• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Pollenallergie: Aktuelles zur Epidemiologie, Pathogenese Diagnostik und Therapie" (14.04.1995)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Pollenallergie: Aktuelles zur Epidemiologie, Pathogenese Diagnostik und Therapie" (14.04.1995)"

Copied!
5
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

MEDIZIN AKTUELL

Pollenallergie

Aktuelles zur Epidemiologie, Pathogenese Diagnostik und Therapie

Brunello Wüthrich

Heuschnupfen (oder besser Pollinose) ist die häufigste allergische Erkran- kung, bei fast einem Viertel der Pol- lenallergiker entwickelt sich nach mehr als zehn „Rhinitis-Jahren" ein allergi- sches Pollenasthma (Etagenwechsel).

Auslöser der Frühjahrspollinose sind Baumpollen von Hasel, Erle, Esche und Birke, der Frühsommerpollinose Grä- ser- und Getreidepollen sowie der Spät- sommerpollinose vor allem Beifußpol- len und andere Pollen von Korbblüt- lern. Diese sogenannten Leitpollen müssen bei einer allergologischen Ab- klärung berücksichtigt werden. Ent- sprechend dem pathogenetischen Me- chanismus der allergischen Reaktion an der Nasenschleimhaut, wobei Hist- amin einer der wichtigsten Entzün- dungsmediatoren der Frühphase und die Eosinophilen als zytotoxische Ent- zündungszellen für die Spätreaktion und Chronifizierung der Erkrankung verantwortlich sind, sollte die sympto- matische Behandlung in Gabe von oral- wirksamen Antihistaminika und topi- schen Kortikosteroiden bestehen, wel- che über die ganze Dauer der individu- ellen Pollenexposition erfolgen sollte.

Eine frühe Intervention durch Hyposen- sibilisierung als die einzige kausale Therapie kann eine Ausweitung der Sensibilisierung und ein Übergreifen des allergischen Geschehens auch auf die tieferen Atemwege zumindest hin- auszögern oder verhindern.

Zur Klinik

Typisch für eine Pollenallergie (oder Pollinose) ist das alljährlich in den Frühjahrs- und Sommermonaten strenge, saisonale Auftreten der Sym- ptome, entsprechend der Blütezeit der auslösenden Pflanzen und einer ausgeprägten Wetterabhängigkeit (Besserung, Verschwinden der Sym- ptome nach einer Regenperiode, aku- te Verschlechterung bei windigem, sonnigem Wetter). Zu den häufigsten Symptomen gehören die Konjunktivi- tis (Pruritus, Rötung und Tränen- fluß), die Rhinitis (Niesattacken, wäßrige Rhinorrhoe, Obstruktion und Juckreiz) sowie Juckreiz-Sensa- tionen im Pharynxbereich und das Asthma bronchiale, oft in Form von Reizhusten, Anstrengungsdyspnoe oder echten Asthmaanfällen. Seltene Symptome sind saisonale Urtikaria, Manifestationen im Gastrointestinal- trakt als Folge des Verschluckens der Pollenallergene, wie Erbrechen, Übelkeit, Diarrhoe oder gelegentlich auch des Genitaltraktes, wie Vulvo- Vaginitis bei Mädchen. Außerdem können Schübe einer Neurodermitis (atopisches Ekzem), besonders in Form von Lidekzemen und Gesichts- erythemen beobachtet werden. Als ganz seltene Komplikation wurde ein saisonales nephrotisches Syndrom be- obachtet.

Zur Epidemiologie

Epidemiologische Untersuchun- gen an repräsentativen Bevölke- rungsstichproben belegen eindeutig eine statistisch signifikante Zunahme der Pollenallergien in den letzten Jahrzehnten. In der Schweiz ist eine Zunahme ihrer Häufigkeit von 0,82 Prozent im Jahre 1926 auf 11,1 Pro- zent im Jahre 1991 zu verzeichnen (3) (Tabelle 1). Ähnliche Zahlen liegen für Skandinavien und Japan vor. Eine Fragebogen- und Hauttest-Untersu-

chung bei deutschen Gymnasiasten zeigte eine Pollinosehäufigkeit von rund 16 Prozent (2). Eine kürzlich pu- blizierte Vergleichsstudie zur Präva- lenz asthmatischer und allergischer Erkrankungen bei Schulkindern im Alter von 9 bis 11 Jahren aus Leipzig und München zeigte eine signifikant höhere Prävalenz für Heuschnupfen von 8,6 Prozent in München (einer Stadt mit geringer Schadstoffbela- stung), versus 2,4 Prozent in Leipzig, (einer Stadt mit langjähriger hoher Schadstoffbelastung). Hingegen er- gab sich eine signifikant höhere Prävalenz für Bronchitis in Leipzig (30,9 Prozent versus 9,3 Prozent) (1).

