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5 Diskussion

5.2 Diskussion der Ergebnisse

5.2.4 pH -Wert

Ein weiteres Kriterium für die Haltbarkeit einer kurzgereiften Rohwurst ist der pH-Wert. Nach den 1996 in Berlin durch den Arbeitskreis Lebensmittelhygienischer Tierärztlicher Sachverständiger festgelegten Bedingungen zur Beurteilung von

„Frischer Mettwurst“, sollte der pH-Wert unter 5,6 liegen (JÖCKEL 1996). Diese Säuerung wird aber nach einer Untersuchung von HILDEBRAND (2003) nur von 72 % der industriell und 61 % der handwerklich hergestellten Mettwürste erreicht.

Von den nicht mit L.m. beimpften Würsten dieses Versuches unterschritt keine den vom ALTS vorgeschlagenen Grenz-pH-Wert.

Insgesamt kam es über den Lagerungszeitraum von 16 Tagen nach HPP bei den unbehandelten und mit den 300 MPa behandelten Rohwürsten zu einem pH-Wert Abfall, bedingt durch die Bildung von organischer Säure durch milchsäurebildende Bakterien (HUEFNER u. HERTEL 2008). Ab einer Behandlungsdruckhöhe von 500 MPa stieg über den gleichen Lagerungszeitraum der pH-Wert in den Rohwürsten leicht an. Die Ursache für diesen pH-Wert Anstieg kann darin liegen, dass sich bei höheren pH-Werten als 5,8 pathogene Mikroorganismen, wie z.B. Enterobakterien, besser vermehren können (STIEBING 2007). Diese unerwünschten Kontaminanten bilden durch proteolytische Aktivität alkalisierend wirkenden Ammoniak (RIEMELT et al. 2003). Verstärkt wird dies durch die fehlende Hemmwirkung durch Milchsäure nach der HPP (SOHN u. LEE 1998). Die pH-Werte der hochdruckbehandelten Rohwürste lagen in allen Fällen über denen der druckunbehandelten. Bei den unbeimpften mit 500 MPa für 5 min behandelten Rohwürsten lag der pH-Wert beispielsweise an Tag 1 nach HPP mit 6,35 um 0,16 und an Tag 16 mit 6,39 um 0,63 Einheiten über dem der druckunbehandelten. KRIZIKALLA (2008) konnte einen um ca. 0,4 bis 0,5 Einheiten höheren pH-Wert bei mit 600 MPa bei 20 °C für 10 min hochdruckbehandelten als bei unbehandelten Rohwürsten feststellen. Sie führte diesen Effekt ebenfalls auf eine mikrobiologische Aktivität von Milchsäurebildnern, wie z.B. Lactobacillen, zurück, die durch die HPP abgetötet werden. Der niedrigere pH-Wert bei den beimpften Rohwürsten kann auf Säurebildung durch die Listerien beruhen (COLLINS et al. 1991).

5.2.5 Chemische Untersuchungen

Für die Vermarktung hochdruckbehandelter Lebensmittel ist die Prüfung auf eine wesentliche Gleichheit zu konventionell hergestellten Lebensmitteln notwendig. Ist diese nicht gegeben, so würde das Produkt im Sinne der Novel-Food-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 258/97 (ANONYM 1997)) ein gesondertes Zulassungsverfahren durchlaufen müssen. Zur Vereinfachung haben sich die zuständigen Behörden der EG-Mitgliedsstaaten im Juli 2001 darauf verständigt, dass künftig die nationalen Behörden anhand entsprechender, vom Hersteller zur Verfügung gestellter Daten über den Rechtstatus hochdruckbehandelter Lebensmittel entscheiden. Gelangt die hierfür zuständige Behörde zu dem Ergebnis, dass das Produkt nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt und daher ohne Genehmigung vermarktet werden kann, sollen die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten entsprechend informiert werden (SKLM 2004). Anhand der Chemischen Analyse ist es möglich, stoffliche Veränderungen in der chemischen Zusammensetzung des Lebensmittels zu erfassen. Für einige hochdruckbehandelte Lebensmittel wurde die geforderte Prüfung bereits durchgeführt. So konnten HUGAS et al. (2002) eine substantielle Gleichheit zu unbehandelten Produkten aus physikochemischer Sicht für gekochten Schinken vom Schwein, rohen luftgetrockneten Schinken vom Schwein und marinierte Rinderlende nach einer Behandlung mit 600 MPa für 10 min bei 30 °C bestätigen. Auch SERRA et al.

