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M E D I Z I N DISKUSSION
Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 1–2, 6. Januar 1997 (47) Das von Abeck beschriebene
Kalilaugen- beziehungsweise Tetra- ethylammoniumhydroxidverfahren für den Nachweis von Pilzelementen ist heutzutage obsolet, da zu wenig sensitiv. Da das Untersuchungsmate- rial durch die Laugeneinwirkung er- heblich verändert wird, ist auch der von Abeck dafür verwandte Begriff
„Nativpräparat“ falsch. Das mikro- skopische Verfahren der Wahl ist die Betrachtung der Nagelplattenanteile nach Anfärbung mit Calcifluor oder Blankophor unter dem Fluoreszenz- mikroskop. Seine Sensitivität wird durch kein anderes mikroskopisches Verfahren übertroffen. Es ist mir zwar bekannt, daß bei solchen Übersichts- artikeln von Dozenten im Rahmen ei- ner falsch verstandenen Kollegialität gerne auf die Unzulänglichkeiten der real existierenden Verhältnisse in den Praxen (hier: nicht vorhandene Flu- oreszenzmikroskope beim niederge- lassenen Hautarzt) Rücksicht genom- men wird. Ich halte aber ebendies für eine zwar akademische, aber zutiefst unwissenschaftliche Attitude, für die im Deutschen Ärzteblatt kein Raum sein sollte.
Dr. med. Dipl. biochem.
Rudolf H. Seuffer
Ferdinand-Lassalle-Straße 40 72770 Reutlingen
Die Onychomykose ist eine In- fektionserkrankung des Nagels und aufgrund ihrer außerordentlichen Verbreitung als eine Massenerkran- kung anzusehen. Abeck et al. geben in ihrer schönen Arbeit einen umfas- senden Überblick über die Epidemio-
logie, Pathogenese, Klinik, Mikrobio- logie und Therapie dieser Erkran- kung. Dabei nennen die Autoren für das Erregerspektrum folgende Zah- len: Dermatophyten 93,7 Prozent, Hefepilze 5,2 Prozent, Schimmelpilze 1,1 Prozent.
Der niedrige Anteil der Hefe- pilzinfektionen ist vor dem Hinter- grund der internationalen Literatur, aber auch unserer eigenen Erfahrun- gen bemerkenswert (1–4). Mercantini et al. fanden bei der Untersuchung von über 5 800 Nagelproben in Rom
zwischen 1985 und 1993 bei Fingernä- geln in nur 1,8 Prozent (!) der Fälle und bei Zehnageluntersuchungen nur bei 10,9 Prozent Dermatophyten und wiesen daher auf die nicht zu unter- schätzende Rate von Hefepilzinfek- tionen hin (3).
Genaue Zahlen zu Hefepilzin- fektionen wurden aber nicht genannt.
Mayser et al. konnten für den Zeit- raum 1987 bis 1992 bei Fingernägeln ein Verhältnis von 35,3 Prozent Der- matophyten zu 64,7 Prozent Hefepil- zen zeigen, bei Zehnagelmaterial wa- ren es 69,2 Prozent Dermatophyten, 28,4 Prozent Hefepilze sowie 2,4 Pro- zent Schimmelpilze (2). Greer zitierte in einer kürzlich erschienenen Über- sichtsarbeit zur Bedeutung von Nicht-Dermatophytenarten als Erre- ger von Onychomykosen mehrere große Studien, in denen der Anteil
von Hefepilz-bedingten Onychomy- kosen zwischen 17 und 66 Prozent lag.
In einer aktuellen Studie fanden sich in unserem eigenen Untersuchungs- gut bei positiven Nagelmaterialkultu- ren 43 Prozent Dermatophyten, 55 Prozent Hefepilze und 2 Prozent Schimmelpilze (4).
Noch ist die Bedeutung von Nicht-Dermatophytenarten in der Pathogenese der Onychomykose nicht abschließend geklärt. Die häu- fig frustranen Therapieversuche mit Griseofulvin, das nur gegen Derma- tophyten wirksam ist, könnten aber Hinweis darauf sein, daß die Rolle von Hefen und Schimmelpilzen un- terschätzt wird (1).