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, daß in Leipzig die Beschwerden mehr irritativer Natur (signifikanter Effekt der erhöhten Schwebestaubkon- zentration) sind, hingegen in Mün- chen vorwiegend der Pollenflug als Auslöser der Symptome angenom- men werden muß.

Die Leitpollen

Für die Auslöser einer Pollinose kommen vor allem Pollen von anemo- philen Pflanzen (Windbestäubung) in Frage. In der Schweiz wie in der Bun- desrepublik Deutschland sind vor al- lem drei Gruppen von Pollen als Aus- löser verantwortlich: Baumpollen, Gräser- und Getreidepollen sowie Pol- len von Kräutern (Tabelle 2). Bei Rei- sen in die Südschweiz und in Mittel- meerländer (Italien, Spanien, Grie- chenland) müssen noch Pollen von Glaskraut (parietaria officinalis) und eventuell auch von Ragweed (ambro- sia) und Olive berücksichtigt werden.

Auch die allergene Bedeutung von Edelkastanienpollen wird in allergolo- gischen Kreisen zunehmend diskutiert.

Allergiestation der Dermatologischen Klinik und Poliklinik (Direktor: Prof. Dr. med.

Günther Burg), Universitätsspital Zürich, Schweiz

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 15, 14. April 1995 (35) A-1091

(2)

Häufige Fehler in Dia- gnostik und Therapie des Nebenniereni nzidentaloms

Die operative Entfernung von asymptomatischen Nebennierentu- moren ohne zwingende Indikation und ohne ausreichende präoperative endokrine Abklärung ist ein gravie- render Fehler beim lnzidentalom.

Sechs Patienten in unserer Serie wur- den uns erst nach erfolgter Ad- renal ektomie vorgestellt, ohne daß eine klare Indikation erkennbar war. Die Raumforderung war in allen Fällen kleiner als 4,5 cm. Die Gefah- ren, die in solchem Vorgehen liegen, werden durch den Fall einer Patientin demonstriert, bei der sich nach der Adrenalektomie eine substitutions- bedürftige Nebennierenrindeninsuffi- zienz entwickelte. In diesem Fall dürf- te eine asymptomatische Cortisol- Produktion durch den Tumor vorge- legen haben, die zur partiellen Sup- pression der hypophysären ACTH- Sekretion mit Atrophie der kontrala- teralen Nebenniere geführt hat. Über Addison-Krisen mit Todesfällen ist in der Literatur bei ähnlichen Fällen ka- suistisch berichtet worden (14, 19).

Ein weiterer Fehler ist, daß schnell eine Beziehung zwischen den Beschwerden, die das CT veranlas- sen, und dem Inzidentalom herge- stellt wird. Eine nicht "lege artis"

durchgeführte endokrinologische Dia- gnostik führt dann oft zu grotesken Schlußfolgerungen (Tabelle 3). Es gibt ein solches Beispiel aus unserem Patienten kollektiv, bei dem eine ge- plante Adrenalektomie gerade noch verhindert werden konnte. Die Ver- kettung nichtindizierter Diagnostik (CT-Abdomen initial bei Gynäkoma- stie vor Durchführung richtungswei- sender Hormonanalysen, einsei tige statt beidseitige Nebennierenvenen- blutentnahme) und falscher Schluß- folgerungen (Interpretation eines bio- chemischen Befundes (Aldosteron und Cortisol im NN-Venenblut) ohne Berücksichtigung der Klinik (Gynä- komastie!) ist in diesem Fall evident.

Eine häufig geübte Praxis ist die sonographie- oder CT-gesteuerte Punktion des Nebennierenprozesses.

