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Untersuchungen zum Einfluss der Hochdruckbehandlung auf den mikrobiellen und sensorischen Status und den Nachweis von Listeria monocytogenes in kurzgereifter Rohwurst aus Geflügelfleisch

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Academic year: 2022

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Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

1. Auflage 2009

© 2009 by Verlag: Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft Service GmbH, Gießen Printed in Germany

ISBN 978-3-941703-53-7

Verlag: DVG Service GmbH Friedrichstraße 17

35392 Gießen 0641/24466 geschaeftsstelle@dvg.net

www.dvg.net

(5)

Untersuchungen zum Einfluss der Hochdruckbehandlung auf den mikrobiellen und sensorischen Status und den Nachweis von Listeria monocytogenes in kurzgereifter

Rohwurst aus Geflügelfleisch

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer

Doktorin der Veterinärmedizin -Doctor medicinae veterinaria-

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von

Johanna Elisabeth von Waldthausen Düsseldorf

Hannover 2009

(6)

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. B. Nowak

Institut für Lebensmittelqualität und –sicherheit

1. Gutachter: Prof. Dr. B. Nowak 2. Gutachter: Prof. Dr. C. Gissel

Tag der mündlichen Prüfung: 16.11.2009

Diese Arbeit wurde durch die Fritz-Ahrberg-Stiftung gefördert.

(7)

Meiner Familie

(8)

Teilergebnisse dieser Dissertation wurden auf folgenden Fachtagungen veröffentlicht:

• 49. Arbeitstagung des Arbeitsgebietes Lebensmittelhygiene der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (2008):

VON WALDTHAUSEN, J., T. VON MÜFFLING, A. MARTINEZ, V. HEINZ, G.

KLEIN, B. NOWAK

„Untersuchungen zum Einfluss der Hochdruckbehandlung auf den mikrobiellen und sensorischen Status und den Nachweis von Listeria monocytogenes in kurzgereifter Rohwurst aus Geflügelfleisch“

(Vortrag mit erweitertem Abstract)

• 50. Arbeitstagung des Arbeitsgebietes Lebensmittelhygiene der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (2009):

VON WALDTHAUSEN, J., T. VON MÜFFLING, G. KLEIN, B. NOWAK

„Einfluss der Hochdruckbehandlung auf verschiedene sensorische Parameter bei kurzgereifter Rohwurst aus Geflügelfleisch“ (Poster mit erweitertem Abstract)

• European Federation of Food Science and Technology (EFFoST) Conference, Budapest, Hungary (2009)

Kongressbeteiligung:

VON WALDTHAUSEN, J., T. VON MÜFFLING, G. KLEIN, B. NOWAK

“Effect of high pressure processing on sensory analysis in short ripened raw sausage made of poultry meat”

VON WALDTHAUSEN, J., T. VON MÜFFLING, G. KLEIN, B. NOWAK

“Effect of high pressure processing on the growth of Listeria monocytogenes in short ripened raw sausage made of poultry meat”

(9)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ...1

2 Schrifttum ...3

2.1 Produktbeispiel kurzgereifte Rohwurst aus Geflügelfleisch ...3

2.1.1 Rechtliche Grundlagen und Begriffsdefinitionen...3

2.1.2 Definition und Herstellung ...4

2.1.3 Farbe...5

2.1.4 Mikrobiologie ...7

2.1.5 Hürdeneffekte...8

2.1.6 Mikrobiologische Kriterien ...11

2.2 Genus Listeria...14

2.2.1 Listera monocytogenes: Morphologie und Physiologie ...14

2.2.2 Kulturelle Nachweismethoden...18

2.2.3 Eintrag in die Lebensmittelkette ...20

2.2.4 Listeria monocytogenes in Geflügelfleisch ...20

2.2.5 Listeriose...22

2.3 High Pressure Processing (HPP)...26

2.3.1 Geschichte ...26

2.3.2 Allgemeines Wirkungsprinzip ...26

2.3.3 Rechtliche Kriterien ...28

2.3.4 Wirtschaftliche Kriterien...29

2.3.5 Wirkung auf das Produkt ...29

2.3.6 Allgemeine Wirkung auf Bakterien ...34

2.3.7 Wirkung auf Listeria monocytogenes...36

3 Eigene Untersuchungen...40

3.1 Material ...40

3.1.1 Versuchsdurchführung ...40

3.1.2 Kurzgereifte Rohwurst...44

3.1.3 Mikroorganismen...44

(10)

3.1.4 Verpackung und Lagerung ...46

3.2 Methoden...46

3.2.1 Hochdruckbehandlung ...46

3.2.2 Mikrobiologische Untersuchungen ...48

3.2.3 Physikalische Untersuchungen ...52

3.2.4 Chemische Untersuchungen ...53

3.2.5 Sensorische Untersuchungen ...57

3.3 Statistische Auswertung...58

4 Ergebnisse ...59

4.1 Mikrobiologische Untersuchungen...59

4.1.1 Aerobe mesophile Gesamtkeimzahl...59

4.1.2 Quantitativer Nachweis von Listeria monocytogenes...62

4.1.3 Qualitativer Nachweis von Listeria monocytogenes...67

4.2 Physikalische Untersuchungen...70

4.2.1 pH- und aW-Werte ...70

4.2.2 L*a*b*- Farbwerte...73

4.3 Chemische Untersuchungen...77

4.4 Sensorische Untersuchungen...82

5 Diskussion...89

5.1 Diskussion von Material und Methoden ...90

5.1.1 Beimpfung ...91

5.1.2 Lagerung ...92

5.1.3 Hochdruckbehandlung ...93

5.1.4 Mesophile aerobe Gesamtkeimzahl ...94

5.1.5 Nachweis von Listeria monocytogenes...94

5.1.6 pH- und aw-Wert ...95

5.1.7 Chemische Untersuchungen ...95

5.1.8 Sensorik ...95

5.1.9 Farbmessung ...96

(11)

5.2 Diskussion der Ergebnisse ...98

5.2.1 Mesophile aerobe Gesamtkeimzahl ...98

5.2.2 Quantitativer Nachweis von Listeria monocytogenes...99

5.2.3 Qualitativer Nachweis von Listeria monocytogenes...101

5.2.4 pH -Wert...103

5.2.5 Chemische Untersuchungen ...104

5.2.6 Sensorik ...106

5.2.7 Farbe...108

5.2.8 Weiterführende Ansätze...110

6 Schlussfolgerungen...112

7 Zusammenfassung...114

8 Summary...117

9 Literaturverzeichnis ...120

10 Anhang...151

10.1 Ergebnisse...151

10.1.1 Mesophile aerobe Gesamtkeimzahl und Listeria monocytogenes quantitativ ...151

10.1.2 pH- und aw-Wertmessung ...156

10.1.3 Farbmessung ...161

10.1.4 Chemische Untersuchung ...163

10.1.5 Sensorische Untersuchung ...167

10.2 Material ...176

10.2.1 Mikroorganismen...176

10.2.2 Geräte und Verbrauchsmaterialien...178

(12)

Abkürzungen

A Unbehandelt erster Versuchsdurchgang arithm. arithmetisch

B 300 MPa, 5 Minuten

BHI Brain Heart Infusion

C 500 MPa, 5 Minuten

CFU Colony Forming Units

CIE Comission Internationale de l`Eclaire d Tag(e)

D Unbehandelt zweiter Versuchsdurchgang

DIN EN ISO Deutsches Institut für Normung Europäische Normung International Standards Organisation

E 500 MPa, 1 Minute

Ecu European Currency Unit (= Eurovorläuferwährung)

et al. et alii

F 700 MPa, 1 Minute

GKZ Gesamtkeimzahl h Stunde(n)

HHP hoher hydrostatischer Druck (high hydrostatic pressure) HPP Hochdruckprozessierung (high pressure processing) hum. human

IU International Units

KbE Kolonie-bildende Einheit

L. Listeria

L.m. Listeria monocytogenes

(13)

L3 Beimpft mit 103 KBE/g Listeria monocytogenes L6 Beimpft mit 106 KBE/g Listeria monocytogenes LFGB Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und

Futtermittelgesetzbuch

LM Lebensmittel min Minute(n) MPa Megapascal

MPN Most Probable Number

MW arithmetischer Mittelwert

n Anzahl der Proben

NaCl Natriumchlorid NPN Nichtprotein-Stickstoff NPS Nitritpökelsalz

OCLA OXOID Chromogenic Listeria Agar

PA Primäranreicherung path. pathogen

S Standardabweichung SA Sekundäranreicherung spp. Subspezies

TPC Total Plate Count

U Unbeimpft

(14)
(15)

1 Einleitung

Kurzgereifte Rohwurst gilt als Risikolebensmittel und ist als Überträger von Listeriose-Erregern für den Menschen, insbesondere für die Risikogruppen wie Neugeborene, alte Menschen, Schwangere oder Menschen mit herabgesetzter Immunabwehr, anzusehen. Besonders zerkleinertes Geflügelfleisch scheint günstige Voraussetzungen für das Wachstum von Listeria monocytogenes zu bieten.

Putenfleischerzeugnisse wie kurzgereifte Rohwurst aus Geflügelfleisch erfreuen sich jedoch aufgrund des vom Verbraucher erwünschten niedrigen Fettgehaltes einer wachsenden Beliebtheit. Der Verbraucher fordert hochwertige, günstige Fleischprodukte mit natürlichem Aroma und Geschmack und dem frischen Erscheinungsbild minimal prozessierter Lebensmittel. Um diese Forderungen zu erfüllen und gleichzeitig den hohen Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit gerecht zu werden, kann die Hochdrucktechnologie als Alternative zur konventionellen thermischen Behandlung eingesetzt werden. Hierbei wird das Lebensmittel hohen hydrostatischen Drücken von bis zu 1000 MPa ausgesetzt. In wissenschaftlichen Arbeiten sind Hinweise auf die keimabtötende Wirkung dieser Technologie beschrieben. Der Erhalt der Produktqualität ist aber abhängig von Druckhöhe und Behandlungsdauer. Zudem wird die Wirkung der Hochdruckbehandlung auch von der Lebensmittelmatrix beeinflusst. Somit muss für jedes Lebensmittel eine eigene Druck-Zeitkombination ermittelt werden, bei der eine hinreichende Erregerabtötung erzielt werden kann, ohne den Charakter des Produktes maßgeblich zu verändern.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, das Wachstum und die Vermehrung von Listeria monocytogenes in kurzgereifter Rohwurst aus Putenfleisch nach dem Einsatz der Hochdrucktechnologie zu untersuchen, wobei das Produkt die erwünschten sensorischen Eigenschaften maßgeblich behalten soll. Es soll der Einfluss verschiedener Druck-Zeit-Kombinationen auf den mikrobiellen, sensorischen und physikochemischen Status der Rohwurst verglichen werden. Für die eigenen Untersuchungen ergeben sich somit folgende Fragestellungen:

(16)

• Welche Auswirkungen haben die verschiedenen Druck-Zeit-Kombinationen auf den mikrobiellen Status einer kurzgereifter Rohwurst aus Putenfleisch sowie deren erwünschte Produktsensorik?