(2007a) fanden keine signifikanten Differenzen bezüglich Trocknungskinetik und physikochemischen Parametern in luftgetrocknetem Schinken. Die DFG-Senatskommission zur Beurteilung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Lebensmitteln (SKLM 2004) stellte im Fall von Fruchtzubereitungen (Frankreich), Kochschinken (Spanien), Austern (Großbritannien) und Früchten (Deutschland) fest, dass durch die Hochdruckbehandlung keine bedeutenden Veränderungen der chemischen Zusammensetzung oder der Struktur der Produkte bewirkt wurden, die sich auf Nährwert, Stoffwechsel oder die Menge unerwünschter Stoffe in den Lebensmitteln auswirken.

Auch bei den Ergebnissen der chemischen Untersuchung der kurzgereiften Rohwurst aus Geflügelfleisch fällt auf, dass es nur wenige statistisch signifikante Unterschiede zwischen den unterschiedlich hochdruckbehandelten und den druckunbehandelten Rohwürsten gibt. Bei der Chemischen Vollanalyse ist kein direkter Zusammenhang zwischen der eingesetzten Druckhöhe und den Analyseergebnissen erkennbar. Aus diesem Grund kann die Hochdruckbehandlung nicht sicher als Ursache für Veränderungen bei den Parametern Trockensubstanz, Gesamtfett, Hydroxyprolin, Rohprotein und Nicht-Protein-Stickstoff angesehen werden.

Bei den Ergebnissen der Bestimmung der Nitrit und der Gesamtnitrit und -nitratkonzentrationen und der Umrötung der Würste sind hingegen druckhöhenabhängige Veränderungen deutlicher auszumachen. Der Nitritgehalt liegt im ersten Versuchsdurchgang an Tag 1 nach HPP (T1) bei den druckunbehandelten Rohwürsten mit 29,6 mg/kg niedriger als beispielsweise bei den mit 500 MPa für 5 min behandelten mit 45,5 mg/kg. Dasselbe gilt für die Gesamtnitrit und -nitratkonzentration. Der Nitratgehalt ist bei den mit 500 MPa für 5 min behandelten Rohwürsten mit 68,3 mg/kg statistisch höchstsignifikant höher als bei den unbehandelten mit 54,7 mg/kg. Bis zu T16 erfolgt bei allen Rohwürsten eine Abnahme des Nitratgehaltes. Im zweiten Versuchsdurchgang variieren die Nitrit- und Gesamtnitrit- und -nitratkonzentrationen druckabhängig erst an T16. Der Nitritgehalt von den druckunbehandelten Rohwürsten ist auch hier mit 4,2 mg/kg deutlich niedriger als beispielsweise der der mit 500 MPa für 1 min druckbehandelten mit 30,5 mg/kg. Der Nitratgehalt ist an Tag 16 nach HPP bei den HPP-behandelten Rohwürsten ebenfalls höher als bei den unbehandelten. Alle Werte liegen auch hier unter denen von T1. Den Anstieg von Nitrit nach HPP beobachteten auch GARCĺA-REGUERIO et al. (2002) bei rohem, lutgetrocknetem Schinken. Als Grund hierfür muss die druckbedingte Denaturierung des Myoglobins ab 300 MPa (DOSTER u.

GEBHARDT 2003) angesehen werden, die zur Folge hat, dass sich weniger Nitrit anlagern kann. So kann mehr „freies“ Nitrit bzw. Nitrat in den hochdruckbehandelten Würsten gemessen werden und die Umrötung wird durch die Druckbehandlung unterbrochen. Die prozentuale Umrötung der Würste nimmt tendenziell mit Erhöhung des Druckes ab und nur die druckunbehandelten Rohwürste erreichen im Mittel an

Tag 16 nach HPP die von der ALTS geforderten 50 % (JÖCKEL 1996), die Standardabweichung ist jedoch bei diesem Parameter sehr hoch und erreicht Werte von bis zu ± 20 %. Wegen der andersartigen physiologischen Beschaffenheit der Geflügelmuskulatur erscheint der Grenzwert für die Umrötung als Bewertungsparameter bei geflügelfleischhaltigen Produkten jedoch ohnehin nur begrenzt geeignet (BGVV 1999). Wäre die Hochdruckbehandlung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt, so wären die Unterschiede zwischen den verschiedenen Proben zumindest bezüglich der Nitrit- und Gesamtnitrit- und –nitratkonzentrationen - aber auch der Umrötung - möglicherweise geringer.

Aus chemisch-analytischer Sicht scheint somit eine wesentliche Gleichheit der hochdruckbehandelten zu konventionell hergestellten kurzgereiften Rohwürsten aus Geflügelfleisch gegeben.