Die Feinnadelpunktion eines Inzi- dentaloms ist nach übereinstimmen-

DIE ÜBERSICHT

Tabelle 4: Falldarstellung mit Fehler in der Inzidentalom-Diagnostik (26 Jah- re, weiblich)

Völlig beschwerdefreie Patientin mit intermittierender unklarer Mikrohämaturie

1. Sonographie

NN-Raumforderung links, 4 cm Durchmesser

2. CT gesteuerte Punktion dabei akut: Kopfschmerzen Herzrasen, Unruhe Schweißausbruch Histologie: unergiebig Wiederholung der Punktion Erneute Symptomatik

-'-"- 3. Endokrinologie

Stark erhöhte Ausscheidung von Katecbolaminen im 24-Stunden- Sammelurin

4. Diagnose

Asymptomatisches Phäochromo- zytom

der Erfahrung fast nie indiziert, da das gewonnene Material eine Diffe- renzierung zwischen Nebennieren- adenom und Nebennierenkarzinom nicht erlaubt (5, 25). Ausnahme ist:

wenn eine Nebennierenraumforde- rung der einzige metastasenverdäch- tige Befund im Rahmen eines Tumor- stagings ist. Hier kann die Feinnadel- punktion eventuell den Nachweis der Metastasierung erbringen. Bei unse- ren Patienten war eine Feinnadel- punktion bisher nie erforderlich. Vor Punktion einer Nebennierenraumfor- derung muß in jedem Fall ein Phäo- chromozytom biochemisch ausge- schlossen sein, da es unter der Punkti- on zu lebensbedrohlichen Komplika- tionen kommen kann (Tabelle 3).

Praktisches Vorgehen

Mögliche endokrine Aktivität und Größe des nachgewiesenen Inzi- dentaloms bestimme"n die Vorgehens- weise (Abbildung 6). Bei Tumoren, die kleiner als 1 cm sind, wird auf en- dokrine Diagnostik verzichtet. Bei größeren Tumoren beschränkt sich ei- ne sparsame endokrine Funktionsdia- gnostik auf Bestimmung des Serum- A-770 (56) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 11,17. März 1995

Kaliums, die Serum-Cortisolkonzen- tration nach Dexamethason und die Katecholaminausscheidung im 24- Stunden-Urin. Nur wenn hier patho- logische Befunde erhoben wurden, erfolgt eine weitergehende endokrine Diagnostik, wie dargestellt. Endokrin aktive Tumoren werden operativ ent- fernt, beim Phäochromozytom nach entsprechender pharmakologischer Vorbehandlung (18).

Ist der Tumor endokrin inaktiv, entscheidet seine Größe über das wei- tere Vorgehen. Bei Tumoren größer als 5 cm Durchmesser besteht unseres Erachtens eine Operationsindikation wegen des Risikos der Malignität.

Nach Berechnung von Copeland ist nur mit 1 Karzinom auf 60 Adenome bei dieser Größe zu rechnen (5). Bei kleineren endokrin inaktiven Tumo- ren ist eine (sonographische) Ver- laufsbeobachtung sinnvoll. Dabei sollte die Kontrolluntersuchung bei Tumoren kleiner 3 cm nach sechs Mo-

naten und bei 3 bis 6 cm großen Tu- moren nach drei Monaten erfolgen.

Eine signifikante Größenzunahme stellt eine Operationsindikation dar, weil dann Malignitätsverdacht geäu- ßert werden muß. Sonographische Verlaufskontrollen, die über ein Jahr hinausgehen, sind in unserer Erfah- rung nicht erforderlich.

In seltenen Fällen kann die Kern- spintomographie hilfreich sein, um die Dignität der Raumforderung si- cherer einzuordnen, wenn im CT ein malignomverdächtiger Befund erho- ben wird. Aus Kostengründen sollte sie nur bei größeren Tumoren veran- laßt werden.

Wir danken Herrn Professor Dr. Hahn, Insti- tut für Radiologische Diagnostik, .. Universität Wlirzburg, für die freundliche Uberlassung der Kernspintomographie-Abbildungen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl1995; 92: A-764-770 [Heft 11]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Lileralurverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift fiir die Verfasser:

Dr. med. Martin Reincke Medizinische Universitätsklinik Josef-Schneider-Straße 2 97080 Würzburg

(3)

Betulaceae:

Erle Hasel

Tomate (roh) Kartoffel (roh)

1

-14— Birke —)11■-

1

Rosaceae:

Apfel, Aprikose, Kirsche, Erdbeere, Mandelbaum u. a.