• Welche Auswirkungen haben verschiedene Druck-Zeit-Kombinationen auf das Wachstumsverhalten von Listeria monocytogenes nach Dotierung in kurzgereifter Rohwurst aus Putenfleisch?

(17)

2 Schrifttum

2.1 Produktbeispiel kurzgereifte Rohwurst aus Geflügelfleisch Rechtliche Grundlagen und Begriffsdefinitionen

In der Verordnung EG Nr. 853/2004 (ANONYM 2004b) werden Fleischerzeugnisse definiert als verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteten Erzeugnisse so gewonnen wurden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind.

In § 15 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) (ANONYM 2008) wird das Deutsche Lebensmittelbuch aufgeführt. Es handelt sich dabei um eine Sammlung von Leitsätzen, in denen die Herstellung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale von Lebensmitteln, die für deren Verkehrsfähigkeit wichtig sind, beschrieben werden. Kurzgereiften Rohwurst wird gemäß den Leitsätzen für Fleisch- und Fleischerzeugnisse (BMVEL 2003) in die Kategorie der streichfähigen Rohwurst eingeordnet.

Gemäß den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse (BMVEL 2003) werden kurzgereifte Rohwürste als umgerötete, ungekühlt (über 10 °C) lagerungsfähige, in der Regel roh zum Verzehr gelangende Wurstwaren, die streichfähig oder nach einer mit Austrocknung verbundenen Reifung schnittfest geworden sind, definiert. Zucker werden in einer Menge von nicht mehr als 2 % zugesetzt. Als besondere Merkmale streichfähiger Rohwurst werden die sortenabhängige Reifung, Umrötung, nur geringe Abtrocknung und Bestimmung zum baldigen Verzehr genannt. „Frische Mettwurst“ ist grobkörnig und besteht aus folgenden Ausgangsmaterialien: grob entfettetes Schweinefleisch, fettgewebsreiches Schweinefleisch und Fettgewebe. Bei einigen Sorten wird zusätzlich grob entsehntes Rindfleisch hinzugefügt.

Gemäß Richtlinie 77/99 EWG (ANONYM 2004a) ist unter dem Begriff „Reifung“

folgendes zu verstehen: „Haltbarmachung von rohem gesalzenem Fleisch unter klimatischen Bedingungen, die dazu geeignet sind, im Verlauf einer langsamen und schrittweisen Verringerung des Feuchtigkeitsgehalts das Entstehen natürlicher

(18)

Gärungsprozesse bzw. enzymatischer Prozesse hervorzurufen, die aufgrund damit verbundener allmählicher Veränderungen dem Erzeugnis typische organoleptische Merkmale verleihen und seine Haltbarkeit und Genusstauglichkeit bei normalen Umgebungstemperaturen gewährleisten.“

Als Lebensmittel, die nicht wärmebehandelt und nicht anderweitig stabilisiert sind, werden kurzgereifte Rohwürste laut BGVV (2000) in die Lebensmittelkategorie II eingestuft. Diese Kategorie beinhaltet verzehrsfertige Lebensmittel, die mit Listeria monocytogenes kontaminiert sein können und in denen eine Vermehrung dieser Keimart stattfinden kann.

2.1.2 Definition und Herstellung

Kurzgereifte Rohwurst ist lebensmittelrechtlich als Fleischerzeugnis einzustufen, das durch Pökelung und Reifung stabilisiert, aber nur begrenzt lagerfähig ist. Gegenüber anderen schnittfesten Rohwürsten lässt sie sich durch eine kurze Reifedauer abgrenzen. Weiterhin ist kurzgereifte Rohwurst weder stark abgetrocknet noch geräuchert (JÖCKEL u. KLARE 2000). Sie setzt sich aus einem leicht verderblichen Gemenge aus zerkleinertem Fleisch und Fett, Salz, Umrötehilfsmitteln, Zucker sowie Gewürzen zusammen, das in Därme gefüllt und darin fermentiert wird. Ihre Haltbarkeit kommt durch das Zusammenwirken von Nitrit, einer Absenkung des aw- und pH-Wertes und einer leichten Abtrocknung sowie durch die säuernde Wirkung der Milchsäurebakterien zustande. Zur Herstellung hygienisch einwandfreier, qualitativ hochwertiger kurzgereifter Rohwürste sind v. a. die Auswahl der Rohstoffe (das Rohmaterial sollte eine Keimzahl von weniger als 106 KbE/g aufweisen), die technischen Anlagen sowie die bei der Herstellung tätigen Mitarbeiter regelmäßig zu kontrollieren (BÜCKENHÜSKES u. GEHRING 2000). Laut FUCHS (1984) sind streichfähige Rohwürste jeder Art als Halbdauerwaren anzusehen und somit nur begrenzt lagerfähig. Seiner Meinung nach beträgt die Lagerfähigkeit bei traditioneller Herstellungsweise maximal sieben bis zehn Tage. Die Produktion frischer streichfähiger Rohwürste aus Geflügelfleisch nimmt nach Feststellung der amtlichen Lebensmittelüberwachung zu (BGVV 1999). Zur Schaffung einer einheitlichen

(19)

Beurteilungsgrundlage für kurzgereifte Rohwürste, erarbeitete der ALTS (Arbeitskreis Lebensmittelhygienischer Tierärztlicher Sachverständiger) vier Punkte, die ein Erzeugnis aus zerkleinertem Fleisch erfüllen muss, um als Rohwurst zu gelten (JÖCKEL 1996):

1. Geruch, Geschmack, (Abbindung) rohwurstartig

2. stabile Umrötung (sensorisch, in Zweifelsfällen chemisch: > 50 % nach Möhler) 3. Säuerung (pH-Wert < 5,6)

4. typische mikrobiologische Beschaffenheit (dominierende Fermentationsflora, niedrige Keimzahlen an Gramnegativen)

2.1.3 Farbe

Der sensorische Farbeindruck eines Frischfleischproduktes wird durch den Oxidationszustand des Myoglobins bestimmt (BUYS 2004). Wenn das Myoglobin in seiner reduzierten Form als Deoxymyoglobin (Fe2+) vorliegt, ist die Farbe des Fleisches dunkelrot bis lilafarben. Bei geringen Sauerstoffpartialdrücken an der Oberfläche des Fleisches wird das Deoxymyoglobin zu Metmyoglobin (Fe3+) oxidiert.

Bei einem zu hohem Anteil dieser Myoglobinform am Gesamtmyoglobin des Fleisches verändert sich die Farbe zu einem dunkelbraunen Farbton (LINDAHL et al.

2001).

Bei der Herstellung von Rohwurst findet ein zusätzlicher chemischer Prozess, die Umrötung, statt. Dabei wird bei Produkten wie kurzgereifter Rohwurst Nitritpökelsalz (NPS) als Pökelstoff eingesetzt (LAWRIE u. LEDWARD 2006; STIEBING 2007). Nitrit (NO2) kann auch durch bakterielle Reduktion aus Nitrat (NO3) gebildet werden (BELITZ u. GROSCH 1982; LAWRIE u. LEDWARD 2006; STIEBING 2007). Bei der durch das Nitrit bedingten Umrötung der kurzgereiften Rohwurst wird chemisch zuerst das Deoxymyoglobin (Fe2+) durch Nitrit zu Metmyoglobin (Fe3+) oxidiert, wodurch sich das Wurstbrät ins Braune verfärbt (JOSUPEIT 2006). Bei dieser Reaktion entsteht weiterhin Stickoxid (NO). Dieses bildet mit dem Myoglobin bzw.

dem Metmyoglobin die extrem stabilen Komplexe Nitrosometmyoglobin und Nitrosomyoglobin (BELITZ u. GROSCH 1982) - das leuchtende Pökelrot. Diese

(20)

Verbindungen sind sehr licht- und sauerstoffstabil und auch durch Wärmebehandlung wenig beeinflussbar (LAUTENSCHLÄGER u. TROEGER 1998).

Die Abbildung 1 zeigt schematisch die Beziehung zwischen dem Oxidationszustand des Muskelfarbstoffs Myoglobin (Mb) und der Farbe des frischen Fleisches bzw. der umgeröteten Rohwurst.

Abb. 1 Zusammenhang zwischen Oxidationszustand des Eisens im

Myoglobinmolekül und der Farbe des Produktes modifiziert nach JOSUPEIT (2006)

In einer bundesweiten Untersuchung des BgVV wies ein erheblicher Anteil der beprobten streichfähigen Mettwürste nicht die Kriterien einer gereiften Ware auf.

Wegen der andersartigen physiologischen Beschaffenheit der Geflügelmuskulatur erscheint der Grenzwert für die Umrötung als Bewertungsparameter bei geflügelfleischhaltigen Produkten nur begrenzt geeignet (BGVV 1999).

Im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen lässt sich die objektive Messung der Farbintensitäten als subjektives Phänomen nach dem CIELAB-System durchführen (KLETTNER u. STIEBING 1980; RÖDEL 1991). Dieses System genügt internationalen Standards und ist von der CIE (Commission Internationale de

Myoglobin Fe2+

(lila-rot)

Nitrosomyoglobin Fe2+

Metmyoglobin Fe3+

(braun) (hellrot)

Oxymyoglobi n Fe2+

+ NO

+ O2

+ O2

- e- + O2

- O2

- O2

+ e-

- e- + e-

(21)

l`Eclairage) als Methode der Wahl vorgeschlagen worden. Jede Farbe wird in diesem System durch die drei Parameter L*a*b* eindeutig definiert. Der Parameter L* ist das Maß für die Helligkeit, a* ein Maß für den Rot-Grün-Bereich und b* für den Gelb- Blau-Bereich (CAVA et al. 2009).

