,9 Prozent), doch deuten Entwicklungstendenzen in der Hochschulmedizin därauf hin, daß sich bereits in absehbarer Zeit eine spürbare Tendenzwende zu- gunsten derAllgemeinmediziner an- bahnt.

Förderung der Allgemeinmedizin

Anläßlich der Düsseldorfer Tagung stellte BPA-Bundesvorsitzender Dr.

med. Werner Haupt (Trittau) fest, daß gegenwärtig 28 Lehrbeauftrag- te für Allgemeinmedizin an den deutschen Universitäten und Hoch-

schulen tätig seien. Der erste Lehr- stuhl für Allgemeinmedizin ist an der Medizinischen Hochschule Hannover ausgeschrieben worden und wird zwei Jahre lang aus Mit- teln der Kassenärztlichen Vereini- gung Niedersachsen — mit 140 000 DM jährlich — finanziell gefördert.

Hamburg hat als_ erste Hochschule die Allgemeinmedizin zum Pflicht- fach für Medizinstudenten erklärt;

die Kassenärztlichen Vereinigun- gen der Länder springen bei der Beschäftigung von Weiterbildungs- assistenten finanziell ein; Famuli erhalten einen Zuschuß aus KV- Mitteln.

Die Förderung der Allgemeinmedi- zin aus Mitteln der Kassenärztli- chen Vereinigungen sei zwar ein begrüßenswerter Schritt, betonte der stellvertretende Vorsitzende des BPA, Dr. med. Dieter Tetzlaff, Dortmund; es müsse aber verhin- dert werden, daß sich der Staat auf so bequeme Weise seiner finanziel- len Verantwortung entziehe. Allzu leicht könne aus der bisherigen Übung ein Gewohnheitsrecht wer- den mit der Gefahr, daß die Lehr- beauftragten und Hochschullehrer für Allgemeinmedizin weiter Au- ßenseiter der Hochschule bleiben.

Um das Fach Allgemeinmedizin an den Hochschulen zu etablieren, fordert der BPA, an allen Medizini- BRIEFE AN DIE REDAKTION

urteilen können, weil ich durch eh- renamtliche Funktionen einen Über- und Einblick in die Aktivitä- ten der Selbsterfahrungsgruppen auch über den Großraum Köln hin- aus habe. Übrigens würde ich eine Überprüfung meiner Angaben durch eine dafür kompetente über- geordnete Stelle begrüßen; ich darf hier betonen, daß ich keine Konfrontation im negativen Sinne je angestrebt habe.

7. Anstelle eines Kommentars zu den beiden letzten Sätzen des Le- serbriefes darf ich die Lektüre mei- nes in Heft 10/1975 des „Zentralor- gan des DRK in der Bundesrepu- blik" soeben erschienenen Beitra- ges empfehlen.

Rudolf A. Zierholz 5 Köln 60

Postfach 65 01 25

DOCH KEINE SATIRE

Zu der (mit gewisser Ironie) als „Sati- re" gekennzeichneten Leserzuschrift, DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 37/

1975, über die

Ärztliche Versorgung

Sie ... [gemeint ist die Redaktion]

tun so, als ob unser derzeitiges Gesundheitssystem als Ganzes ein kerngesunder Patient sei. Wie morsch es hingegen an allen Ek- ken und Enden ist, hat sich weit über die Kollegenkreise herumge- sprochen. Nur Sie nehmen dies scheinbar nicht zur Kenntnis. Da den Politikern jedweder Couleur der Mut zur wirklichen Reformie- rung des Systems fehlt, ist anzu- nehmen, daß der ehemals gesunde Patient an chronischem Siechtum in absehbarer Zeit ad exitum kommt. So könnte der Wunsch des Kollegen durchaus bald in Erfül- lung gehen. Sollte dies so sein, wäre auch ich nach 15 Jahren Landpraxis nicht ungehalten dar- über, nachdem es mir bis jetzt — im Gegensatz zu unzähligen ande- ren Kollegen — nicht gelungen ist, das sogenannte große Geld zu ma- chen.

Dr. med. G. Eminger 8702 Waldbüttelbrunn

78 Heft 2 vom 8. Januar 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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sehen Fakultäten die Allgemeinme- dizin als eigenständigen Berelch zu integrieren.