Haselnuß

11

Sonnenblumenkerne

Compositae:

Absinth (Wermut) Arnika Artischocke

Kamille Löwenzahn Sonnenblumen u. a.

Umbelliferae:

(Apiaceae) Sellerie (-Knolle, roh)

Karotte Petersilie

Anis Fenchel Kümmel Koriander

4k

Beifuß

1

Mandel Stein- u. Kernobst

(roh)

Gewürze Muskatnuß Weißpfeffer Paprika

Ingwer Kard am on

Kurkuma Sellerie (gekocht)

Sellerie-Stengel)

Abbildung 1: Kreuzreaktionen zwischen Birken- und Beifußpollen und anderen Pollen irnd Nahrungsmitteln MEDIZIN

lösung von Symptomen durch eine ganze Reihe exogener Reizfaktoren, wie Zigarettenrauch, Sonneneinwir- kung, Temperaturwechsel sowie un- spezifische Staubpartikelchen, Haar- sprays, Düfte, Gerüche und Luft- schadstoffe.

Spezifische Diagnostik

Die spezifische Diagnostik bei Pollinose dient einerseits dazu, den Patienten über die auslösenden Pol- lenarten zu orientieren, damit er sich durch geeignete prophylaktische Maßnahmen gemäß Pollenbulletin besser schützen kann, oder auch zum Aufdecken eventuell vorhandener, aber noch latenter Kreuzsensibilisie- rungen auf Nahrungsmittel oder Sen- sibilisierung auf perenniale Inhalati- onsallergene, wie Hausstaubmilben und Tierhaare, im Hinblick auf präventive Maßnahmen, wie Elimina- tion und andererseits für die Einlei- tung einer spezifischen Hyposensibili- sierung (Immuntherapie). Besonders bei jugendlichen Pollenallergikern spielt eine entsprechende Berufsbera- tung eine entscheidende Rolle. Vom Absolvieren einer Bäcker-/Konditor-/

Konfiseur-Lehre ist beispielsweise bei Pollenallergikern dringend abzura- ten, ebenfalls von Berufen wie Gärt- ner, Floristen oder Berufe mit Tier- kontakt (Arbeiten mit Labortieren, Tierarzt-Praxen).

Die spezifische Diagnose der Pollinose erfolgt vor allem durch die Anwendung der standardisierten Prick-Hauttests mit den wichtigsten Pollen und einzelnen perennialen In- halationsallergenen. Bei den heutzu- tage zum Einsatz kommenden stan- dardisierten Allergen-Extrakten und Testtechniken (zum Beispiel standar- disierte Prick-Test-Nadel), sind die Hautteste als ungefährlich zu betrach- ten und können auch bei Kleinkin- dern durchgeführt werden. Bei Dis- krepanz zwischen anamnestischem Korrelat und Hauttestergebnissen können zusätzlich noch in speziali- sierten Praxen oder Allergie-Polikli- niken Intrakutantests und nasale Pro- vokationsteste durchgeführt werden.

Als weitere Möglichkeit steht der in- vitro-Nachweis von spezifischen IgE

AKTUELL

im Serum, der sogenannte RAST (Radio-Allergo-Sorkent-Test), gegen die einzelnen Pollen zur Verfügung.

Da Einzel-RAST-Bestimmungen teu- er sind, ist dieser Einsatz gut zu über- legen. Bei den umfangreichen Ange- boten der Laboratorien muß auf Kreuzreaktivitäten geachtet werden.

Es ist zum Beispiel unökonomisch und nicht sinnvoll, verschiedene Baumpollenmischungen gleichzeitig zu testen, welche kreuzreagierende Baumallergene der Birke, Erle und Hasel enthalten. Auch bei den Grä- sern besteht eine weitgehende Kreuz- sensibilisierung untereinander, so daß die Bestimmung einzelner Grassorten sinnlos ist. Bei der Bestimmung von spezifischen IgE-Antikörpern durch RAST-Methoden sollte von den La- boratorien nicht nur die semiquanti- tative Angabe in RAST-Klassen, son-

dern — besonders bei Anwendung der CAP-Methode — die Angabe in Kilo Units pro Liter angeben werden, wel- che den effektiven Gehalt eines aller- genspezifischen IgE widerspiegelt.