Abb. 2: Koordinatenachsen des CIELAB-Systems modifiziert nach KLETTNER und STIEBING (1980)

2.1.4 Mikrobiologie

Die hygienische Beschaffenheit frischer, streichfähiger Rohwürste wird häufig als mangelhaft beurteilt, wie eine bundesweite Untersuchung des Bundesinstitutes für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin zeigte (BGVV 1997).

Kurzgereifte Rohwurst wird weder langen Reifungs- und Trocknungsprozessen unterzogen, noch wird das Material hitzebehandelt, sondern durchläuft lediglich einen

Farbton

rot + a* schwarz

- L*

gelb + b*

wei grün ß

- a*

Helligkeit

Sättigung

blau - b*

(22)

Säuerungs- und sehr kurzen Reifungsprozess. Dies reicht aber nicht aus, um eventuell vorhandene gesundheitsschädigende Keime sicher abzutöten.

Untersuchungsergebnisse zeigen, dass Geflügelfleischerzeugnisse kritischer zu bewerten sind, als solche aus Rind- und Schweinfleisch (BGVV 1997). HARTUNG (2007) konnte eine erhebliche Kontamination von Geflügelfleischprodukten mit Listeria monocytogenes bestätigen. In diesem Zusammenhang gelten kurzgereifte streichfähige Rohwürste wie Tee- oder Mettwürste als Risikoprodukte. Diese Lebensmittel sind nicht mehr verkehrsfähig, wenn innerhalb festgesetzter Verbrauchs- und Haltbarkeitsfristen der für L.m. vorgeschlagene Beurteilungswert von 100 Kolonie bildenden Einheiten pro Gramm (KbE/g) erreicht oder überschritten wird (ALBERT et al. 2002). Laut des Robert-Koch-Instituts können in bis zu 20 % aller kurz gereiften Rohwürste, wie Tee- oder Mettwurst, Listerien nachgewiesen werden (RKI 2006). BREUER und PRÄNDL (1988) fanden in 23 von 100 Mettwürsten aus dem Handel Listeria monocytogenes. Doch auch im Hinblick auf die Gesamtkeimzahl werden in kurzgereifter Rohwurst mitunter gesundheitsrelevante Zahlen erreicht. Bei Untersuchungen von frischen Mettwürsten aus dem Berliner Handel fand EL ALAMI (1997) aerobe mesophile Gesamtkeimzahlen von 3,5 x 104 bis 1,1 x 109 KbE/g; STANISLAWSKI (2000) ermittelte in Zwiebelmettwürsten, die unter industriellen Bedingungen hergestellt wurden, Gesamtkeimzahlen zwischen 6,0 x 107 und 3,9 x 108KbE/g. Hauptbestandteil dieser Flora bildeten die Milchsäurebakterien mit 7,0 x 106 bis 3,9 x 108 KbE/g. COCOLIN et al. (2003) konnten in ihren Versuchen zwischen lg 4,0 (Lagerungstag 0) und lg 7,21 KbE/g (Lagerungstag 10) Bakterien in traditionell hergestellten Mettwürsten nachweisen.

Auch hier machten Milchsäurebakterien den größten Teil der Population aus.

2.1.5 Hürdeneffekte

Haltbarkeit und mikrobiologische Stabilität roher Fleischerzeugnisse hängen von verschiedenen Faktoren ab. Ausgangskeimgehalt der Rohstoffe, Zerkleinerungsgrad des Fleisches, Temperatur, pH- und aw-Wert, Gehalt an Natriumchlorid (NaCl) und Nitritpökelsalz (NPS) spielen eine Rolle. Auch wenn ein Faktor alleine meist nicht ausreicht, um eine Keimvermehrung zu verhindern, so kann doch die Kombination

(23)

mehrerer „Hürden“ suboptimale Bedingungen für das Wachstum von Verderbniserregern schaffen und den mikrobiellen Verderb verzögern.

Temperatur

Die meisten potentiellen Verderbniserreger bzw. potentiell krankmachenden Keime gehören zur Gruppe der mesophilen Bakterien mit einer bevorzugten Temperatur zwischen 5 °C und 45 °C. Das Temperaturoptimum zur Vermehrung liegt zwischen 10 °C und 40 °C (LAWRIE u. LEDWARD 2006). Bei einer Lagertemperatur von 4 °C ist das bakterielle Wachstum verzögert (MUIR et al. 2007).

pH- und aw-Wert

Eine Stabilisierung kurzgereifter Rohwurst im mikrobiologischen Sinne kann ausschließlich über die pH- bzw. die aw-Wert-Absenkung erreicht werden (LEISTNER 1985), da die Herstellungszeit nur bei drei bis vier Tagen liegt. Die Wasseraktivität (aw-Wert) ist ein Maß für das frei verfügbare Wasser in einem Lebensmittel. Definiert wird sie als Quotient der relativen Feuchte über der Probe zur relativen Feuchte über reinem Wasser als Referenzsubstanz bei gleicher Temperatur (RÖDEL 1993;

WIESNER u. RIBBECK 2000). Dieses frei verfügbare Wasser in einem Lebensmittel steht sowohl Mikroorganismen als auch chemischen und biochemischen Reaktionen zur Verfügung. In kurzgereifter Rohwurst kommt es nur zu einer geringen Abtrocknung, so dass der aw-Wert lediglich durch die Zugabe von Salz beeinflusst werden kann (ALBERT et al. 2002). Salzionen binden freies Wasser und verringern damit die Wasseraktivität (LAUTENSCHLÄGER 1998). Dabei muss jedoch beachtet werden, dass insbesondere der hohe aw-Wert zusammen mit einem geringen Säuregrad den frischen Charakter der streichfähigen Rohwurst ausmacht. Auch die Absenkung des pH-Wertes ist eine wichtige Hürde zum Erreichen einer besseren Haltbarkeit der Produkte (BÜCKENHÜSKES u. GEHRING 2000). Bakterien sind nahe des Neutralpunktes (pH 7) besonders gut vermehrungsfähig, ein pH-Wert von 5,0 wirkt auf viele Mikroorganismen bereits bakteriostatisch (WIRTH et al. 1990). Bei pH-Werten von 5,1 und 6,1 konnte in „Frischen Mettwürsten“ noch keine Korrelation zum Wachstum der aeroben Gesamtkeimzahl festgestellt werden (MANTEL u. BECK 1975). Bezüglich der Auswirkung auf das Wachstum von Listeria monocytogenes

(24)

konnten KARCHES und TEUFEL (1988) bei einem pH-Wert von 5,3 keine wesentliche Reduktion beobachten. Eine Absenkung des pH-Wertes wird normalerweise durch die enzymatische Aktivität der Milchsäurebakterien bei gleichzeitiger Anwesenheit von Kohlenhydraten bewirkt (WEBER 1996).

Natriumchlorid (NaCl)

Kochsalz (NaCl) wird Fleischerzeugnissen zwar im Wesentlichen zur Geschmacksverbesserung zugesetzt, bewirkt aber auch eine Absenkung des aw- Wertes und stellt somit eine Hürde gegen das Wachstum von Mikroorganismen dar (LEISTNER 1978). Für diesen Effekt ist die Konzentration des Salzes im Lebensmittel ausschlaggebend. Liegt der Salzgehalt nur bei 1 - 2,5 %, kommt es zu einer Stimulation des Wachstums von Milchsäurebakterien und E.coli; steigt der Salzgehalt im Lebensmittel dagegen über 5 %, kann eine Hemmung des bakteriellen Wachstums erreicht werden (ROY 1991; CHIKTHIMMAH et al. 2001). In streichfähigen Rohwürsten liegt die Zusatzmenge an Salz üblicherweise bei etwa 2,2 % (STIEBING 2007).

Nitritpökelsalz (NPS)

Nitrit hat in Rohwurstprodukten eine antimikrobielle, antioxidative, farbbildende und aromabildende Wirkung. Insbesondere zu Beginn der Rohwurstreifung ist Nitrit für die mikrobiologische Stabilität des Produktes und somit für die Stabilität des Endproduktes entscheidend. Durch Nitrit entsteht einerseits das charakteristische Pökelaroma, zum anderen bewirkt es die Umrötung der Rohwurst (WIRTH 1991).

Nitritpökelsalz dient zusätzlich als Antioxidans (BIRZELE et al. 2005). Der Zusatz von Nitrit bei der Herstellung von Rohwurst ist nach der Zusatzstoffzulassungsverordnung (ZZulV, ANONYM 2006b) nur in Form von Nitritpökelsalz (NPS) zulässig. Dieses besteht zu 99,5 % bis 99,6 % aus Kochsalz und zu 0,4 % bis 0,5 % aus Nitrit (HECHELMANN 1986; WIRTH 1991). Die Verwendung von NPS ist gesetzlich geregelt. Die Zugabemenge von Nitritpökelsalz ist gemäß ZZulV (ANONYM 2006b) für nicht hitzebehandelte gepökelte Fleischerzeugnisse wie z. B. Rohwurst auf 150 mg Kaliumnitrit und Natriumnitrit, einzeln oder vermischt, pro Kilogramm Fleisch- und Fettmenge begrenzt.

(25)

2.1.6 Mikrobiologische Kriterien

Die Codex Alimentarius Kommission wurde 1962 als gemeinschaftliche Einrichtung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gegründet. Wichtigstes Ziel dieser Kommission ist der gesundheitliche Verbraucherschutz im internationalen Verkehr mit Lebensmitteln (BGVV 2001). Der Codex Alimentarius ist eine Sammlung von Normen für die Lebensmittelsicherheit und –produktqualität. Neben Verfahren zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit enthält der Codex Alimentarius auch produktspezifische Standards, die Festlegungen über Herstellungsverfahren treffen, mikrobiologische Risiken benennen und die Kennzeichnung der Ware zur Information des Endverbrauchers regeln.