Arbeitsbedingungen des Allgemeinarztes verbessern Die Krankenhausträger sollen ver- anlaßt werden, an allen zur Weiter- bildung zugelassenen Kliniken und Krankenhäusern ausreichend Wechselassistentenstellen zur Ver- fügung zu stellen. Hier sollen die Ärztekammern als Selbstverwal- tungsorgane mitwirken und weiter Verantwortung mittragen.

~ An den Gesetzgeber wird appel- liert, die Arbeitsbedingungen des Allgemeinarztes in der Kassenpra- xis zu verbessern. Die Verabschie- dung einer neuen zeitgemäßen ge- setzlichen Gebührenordnung mit einer finanziellen "Anerkennung"

der allgemeinärztlichen Primärdia- gnostik und -therapie sei ebenso überfällig wie eine Neuordnung des gegenwärtigen Prüfsystems der kassenärztlichen Leistungen. ln den aktualisierten, in Düsseldorf veröffentlichten BPA-" Leitsätzen zur Gesundheitspolitik" (erste Fas- sung: 1973) wird - besonders auch im Hinblick auf das Kranken- haus - festgestellt: "Solange der Kassenarzt allein unter dem Druck von Regressen steht, ist eine chan- cengleiche, dem Stand der Wissen- schaft entsprechende und damit für die Kranken bestmögliche Ver- sorgung in Diagnostik und Thera- pie nicht möglich."

Der BPA sieht eine ständige Prä- senzpflicht sämtlicher Kassenärzte als Grundvoraussetzung für die Er- haltung des freiheitlichen Prinzips der Berufsausübung an. Dazu ge- höre auch eine gut funktionierende örtliche Regelung des Bereit- schafts-, Vertretungs- und Notfall- dienstes. Nur dort, wo dies nicht mehr möglich sei, sollte rechtzeitig eine einheitliche Regelung des am- bulanten ärztlichen Notfalldienstes in sprechstundenfreien Zeiten un- ter Einsatz aller technischen Mittel erfolgen, wird im BPA-Memoran- dum postuliert.

Als Maßnahme zur Verbesserung der Versorgung in strukturschwa- chen Gebieten werden Doppel- be- ziehungsweise Mehrfacharztsitze gefordert.

Unter Umständen se1 m extrem dünn besiedelten, weiträumigen Ge- bieten eine dauerhafte Umsatz- garantie erforderlich, um e~nen

ZITAT

Unsoziales Verhalten

"Die gesundheitliche Selbst- schädigung auf Kosten ande- rer gehört nicht zu den grundsätzlich geschützten Persönlichkeitsrechten. Wenn die Krankenversicherung ein solches Verhalten finanziert wid sich damit solidarisiert, dann übersieht sie, daß sie gegenüber dem größten Teil der Beitragszahler unsozial handelt."

Altred Bossmann, Geschäfts- führer der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, anläßlich der Bundestagung des Berufsverbandes der praktischen Ärzte und Ärzte für Allgemeinmedizin (BPA) am 21. 11. 1975 in Düsseldorf.

Arzt zusätzlich an einen Ort zu bringen, der von der Zahl der Ein- wohner dieses Gebietes her als Einzelarztsitz gilt. Ähnlich wie der Marburger Bund fordert auch der BPA, die Gebührenordnung als In- strument zur Steuerung der Nieder- lassung einzusetzen.

Der verunglimpfenden Feststellung, der niedergelassene Arzt sei ein Fossil aus dem 19. Jahrhundert (so der Vorsitzende der Gesundheits- politischen Kommission der SPD,

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen BPA-Bundestagung

Friede! Läpple), begegnete der Stellvertretende BPA-Vorsitzende Dr. Dieter Tetzlaff mit einer Gegen- frage:

"Wo bleiben Bürgerinitiativen, der

Aufschrei der Masse, daß sie die Beitragssummen für diese ,läppi- schen' Barfußärzte ausgeben muß?" Noch vertrauten 80 Prozent der Bevölkerung ihren Ärzten. "So- lange das so ist, kann man keine Reformen gegen den Wunsch der Bevölkerung machen."

Politik

mit der Gesundheit?

Es sei beklemmend, sagte Tetzlaff, wenn die politischen Parteien nicht Gesundheitspolitik, sondern Politik mit der Gesundheit betrieben und

"wenn sich einzelne Strategen dar- in versteigen, dem Klassenkampf vergangener Epochen wieder zu huldigen".

