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5 Diskussion

5.1 Diskussion von Material und Methoden

Für die durchgeführten Versuche wurde eine Wurstgrundmasse nach Art einer

„Frischen Mettwurst“ in Anlehnung an die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse (2.212.3) (BMVEL 2003) aus Putenoberkeulenfleisch (M. biceps femoris, M. gastrocnemius und M. peroneus longus) nach einer handelsüblichen Rezeptur mit Nitritpökelsalz und ohne Starterkulturen hergestellt.

Zum Erreichen einer optimalen Umrötung und damit einer stabilen Farbe im Endprodukt, muss ein möglichst hoher Anteil an Myoglobin in der Skelettmuskulatur vorhanden sein. Putenoberkeulenfleisch besteht vor allem aus roten Muskelfasern und hat im Vergleich zu Brustfleisch, welches hauptsächlich aus weißen Muskelfasern besteht, einen höheren Gehalt an Myoglobin und damit eine stärkere Rotfärbung (GRIEST 2006).

Bei der Herstellung der kurzgereiften Rohwurst aus Geflügelfleisch wurde auf die Verwendung von Starterkulturen verzichtet, um die Auswirkung der Hochdruckbehandlung an sich auf das Wachstumsverhalten des eingesetzten Testkeimes, L.m. Serovar 1/2a, untersuchen zu können. Starterkulturen haben einen deutlichen Keim-hemmenden Effekt, der die Auswirkungen der HPP-Behandlung überlagern könnte; der L.m.-Gehalt in der Wurst wäre dann schon mitunter vor der Hochdruckpasteurisation stark reduziert (BEGONYA et al. 2007). Starterkulturen mit 50 % Lactobacillus plantarum und 50 % Lactobacillus carnis zeigten beispielsweise eine deutliche Hemmwirkung auf L.m. (OZARI 1991).

5.1.1 Beimpfung

Zur Beimpfung des Wurstgutes wurde ein institutseigener Feldstamm von L.m.

(Serovar 1/2a) verwendet, der ursprünglich aus Schweinehackfleisch isoliert worden war. Die Entscheidung für einen Feldstamm zur Beimpfung der Wurstgrundmasse fiel aufgrund einer besseren Adaption der Bakterien an die Matrix und eines damit verbundenen besseren Wachstums. Auch wenn die Anpassung primär an die Matrix

„Schweinefleisch“ erfolgt war, kann davon ausgegangen werden, dass dieser Feldstamm auch in Putenfleisch überlebensfähiger ist als ein reiner Laborstamm (DYKES 2003). Ein Feldstamm aus Putenfleisch war zum Studienbeginn nicht verfügbar. 24 Stunden vor der Beimpfung wurde eine entsprechende Anzahl Reagenzgläser mit BHI-Bouillon mit dem Impfstamm inokuliert und bei 37 ± 0,5 °C bebrütet. Kurz vor dem Einbringen dieser Suspension in das Wurstgut wurde die Bouillon auf die erwünschten Keimzahlen verdünnt. Die Bakterienkonzentration wurde im ersten Versuchsdurchgang (V1) photometrisch ermittelt, im zweiten

Durchgang (V2) wurde beruhend auf Erfahrungswerten von einem Listeriengehalt von 108 KbE/g in der Bouillon nach 24 h Bebrütung ausgegangen. Die Daten der Absorptionsmessung wurden auch mit den von JOSUPEIT (2006) ermittelten Messwerten verglichen und bewertet. Das Beimpfen der Rohwurstgrundmasse erfolgte mit Hilfe eines Dispensers in jeden Vakuumbeutel. Anschließend wurden die Proben manuell durchgeknetet, um eine optimale Verteilung der Bakterien zu gewährleisten. Als Impfdosis wurden 103 KbE/g gewählt, um eine möglichst realistische Kontamination (HARTUNG 2007) darzustellen, und 106 KbE/g, um die genaue Keimreduktion durch HPP feststellen zu können.

5.1.2 Lagerung

Die Reifung der Rohwurst erfolgte bei 15 °C im Vakuumbeutel über einen Zeitraum von drei Tagen, da höhere Temperaturen eine schnelle Umrötung und Praxisnähe gewährleisten (LAWRIE u. LEDWARD 2006). Anschließend an die Hochdruckbehandlung wurde die Putenmettwurst unter Kühlbedingungen (7 °C) für weitere 17 Tage gelagert. Der Handel gibt für kurzgereifte Putenrohwurst ein Mindesthaltbarkeitsdatum von nur 10 Tagen an (GÖNNATALER-PUTENSPEZIALITÄTEN 2009). In dieser Arbeit sollte der Effekt durch die HPP auf das Produkt auch über die übliche Lagerungszeit hinaus ermittelt werden. Auch wenn kurzgereifte Rohwürste gemäß den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse (BMVEL 2003) ungekühlt (über 10 °C) lagerungsfähig sind, ist die Gefahr des mikrobiellen Verderbs aufgrund des frischen Charakters, also einer geringen Abtrocknung verbunden mit höheren pH- und aw-Werten (BÜCKENHÜSKES u.