Nationale Empfehlung

Im Juli 2000 veröffentlichte das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BGVV) eine Neufassung der Empfehlungen zum Nachweis und zur Bewertung von Listeria monocytogenes in Lebensmitteln im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung, da durch ein Schnellwarnsystem der Europäischen Union einige Beanstandungen im grenzüberschreitenden Handelsverkehr festzustellen waren. Weiterhin sollte eine Einstufung der Produkte in „gesundheitlich unbedenklich“ möglich sein. Daher wurde der genannte Beurteilungswert für Listeria monocytogenes. auf 102 KbE/g bzw. ml Lebensmittel festgesetzt.

Die zu bewertenden Lebensmittel (LM) wurden in vier Kategorien eingeteilt:

I. Abtötung von L.m. gewährleistet und Rekontamination unmöglich.

II. Kontamination mit L.m. und Vermehrung möglich.

III. Kontamination mit L.m., aber keine Vermehrung möglich.

IV. Nicht verzehrsfertige LM, die bestimmungsgemäß vor Verzehr erhitzt werden müssen.

(26)

EU-Recht

Die Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 (ANONYM 2005) über Mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel ist mit der Einführung des neuen EU-Rechts Anfang 2006 in Kraft getreten. Der Begriff „Mikrobiologisches Kriterium“ ist dort definiert als ein Kriterium, das die Akzeptabilität eines Erzeugnisses anhand des Nichtvorhandenseins, des Vorhandenseins oder der Anzahl der Mikroorganismen je Einheit Masse festlegt. In Anhang I dieser Verordnung sind die folgenden drei Lebensmittel-Kategorien in Bezug auf das Vorkommen von Listeria monocytogenes postuliert:

I. Verzehrfertige LM, die für Säuglinge oder für besondere medizinische Zwecke bestimmt sind.

II. Andere als für Säuglinge oder für besondere medizinische Zwecke bestimmte, verzehrsfertige Lebensmittel, die die Vermehrung von L.m. begünstigen können.

III. Andere als für Säuglinge oder für besondere medizinische Zwecke bestimmte, verzehrsfertige LM, die die Vermehrung nicht begünstigen können.

(27)

Tabelle 1: Auszug der Lebensmittelkriterien gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 der Kommission vom 15. November 2005 über Mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel für Listeria monocytogenes

Probennahme Grenzwerte LM-

Kategorie n c m M

Analytische Referenzmethode

Stufe, für die das Kriterium gilt

I 10 0 in 25g nicht

nachweisbar EN/ISO 11290-1

In Verkehr gebrachte Erzeugnisse, während der Haltbarkeitsdauer

5 0 100 KbE/g EN/ISO 11290-2

In Verkehr gebrachte Erzeugnisse, während der Haltbarkeitsdauer II

5 0 in 25g nicht

nachweisbar EN/ISO 11290-1

Vor Verlassen der Kontrolle des LM-

Herstellers

III 5 0 100 KbE/g EN/ISO 11290-2

In Verkehr gebrachte Erzeugnisse, während der Haltbarkeitsdauer n = Anzahl der Probeneinheiten der Stichprobe, c = Anzahl der Probeneinheiten, deren Werte über m oder zwischen m und M liegen

Tabelle 1 beschreibt die Lebensmittelsicherheitskriterien für die jeweiligen oben genannten Lebensmittel-Kategorien in Bezug auf das mikrobiologische Kriterium

„Listeria monocytogenes“. Sie enthält Angaben über Probenahmeplan, Grenzwerte, analytische Referenzmethode und die Stufe, für die das Kriterium gilt.

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2.2 Genus Listeria

Listeria-Arten kommen weltweit ubiquitär in der Umwelt vor (GRAY u. KILLINGER 1966; LECUIT 2007). Diese anspruchslosen Bakterien können unter anderem in Wasser, Boden, Silage und anderem Tierfutter, Schlachthofabfällen, Abwasser von lebensmittelverarbeitenden Betrieben, Mensch und Tier gefunden werden (GRAY u.

KILLINGER 1966). Als phatogen für den Menschen gilt derzeit ausschließlich Listeria monocytogenes (L.m.) (BFR 2009). Die weite Verteilung von L.m. und anderen Listeria spp. in der Natur und die enge Verbindung mit Nutztieren machen ein gelegentliches Vorhandensein dieser Bakterien in rohem Fleisch unvermeidbar (JOHNSON et al. 1990). Häufig werden sie bereits auf der Stufe der Gewinnung, z.

B. beim Melken oder beim Schlachten, auf das Lebensmittel übertragen. Eine weitere Kontaminationsmöglichkeit besteht durch mangelnde Hygiene bei der Lebensmittelverarbeitung (BFR 2006; GAREIß 2006).

2.2.1 Listera monocytogenes: Morphologie und Physiologie

Die Gram-positiven 0,4 - 0,5 x 0,5 - 0,2 μm großen L.m.-Zellen (ROLLE u. MAYR 2002) treten entweder einzeln oder in Form von V- oder Y-förmigen Ketten auf (GRAY u. KILLINGER 1966). Bei 20 - 25°C entwickeln sie eine charakteristische taumelnde Beweglichkeit (CLARRIDGE u. WEISSFELD 1985) durch die Ausbildung peritricher Geißeln (ROLLE u. MAYR 2002).

Abb. 3: Listeria monocytogenes

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L.m. wächst fakultativ anaerob (CLARRIDGE u. WEISSFELD 1985; POSFAY- BARBE u. WALD 2009) und vermehrt sich fakultativ intrazellulär (ROLLE u. MAYR 2002; DORTET et al. 2009). Die Bakterien können mit Hilfe des Toxins Hämolysin und der Phospholipase C die Membran der Phagozytenvakuole des Wirtes perforieren und so ins Zytoplasma gelangen. Damit ist auch eine direkte Wanderung direkt von Zelle zu Zelle möglich. Durch Einschluss in bewegliche Zellen wie Leukozyten oder Makrophagen können pathogene Listerien auch zu entfernt liegenden Organen transportiert werden (HOF et al. 1994).

Abb. 4: Intrazellulärer Lebensraum und Vermehrung von Listeria monocytogenes modifiziert nach HOF et al. (1994):

1-3 Adhäsion und Invasion in die Wirtszelle; 4 vorübergehender Aufenthalt in einer phagozytischen Vakuole; 5 Evasion aus der Vakuole; 6 Aufenthalt und Vermehrung im Cytoplasma der Wirtszelle; 7 Ausbildung eines Aktin-Schwanzes und Migration durch das Zellplasma nahe zur Zellmembran; 8 induzierte Phagozytose einer Vorwölbung, die Listeria monocytogenes enthält, durch eine angrenzende Wirtszelle, resultierend in einer Ausbreitung von Zelle zu Zelle

Praktisch bedeutsam ist außerdem das Eindringen und Vermehren in Epithelzellen, wodurch Listerien anatomische Barrieren (Haut, Schleimhaut) überwinden können (RKI 2003). Entscheidend für die Pathogenität ist eine aus mehreren Genen bestehende Insel im Genom. Unter anderem liegen hier die Gene, die das Toxin Hämolysin (= Listeriolysin), verschiedene Phospholipasen sowie ein Protein, welches das Aktin einer eukaryontischen Zelle polymerisiert, kodieren. Von besonderer

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Wichtigkeit sind auch die Gene für bestimmte Oberflächenstrukturen. Diese bewirken zusammen mit dem Virulenzfaktor P60 die für die Invasion wichtige Adhäsion an Rezeptoren der Wirtszelle (HAMON et al. 2006).

Eine weitere Differenzierung innerhalb der Spezies L.m. in verschiedene Serovare erfolgt anhand spezifischer Oberflächen(O)- und Geißel(H)-Antigene (GRAY u.

KILLINGER 1966).

Tabelle 2: Differenzierung innerhalb der Spezies L. monocytogenes in verschiedene Serovare anhand spezifischer Oberflächen(O)- und Geißel(H)-Antigene modifiziert nach GRAY u. KILLINGER (1966)

Serovar O-Antigene H-Antigene hum. Bedeut.

1/2a I II (III) A B X 1/2b I II (III) A B C X 1/2c I II (III) B D

3a II (III) IV A B 3b II (III) IV A B C 3c II (III) IV B D 4a (III) (V) VII IX (XII) (XIII) A B C 4ab (III) V VI VII IX X (XII) (XIII) A B C

4b (III) V VI A B C X 4c (III) V VII VIII A B C

4d (III) (V) VI (VIII) (IX) A B C 4e (III) V VI A B C 7 (III) XII XIII A B C

Nach BORUCKI et al. (2004) können drei phylogenetische Linien unterschieden werden. In der Linie I sind die Serovare 1/2b, 3b, 4b und 4e vertreten, in der Linie II die Serovare 1/2a, 1/2c, 3a und 3c und in der Linie III die Serovare 4a und 4c. Bei 90 % der Listeriosefälle beim Menschen haben die Serovare 1/2a, 1/2b und 4b die größte Bedeutung (BAHK u. MARTH 1990; FARBER u. PETERKIN 1991; HOF 1999). In Europa ist überwiegend Serovar 4b für humane Erkrankungen

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verantwortlich, in den USA, Kanada, Australien und Neuseeland wurden zusätzlich die Serovare 1/2a und 1/2b isoliert (MCLAUCHLIN et al. 2004).

Auf Blutagarplatten bilden die Keime eine β-Hämolyse mit ausgeprägtem Hof (CLARRIDGE u. WEISSFELD 1985; FARBER u. PETERKIN 1991; ROLLE u. MAYR 2002). Dies ist phänotypisch das wichtigste Erkennungsmerkmal pathogener wie monozytogener Stämme (RKI 2003). Verstärkt wird dieser Effekt durch das synergistische interagieren des Hämolysins von L.m. mit dem β-Hämolysin von Staphylococcus aureus, was nach CHRISTIE, ATKINS und MUNCH-PETERSEN als CAMP-Faktor bezeichnet wird (1944).

