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Archiv "KBV: Häußlers Erben" (26.03.1993)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

us aktuellem Anlaß eine Rückblende: Am 1. Au- gust vorigen Jahres be- schloß eine kampfesmutige Ver- treterversammlung der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung (KBV) folgendes: „Sobald er- kennbar wird, daß die geplanten Gesetzesänderungen zum Ge- sundheitswesen in Kraft treten, wird die KBV eine Befragung al- ler Kassenärzte in die Wege lei- ten, die Antwort auf folgende Frage geben soll: Sind die Kas- senärzte bereit, in dem Seeho- fer-reformierten System weiter- zuarbeiten, oder sind sie willens, aus diesem System auszusteigen und nur in einer grundsätzlich anderen Organisationsform tätig zu werden?"

Initiator und Promotor die- ses Beschlusses war der Kölner Nervenarzt Dr. Winfried Schorre.

E

inen Monat später, am 9.

September, zogen die glei- chen Vertreter der Kas- senärzte auf einer außerordent- lichen Tagung in Bonn diese Be- schlußfassung klammheimlich zurück. Die Delegierten waren zwar noch immer wütend über Seehofers Pläne. Aber sie glaub- ten, ein Alternativkonzept der KBV mittels Verhandlungen in die Seehofer-Reform einbringen zu können. Sie glaubten insbe- sondere (ob zu Recht oder zu Unrecht, das wird sich nie mehr ermitteln lassen), Seehofer sei bereit, solche Alternativvor- schläge der Kassenärzte aufzu- greifen.

D

as Verhandeln hat, wie sich schnell herausstell- te, wenig gebracht. Die Kassenärzte fühlten sich betro- gen und ließen ihren Unmut nicht nur an dem ihnen nicht er- reichbaren Seehofer, sondern an ihren eigenen Repräsentanten aus. Die Wahlen der letzten Wo- chen zeigten das, bis hin zur jüngsten Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung am 13. März 1993.

KBV

Häußlers Erben

Die 110 Vertreter der Kas- senärzte (neuerdings Vertrags- ärzte) spendeten all jenen Kan- didaten, die sich um einen Vor- standssitz bewarben, besonders kräftigen Beifall, die dem Ver- handlungskurs — auch Schmu- sekurs, auch Appeasement-Poli- tik genannt — abschworen. Dr.

Schorre brauchte nicht einmal abzuschwören, er war ja von An- fang an für die harte Gangart.

Die Vertreterversammlung der KBV wechselte schließlich nahezu den gesamten Vorstand aus und berief zwei prononcierte Opponenten des bisherigen Vorstandes an die Spitze der KBV, eben Dr. Schorre sowie, als dessen Stellvertreter, Dr. Pe- ter Schwoerer, Allgemeinarzt aus Titisee/Neustadt.

D

ie Wahl von Opponenten in Spitzenämter ist nicht ungewöhnlich. Sie gehört zum demokratischen Spiel. Das bekannteste Beispiel innerhalb der Ärzteschaft ist Prof. Dr.

Siegfried Häußler, der lange die KBV aus einer Oppositionsrolle heraus attackierte und schließ- lich doch noch zum Vorsitzen- den gewählt wurde. Häußler hat mit Schorre und anderen neuen Vorstandsmitgliedern weiteres gemeinsam: Auch er vertrat lan- ge eine Art marktwirtschaftliche Orientierung der Krankenversi- cherung, auch er war ein tatkräf- tiger Verfechter leistungsge- rechter Arzt-Einkommen. Auch Häußler hatte einst das Bedürf- nis, die Ärzte in einer grundsätz- lich anderen Organisationsform tätig werden zu lassen. Er befür- wortete nämlich die Kranken- kassenreform von Theodor Blank, der, kurz gesagt, das Sachleistungssystem in ein Ko- stenerstattungssystem überfüh- ren und damit auch die Stellung der Kassenärzte grundlegend verändern wollte.

Damals hat sich die Ärzte- schaft nach harten inneren.

Kämpfen mehrheitlich gegen ei- ne solche Strukturreform ge- wandt. Sie desavouierte Blank und auch Häußler. Später, als KBV-Vorsitzender, kam Häuß- ler auf seine frühere Liebe nicht mehr zurück, er agierte durch- aus systemkonform. Wohl auch deshalb, weil ihm, eingebunden in die Körperschaft des öffentli- chen Rechts und in festgefahre- ne politische Strukturen, nichts anderes übrig blieb.

M

it solchen Vorgaben wird sich auch der neue KBV-Vorstand ausein- andersetzen müssen. Niemand kann heute voraussagen, ob er in die Besitzstände der Sozialpoli- tik einbrechen und sich über die Eingebundenheit der KBV in ei- nen starren Gesetzesrahmen hinwegsetzen kann. Er wird frei- lich, darauf lassen manche ent- schlossenen Äußerungen des neuen Vorsitzenden und einiger seiner Mitstreiter schließen, ver- suchen, die Grenzen zu spren- gen. Vielleicht holt er den be- grabenen Beschluß der kampfes- mutigen Vertreterversammlung vom 1. August 1992 noch einmal hervor. Die Vertreterversamm- lung wird den versprochenen neuen Kurs unterstützen, solan- ge er aussichtsreich erscheint, und dem neuen Vorstand fol- gen, solange er Erfolg hat. Die Bewährungsprobe kommt mit der vom Bundesgesundheitsmi- nister angekündigten weiteren Reformstufe. Wird es der Ärzte- schaft gelingen, ihre Vorstellun- gen dazu übereinstimmend zu entwickeln und sodann frühzei- tig in die Bonner Vorbereitun- gen einzubringen? Seehofer hat den Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion mit der Entwicklung von Ideen betraut.

Der erste Schritt zu weiterer Re- form ist somit schon getan. Die Ärzteschaft, hier der neue Vor- stand der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung, wird unverzüg- lich tätig werden müssen.

Norbert Jachertz

Dt. Ärztebl. 90, Heft 12, 26. März 1993 (1) A1-829

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