GEHRING 2000), erhöht. Eine Lagerung sollte daher auch im Handel bei 7 °C erfolgen. Bei dieser Temperatur wird das Wachstum der meisten vegetativen Mikroorganismen verlangsamt oder sogar unterbunden (JOSUPEIT 2006).

5.1.3 Hochdruckbehandlung

Die HPP der vakuumverpackten Rohwürste wurde beim ersten Versuchsdurchgang in einer Anlage der Firma Epsi bei 300 bzw. 500 MPa für jeweils 5 min durchgeführt,

beim zweiten Durchgang in einer Anlage der Firma Uhde bei 500 bzw. 700 MPa für 1 min. Exakte Daten über die Druckaufbauzeit und den Temperaturverlauf während der Behandlung konnten nicht registriert werden. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass unterschiedliche Fabrikate bei gleichen Einstellungen vergleichbare Resultate liefern.

Der Effekt der HPP ist grundsätzlich produktmatrixabhängig. Auch wenn PATTERSON et al. (1995) zu dem Ergebnis kamen, dass zur Zellreduktion von L.m.

um 105 KBE/g in verschiedenen Matrizes 700 MPa für 15 min notwendig sind, wurden die im Vergleich dazu relativ kurzen Druckhaltezeiten gewählt, um zu erproben, bei welchen möglichst minimalen Prozessierzeiten in kurzgereifter Rohwurst immer noch optimale Ergebnisse hinsichtlich einer typischen Produktqualität erzielt werden können. Dies ist Voraussetzung für die Übertragbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse in die Praxis. Die niedrigste getestete Druckhöhe lag mit 300 MPa deutlich unter den 448 MPa, mit denen GAO et al. (2007) bei einer Behandlung von 11 min bei 4 °C eine optimale Reduktion von L.m. um sechs lg-Stufen erzielen konnte bzw. den 400 MPa, die BEGONYA et al. (2008a) für 10 min bei 17 °C einsetzten. Sie erreichten damit eine umgehende Listerien-Reduktion um 3,4 lg-Einheiten in gekochtem Schinken, der zuvor mit L.m. in einer Dosis von 104KbE/g beimpft worden war. Dies war notwendig, um eine minimale Druckbehandlung auszutesten.

Eine Druckerhöhung resultiert grundsätzlich in einer vermehrten Mikroorganismeninaktivierung und die Druckhöhe spielt eine wichtigere Rolle für die Effizienz der HPP als die Behandlungsdauer (RITZ et al. 2000). Aus diesem Grund wurde im zweiten Versuchsdurchgang die Zeit erneut verkürzt. Die Druckerhöhung in 200 MPa-Schritten wurde gewählt, um einen deutlichen Unterschied zwischen den Behandlungsvarianten darstellen zu können.

5.1.4 Mesophile aerobe Gesamtkeimzahl

Die Untersuchung der mesophilen aeroben Gesamtkeimzahl (GKZ) wurde in Anlehnung an die in der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren

(ANONYM 2006a) nach § 64 LFGB vorgeschriebenen Methode (L 06.00-18) durchgeführt. Abweichend von der amtlichen Methode wurden die Proben in Halb-Fraser-Bouillon eingewogen und nicht in NaCl-Lösung. Vergleichende Probenansätze zeigten jedoch keine signifikanten Unterschiede in der Keimzahl.

5.1.5 Nachweis von Listeria monocytogenes

Der kulturelle Nachweis von L.m. wurde in Anlehnung an die in der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren nach § 64 LFGB vorgeschriebenen Methoden (ANONYM 2006a) (L 06.00-22 bzw. L 00.00-32), basierend auf DIN EN ISO 11290, durchgeführt. Vorgeschrieben ist hier als erstes Medium der Listerien-Agar nach OTTAVIANI und AGOSTI (ALOA), die Wahl des zweiten Mediums liegt im Ermessen des untersuchenden Labors. Bei den durchgeführten Untersuchungen wurde jedoch ausschließlich mit OXOID Chromogenic Listeria Agar (OCLA) als Nährboden gearbeitet. Erfahrungen aus eigenen Untersuchunge haben gezeigt, dass die Ergebnisse vergleichbar sind. Auch JOSUPEIT (2006) arbeitete ausschließlich mit OCLA zum kulturellen Nachweis von L.m..