L.m. kann Biofilme bilden und so auch nach Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen auf Oberflächen nachgewiesen werden. Auf diese Weise vor Umweltstress geschützt, persistieren in jeder Lebensmittelproduktionsstätte einige L.m. -Stämme für Jahre (MØRETRØ u. LANGSRUD 2004). Solche persistierende Stämme zeichnen sich durch eine besonders starke Haftfestigkeit an Oberflächen aus (LUNDÉN et al. 2000).

Wachstumsverhalten von Listeria monocytogenes

L.m. kann in einer großen Bandbreite von Umweltbedingungen überleben und wachsen, wie zum Beispiel bei Kühltemperaturen, niedrigem pH-Wert und hohen Salzkonzentrationen (GANDHI u. CHIKINDAS 2007; POSFAY-BARBE u. WALD 2009).

Temperatur

L.m. kann sich im Temperaturbereich von - 0,4 bis + 45 °C vermehren (RKI 2003).

Das Optimum liegt zwischen 30 und 37 °C (GRAY und KILLINGER 1966). Die Fähigkeit zur Vermehrung bei Kühltemperaturen (JOHNSON et al. 1990) ist bei ansonsten optimalen Wachstumsbedingungen, wie dem Vorhandensein von fermentierbarem Zucker, einem neutralen bis leicht alkalischen Medium (GRAY u.

KILLINGER 1966), einem geringen bis moderaten Salzgehalt (USDA 2005), der Abwesenheit einer kompetitiven Flora (insbesondere Bacteriocin-produzierenden Laktobazillen) möglich (RKI 2003). Dies birgt eine besondere Gefahr für den

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Verbraucher, falls Produkte für den sofortigen Verzehr mit L.m. kontaminiert sein sollten (JOHNSON et al. 1990).

pH- und aw-Wert

Listerien bevorzugen ein neutrales bis leicht alkalisches Milieu (GRAY u. KILLINGER 1966) zwischen einem pH-Wert von 7 und 8 (NZFSA 2008). Sie tolerieren aber auch große pH-Schwankungen und können sich bei pH-Werten zwischen 4,4 und 9,4 vermehren (HARRIS 2002; RKI 2003). Ein Wachstum von L.m. konnte selbst bei niedrigen aw-Werten zwischen 0,90 und 0,93 dokumentiert werden (HARRIS 2002).

Kochsalz (NaCl) und Nitritpökelsalz (NPS)

L.m. vermehrt sich selbst bei Natriumchloridkonzentrationen von über 10 %, das Wachstum wird aber mit steigender Salzkonzentration verzögert (MC CLURE et al.

1989). Auch NERBRINK et al. (1999) konnten eine signifikante Beeinträchtigung des Listerienwachstums durch NaCl nachweisen. Nitritpökelsalz hat eine hemmende Auswirkung auf das Wachstum von Listerien, wobei zwischen Nitritkonzentrationen von 0,5 % und 0,9 % im Pökelsalz nur kleine Unterschiede erkennbar waren (BIRZELE et al. 2005).

2.2.2 Kulturelle Nachweismethoden

Der kulturelle Nachweis von L.m. wird nach der in der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren § 64 LFGB (ANONYM 2006a) vorgeschriebenen Methode (L.00.00-22/L.00.00-32), basierend auf DIN EN ISO 11290, durchgeführt. Als erstes Medium wird der Listerien-Agar nach OTTAVIANI und AGOSTI (ALOA) verwendet, die Wahl des zweiten Mediums liegt im Ermessen des untersuchenden Labors.

Durch die Verwendung chromogener Nährmedien wie ALOA kann direkt zwischen apathogenen und pathogenen Listeria-Stämmen unterschieden werden (GREENWOOD et al. 2005), da die pathogenen Stämme eine typische Hofbildung um die Kolonien zeigen.

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Abb. 5: OCLA-Agar (OXOID 2008)

Das Prinzip des ALOA-Agars (Agar Listeria OTTAVIANI and AGOSTI) basiert auf der β-D-Glucosidase-Aktivität von L.m. (REISSBRODT 2004). Dieses Enzym kann das im Nährmedium enthaltene Chromogen X-Glucosid spalten, was zu einer blau- grünen Färbung der Kolonien führt. β-D-Glucosidase ist jedoch sowohl in den apathogenen als auch in den pathogenen Listerien-Stämmen zu finden, weshalb eine genaue Unterscheidung nur durch die allein in den pathogenen Stämmen vorhandene Phospholipase ermöglicht werden kann. Diese hydrolisiert zusätzlich Lecithin, welches ebenfalls im Medium vorhanden ist, und produziert dadurch bei den pathogenen Stämmen von L.m. und L. ivanovii einen opaken Hof um die Kolonien (GREENWOOD et al. 2005). In ALOA sind verschiedene Antibiotika und antimikrobielle Agenzien zur Hemmung der Begleitflora enthalten: Nalidixinsäure, Ceftazidim, Polymyxin B, Cycloheximid oder Amphoterizin B (LECLERCQ 2003). Der OCLA-Nährboden (OXOID Chromogenic Listeria Agar) ist ebenfalls ein Chromogen- Agar. Er basiert auf dem gleichen Prinzip wie der Listerien-Agar nach OTTAVIANI und AGOSTI. L.m. wird über den Nachweis der β-D-Glucosidase und der Phospholipase C charakterisiert. Ein weiterer Vorteil von chromogenen Nährmedien ist, dass eine Identifizierung von L.m. bereits nach 24 Stunden möglich ist. Bei den Methoden mit OXFORD oder PALCAM-Agar (REISSBRODT 2004; GREENWOOD et al. 2005), die ebenfalls als zweites Medium verwendet werden können, werden zur Identifizierung von L.m. drei bis fünf Tage benötigt.

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2.2.3 Eintrag in die Lebensmittelkette

Listerien sind ubiquitär vorkommende Keime und werden häufig bereits auf der Stufe der Gewinnung, z. B. beim Melken oder beim Schlachten, auf die Lebensmittel übertragen. Eine wichtige Kontaminationsmöglichkeit basiert auf mangelnder Hygiene bei der Lebensmittelverarbeitung (BFR 2006). Die Fähigkeit im Lebensmittelverararbeitungsbereich zu persistieren (MØRETRØ u. LANGSRUD 2004; JEMMI u. STEPHAN 2006) und sich auch bei Kühltemperaturen zu vermehren, macht zudem L.m. zu einer Gefahr für die Gesundheit des Verbrauchers (JEMMI u.

STEPHAN 2006). Listerien sind auf Grund der hohen Persistenz in gekühlten Räumen in Lebensmittel verarbeitenden Betrieben als Hauskeime gefürchtet. Ihre Anwesenheit kann zu einer Rekontamination auch derjenigen Lebensmittel führen, die einem Erhitzungsprozess oder einem anderen Listerien abtötenden Herstellungsverfahren unterzogen wurden (RKI 2003) Als Kontaminationsquelle wurden häufig Werkzeuge und Maschinen zur Verarbeitung der Fleischprodukte , wie z. B. Schneidemaschinen, identifiziert (MAHMOOD et al. 2003; MØRETRØ u.

LANGSRUD 2004; LIN et al. 2006).

2.2.4 Listeria monocytogenes in Geflügelfleisch

Die Kontamination mit L.m. ist einer der Hauptgründe für Lebensmittelrückrufaktionen auf Grund mikrobiologischer Abweichungen. Hierbei spielt Geflügelfleisch neben dem Fleisch anderer Tierarten sowie Meeresfrüchten und Milchprodukten eine entscheidende Rolle (JEMMI u. STEPHAN 2006).

In Deutschland waren bei der Untersuchung von Lebensmittelplanproben auf L.m. im Jahr 2006 7,47 % aller untersuchten Geflügelfleischproben (n = 174) positiv - bei den Fleischproben ohne Geflügelfleisch, aber inklusive Wildfleisch, (n = 884) waren es nur 3,73 %. In 2,29 % der untersuchten Geflügelfleischerzeugnisse konnte L.m.

ebenfalls nachgewiesen werden. Quantitativ wurden im gesamten untersuchten Geflügelfleisch (n = 260) in 1,92 % der Proben bis 102 KBE/g und in 0,38 % 102 bis 103 KBE/g gezählt. Geflügelfleischerzeugnisse (n = 288) enthielten zu 17,01 % bis

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102 KBE/g und zu 0,35 % 102 bis 103 KBE/g L.m.. In rohem, küchenmäßig vorbereitetem Geflügelfleisch (n = 31) wurden in 9,68 % bis 102 KBE/g und sogar in 3,23 % zwischen 102 und 103 KBE/g L.m. nachgewiesen. Seit 2003 konnte ein deutlich steigender Trend der L.m.-kontaminierten Geflügelfleischproben beobachtet werden (HARTUNG 2007).

In Faisalabad (Pakistan) untersuchten MAHMOOD et al. (2003) Geflügelfleisch und Geflügelfleischprodukte auf L.m.. Es wurden jeweils 40 Proben pro Produkt genommen. Probennahmeorte waren Geflügelverkaufszentren, Supermärkte und der Einzelhandel. L.m. konnte in 5 % des frischen Geflügelfleisches, 2,5 % des frischen, entbeinten Hähnchens, 7,5 % des gefrorenen Geflügelfleisches, 12,5 % der gefrorenen Chicken Nuggets und 7,5 % der gefrorenen Geflügelburger sowie auf 15 % der Schneidebretter, 10 % der Fleischwölfe und 17,5 % der Reinigungstücher nachgewiesen werden.

In León (Spanien) wurde die Haut von Geflügelschlachtkörpern (n = 100) auf L.m.

untersucht. In 32 % der Proben wurde L.m. nachgewiesen (CAPITA et al. 2001).

In Kanada wurden verschiedene Fleischprodukte (n = 800) auf einem Markt in Edmonton untersucht. L.m. wurde in 34 % der rohen Hähnchenschenkel, in 3 % der bearbeiteten Putenbrüste und in 3 % der Geflügelwiener gefunden (BOHAYCHUK et al. 2006).

In Österreich konnte L.m. in 26 % des untersuchten Hühnchenfleisches (n = 89) und in 14 % des beprobten Putenfleisches (n = 21) nachgewiesen werden (MAYRHOFER et al. 2004).