Für die Langzeitstudien im Rahmen von Hyposensibilisierungen sind sol- che quantitativen Angaben von Be- deutung.

Symptomatische Therapie

Bezüglich der medikamentösen Behandlung sind in den letzten Jah- ren durch die Einführung von nicht- sedierenden Antihistaminika und to- pisch anzuwendenden Substanzen, wie topischen Steroiden, Cromogly- cinsäure-Präparaten, lokale Antihist- aminika sowie neuartigen Antiallergi-

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 15, 14. April 1995 (37) A-1093

(4)

Genetische Prädisposition

(Genotyp - multifaktoriell)

1

Atopische Erkrankungen

(phänotypische Manifestation)

1

Realisations-Faktoren:

Infekte

Schadstoffe Allergene Psyche

Faktor X

Spezifische IgE-Produktion

Latente Atopie Adjuvantien

fi

Allergene

Adjuvantien Allergene

MEDIZIN

ka, wie Spagluminsäure (NAAGA) und Azelastin, deutliche Fortschritte erzielt worden. Wegen ihrer systemi- schen Wirkung und der guten Ver- träglichkeit werden Antihistaminika im frühen Stadium der Pollinose wir- kungsvoll eingesetzt. Sie reduzieren signifikant Juck- und Niesreiz sowie die nasale Hypersekretion.

Da die Antihistaminika, H 1-Re- zeptoren-Blocker am Erfolgsorgan sind, müssen sie frühzeitig eingesetzt werden oder bei Beginn der ersten Juckreiz-Sensationen in Augen und Nase. In der Praxis zeigt sich leider, daß der Patient Antihistaminika erst dann einnimmt, wenn er Beschwer- den verspürt und häufig nicht in der empfohlenen Tagesdosierung, so daß ihre Wirkung begreiflicherweise un- genügend ist. Mit Unrecht sind Anti- histaminika, wie zum Beispiel das Terfenadin, in der letzten Zeit durch aufgebauschte Berichte in den Mas- senmedien wegen ihrer möglichen kardialen Nebenwirkungen bei Inter- aktion mit anderen Substanzen, zum Beispiel Ketokonazol, oder bei Pati- enten mit bestehenden Herzrhyth- musstörungen, zum Teil in Mißkredit geraten.

Antihistaminika können aller- dings die nasale Obstruktion nicht genügend beeinflussen und auch nicht die entzündliche Spätphase der aller- gischen Reaktion, so daß hier topi- sche Kortikosteroide — ebenfalls kon- sequent — eingesetzt werden sollten.

Entsprechend ist der Patient vom Arzt über die nicht zu befürchtenden

AKTUELL

Abbildung 2: Vom utopi- schen Genotyp zum utopischen Phänotyp

Nebenwirkungen der topischen Steroide bei nasaler Applikation zu orientieren. Auch muß der Patient darauf aufmerksam gemacht werden, daß der Effekt der topischen Steroide erst nach einigen Behandlungstagen

eintritt. In der ersten Behandlungs- phase können deshalb auch Vasokon- striktoren zum Zuge kommen; wegen des bekannten „Rebound"-Effektes sollten sie jedoch nicht über längere Zeit angewendet werden. Besonders bei Kindern und bei ängstlichen Pati- enten, welche vom Einsatz der topi- schen Steroide nicht zu überzeugen sind, können Cromoglycinsäure- Präparate eingesetzt werden. Wegen ihrer kurzen Wirkungszeit muß je- doch die Applikation der Augentrop- fen und Nasensprays viermal täglich erfolgen.

Bei konsequenter Anwendung der oralen Antihistaminika und der topischen Steroide ist die beliebte

Abbildung 3: Wichtige allergene Pollen,

a oben links) Hase!, b oben rechts Erle, c unten links Esche, d unten rechts Beifuß. Nebst Birken- und Gras- pollen die wichtigsten Erreger der Pollinose.