Es bleibt also, wie auch von Abeck et al. erklärt, zu fordern, daß eine sorgfältige mykologische Dia- gnostik erfolgt, die neben dem Nativpräparat grundsätzlich die kul- turelle Anzucht verlangt, da nur so eine Spezieszuordnung gelingt. Die- se ist Voraussetzung für das epide- miologische Verständnis, die Dia- gnosesicherung und das differen- tialtherapeutische Vorgehen. Eine konsequente Onychomykosethera- pie ist notwendig, handelt es sich doch entgegen der noch immer zu findenden Ansicht nicht nur um ein kosmetisches Problem. Die Ony- chomykose ist eine Infektionser- krankung. Es gilt daher Infektions- ketten zu unterbrechen (Schutz der Nicht-Infizierten) und eine Infekti- onsausbreitung am Patienten selbst in Form einer Dermatomykose (Schutz des Infizierten) zu verhin- dern und die funktionelle Intaktheit des Nagels wiederherzustellen.
Literatur:
1. Greer DL: Evolving role of nondermato- phytes in onychomycosis. Int. J Dermatol 1995; 34: 521–524
2. Mayser P, Gründer K: Das Erregerspektrum der Onychomykosen in der Universitäts- Hautklinik Giessen 1987–1992 und dessen potentielle Bedeutung für eine antimykoti- sche Therapie. Z Hautkr 1993; 68: 716–721
Onychomykose:
Epidemiologie, Pathogenese, Klinik, Mikrobiologie und Therapie
Zu dem Beitrag von Priv.-Doz. Dr. med.
Dietrich Abeck,
Dr. med. Elvira Grusek, Prof. Dr. med.
Hans Christian Korting und Prof. Dr. med. Dr. phil.
Johannes Ring
in Heft 31–32/1996 Nachweis von Pilzen
wenig sensitiv
Mehr Hefepilzinfektionen
3. Mercantini R, Moretto D, Palmara G, Mer- cantini P, Massala R: Epidemiology of der- matophytes observed in Rome, Italy, be- tween 1985 and 1993. Mycoses 1995; 38:
415–419
4. Wilmer A, Neumann E, Wollina U: Aktu- elles dermatomykologisches Erregerspek- trum in Ostthüringen. Akt. Dermatol.
1996; 22; 283–286 Dr. med. A. Wilmer Prof. Dr. med. U. Wollina Mykologisches Labor Klinik für Hautkrankheiten Klinikum der
Friedrich-Schiller-Universität Erfurter Straße 35
07750 Jena
Zu dem Beitrag von Dr. Seuffer Das Nativpräparat ist auch heute noch das Verfahren der Wahl im Rah- men der Nativdiagnostik von Pilzer- krankungen, was sowohl durch die Richtlinien der Deutschen Gesell- schaft für Hygiene und Mikrobiologie (1) als auch im Entwurf zur Qualitäts- sicherung in der Dermatomykologie (2) zum Ausdruck kommt. Auch die von Herrn Seuffer abgelehnte Be- zeichnung „Nativpräparat“ ist nach unserer wie auch nach allgemeiner Auffassung sehr wohl zutreffend, da durch die Laugeneinwirkung lediglich das störende Begleitmaterial zerstört wird, nicht dagegen die Pilze, die wei- terhin nativ vorliegen. Die Autoren verfügen selbst über eingehende Er- fahrungen mit der fluoreszenzmikro- skopischen Untersuchung von klini- schem Untersuchungsmaterial, wobei diese Methode unserer Meinung nach eine sehr gute und ergänzende Metho- de zum herkömmlichen Nativpräparat darstellt. Bislang fehlen jedoch größe- re Untersuchungen zur Sensibilität und Spezifität dieses Verfahrens, so daß auch vor dem Hintergrund der Kosten-Nutzen-Analyse dieses Ver- fahren derzeit nicht als diagnostisches Routineverfahren gewertet werden darf und zudem im Entwurf der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Deutschen Dermatologischen Ge- sellschaft hinsichtlich der Richtlinien zur Qualitätssicherung in der Derma- tomykologie nicht vorgesehen ist (2).