ESCUDERO-GILETE et al. (2007) schlussfolgern, dass das Vorhandensein von L.m.

auf der Oberfläche von Geflügelschlachtkörpern durch eine Kreuzkontamination im Schlachtbetrieb zu erklären ist, z. B. bei der Klassifizierung, und nicht durch das Schlachtgeflügel selbst.

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2.2.5 Listeriose

Innerhalb der Gruppe der Listeria ssp. gilt nur L.m. als pathogen und somit als Verursacher der Listeriose, wobei es auch hier auf die Virulenz des jeweiligen Isolates ankommt. Bei der Listeriose handelt es sich um eine ernst zu nehmende Erkrankung, die häufig tödlich verläuft (HOF et al. 1994; RKI 2006).

Epidemiologie

Die Listeriose ist eine der häufigsten Lebensmittelinfektionen mit einer geringen Morbidität (jährlich 0,2 - 0,5 Fälle pro 100.000 Einwohner), aber einer hohen Mortalität (30 %) (ROCOURT 1996). Es handelt sich um die von Lebensmitteln übertragene Erkrankung mit den meisten Todesfällen (EFSA 2006; JEMMI u.

STEPHAN 2006) und der höchsten Krankenhausaufenthaltsrate (91 %) (JEMMI u.

STEPHAN 2006). Die Letalität ist abhängig vom Alter des Patienten und des betroffenen Organsystems, so ist sie z. B. bei Meningitiden vergleichsweise hoch (RKI 2006). Die Morbidität ist bei Personen mit Krankheiten wie Krebs oder Diabetes mellitus, Patienten unter immunsuppressiver Therapie sowie Schwangeren besonders ausgeprägt (BFR 2006). Letztere können die Infektion an das ungeborene Kind weitergeben (POSFAY-BARBE u. WALD 2009). Die Krankheit tritt überwiegend sporadisch auf (RKI 2006), es wird aber auch von größeren Ausbrüchen berichtet (SCHLECH 1996; WARRINER u. NAMVAR 2009; ROCOURT et al. 2001; JEMMI u.

STEPHAN 2006). Die Ansteckung mit L.m. erfolgt hauptsächlich über kontaminierte Nahrungsmittel (SWAMINATHAN u. GERNER-SMIDT 2007; POSFAY-BARBE u.

WALD 2009), wobei vor allem rohe vom Tier stammende Lebensmittel wie Hackfleisch, Hackepeter, Rohwurst, Rohmilch und Rohmilchkäse sowie bestimmte Fischereierzeugnisse (Räucherlachs und Graved Lachs) eine Rolle spielen (BFR 2006). Die Übertragungswege von Mensch zu Mensch und vom Tier auf den Menschen sind eher selten (RKI 2006). Mit der Einführung der Meldepflicht nach § 7(1) Infektionsschutzgesetz (ANONYM 2001) für alle Erkrankungen, die auf L.m.

zurückzuführen sind, wurden in Deutschland im Jahr 2001 213 Listeriose-Fälle übermittelt (RKI 2003), im Jahr 2005 waren es schon 510 (RKI 2006). Die Zahl der Erkrankten nahm im Jahr 2007 mit 357 Fällen wieder etwas ab (RKI 2008). Die

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Bedeutung der Krankheit ergibt sich aus einem hohen individuellen Risiko für die Erkrankten und aus einer sehr deutlichen Zunahme der in den letzten Jahren erfassten Erkrankungsfälle, für die es gegenwärtig noch keine hinreichende Erklärung gibt (RKI 2006).

Manifestation der Listeriose als Lebensmittelinfektion Infektiöse Dosis

Auf die infektiöse Dosis haben drei Faktoren einen besonderen Einfluss: die Umwelt (Lebensmittelmatrix), die Pathogenität des Stammes (Virulenz) und der Immunstatus des Wirtes (Empfänglichkeit) (MCLAUCHLIN et al. 2004). In Einzelfällen haben möglicherweise bereits wenig mehr als 100 Listerien pro Gramm Lebensmittel Erkrankungen ausgelöst. In der Mehrzahl der Fälle dürfte die erforderliche Infektionsdosis allerdings deutlich höher liegen (RKI 2003). Aussagen über die infektiöse Dosis für L.m. sind vorsichtig zu werten, da aufgrund der unter Umständen langen Inkubationszeit die Erregermenge im Lebensmittel zum Zeitpunkt der Infektion nicht mehr ermittelt werden kann (VÁZQUEZ-BOLAND et al. 2001).

Außerdem hängt die für eine Infektion erforderliche Dosis stark vom Gesundheitszustand der jeweiligen Person ab. Man kann von infektiösen Dosen von 105 - 109 KbE pro Milliliter bzw. Gramm Lebensmittel bei gesunden Erwachsenen ausgehen. Bei Risikopersonen liegen die Werte zwischen weniger als 10 und 104 KbE pro ml bzw. g Lebensmittel (RKI 2006). Für ein besseres Verständnis der Dosis-Wirkungs-Beziehungen müssten Infektionsversuche beim Menschen durchgeführt werden, was aus ethischen Gründen nicht möglich ist (MCLAUCHLIN et al. 2004).

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Abb. 6: An das RKI übermittelte Listeriose-Fälle nach Form, Altersgruppen und Jahren (2001–2005) (RKI 2006)

Inkubationszeit

Im Rahmen einer Lebensmittelinfektion können sich Krankheitserscheinungen nach 3 bis 70 Tagen (in der Regel nach etwa 3 Wochen) entwickeln (RKI 2003).

Manifestation

Die Listeriose des Menschen äußert sich vielfältig. Eine Infektion mit L.m. ist zwar relativ häufig, verläuft aber in vielen Fällen inapparent (HOF et al. 1994). Vermutlich ist eine Gastroenteritis oft Vorläufer einer systemischen Infektion (MCLAUCHLIN et al. 2004; RKI 2006; LECUIT 2007). Bei immunkompetenten Menschen kommt es im Ausnahmefall einer Erkrankung zu einer leichten, uncharakteristischen, fieberhaften Reaktion. Die Gefahr einer manifesten Listeriose besteht hauptsächlich für abwehrgeschwächte Personen wie Neugeborene, alte Menschen, Patienten mit chronischen Erkrankungen (z. B. Tumoren, AIDS), Personen mit Glukokortikoid- Therapie, Transplantierte und Schwangere (RKI 2003). Im Prinzip kann jedes Organ betroffen sein, hauptsächliche Manifestationen sind die Sepsis (mit Leber- und Milzbefall), Meningitis und Enzephalitis (RKI 2003, 2006). GRAY und KILLINGER (1966) führen als weitere häufige Manifestationsformen die Paul-Bunell-negative infektiöse Mononukleose (Pseudo-Pfeiffer) und mehrere Monate bis über ein Jahr andauernde Psychosen auf. Bei Schwangeren verläuft die Erkrankung in der Regel völlig unauffällig oder unter einem grippeähnlichen Bild (GRAY u. KILLINGER 1966;

RKI 2003, 2006), seltener werden zystitis- oder pyelitisähnliche Symptome bemerkt

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(GRAY u. KILLINGER 1966). Dabei besteht je nach Schwangerschaftsstadium die Möglichkeit eines Überganges der Infektion auf das Ungeborene mit der Gefahr, dass das Kind infiziert zur Welt kommt oder es zu einer Früh- oder Totgeburt kommt (GRAY u. KILLINGER 1966; RKI 2003). Über die Mechanismen, mit denen pathogene Listeria ssp. die physiologischen Barrieren des Wirtes überwinden und mit den Zielzellen interagieren sowie über die Strategien, mit denen die Abwehrmechanismen des Körpers umgangen oder außer Gefecht gesetzt werden, ist bisher nur wenig bekannt (VÁZQUEZ-BOLAND et al. 2001).

Prophylaxe

Nahezu alle Nahrungsmittel können die Listeriose übertragen (ROCOURT et al.

2001). Personen mit geschwächter Immunabwehr sollten als prophylaktische Maßnahme keine rohen vom Tier stammenden Lebensmittel verzehren, auf das Mindesthaltbarkeitsdatum achten und Lebensmittel in Vakuumverpackung möglichst zügig vor Ablauf der angegebenen Mindesthaltbarkeit verbrauchen (BFR 2006).Als weitere Gegenmaßnahme empfiehlt die EFSA (2006) eine gute Praxis bei Herstellung, Handhabung und Hygiene (GHP und GMP), sowie den von Nahrungsmittelherstellern konsequent einzusetzenden HACCP-Ansatz (Hazard Analysis and Critical Control Points)zur Risikoerkennung, um die Kontamination von Lebensmitteln mit Listerien zu senken. Auch Methoden, mit denen Listerien nach dem Verpacken abgetötet werden können, wie die thermische Pasteurisation oder die Hochdruckbehandlung, tragen dazu bei, das Verbraucherrisiko zu senken.

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2.3 High Pressure Processing (HPP) 2.3.1 Geschichte

Nach der ersten Anwendung hoher hydrostatischer Drücke zur Entkeimung von Milch durch HITE (1899) Ende des 19. Jahrhunderts ist die Technologie als Verfahren zur Inaktivierung von Mikroorganismen in Lebensmitteln über längere Zeit in Vergessenheit geraten. BRIDGEMAN (1914) machte sich zwar auf dem Gebiet der Hochdruckforschung verdient, wofür ihm 1946 sogar der Nobel-Preis verliehen wurde, interessierte sich aber nach einigen Versuchen zur Koagulation von Eialbumin unter Druck mehr für die Herstellung von Diamanten aus Graphit. Erst Ende der 1980er Jahre kam es zur Marktreife erster hochdruckbehandelter Lebensmittel aufgrund staatlicher Förderungen in Japan (PFISTER et al. 2000) Unter anderem sind mittlerweile hochdruckbehandelte Schinken, Marmeladen, Fruchtzubereitungen, Guacamole, Säfte, Austern, Hummer und Fertiggerichte auf dem Markt.

