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Archiv "„Bioethik-Konvention„: Ohne deutsche Unterschrift" (18.04.1997)

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wettbewerb zu konkurrieren. Sie wer- den aus dem Wettbewerb ausscheiden müssen, mit allen sich daraus ergeben- den Konsequenzen – bis hin zur Schließung. Es ist bereits fünf nach zwölf, und es wird Verlierer geben“, wandte sich Lange an das Chirurgen- forum.

Wiederum aus der Studie der Bo- ston Consulting geht hervor, daß die Arbeitszeitstruktur der Professoren und Wissenschaftler in den deutschen Kliniken sich erheblich von den Ver- hältnissen in den USA unterscheidet:

Ein amerikanischer Kliniker ver- bringt 50 bis 70 Prozent seiner Ar- beitszeit mit Forschung, zehn Prozent mit Lehre und 20 bis 40 Prozent mit der Patientenversorgung. In Deutsch- land sind die Verhältnisse fast umge- kehrt: Hierzulande „verschlingt“ der klinische Betrieb 60 bis 80 Prozent der Arbeitszeit, aber nur zehn bis 20 Pro- zent entfallen auf die Forschung. Der Zeitaufwand für die Lehre ist in bei- den Staaten etwa gleich.

„Viele Klinikchefs sind auch aus ökonomischen Gründen mehr an der Patientenversorgung interessiert als an ihrem Forschungsauftrag“, meint Roth- mund. Und selbst für ambitionierte As- sistenzärzte ließe sich sagen, daß For- schung in Teilzeitfunktionen oder als Feierabend- oder Wochenendarbeit sich nicht bewährt habe. Hinzu kämen strukurelle Probleme der Universitäts- kliniken als Arbeitgeber des öffentli- chen Dienstes mit „Zwangsjacken“ wie Unkündbarkeit und forschungsfeindli- che Arbeitszeitregelung.

Eine fehlende „mentale For- schungskultur“ beklagte Prof. Dr.

Christian Herfahrt (Heidelberg): Kli- nische Studien müßten zunächst im kleinen Kreis in „schöpferischer At- mosphäre“ entwickelt werden; For- schung könne nicht von extern „ver- ordnet“ werden. Auch die Egozentrik der Patienten mache es zunehmend schwieriger, klinische Forschung zu betreiben. „Es sind immer weniger Patienten bereit, und meist nur nach langwierigen Erläuterungen, an einer klinischen Studie teilzunehmen. Der einzelne will unbedingt sicherstellen, der Verumgruppe zuzugehören“, be- richtete Herfahrt. Angesichts dieser Erfahrungen habe sich die pharma- zeutische Industrie bereits stark in den osteuropäischen Ländern, vor al-

lem in Ungarn, engagiert. Als Lö- sungsansätze für die „Aufholjagd“ im internationalen Wettbewerb sehen die Referenten den Aufbau von inter- disziplinären Forschungszentren, ein für jede Hochschule spezifisches For- schungsprofil, den Mitteleinsatz nach Qualitätsgesichtspunkten sowie eine transparente Finanzierung von For- schung und Krankenversorgung. Da- zu Prof. Bauer: „Zu dieser Transpa- renz gehört auch eine klare Regelung und Offenlegung der für die For-

schung unverzichtbaren Drittmittelfi- nanzierung durch die Industrie, deren – sicher auch zum Teil selbstverschul- dete – Kriminalisierung wir derzeit wieder erleben.“ Laut Prof. Dr. H. G.

Beger (Ulm) stellt die Industrie 20 Prozent aller Mittel für die chirurgi- sche Forschung, hauptsächlich in der Traumatologie und Viszeralchirurgie.

In anderen Fachgebieten liegt der Anteil der industriegeförderten For- schung sogar noch höher.

Dr. med Vera Zylka-Menhorn

A-1034

P O L I T I K LEITARTIKEL

(18) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 16, 18. April 1997

Nach mehr als fünfjährigen Bera- tungen und äußerst kontroversen De- batten hat der Europarat am 4. April 1997 in Oviedo (Spanien) seine „Kon- vention über Menschenrechte und Biomedizin“ zur Unterschrift ausge- legt. 21* der 40 Mitgliedsländer unter- zeichneten das Abkommen noch am selben Tag, die meisten anderen kün- digten ihren Beitritt an. Die Bundes- regierung war nicht unter den Unter- zeichnern. Wegen schwerwiegender Bedenken will Bonn, so das Bundes- justizministerium, zunächst eine

„breite öffentliche Debatte“ über die Konvention ermöglichen. Erst da- nach solle entschieden werden, ob Deutschland dem Vertrag beitritt, sagt der Sprecher des Ministeriums, Bernhard Böhm.

Die Bioethik-Konvention legt erstmals einen international verbind- lichen Verhaltenskodex für Embryo- nenforschung, Gentechnik und Or- gantransplantationen fest. Er tritt in Kraft, wenn er von mindestens fünf Mitgliedsländern ratifiziert wurde.

Ziel des 38 Artikel umfassenden Völ- kervertrags ist es, der medizinischen Forschung da Grenzen zu setzen, wo die Würde und die Rechte des Men- schen angetastet werden könnten.

Das Abkommen verbietet beispiels-

weise, daß Teile des menschlichen Körpers zu Profitzwecken vermarktet werden. Eingriffe in das menschliche Genom sind nur für Zwecke der Dia- gnose, Prävention und Therapie er- laubt. Sie dürfen „auf keinen Fall“ auf eine Änderung der Keimbahn ab- zielen. Pränatale Diagnosen dürfen nicht verwendet werden, um das Ge- schlecht des Kindes vorherzubestim- men – es sei denn, um schweren Erb- krankheiten vorzubeugen.

Untersagt wird ferner die Her- stellung menschlicher Embryonen ei- gens zu Forschungszwecken. Dagegen ist die Forschung mit Embryonen, die etwa nach In-vitro-Befruchtungen

„überzählig“ sind, erlaubt. Unter be- stimmten Umständen läßt der Text Experimente mit „nichteinwilligungs- fähigen Personen“ auch dann zu, wenn diese davon keinen direkten therapeutischen Nutzen zu erwarten haben. Vor allem diese Bestimmun- gen waren in Deutschland auf heftige Kritik gestoßen. Bonn will sich nach Aussage des Bundesjustizministeri- ums dafür einsetzen, daß diese Fragen in den geplanten Zusatzprotokol- len besser geregelt werden, sagte Böhm. Vorgesehen sind Zusatzpro- tokolle zur Embryonenforschung, zur Organtransplantation und zur Gentherapie. Mit der Beratung dieser Protokolle will der Bioethik-Aus- schuß des Europarats, in dem Exper- ten aus den 40 Mitgliedsländern ver- treten sind, noch in diesem Jahr be- ginnen. Elisabeth Braun

„Bioethik-Konvention“

Ohne deutsche Unterschrift

* Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Makedo- nien, Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänien, San Marino, Slowakei, Slowe- nien, Schweden, Spanien, Türkei

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