5.1.6 pH- und aw-Wert

Kurzgereifte Rohwurst hat eine Herstellungszeit von nur drei bis vier Tagen und wird häufig in Hüllen gereift. Eine Stabilisierung im mikrobiologischen Sinne kann überwiegend über eine pH- bzw. aw-Wert-Absenkung erreicht werden (LEISTNER 1985). Aus diesem Grunde wurde bei den durchgeführten Versuchen an allen Untersuchungstagen der pH-Wert gemessen, eine aw-Wert-Messung erfolgte am ersten und am letzten Untersuchungstag. Der aw-Wert ist ein wichtiges Beurteilungskriterium bezüglich der Haltbarkeit von Lebensmitteln, da er ein Maß für das den Mikroorganismen zur Verfügung stehendem Wasser ist (LÜCKE u.

TROEGER 2007).

5.1.7 Chemische Untersuchungen

Am jeweils ersten und letzten Untersuchungstag nach HPP wurde stichprobenartig eine chemische Bestimmung von Trockensubstanz, Asche, Gesamtfett, Eiweiß und Hydroxyprolin in den kurzgereiften Rohwürsten durchgeführt, um mögliche Effekte der HPP auf die chemische Zusammensetzung feststellen zu können. Besonders wichtig war auch die Bestimmung der Umrötung (Anteil Nitrosomyoglobin am Myoglobin) und die Nitrit- und Nitratmessung, um einen Einfluss der HPP auf diese Parameter erkennen zu können. Die Umrötung aufgrund der Zugabe von Nitritpökelsalz zur Wurstgrundmasse ist wichtig für eine stabile, pökelrote Farbe des Produktes (CORETTI 1974; STIEBING 2007).

5.1.8 Sensorik

Die sensorische Beurteilung eines Lebensmittels beruht stets auf den subjektiven Eindrücken des einzelnen Sensorikers. Aus diesem Grund können die einzelnen Beurteilungen zum Teil erheblich voneinander abweichen. Trotzdem handelt es sich dabei um eine sehr wichtige Untersuchungsmethode, da der Verbraucher sich nicht nur nach objektiven Kriterien, sondern auch nach seinem subjektiven Empfinden beim Kauf von Lebensmitteln richtet (CANSTEIN 2005; BUSCH-STOCKFISCH 2006).Auf jeden Untersuchungstag folgend fand eine sensorische Beurteilung der nicht beimpften Rohwürste durch sechs institutszugehörige geschulte Sensoriker statt. Die sensorische Untersuchung erfolgte einerseits nach einem Schema gemäß der in der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren (ANONYM 2006a) nach § 64 LFGB vorgeschriebenen Methode (L00.90-3) und andererseits in Anlehnung an das Prüfschema für schnittfeste und streichfähige Rohwurst der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft e.V. (DLG, Zertifizierungsstelle, Frankfurt a.M.) um ein möglichst objektives Gesamtergebnis zu erzielen. Die Sensoriker prüften die Attribute Aussehen im Anschnitt, Farbe, Farbhaltung, Zusammensetzung, Konsistenz, Geruch und am ersten Untersuchungstag auch den Geschmack. Im eigenen Schema konnten Punkte von eins bis sechs in einer linearen Skala vergeben werden, wobei sechs für die volle Erfüllung der Erwartungen stand und eins ein völlig

verändertes Produkt kennzeichnete. Im Rahmen der DLG-Prüfbestimmungen konnten maximal fünf Punkte erreicht werden, für Abweichungen von einem Spitzenprodukt kam es zu Punktabzug. Die einzelnen Ergebnisse wurden mit einem Wichtungsfaktor multipliziert. Die Gesamtbewertung ergab sich aus der Summe der Einzelergebnisse und wurde abschließend durch die Summe der Gewichtungsfaktoren geteilt. So ergab sich die endgültige Qualitätszahl bzw.

Endnote. Die DLG prämiert herausragende Produkte mit Medaillen; es können goldene (5,00), silberne (4,50 - 4,99) und bronzene (4,00 - 4,49) Medaillen vergeben werden.

5.1.9 Farbmessung

Der Verbraucher verbindet eine ansprechende Farbe des Produktes mit Eigenschaften wie Frische und Schmackhaftigkeit (FREUDENREICH u. SCHÜßLER 2001; EUFIC 2006). So ist zum Beispiel nach einer Studie von BECKER et al. (2000) bei der Kaufentscheidung für frisches Fleisch neben dem Herkunftsland und dem Einkaufsort vor allem die Farbe als der wichtigste Einzelfaktor anzusehen. Um eine optische Veränderung der „Frischen Mettwurst“ durch die HPP objektiv beurteilen zu können, wurde an allen Untersuchungstagen eine Farbmessung nach der Methode der Comission Internationale de l’Eclairage (CIE 1976) durchgeführt (L*a*b*-Farbmessung). Die Ergebnisse wurden als absolute Zahlen in einem dreidimensionalen Farbraum angegeben. Dabei bezeichnete der L*-Wert die Farbhelligkeit, der a*-Wert den Rotwert und der b*-Wert den Gelbwert.