(Copyright: Dr. med. Annie Peeters, Phil. II, Aeropa- lynologin, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Aller- giestation der Dermatologischen Universitätsklinik)

(5)

MEDIZIN

Kortison-Depot-Spritze überflüssig.

Nur bei Fällen mit schweren Allge- meinsymptomen, welche auf die The- rapie nicht ansprechen, ist eine Allge- meinbehandlung mit einem Kortiko- steroid gerechtfertigt.

Wegen der Hemmung des phy- siologischen Reglerkreises Hypotha- lamus—Hypophysenvorderlappen—Ne- bennierenrinde sollten sie allerdings nur äußerst zurückhaltend eingesetzt werden.

Der provozierte endogene Hy- pokortisolismus macht den Patienten streßunfähig, das heißt, er ist bei einer unverhofften Streßsituation, wie schwerer Unfall oder akuter Operati- on, in einer schlechteren Abwehrla- ge.

Hyposensibilisierung der Pollinose

Wir verfügen heute mit den neu- en nichtsedierenden Antihistaminika, mit den topischen Steroiden sowie mit den verschiedenen prophylaktisch wirksamen Präparaten über ein wirk- sames Armamentarium für die sym- ptomatische Behandlung des Heu- schnupfens. Warum ist trotzdem eine spezifische Hyposensibilisierung zu empfehlen?

In allen Doppelblind-Studien bei Patienten mit nachgewiesener Pol- lenallergie ergab sich gegenüber Pla- zebo eine signifikante Reduktion der Heuschnupfensymptome und eine ebenfalls signifikante Verminderung des Arzneimittelbedarfs. Klinische Studien haben weiter gezeigt, daß die Pollenhyposensibilisierung, zusam- men mit einer allfälligen Begleitme- dikation, die rhinitischen und kon- junktivistischen Symptome stärker

als die symptomatische Therapie al- lein beeinflußt und somit wesentlich zum Wohlbefinden des Patienten beiträgt.

Langzeitstudien zeigen ferner, daß der Effekt der Hyposensibilisie- rung bei Pollenallergien im Gegen- satz zur symptomatischen Therapie auch nach Beendigung der Behand- lung anhält.

Es gibt zudem Anhaltspunkte, daß eine Hyposensibilisierung bei Pollenrhinitis eine Verschlechterung der bestehenden Symptome oder die

AKTUELL / FÜR SIE REFERIERT

Entwicklung eines Pollenasthmas aufzuhalten vermag.

Die Hyposensibilisierung mit den nun zur Verfügung stehenden hochgereinigten Extrakten oder mit Allergoiden mit hohem Molekularge- wicht ist wirksamer als diejenige mit den früheren nichtgereinigten Ge- samtextrakten. Die Wahl des Extrak- tes, ob Kurzzeit-Allergoid oder hoch- gereinigtes Depot-Extrakt, hängt vom Pollenspektrum ab.

Die Allergoidtherapie ist als prä- saisonale Kurzzeit-Therapie bei Pati- enten mit beschränkter Beschwerde- Periode, zum Beispiel ausschließlich Frühjahrspollinose bei Baumpollen- oder Gräser-/Roggenpollen-Sensibili- sierung, indiziert.

Die Tendenz geht jedoch heute dahin, die Hyposensibilisierung ganz- jährig durchzuführen mit Reduktion der Erhaltungsdosis während der Pol- lenmonate; die Injektionen werden in dieser Pollenzeit einmal monatlich appliziert.

Cholesterinsenkung mit Simvastatin bei koronarer

Herzerkrankung

In einer skandinavischen Multi- centerstudie wurde der Effekt einer Cholesterin-Senkung mit Simvastatin bei Patienten mit koronarer Herzer- krankung untersucht.

In die Studie eingeschlossen wur- den 4 444 Patienten mit Angina pec- toris oder stattgehabtem Myokardin- farkt und Serum-Cholesterinspiegeln von 5,5 bis 8,0 mmo1/1 (212-309 mg/dl).

Nach Randomisierung wurden diese Patienten neben einer choleste- rinarmen Diät und üblicher antian- ginöser Medikation (ASS, ß-Blocker, Ca-Antagonisten, Nitrate) in einer Doppelblind-Studie mit dem HMG- CoA-Reduktasehemmer Simvastatin (10 bis 40 mg/die) behandelt.