2.3.2 Allgemeines Wirkungsprinzip

Das Prinzip der Hochdruckbehandlung (high pressure processing, HPP) beruht auf hohen, hydrostatischen Drücken von bis zu 1.000 MPa, die mehrere Minuten lang gleichmäßig von allen Seiten auf das zu behandelnde Gut im Druckbehälter einwirken. Der Druck kann direkt im Druckbehälter über einen Kolben oder indirekt über einen Druckerzeuger und eine Druckleitung aufgebaut werden. Nach dem isostatischen Prinzip wird ein gleichmäßiger Druck auf das Druckmedium (bei verpackten Lebensmitteln in der Regel Wasser) ausgeübt, der sich innerhalb des Lebensmittels fortsetzt (DEHNE et al. 2000), so dass es im hochdruckbehandelten Lebensmittel so gut wie kein Wirkungsgefälle zwischen äußeren und inneren Zonen gibt – unabhängig von Größe und Form des Produktes (THAKUR u. NELSON 1998).

Voraussetzung für die gleichmäßige Druckverteilung ist jedoch, dass das verpackte Lebensmittel Flüssigkeitsanteile hat und keine gasgefüllten Hohlräume aufweist (HEINZ et al. 1998; LORENZ u. STEGER 2008). Auch in stückigen Lebensmittelzubereitungen erfahren alle Komponenten eine weitgehend

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gleichförmige Behandlung (SKLM 2004). So werden zum Beispiel in der Mitte von großen Schinken nur etwa 9 MPa weniger Druck als im Hochdrucksystem gemessen (MINERICHA u. LABUZAB 2003). Insbesondere bei geringer oder moderater Temperatur führt die HPP zur Abtötung oder subletalen Schädigung von Mikroorganismen ohne den Geschmack und das Aroma von Lebensmitteln zu verändern (CHEFTEL u. CULIOLI 1997; KALCHAYANAND et al. 1998; SAN MARTÍN et al. 2002). Auch Enzyme können inaktiviert werden (SKLM 2004). Auf diese Weise kann die Haltbarkeit behandelter Lebensmittel verlängert werden (GARRIGA et al. 2004).

U1 P1

V1 D1

D1: Hochdruckbehälter P2: Druckübersetzer P1: Hydraulikpumpe U1: Hydraulikeinheit V1: Entspannungsventil

P2

Abb. 7: Schematischer Aufbau einer Hochdruckanlage modifiziert nach UHDE HIGH PRESSURE TECHNOLOGIES (2007)

Wertgebende niedermolekulare Verbindungen, wie Vitamine, Farb- und Aromastoffe bleiben weitgehend unbeeinflusst (SKLM 2004; LORENZ u. STEGER 2008). Die Druckeffekte auf Struktur, Textur und Farbe des Produktes sind deutlich und variabel.

Je nach Anwendungsfall sind sie positiv oder negativ. Die genauen Hintergründe für diese vielfältigen Veränderungen sind noch nicht vollständig geklärt (CHEFTEL u.

CULIOLI 1997). Die HPP wird bei Lebensmitteln eingesetzt, die ungeeignet für eine

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konventionelle thermische Pasteurisation sind, wie z. B. roher Schinken (HUGAS et al. 2002). Die prozesstechnischen Vorteile im Vergleich zu thermischen Verfahren liegen weiterhin vor allem in der geringen Menge an benötigter Energie ohne zusätzlichen Energiebedarf während der Druckhaltezeit (THAKUR u. NELSON 1998).

2.3.3 Rechtliche Kriterien

Bei der Vermarktung von hochdruckbehandelten Produkten gibt es zwei verschiedene rechtliche Ansätze. Außerhalb der EU gibt es bisher keine spezielle Regelung für die HPP-Behandlung, in den EU-Ländern wird Verordnung (EG) Nr.

258/97 (ANONYM 1997), die so genannte Novel-Food-Verordnung angewandt (HUGAS et al. 2002). Diese Verordnung findet Anwendung auf das „Inverkehrbringen von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten in der Gemeinschaft, bei deren Herstellung ein nicht übliches Verfahren angewandt worden ist und bei denen dieses Verfahren eine bedeutende Veränderung ihrer Zusammensetzung oder der Struktur der Lebensmittel oder der Lebensmittelzutaten bewirkt hat, was sich auf ihren Nährwert, ihren Stoffwechsel oder auf die Menge unerwünschter Stoffe im Lebensmittel auswirkt.“ Nach einer Genehmigung der Europäischen Kommission am 23. Mai 2001 dürfen hochdruckbehandelte Fruchtzubereitungen in den Verkehr gebracht werden, wenn sie im Sinne der Novel-Food-Verordnung mit

„hochdruckpasteurisiert“ gekennzeichnet sind (LORENZ u. STEGER 2008). Die zuständigen Behörden der EG-Mitgliedsstaaten haben sich jedoch bereits im Juli 2001 darauf verständigt, dass künftig die nationalen Behörden anhand entsprechender, vom Hersteller zur Verfügung gestellter Daten über den Rechtstatus hochdruckbehandelter Lebensmittel entscheiden. Gelangt die hierfür zuständige Behörde zu dem Ergebnis, dass das Produkt nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt und daher ohne Genehmigung vermarktet werden kann, sollen die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten entsprechend informiert werden (SKLM 2004). Für das Zulassungsverfahren müssen die Produkte auf eine wesentliche Gleichheit zu konventionell hergestellten Lebensmitteln geprüft werden. Für diese Prüfung fehlen in vielen Fällen die notwendigen wissenschaftlichen Vergleichsdaten

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oder es wurden nur wenige Proben untersucht. Aus diesem Grund ist die Wichtigkeit von vergleichenden Studien mit hochdruckbehandelten oder konventionell hergestellten Lebensmitteln offensichtlich (KRZIKALLA 2008).

2.3.4 Wirtschaftliche Kriterien

Inklusive Investitions- und Arbeitskosten werden für die Hochdruckpasteurisierung Kosten von 0,10 bis 0,15 € pro Kilogramm Produkt veranschlagt (ANONYM 2002).

Andere Quellen geben 0,1 bis 0,5 Ecu pro Kilogramm für eine Behandlung mit 400 MPa für 10 min bei 20 °C an, wobei diese Angabe im unteren Bereich innerhalb des Kostenrahmens einer thermischen Behandlung liegen (CHEFTEL u. CULIOLI 1997). HUGAS et al. (2002) halten die Prozesskosten von 10 ct pro kg gekochten Schinken für den Verbraucher für bezahlbar.

2.3.5 Wirkung auf das Produkt

Eine HPP bei geringer oder moderater Temperatur führt bei Lebensmitteln zu fast keiner Beeinträchtigung von Geschmack und Aroma (CHEFTEL u. CULIOLI 1997;

SAN MARTÍN et al. 2002). Frische Fleischprodukte sehen allerdings nach HPP wie gekocht aus, einige Produkte entwickeln eine gummiartige Konsistenz (HUGAS et al.

2002). Nach dem Prinzip von Le Chatelier-Braun „Flucht vor dem Zwang“, werden unter erhöhtem Druck Reaktionen gefördert, die mit einer Volumenabnahme verbunden sind, wie z. B. Dissoziationsvorgänge, Ringbildung, Bildung von Wasserstoffbrücken oder von hydrophoben Bindungen. Die Lösung von Atombindungen ist hingegen mit einer Volumenzunahme verbunden (PFISTER et al.

2000).

Temperatur

Die adiabatische (= ohne Austausch von thermischer Energie mit der Umgebung) Kompression von Wasser (oder wässrigen Lösungen) führt zu einem Temperaturanstieg von 2 – 3 °C pro 100 MPa. Bei Druckabbau sinkt die Temperatur wieder in der gleichen Größenordnung. Diese Temperaturschwankungen werden

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durch den thermalen Austausch zwischen Wasser, Lebensmittel und dem Metall des Druckkessels auf ein Minimum reduziert (CHEFTEL u. CULIOLI 1997). Die adiabatische Erwärmung stellt sich gleichmäßig im gesamten Lebensmittel dar, was ein Vorteil gegenüber konventioneller Hitzesterilisation ist (TING et al. 2002).

Chemische Zusammensetzung

GARCĺA-REGUERIO et al. (2002) konnten bei der Untersuchung von drei verschiedenen Fleischprodukten (Marinierte Kugel vom Rind, gekochter Schinken, trocken gepökelter Schinken) nach einer Druckbehandlung mit 600 MPa für 10 min bei 30 °C nur minimale Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung feststellen und vermuteten den Grund hierfür mehr in der Variabilität der Proben und des Rohmaterials als in der eingesetzten Technologie.

Tabelle 3: Temperaturveränderungen bestimmter Substanzen während einer adiabatischen Kompression (TING et al. 2002)

Substanz bei 25 °C Temperaturveränderung pro 100 MPa (°C)

Wasser ~ 3,0

Tomatenpüree ~ 3,0

Orangensaft ~ 3,0

Tomaten-Salsa ~ 3,0

Milch (2 % Fett) ~ 3,0

Lachs ~ 3,2

Hähnchenfett ~ 4,5

Wasser/Glycol (50/50) von 4,8 bis < 6,3*

Rinderfett ~ 6,3

Olivenöl von 8,7 bis < 6,3*

Sojaöl von 9,1 bis < 6,2*

* bei den gekennzeichneten Substanzen sinkt die Temperatur mit Druckerhöhung

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Proteine

Abhängig von Proteinsystem, Druckhöhe, Temperatur und Druckhaltezeit kann HPP einerseits eine Proteinanpassung verursachen, andererseits aber auch zu Proteindenaturierung, -aggregation oder Gelbildung führen (MESSENS et al. 1997).

Die Denaturierung von Proteinen unter Druck ist abhängig von der Temperatur, die meisten Proteine denaturieren ab 400 MPa (TAUSCHER 1995; PFISTER et al.

2000). Messungen der Volumina zeigen, dass β-Faltblattstrukturen stabiler sind als α-Helices. β-Strukturen sind nahezu inkompressibel. Oligomere Proteine dissoziieren in Untereinheiten, dabei ergibt sich ein negatives Reaktionsvolumen. Nach der Dissoziation können die Untereinheiten Aggregate bilden oder denaturieren. Bei Drücken über 200 MPa beginnen sich die Ketten zu entfalten und die dissoziierten Untereinheiten verbinden sich wieder (PFISTER et al. 2000). Die hauptsächlich durch hydrophobe Wechselwirkungen bestimmten quarternären Strukturen des Proteins sind sehr empfindlich gegenüber Druck. Ab 100 - 150 MPa kommt es zu einer Auffaltung. Signifikante Änderungen der tertiären Struktur (Entfalten der Peptidketten) können ab 200 MPa beobachtet werden, wohingegen die sekundären Strukturen der Proteine bei Raumtemperatur erst bei Drücken ab 700 MPa verändert werden (BALNY u. MASON 1993).