Trotz aller Klagen über die Ko- stenexplosion im Gesundheitswe- sen könne die Tatsache nicht übergangen werden, daß die Praktischen Ärzte die eigentlichen

"Billigmacher" im System der ge- sundheitlichen Versorgung der Be- völkerung seien.

Tetzlaff appellierte an alle politisch Verantwortlichen, der persönlichen Verantwortung den Vorrang vor je- der kollektiven Lösung zu geben.

Die Gesundheitspolitik dürfe die in- dividuelle Verantwortung für die persönliche Lebensführung nicht zerstören oder abbauen, sondern sie müsse sie vielmehr zu fördern suchen und ihr zur vollen Entfal- tung verhelfen.

Solidaritätsprinzip und Selbstbeteiligung

Dieses Bekenntnis legte auch der Geschäftsführer der Kassenärztli- chen Vereinigung Niedersachsen, Altred Bossmann, Hannover, ab, indem er für eine Stärkung des So- lidaritätsprinzips in der gesetzli-

DEUTSCHES ARZTEBLA'IT

Heft 2 vom B.Januar 1976

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

BPA-Bundestagung

chen Krankenversicherung (GKV) plädierte. Zwar meldete der KV-Geschäftsführer gegen eine ge- nerelle und erzwungene Selbstbe- teiligung der Versicherten an den Krankheitskosten Bedenken an, meinte aber:

„Wahltarife", wie sie beispiels- weise auch von FDP-Politikern ins Gespräch gebracht worden sind, könnten Gestaltungsfreiheit und Selbstbestimmung der Versicherten in der GKV erhöhen. Der Versicher- te sollte in Zukunft das Recht erhal- ten, über die Sicherung seiner Grundbedürfnisse hinaus gegen entsprechenden Aufpreis Sonderlei- stungen zu kaufen.

Polarität zwischen

Ärzten und Krankenkassen

Namentlich erwähnte Bossmann Kuren, bei denen allerdings ein Teil des bezahlten Jahresurlaubs als „Selbstbeteiligung" angerech- net werden sollte. Zunächst seien Modellversuche mit Wahltarifen zu erproben, ehe eine generelle Rege- lung sanktioniert werden sollte.

Ein Bekenntnis zur partnerschaftli- chen Zusammenarbeit zwischen Krankenkassen und Ärzten legte der Geschäftsführer des Verbandes der Ortskrankenkassen Rheinland, Dr.

Theo Siebeck, Düsseldorf, ab.

Die „wesensmäßige Polarität" zwi- schen Ärzten und Krankenkassen dürfe nicht zur ständigen Konfron- tation führen, sondern biete viel- mehr Gelegenheit zur „klugen und besonnenen partnerschaftlichen Zusammenarbeit".

Ärzte und Krankenkassen würden von der Bevölkerung daran gemes- sen, meinte der Kassenmann unter dem Beifall der Praktiker, ob es ihnen im gemeinsamen Zusammen- wirken gelinge, die Voraussetzun- gen für die Beibehaltung des frei- heitlichen Charakters der Systeme der gesundheitlichen und sozialen Leistungen zu schaffen. Freilich müsse es auch gelingen, den ge- waltigen Fortschritt der Medizin

der gesamten Bevölkerung zugäng- lich zu machen und zugleich die Kosten ihm Rahmen ihrer Finan- zierbarkeit zu halten.

Der Aufruf der Kassenärztlichen Vereinigung und ärztlicher Organi- sationen, sämtliche Möglichkeiten der ambulanten Diagnostik voll auszuschöpfen, sei ein für sich

„durchaus konsequenter Vor- schlag", sagte Siebeck. Tatsäch- lich ist nach Feststellungen der Ortskrankenkassen mancherorts die Zahl der Krankenhausfälle in den letzten Monaten drastisch zu- rückgegangen.