In der mittleren Nachbeobach- tungszeit von 5,4 Jahren wurde durch

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärzteb11995; 92: A-1091-1095 [Heft 15]

Literatur

1. Fritzsch C, von Mutius E, Weiland SK et al:

Prävalenz asthmatischer und allergischer Erkrankungen bei Schulkindern — ein Ver- gleich zwischen Leipzig und München. All- ergo J 1994; 3: 11-16

2. Schata M, Jorde W, Hartenstein W: Ergeb- nisse epidemiologischer Untersuchungen bei allergischen Erkrankungen. Schweiz Rundschau Med 1988; 77: 884-888 3. Wüthrich B, Schlumpf M: Epidemiologie

der Atopien: Umweltkrankheiten Nr. 1. So- zialpädiatrie in Praxis und Klinik 1992; 14:

606-612

4. Wüthrich B, Stöger P, Johannson SGO:

Rast-spezifische IgE auf Gewürze bei Sen- sibilisierungen gegen Birke-, Beifußpollen und Sellerie. Allergologie 1992; 15: 380-383

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med.

Brunello Wüthrich

Leitender Arzt der Allergiestation Dermatologische Klinik

Universitätsspital Gloriastraße 31 8091 Zürich

Simvastatin eine Veränderung des Gesamtcholesterins, des LDL-Chole- sterins und des HDL-Cholesterins um

—25 Prozent, —35 Prozent und +8 Prozent erreicht.

In der Plazebogruppe verstarben 256 Patienten (12 Prozent) gegenüber nur 182 Patienten der Verumgrupe (8 Prozent). Die 6-Jahres-Überlebens- wahrscheinlichkeit betrug 87,6 Pro- zent in der Plazebo-Gruppe, dagegen 91,3 Prozent in der Simvastatin-Grup- pe. Die Notwendigkeit, mittels perku- taner Angioplastie oder offener By- pass-Chirurgie behandelt zu werden, sank unter der Behandlung mit Sim- vastatin um 37 Prozent.

Die Autoren halten aufgrund dieser Daten Simvastatin für die Se- kundärprophylaxe der koronaren Herzerkrankung geeignet. acc

Scandinavian Simvastatin Survival Study Group: Randomized trial of cholesterol lowering in 4 444 patients with coronary heart disease: the Scandinavian Simva- statin Survival Study (4S). Lancet 1994;

344: 1383-1389

Dr. Terje R. Pedersen, Cardiology Sec- tion, Medical Department, Aker Hospi- tal, 0514 Oslo, Norwegen.

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 15, 14. April 1995 (39) A-1095

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ein Patient präsentiert sich jedoch meist mit einer irritativen und/oder ob- struktiven Symptomatik des unteren Harntrakts (LUTS, Lower Urinary Tract Symptoms), die durch eine

Je nach Ausgangslage der Schilddrüse kann eine durch Amio- daron induzierte Hypothyreose tran- sient verlaufen und nach Absetzen von Amiodaron binnen zwei bis drei Monaten

Bei ausgewählten Patienten mit führender Herzbeteiligung, kann eine Herztransplantation nach Ausschluss einer limitierenden Nieren-, Darm- oder Nervenbeteiligung durchgeführt werden,

Marlowe SN, Hawksworth RA, Butlin CR, Nicholls PG, Lockwood DN: Clinical outcomes in a randomi- zed controlled study comparing azathioprine and prednisolone versus prednisolone alone

Neben dem differenzierten Amö- bendirektnachweis ist der serologi- sche Nachweis spezifischer Antikör- per eine wesentliche und oftmals rich- tungsweisende Hilfe in der Diagno-

Der Blasenhals kann auch von va- ginal oder rektal dargestellt werden, dabei ist die Blasenhalsmobilität aber mechanisch durch den Schallkopf ein- geschränkt, eine rektale

Das Spek- trum der Thyreoiditiden umfaßt die akute infektiöse Thyreoiditis (5, 6), die subakute granulomatöse Thy- reoiditis de Quervain (30, 45), die subakut-lymphozytäre

Zusammenarbeit der Krebsregister Auf der Basis jüngerer Landesge- setze bestehen Krebsregister in Baden- Württemberg (seit 1994; zur Zeit drei Kreise), Schleswig-Holstein (1997;