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M E D I Z I N DISKUSSION/FÜR SIE REFERIERT
(48) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 1–2, 6. Januar 1997
Schlußwort
Zur Zuschrift von Dr. Wilmer und Prof. Wollina
Die Frage nach der Bedeutung von Nicht-Dermatophyten in der Pa- thogenese der Onychomykose ist, wie auch Wilmer und Wollina beto- nen, immer noch Gegenstand wissen- schaftlicher Diskussionen. Erst in diesem Monat war die Rolle der He- fen bei der Onychomykose Gegen- stand einer wissenschaftlichen Un- tersuchung (3). Viele Experten ver- treten die Auffassung, daß Dermato- phyten in bis zu 99 Prozent die ver- antwortlichen Erreger einer Ony- chomykose sind, und weisen Schim- melpilzen, insbesondere Aspergillus niger, oder Hefen, insbesondere Can- dida albicans, lediglich die Rolle ei- nes Sekundärkeimes zu. Die Diagno- se einer Hefe- beziehungsweise Schimmelpilz-bedingten Onychomy- kose verlangt den dreimaligen, zu un- terschiedlichen Zeitpunkten erfol- genden kulturellen Nachweis der identischen Spezies, was die wenig- sten Untersuchungen zu diesem The- ma ihren Ergebnissen zugrundele- gen, was auch für die von Wilmer und
Wollina zitierte Arbeit von Mercanti- ni und Mitarbeitern gilt (4). Zukünf- tige, auch unter Einsatz molekular- biologischer Techniken geführte epi- demiologische Untersuchungen wer- den die Frage nach der Rolle von Nicht-Dermatophyten in der Patho- genese der Onychomykose eventuell einer Klärung zuführen.
Literatur:
1. Meinhof W: Isolierung und Identifizierung von Dermatophyten. Zentralbl Bakteriol 1990; 273: 229–245
2. Deutschsprachige Mykologische Gesell- schaft in Zusammenarbeit mit der Deut- schen Dermatologischen Gesellschaft:
Richtlinien zur Qualitätssicherung in der Dermatomykologie. Entwurf, Fassung vom 22. 5. 1995
3. Faergemann J: The role of yeasts in ony- chomycosis. Mycoses 1996; 39: 223–224 4. Mercantini R, Moretto D, Palmara G, Mer-
cantini P, Massala R: Epidemiology of der- matophytes observed in Rome, Italy, be- tween 1985 and 1993. Mycoses 1995; 38:
415–419
Für die Verfasser:
Priv.-Doz. Dr. med. Dietrich Abeck Klinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein der Technischen Universität München Biedersteiner Straße 29
80802 München
Aufgrund der Seltenheit der Wegnerschen Granulomatose (WG) liegen nur wenige publizierte Daten zum Verlauf dieser Erkrankung vor.
Die meisten Arbeiten stammen aus der Ära vor Einführung der Immun- suppressiva und zeigen eine hohe Le- talität der Erkrankung (unbehandelt bis zu 82 Prozent Mortalität in einem Jahr).
Aus der Abteilung für Rheuma- tologie der Mayo-Klinik in Rochester wurden nun Daten von Verläufen von Patienten mit Wegnerscher Granulo- matose über einen Zeitraum von elf Jahren (1982 bis 1993) publiziert. Bei den 77 Patienten, die erfaßt werden konnten, überwogen die Männer (62 Prozent) und Kaukasier (92 Prozent).
Nahezu alle Patienten waren im Ver- lauf ihrer Erkrankung mit Glukokor- tikoiden behandelt worden, die Hälfte zusätzlich mit Immunsuppressiva (Azathioprin, Cyclophosphamid).
Die Mortalität im Beobachtungszeit-
raum war mit 28 Todesfällen hoch (36 Prozent), die Todesursache war am häufigsten der renale oder pulmonale Befall mit Komplikationen.
Die Autoren betonen die Not- wendigkeit, Patienten mit Wegner- scher Granulomatose frühzeitig vor Eintritt permanenter Organschäden zu identifizieren und mit einer opti- malen immunsuppressiven Therapie mit Glukokortikoiden und zum Bei- spiel Cyclophosphamid zu behan- deln. Die Autoren versprechen sich, mit dieser Strategie die ansonsten schlechte Prognose günstig zu beein-
flussen. acc
Matteson EL, Gold KN, Bloch DA, Hunder GG: Long-term survival of pati- ents with Wegner’s Granulomatosis from the American College of Rheumatology Wegner’s Granulomatosis classification criteria cohort. Am J Med 1996; 101:
129–134.
EL Matteson, MD, Mayo Clinic, 200 1st Street S.W., Rochester, Minnesota 55905, USA