Kritik an Aktionstag der Orthopäden
HAMBURG. Zu Mei- nungsverschiedenheiten zwi- schen Ärzten und Kranken- kassen ist es aufgrund des Aktionstages der Hamburger Orthopäden gegen den EBM gekommen. Am 29. August hatte der Berufsverband der Ärzte für Orthopädie/Lan- desgruppe Hamburg einen Aktionstag zur Information über die gravierenden Folgen des EBM organisiert. 88 von 120 Praxen blieben deswegen an diesem Tag geschlossen.
Hierin sahen Vertreter der Hamburger Krankenkas- sen einen Streik mit Gefähr- dung des Sicherstellungsauf- trags der Vertragsärzteschaft.
Diesen Vorwurf wies der Vor- sitzende der Hamburger Or- thopäden, Dr. med. Joege Ropohl, zurück: „Von unse- ren Patienten ist keine Be- schwerde gekommen, im Ge- genteil ein außerordentlich großes Verständnis für unse- re Lage.“ Sie sei gekenn- zeichnet durch Umsatzein- bußen von rund 20 Prozent für das erste Quartal 1996.
Auch der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereini- gung Hamburg, Dr. med.
Wolfgang Wesiack, ließ die Kritik der Kassen nicht gel- ten. Es seien genügend Pra- xen für den Notdienst bereit gewesen. Für die Zukunft wollte er ähnliche Aktionen anderer Fachgruppen in Hamburg nicht ausschließen:
„Es ist berechtigt, daß Ärzte auch in der Öffentlichkeit auf ihre Situation hinweisen.“ kr
Milliardendefizit in der gesetzlichen
Krankenversicherung
BONN. Die gesetzlichen Krankenkassen müssen nach Angaben des Bundesministe- riums für Gesundheit für das erste Halbjahr 1996 schät- zungsweise ein Defizit von rund 7,3 Milliarden DM aus- weisen. Davon entfallen 5,7 Milliarden DM auf die alten
und 1,6 Milliarden DM auf die neuen Bundesländer (siehe auch „seite eins“).
Im Vergleich zum ersten Halbjahr 1995 stiegen die Ko- sten für die ärztliche Behand- lung um 2,6 Prozent im We- sten und 3,4 Prozent im Osten.
Die Ausgaben für Arzneimit- tel wuchsen um 8,2 Prozent im Westen und 9,7 Prozent im Osten. Für Heil- und Hilfsmit- tel wurden im Westen 8,1 und im Osten 13,7 Prozent mehr Geld ausgegeben. Die größ- ten Steigerungsraten betref- fen in Westdeutschland die Gesundheitsförderung mit 16,7 Prozent und die Ausga- ben für die Häusliche Kran- kenpflege (22 Prozent) sowie für Betriebs- und Haushalts- hilfen (18,2 Prozent). Ledig- lich die Kosten für die Kran-
kenhausbehandlung sanken im alten Bundesgebiet leicht um 1,3 Prozent. In Ost- deutschland stiegen sie hinge- gen um 5,9 Prozent.
Bundesgesundheitsmini- ster Horst Seehofer machte die Krankenkassen für das Defizit verantwortlich. Die Spitzenverbände der gesetzli- chen Krankenkassen haben diese Vorwürfe zurückgewie- sen. Sie vertreten die Auffas- sung, daß die Kostenver- schiebung von der Arbeitslo- sen- und Rentenversicherung in die gesetzliche Kranken- versicherung sowie die er- folglosen Reformversuche der Bundesregierung für das Defizit verantwortlich sind.
Sie erneuerten ihre Forde- rung nach einem globalen Ausgabenbudget. afp/HK
A-2371 Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 38, 20. September 1996 (23)
P O L I T I K NACHRICHTEN
Aus Bund und Ländern
Arzneimittelbudget:
KBV kritisiert Kassenforderung
KÖLN. Die Kassenärztli- che Bundesvereinigung (KBV) hat den Spitzenver- bänden der Krankenkassen vorgeworfen, mit der über- stürzten Vorlage unstimmiger Verordnungsdaten eine ord- nungsgemäße Patientenver-
sorgung massiv zu gefährden.
Hintergrund: Die Kassen wollen für Überschreitungen des Arznei- und Heilmittel- budgets 1995 rund 870 Millio- nen DM von den niedergelas- senen Ärzten verlangen.
Zwar blieben die entspre- chenden Ausgaben 1995 bun- desweit um 1,8 Milliarden DM unter dem Budget. Doch weil die Budgets in einzelnen KV-Bereichen überschritten
wurden, soll Regreß geleistet weden. Betroffen sind nach Darstellung des Bundesver- bandes der Betriebskranken- kassen Ärztinnen und Ärzte in Mecklenburg-Vorpom- mern, Nordbaden, Thürin- gen, Sachsen, Niedersachsen, Südwürttemberg, Branden- burg, Südbaden und Bayern.
Der 2. Vorsitzende der KBV, Dr. med. Peter Schwoe- rer, erklärte hierzu: „Die Kas- senärzte haben die Kranken- kassen in den letzten 18 Mona- ten beinahe wöchentlich um die Übermittlung der Verord- nungsdaten gebeten.“ Es komme einer Aufkündigung der Vertragspartnerschaft gleich, wenn nun völlig un- plausible „Schlußrechnun- gen“ präsentiert werden. Die Kassen könnten nicht erwar- ten, daß ihnen angesichts ihres unzureichenden Datenmana- gements geglaubt werde.
Die KBV befürchtet den Zusammenbruch der Arznei- und Heilmittelversorgung in mindestens sechs Ländern für den Rest des Jahres 1996.
Wenn man die Kassenzahlen für 1995 mit den Hochrech- nungen des Bundesgesund- heitsministeriums zusam- menführe, müsse man davon ausgehen, daß die Budgets 1996 teilweise bereits ausge- schöpft seien. KBV/Rie
Universität Marburg lehrt Pharmarecht
MARBURG. Am Fach- bereich Rechtswissenschaf- ten der Universität Marburg ist ein Schwerpunkt Pharma- recht eingerichtet worden.
Das Konzept dazu wurde ge- meinsam mit dem Landes- verband Hessen im Bundes- verband der Pharmazeuti- schen Industrie (BPI) erar- beitet.
Der BPI finanziert zunächst für das Winterseme- ster 1996/97 einen auf zwei Wochenstunden angelegten Lehrauftrag zum Pharma- recht. Der Fonds Hessischer Arzneimittelfirmen hat Mit- tel für einen Bibliotheks- schwerpunkt Pharmarecht zur Verfügung gestellt. EB In Deutschland wur-
den Anfang 1996 rund 576 000 Selb- ständige in freien Berufen von der Statistik erfaßt. Das Gros (über 87 Pro- zent) betrieb seine Geschäfte in den al- ten Bundesländern.
Knapp 13 Prozent der Freiberufler ar- beiten in Ost- deutschland.
Quelle: Institut für Freie Berufe Nürnberg