Ab 200 MPa nimmt Fleisch einen weißlicherer Ton an, der Grund hierfür ist die beginnende Denaturierung der globulären Anteile des Myoglobins; über 400 MPa kommt es zu graubraunen Verfärbungen durch partielle Oxidation von Fe2+ zu Fe3+

mit gleichzeitiger Denaturierung des Globins (CHEAH u. LEDWARD 1996; PFISTER et al. 2000).

Der enzymatische Zustand des Muskelfleisches beeinflusst die Wirkungsweise der Druckbehandlung. Einflussfaktoren für die Proteinveränderungen durch Druck sind pH-Wert, Ionenkonzentration, Temperatur bei der Druckbehandlung, Proteinkonzentration und Lagerungsbedingungen (PFISTER et al. 2000).

Signifikante Veränderungen des Aminosäurengehaltes nach HPP wurden nicht gemessen (GARCÍA-REGUEIRO et al. 2002); diese Beobachtung erklärt sich mit dem Nichtvorhandensein von Proteolyse (HUGAS et al. 2002).

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Eine HPP mit Drücken bis 450 MPa führt zu einem dreifachen Anstieg der Oberflächenhydrophobie von Myofibrillenprotein. Derselbe Aufwärtstrend wird bei den reaktiven Sulfhydryl-Gruppen beobachtet, welche von 40 % auf 69 % ansteigen.

Der Viskositätskoeffizient sinkt umgekehrt proportional zum Druck. Veränderungen in myofibrillären Proteinbindungen und den rheologischen Eigenschaften sind vergesellschaftet mit strukturellen Veränderungen der Proteine und können unter Umständen bessere funktionelle Eigenschaften aufweisen (CHAPLEAU u. DE LAMBALLERIE-ANTON 2003).

Fett

Mit steigenden Behandlungsdrücken kann eine verstärkte Autoxidation beobachtet werden – die prooxidativen Effekte von Metall-Ionen (Cu, Fe) überlagern den antioxidativen Effekt des Drucks. Der Grad der Oxidation ist abhängig vom Wassergehalt des Lebensmittels (PFISTER et al. 2000).

Auch BRAGAGNOLO et al. (2006) beobachteten bei steigenden Behandlungsdrücken und Behandlungszeiten eine Zunahme freier Radikale als frühes Merkmal der Lipidoxidation.

Verglichen mit einer Hitzebehandlung von 80 °C für 10 min (= thermische Pasteurisierung) wird erst bei einer Druckbehandlung von 10 min mit 800 MPa dieselbe Lipidoxidation in Hühnerbrustmuskulatur gemessen. Unterhalb von 500 MPa wird keine Fettoxidation registriert (ORLIEN et al. 2000).

Schweinehackfleisch zeigt bei Drücken ab 300 MPa eine deutliche Zunahme der Oxidationsrate. Es wird diskutiert, ob die Lipidoxidation durch die bei Drücken von über 300 - 400 MPa einsetzenden Vorgänge der Denaturierung myofibrillärer Proteine und die Umwandlung von reduziertem Myoglobin bzw. Oxymyoglobin zur denaturierten Eisenform katalysiert wird (CHEAH u. LEDWARD 1996).

Untersuchungen an frischer Mettwurst und Hackfleisch zeigen, dass der Einfluss der HPP auf die Fettveränderung nur gering und gegenüber Effekten von Zusatzstoffen bzw. durch die Lagerung bedingten Veränderungen sehr niedrig ist (KRZIKALLA 2008).

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Nichtprotein-Stickstoff (NPN)

In der Nicht-Protein-Stickstoff-Fraktion wurden bei drei verschiedenen Fleischprodukten (Marinierte Kugel vom Rind, gekochter Schinken, trocken gepökelter Schinken) nach HPP keine signifikanten Veränderungen gemessen (GARCÍA-REGUEIRO et al. 2002).

pH-Wert

Durch Druck auf Wasser kommt es in erster Linie zu einem Absinken des Schmelzpunktes und einem Anstieg der Ionisierung, was wiederum zu einem pH- Wert Abfall unter Druck führt (HUGAS et al. 2002). Pro 100 MPa verringert sich der pH-Wert von Wasser oder Phosphatpuffer um 0,2 - 0,3 Einheiten (FUNTENBERGER et al. 1995). Diese Effekte sind reversibel bei leichtem Druck, können aber zu einer Veränderung des Produktes bei hohem Druck beitragen (HUGAS et al. 2002).

Farbe

Der Effekt der HPP auf die Farbe ist Produkt abhängig. Die Bandbreite reicht von vollständigem Erhalt der frischen Farbe bis hin zu Veränderungen, die nicht von durch eine thermische Behandlung verursachten Farbveränderungen zu unterscheiden sind (MATSER et al. 2004). Durch die Denaturierung der myofibrillären Proteine verändert sich auch die Farbe von hochdruckbehandeltem Fleisch.

In Untersuchungen von CARLEZ et al. (1995) mit unterschiedlich verpacktem und dann mit hohen hydrostatischen Drücken behandeltem Schweinehackfleisch steigt der L*-Wert (Helligkeit) ab 200 – 350 MPa an und das Fleisch wird pinkfarben. Der a*-Wert (Rotwert) sinkt bei 400 – 500 MPa und das Schweinehackfleisch wird graubraun. Gleichzeitig sinkt das extrahierbare Myoglobin bei 200 – 500 MPa während der Anteil an Metmyoglobin auf Kosten des Oxymyoglobins bei 400 – 500 MPa zunimmt. Ein Versetzen des gekühlten Hackfleisches mit NaNO2 18 h vor HPP bei 350 – 500 MPa gewährt einen gewissen Schutz vor Verfärbungen.

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Bei Versuchen mit Iberischem und Serrano-Schinken wurden L*- und a*-Werte nicht beeinflusst; der b*-Wert (Gelbwert) war nur bei dem Iberischen Schinken erhöht (MORALES et al. 2006).

Ein linearer Zusammenhang zwischen der Druckhaltezeit und der Abnahme der Fleischfarbe ist nicht feststellbar – nach zehn Minuten Behandlungszeit verändert sich die Farbe nicht mehr (PFISTER et al. 2000).

2.3.6 Allgemeine Wirkung auf Bakterien

Durch die HPP – insbesondere auch in Kombination mit schwacher Hitze (ALPAS et al. 2000), Säure oder sogar Bakteriozinen (HUGAS et al. 2002) – können Verderbniserreger und pathogene Keime in Lebensmitteln inaktiviert werden. Der Grad der Inaktivierung ist stark abhängig von Druckhöhe, Haltezeit (LOPEZ- CABALLERO et al. 1999), Dispersionsmedium, Lebensmittelmatrix, Temperatur und Mikroorganismentyp (CHEFTEL 1995; CHEFTEL u. CULIOLI 1997; LOPEZ- CABALLERO et al. 1999). Die Temperatur sollte nach Möglichkeit über oder unter der optimalen Wachstumstemperatur der Mikroorganismen, die abgetötet werden sollen, liegen. Die Druckresistenz kann sogar innerhalb einer Spezies oder eines Genus stark variieren (CHEFTEL u. CULIOLI 1997; SIMPSON u. GILMOUR 1997;

ALPAS et al. 1999) - grundsätzlich sind gramnegative Bakterien am sensibelsten, danach folgen Hefen, komplexe Viren, Schimmelpilze und grampositive Bakterien (CHEFTEL 1995; LOPEZ-CABALLERO et al. 1999). Auch die Zellmorphologie spielt eine Rolle - Kokken sind aufgrund der runden Form druckresistenter als Bazillen (HUGAS et al. 2002).

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Tabelle 4: Ungefähre Hitze- und Druckresistenz für bestimmte pathogene Mikroorganismen modifiziert nach CARLEZ et al. (1993)

Mikroorganismus D-Wert bei 60 °C in min

Inaktivierung (lg-Stufen) nach 15 min Druckbehandlung.

300 MPa 400 MPa 500 MPa 600 MPa Aeromonas hydrophila 0,1 – 0,2 > 6

Pseudomonas aeruginosa 0,1 – 0,2 > 6 Campylobacter 0,1 – 0,2 > 6 Salmonella ssp. 0,1 – 2,5 1 – 4,5 Yersinia enterocolitica 2 – 3 > 6

Escherichia coli 4 – 6 1 – 2

Escherichia coli 0157:H7 2,5 2,5

Salmonella senftenberg 6 – 10 3

Staphylococcus aureus 1 – 10 0,1 1,9 2,1

Lysteria monocytogenes 3 – 8 1 – 3 > 6

Einen weiteren Faktor für den Erfolg einer HPP stellt die gegenwärtige Wachstumsphase dar. So sind exponentiell wachsende Keime barosensibler als Zellen in der stationären Phase (ARCHER 1996). Gestresste Zellen, z. B. nach einem Kälteschock, sind aufgrund von Veränderungen der Fettsäuren in der Membran druckresistenter (WEMEKAMP-KAMPHUIS et al. 2002). Die Inaktivierung der Mikroorganismen erfolgt durch Membranschädigungen, Proteindenaturierungen und Absenkung des intrazellulären pH-Wertes, wodurch es zur Inaktivierung membrangebundener Enzyme und einem Protonenaustritt kommt (SMELT 1998).

Die Zellen werden meistens nicht direkt abgetötet sondern lediglich subletal verletzt, so dass nur noch geringe weitere das Wachstum einschränkende Faktoren notwendig sind, um die Absterberate zu erhöhen (HUGAS et al. 2002). In der Regel reicht eine Druckbehandlung mit 400 – 600 MPa bei Raumtemperatur aus, um die meisten vegetativen Mikroorganismen um mehr als vier lg Stufen zu reduzieren (DEVLIEGHERE et al. 2004). So konnten GARRIGA et al. (2004) das Wachstum von

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