Dennoch sieht Siebeck in der of- fenbar erfolgreich verlaufenden Ak- tion keinen Kostenspareffekt für die Krankenkassen. Denn seiner Meinung nach trete bei den Kran- kenhäusern ein bilanzmäßiger Ver- lust ein, wenn bei rückgehenden Fallzahlen der Ausnutzungsgrad der Krankenhäuser sinke. Bei den geltenden Vorschriften der Pflege- satzverordnung müßten die Kran- kenkassen diesen Verlust durch höhere Pflegesätze am Ende des Jahres ausgleichen — eine Erklä- rung, die allerdings nicht die Zu- stimmung der anwesenden Ärzte fand.

Kein

Leistungsgefälle

Der freien Praxis bescheinigte Sie- beck, daß sie durchaus den An- forderungen an eine moderne Me- dizin standhalten könne. Ganz im Gegensatz zu seinen Geschäftsfüh- rer-Kollegen in der Godesberger BdO-Zentrale stellte Dr. Theo Sie- beck fest:

„Von einem Gefälle zwischen Kli- nik und Praxis, wie es früher ty- pisch war, kann heute keine Rede mehr sein."

Siebeck bekannte sich zum geglie- derten System der gesundheitli- chen Versorgung, das sich durch mehr Koordination und gegenseiti- ge Abstimmung weiter verbessern ließe. Bei allem dürfe der Mensch

nicht zu kurz kommen, denn: „Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Organe. Der Trend zur Technik trägt ebenfalls zur Ent- fremdung bei. Demgegenüber ha- ben Änderungen in den Lebensbe- dingungen neuartige Krankheitsbil- der geschaffen, denen es eher ent- sprechen würde, daß der Kranke wieder mehr als integrale Leib- Seele-Einheit verstanden wird."

Renaissance des Familienarztes

Eine Lanze für die Renaissance des Familienarztes brach der Base- ler Pathologe Prof. Dr. Hans Ulrich Zollinger. Seiner Kenntnis auch als praktizierender Facharzt zufolge sei der Familienarzt aus der ärztli- chen Versorgung nicht wegzuden- ken. Der Allgemeinpraktiker arbei- te zudem viel billiger und zeitspa- render als das kostenträchtige Krankenhaus, wie Kostenrechnun- gen in der Schweiz und in Deutschland gleichlautend ergeben haben.

Bei den meisten Kosten-Nutzen- Rechnungen, wie sie heute in Mo- de sind, werde nämlich die durch das Warten in Polikliniken, durch Spitalaufenthalte usw. ausfallende Arbeitszeit des Patienten nicht er- faßt.

Der Familienarzt sei derjenige, der die Familien am besten kennt, de- ren Kräfte mobilisieren kann und so dazu berufen sei, an vorderster Front gegen die Verschleuderung von knappen Mitteln zu handeln.

Allerdings sei es eine wesentliche Voraussetzung, daß der Familien- arzt sich in seiner Praxis engagie- re, sich fortbilde und „stets greif- bar" sei.

Den Praktikern redete der Ba- seler Hochschullehrer ins Gewis- sen, neben die Grundfunktion des Arztes, nämlich das Helfen, ein ausgewogenes naturwissenschaft- lich-technisches Wissen und ein beratend-seelsorgerisches Handeln zu stellen. Es müsse ein Weg ge-

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BPA-Bundestagung

funden werden, die Überbewertung technischer Maßnahmen und die Unterbewertung des ärztlichen Ge- sprächs auszugleichen.

An die Ärzteorganisationen appel- lierte der Schweizer Gastredner, gegen „Praxisfabriken", Finanz- jongleure, Spezialisten für Gefäl- ligkeitszeugnisse, ja echte „Pfu- scher" anzugehen und in den eige- nen Reihen auf Ordnung zu ach- ten. Dr. Harald Clade

ZITAT

Parole: Knöpft den Selbstän- digen und Freiberuflern mehr Geld ab

„Anläßlich einer Ehrung von Gewerkschaftsjubilaren der IG Metall in Düren nahm Gerd Muhr, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Stel- lung zu der Finanzsituation in der Sozialversicherung. Muhr erklärte, daß die derzeitige Situation keine Veranlassung gebe, erworbene soziale Rechte in Frage zu stellen.

Dies gelte für die Rentner auch schon deshalb, weil die Rentenversicherung erst kürzlich für andere Perso- nenkreise, insbesondere Selbständige und Freiberuf- ler, in großzügiger Weise ge- öffnet worden sei. Die neu in die Rentenversicherung hin- eingekommenen Gruppen könnten aus ihren Beiträgen eine mehrfach höhere Rendi- te herausholen, als Arbeitneh- mer sie für ihre Pflichtbeiträ- ge erhalten. Wenn der Ren- tenversicherung heute Mittel fehlen, so solle man insbe- sondere diese Personenkrei- se zu einem risikogerechten Beitrag heranziehen..."