5.2.6 Sensorik

Die sensorische Untersuchung der hochdruckbehandelten Rohwürste ist maßgeblich, um bedeutende Veränderungen in der Gewebsstruktur zu erkennen. Auch wenn sich diese nicht direkt auf den Nährwert, den Stoffwechsel oder auf die Menge unerwünschter Stoffe im Lebensmittel auswirken, was ein Zulassungsverfahren im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 258/97 (ANONYM 1997) nach sich ziehen würde, so sind sie doch für Hersteller und Verbraucher von außerordentlicher Bedeutung. Auch wenn hochdruckbehandelten Produkten in der Literatur generell gute sensorische Eigenschaften bescheinigt werden, so ist der Effekt doch einerseits sehr produktabhängig und wird andererseits häufig im Vergleich zur konventionellen Hitzesterilisation betrachtet (MATSER et al. 2004).

Die Sensorik der kurzgereiften Rohwürste wurde durch ein sensorisch geschultes Prüferpanel, bestehend aus sechs Personen, beurteilt. Für die verschiedenen Attribute konnten maximal 6 Punkte für die volle Erfüllung der Erwartungen erreicht werden, bei der DLG-Qualitätszahl maximal 5 Punkte. Trotzdem ist das Geruchs- und Geschmacksempfinden der einzelnen Prüfer subjektiv. Insgesamt wurden die nicht druckbehandelten Rohwürste am besten bewertet (DLG-Qualitätszahl 4,5 (V1)

bzw. 4,8 (V2)), die mit 300 MPa für 5 min (DLG-Qualitätszahl 4,5) und die mit 500 MPa für 1 min (DLG-Qualitätszahl 4,2)behandelten Rohwürste erzielten jedoch insbesondere am Anfang der Lagerungszeit ebenfalls gute Ergebnisse. Bei den hochdruckbehandelten kurzgereiften Rohwürste fiel eine glänzende Oberfläche und Trockenrandbildung auf. Dies hatte auch auf die Beurteilung der Zusammensetzung negative Auswirkungen: obwohl sie bei allen Rohwürsten nach der Rezeptur gleich sein sollte, waren einzelne Gewebskomponenten - insbesondere auch feine Sehnen – durch die glatte Oberfläche deutlicher erkennbar. Die Farbe wurde korrelierend mit steigender Druckhöhe und Behandlungszeit zunehmend heller, Ursache hierfür ist die beginnende Denaturierung der globulären Anteile des Myoglobins (CHEAH u.

LEDWARD 1996; PFISTER et al. 2000). Dies konnten auch KRIZIKALLA (2008) und CARLEZ und Mitarbeiter (1993) nach der HPP von Mettwürsten bzw. Hackfleisch beobachten. Über die Lagerungszeit von 17 Tagen ab HPP trat außerdem vom Rand her eine graubraune Verfärbung bei den druckbehandelten Würsten auf. Dies zeigte sich deutlicher im zweiten Versuchsdurchgang. Grund hierfür könnte die partielle Oxidation von Fe2+ zu Fe3+ mit gleichzeitiger Denaturierung des Globins bei Drücken über 400 MPa (CHEAH u. LEDWARD 1996) oder eine druckbedingte Beschädigung der Verpackung und dadurch das Eindringen von Sauerstoff sein. Entscheidend für die Beurteilung waren auch die Veränderungen in der Konsistenz. Am schlechtesten wurde die Konsistenz bei den mit 700 MPa für 1 min behandelten Würsten beurteilt, bei den mit 300 MPa für 5 min behandelten am besten. Letztere wiesen eine eher weichere Konsistenz auf als die unbehandelten Würste, alle anderen behandelten Rohwürste waren fester. Die mit 500 MPa für 1 min druckbehandelten waren kaum noch, die mit 700 MPa für 1 min druckbehandelten Rohwürste gar nicht mehr streichfähig. Die Konsistenz wurde hier als gummiartig und bröckelig bzw. stückig beschrieben. Auch hierfür sind Proteindenaturierungsvorgänge als Ursache anzusehen (CHEFTEL u. CULIOLI 1997; HUGAS et al. 2002). Dies bestätigen sowohl BEGONYA et al. (2007), die eine vermehrte Kohäsivität, Zähheit und Elastizität in hochdruckbehandelter Chorizo-Wurst feststellten, als auch KRIZIKALLA (2008). Letztere konnte das Problem durch eine Veränderung der Rezeptur und den Einsatz anderer Zusatzstoffe – z.B. Hydrokolloide – lösen. Bei Geruch und