Aus dem DGB-Nachrichten- dienst vom 30. November 1975.

Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen

AUS DER RECHTSPRAXIS

Jürgen W. Bösche

In mehreren grundsätzlichen Ent- scheidungen hatte sich der 6. (Kas- senarzt-)Senat des Bundessozial- gerichts mit Fragen zu befassen, welche die Abrechnungsfähigkeit oder Bewertung ärztlicher Leistun- gen zum Inhalt hatten. Dabei muß der nachstehend abgedruckten Entscheidung insoweit besondere Bedeutung beigemessen werden, als sie ein Problem aus dem Kas- senarztrecht abschließend klärt, welches bereits durch Streitigkeiten vor Zivilgerichten weithin öffentli- ches Aufsehen erregt hat. So hat ein in München ansässiges Gewer- beunternehmen, dessen Betriebs- gegenstand die automatische Her- stellung von blutchemischen Profi- len darstellt, gegen die ärztlichen Körperschaften in Bayern auf Un- terlassung geklagt, weil diese in Mitgliederrundschreiben den Ärz- ten die Rechtslage bei der Abrech- nung der Leistungen solcher Un- ternehmen derart verdeutlicht hat- ten, wie sie im Ergebnis jetzt durch das Bundessozialgericht als richtig erkannt worden ist. Es handelte sich darum, daß den Ärzten be- kanntgegeben worden war, daß sie jedenfalls die von ihnen selbständi- gen Analyseunternehmen in Auf- trag gegebenen Laborleistungen nicht als eigene Leistungen in der kassenärztlichen Abrechnung gel- tend machen dürfen. In diesem Zu- sammenhang mußte das Problem der vom Arzt „persönlich" erbrach- ten Leistung mit der entscheiden- den Rächtsfolge der Abrechnungs- fähigkeit aufgeworfen werden. Der als Wettbewerbsrechtsstreit zwi- schen dem Analyseunternehmen und den bayerischen Körperschaf- ten vor den Zivilgerichten anhängi- ge Rechtsstreit ist bisher noch nicht entschieden worden, weil der in der Revisionsinstanz angerufene

Kartellsenat des Bundesgerichts- hofs in Karlsruhe die Frage allein zur Zulässigkeit des Rechtsweges vor den ordentlichen Gerichten dem Großen Zivilsenat des Bun- desgerichtshofs vorgelegt hat. Die zugrunde liegende Fachfrage ist da- durch in den Instanzenzug der So- zialgerichtsbarkeit — wo sie auch allein hingehört — gekommen, daß ein Kassenarzt entgegen der An- sicht der beklagten Kassenärztli- chen Vereinigung und im Vertrau- en auf das Zivilurteil des OLG München vom 20. Dezember 1973 die von dem Analyseunternehmen hergestellten Laborwerte als ärztli- che Laborleistungen in seiner kas- senärztlichen Abrechnung als eige- ne Leistungen geltend machte. Der hier streitige Sachverhalt war der folgende:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger, ein an der Ersatzkas- senpraxis beteiligter praktischer Arzt, von der Firma Medical-Servi- ce München GmbH (Firma M.) durchgeführte Laboruntersuchun- gen gegenüber der beklagten Kas- senärztlichen Vereinigung (KÄV) abrechnen darf.

Die Bezirksstelle München Stadt und Land der KÄV Bayerns strich mit Bescheid vom 16. Mai 1973 die- se unter den Nummern 771 und 772 der für die Ersatzkassenpraxis ver- einbarten Gebührenordnung (E- Adgo) berechneten Laborleistun- gen ersatzlos aus der Ersatzkas- senabrechnung des Klägers für das I. Quartal 1973. Den Wider- spruch des Klägers wies der Vor- stand der Beklagten mit der Be- gründung zurück, die in Rechnung gestellten Leistungen habe er we- der persönlich erbracht noch seien sie ihm als in seiner Praxis ausge-

Zur persönlichen

Leistungserbringung des Arztes

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