Geschmack gab es bei der Beurteilung zwischen den untersuchten Rohwürsten keine statistisch errechenbaren Abweichungen. Die Ergebnisse der Prüfung des Geschmackes waren allerdings nur beim ersten Versuchsdurchgang an Tag 2 nach HPP (T2) aussagekräftig. Die unbehandelten kurzgereiften Rohwürste wurden hier an T17 nicht mehr gustatorisch beurteilt – die des zweiten Versuchsdurchganges auch an Tag 2 nach HPP nur von einer Person, so dass die Ergebnisse nicht sicher beurteilt werden können. Unterschiede zwischen den Behandlungsvarianten waren jedoch bei diesen Beurteilungsparametern auch nicht zu erwarten, wie die Untersuchungsergebnisse von MORALES et al. (2006), SERRA et al. (2007b) und YOUSTE et al. (2001) bestätigen. Die Beurteilungen wurden für alle Attribute (Aussehen im Anschnitt, Farbe, Farbhaltung, Zusammensetzung, Konsistenz, Geruch, Geschmack) über den Lagerungszeitraum (T1 – T17) schlechter, was am besten anhand der DLG-Qualitätszahl als Zusammenfassung der gesamten Sensorik zu sehen ist. Über den Lagerungszeitraum nahm sie bei den druckunbehandelten Rohwürsten des 1. Versuchsdurchganges um 0,5 bzw. bei den druckunbehandelten des 2. Versuchsdurchganges um 0,8, bei den mit 300 MPa für 5 min behandelten um 0,6, bei den mit 500 MPa für 1 min hochdruckbehandelten um 0,9 und bei den mit 700 MPa für 1 min druckbehandelten um 0,7 ab. Nur bei den mit 500 MPa für 5 min hochdruckbehandelten Rohwürsten blieb sie gleich.

Als abschließende Beurteilung der sensorischen Untersuchung kann gesagt werden, dass die HPP im Allgemeinen zu einer Verschlechterung der Produkteigenschaften geführt hat. Insbesondere die Farbe, die Struktur und somit die Konsistenz haben sich deutlich zum Negativen verändert. Eventuell könnte eine veränderte Rezeptur die Streichfähigkeit verbessern helfen.

5.2.7 Farbe

Eng mit der Sensorik verknüpft muss die Bestimmung der Farbwerte als objektives Beurteilungskriterium der Rohwurst diskutiert werden. Bei der L*a*b*-Farbmessung wird deutlich, dass die Helligkeit der Würste als Folge der HPP zunimmt – die maximale Differenz liegt an Tag 1 nach HPP (T1) um 7,4 zwischen D (unbehandelt)

und E (500 MPa 1 min). Die Rot- und Gelbwerte hingegen nehmen ab (maximale Differenz an T1: a* um 6,7 zwischen A (unbehandelt) und C (500 MPa 5 min), b* um 4,2 zwischen A und C). Dieses Phänomen wird in der Literatur von zahlreichen Autoren bestätigt. SERRA et al. (2007b) beschrieben beispielsweise für Rohen Schinken nach einer Behandlung mit 400 bzw. 600 MPa am Anfang der Trocknungszeit eine Erhöhung des L*-Wertes. CAVA et al. (2009) konnten ebenfalls für Rohen Schinken nach HPP mit 200 bzw. 300 MPa für 30 min eine Abnahme des Rotwertes messen. Zu diesen Ergebnissen kamen auch CARLEZ et al. (1995) nach der Hochdruckbehandlung von Hackfleisch: Die Helligkeit erhöhte sich ab einer Druckhöhe von 200 MPa und erreichte ein Maximum bei 350 MPa. Eine Abnahme des a*-Wertes (Rotton) wurde zwischen 400 und 500 MPa beobachtet und korreliert mit einer Zunahme von Metmyoglobin. Der Gelbwert (b*-Wert) blieb konstant. Diese Farbveränderungen können auf die druckinduzierte Denaturierung des Myoglobins zurückgeführt werden (DOSTER u. GEBHARDT 2003). Der Zusatz von Nitritpökelsalz bietet zwar bei niedrigen Drücken einen Schutz vor einem Verlust der roten Farbe durch erhöhte Helligkeit (L*-Wert) und einer Abnahme des Rotwertes (a*-Wert), bei Drücken zwischen 350 und 500 MPa kommt es aber – vermutlich auf Grund der Globindenaturierung – trotzdem zu einem Blasswerden des Produktes (CARLEZ et al. 1995). Grundsätzlich spielt die Druckhöhe in Bezug auf die Farbveränderung und den Rotton von Fleisch eine wichtigere Rolle als die Behandlungsdauer (JUNG et al. 2003). Über den Lagerungszeitraum von 16 Tagen ab HPP nähern sich die ermittelten Farbwerte der verschiedenen Druckbehandlungsvarianten aneinander an, was in einer vermehrten Umsetzung des Nitritpökelsalzes begründet sein kann. Als weitere mögliche Ursache könnte ein Sauerstoffeintritt in die Verpackungen, insbesondere der hochdruckbehandelten Rohwürste, diskutiert werden, der zu Verfälschungen der Farbe geführt hat (LAUTENSCHLÄGER u. TROEGER 1998).